Seite 205 - 206
EditorialProf. Dr. med. Dipl.-Psych. Gerd Laux, Soyen/Waldkraiburg/München

Nocebo – Nebenwirkungen von Antidepressiva

Seite 207 - 218
ÜbersichtSimon Halm, Oliver G. Bosch und Erich Seifritz, Zürich

Psychedelika in der Psychopharmakotherapie

Update zur Wirkweise und klinischen Anwendung bei unipolarer Depression

Nach langer Abwesenheit befinden sich psychedelische Substanzen wieder inmitten des Interesses klinischer Anwendung sowie neurobiologischer und psychotherapeutischer Forschung. Die klassischen Psychedelika vermitteln ihre Wirkung primär über den serotonergen 5-HT2A-Rezeptor und induzieren charakteristische Veränderungen von Sinneswahrnehmung, Ich-Erleben, Emotionen und sozialer Interaktion. Die Gruppe umfasst unter anderem Lysergsäurediethylamid (LSD), Psilocybin und Ayahuasca. Substanzen mit ähnlichen subjektiven Effekten, aber abweichenden Wirkungsmechanismen werden auch als atypische Psychedelika bezeichnet und umfassen unter anderem Ketamin und Lachgas (N2O). Das Ketamin-Enantiomer Esketamin ist international bereits in der Behandlung der therapieresistenten Depression zugelassen. Eine Reihe weiterer randomisierter, Placebo-kontrollierter Phase-II-Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse in der Behandlung der unipolaren Depression, insbesondere für Psilocybin, aber auch für N2O und Ayahuasca. Im neuen Paradigma der substanzgestützten Psychotherapie wird eine sicher durchgeführte psychedelische Erfahrung in einen fortlaufenden psychotherapeutischen Prozess integriert. Diese narrative Übersichtsarbeit gibt einen Überblick über die klinisch bedeutsamen psychedelischen Substanzen und ihre neurobiologischen und psychischen Wirkungsmechanismen. Ob klassische und atypische Psychedelika den an sie gerichteten Erwartungen gerecht werden und sich in der klinischen Psychopharmakotherapie etablieren können, wird neben gesellschaftlichen Entwicklungen insbesondere von größeren kontrollierten Studien abhängen.
Schlüsselwörter: Psychedelische Therapie, substanzgestützte Psychotherapie, Halluzinogene, Psycholyse
Psychopharmakotherapie 2022;29:207–18.

FlaggeEnglish abstract

Psychedelics in psychopharmacotherapy

After a hiatus of many years the interest in psychedelic substances in clinical application as well as in neurobiological and psychotherapy research is rising again. Classical psychedelics primarily act via the serotonin 5-HT2A receptor and induce characteristic alterations in sensory perception, social-, emotion-, and self-processing. They include lysergic acid diethylamide (LSD), psilocybin, and ayahuasca. Other consciousness-altering substances with different modes of action are called atypical psychedelics and comprise ketamine and laughing gas (N2O) among others. The ketamine enantiomer esketamine has been granted international approval for treatment-resistant depression. Further randomized, controlled phase II trials show promising results in the treatment of unipolar depression especially for psilocybin but also for N2O and ayahuasca. The new paradigm of psychedelic-assisted psychotherapy suggests a therapeutic framework in which a safely conducted psychedelic experience is integrated into a continuous psychotherapeutic process. This narrative review provides an overview over the clinically relevant psychedelic substances and their neurobiological and psychic mechanisms of action. If classical and atypical psychedelics will be able to fulfill their expectations and find their way into broader clinical use, will depend on future rigorous clinical trials with larger sample sizes.

Key words: Psychedelic therapy, substance-assisted psychotherapy, hallucinogens, psycholysis

Seite 219 - 225
ÜbersichtRobert Perneczky, München

Therapie von Psychose, Antriebsstörung und anderen nichtkognitiven Störungen bei Demenz

Demenzen gehören zu den häufigsten chronischen Erkrankungen und führen zu einer großen Belastung der Betroffenen und ihrer Bezugspersonen. Besonders Verhaltenssymptome wie Psychose, Antriebsstörung oder aggressives Verhalten schränken die Lebensqualität ein. Bei bestimmten Demenzformen wie der frontotemporalen Demenz treten nichtkognitive Symptome bevorzugt bereits früh im Krankheitsverlauf auf. Antipsychotika, Antidepressiva und andere Psychopharmaka können therapeutisch eingesetzt werden, mangelnde Evidenz aus kontrollierten Studien und Nebenwirkungen schränken den Einsatz teilweise ein. Nichtpharmakologische Interventionen sollten daher immer auch zum Einsatz kommen.
Schlüsselwörter: Alzheimer-Krankheit, frontotemporale Demenz, Halluzination, Wahn, Antipsychotika, Antidepressiva, Behandlung, Diagnose
Psychopharmakotherapie 2022;29:219–25.

FlaggeEnglish abstract

Therapy of psychosis, lack of drive, and other non-cognitive disturbances in dementia

Dementias are among the most prevalent chronic disorders and are a great burden on the affected individuals and their carers. Behavioral changes such as psychosis, lack of drive and aggressive tendencies in particular have a detrimental impact on quality of life. Certain forms of dementia such as frontotemporal dementia are characterized by behavioral symptoms early in the disease course. Antipsychotics, antidepressants and other psychopharmaceuticals can be used to treat non-cognitive symptoms in dementia, but the lack of evidence from controlled trials and side effects limit their usefulness. Therefore, non-pharmacological interventions should always be considered too.

Key words: Alzheimer’s disease, frontotemporal dementia, hallucinations, delusions, antipsychotics, antidepressants, therapy, diagnosis

Seite 225
Erratum

Textkorrekturen und neue Quelle

Zum Beitrag „Daridorexant, ein neuer dualer Orexin-Rezeptorantagonist zur Behandlung der Insomnie“ von Axel Steiger (Psychopharmakotherapie 2022;29(4):130–7)

Seite 226
RezensionDr. med. Dominik Dabbert, Bremen

Umfassende, aktuelle Darstellung der bipolaren Störungen

Seite 227 - 229
Arzneimittelsicherheit/AMSPValentin Popper, Wien, Sermin Toto, Hannover, Victoria Watzal, Michael Treiber, Maximilian Preiß, Arkadiusz Komorowski, Ulrich Rabl, Lucie Bartova, Wien, Dominik Dabbert, Bremen, Richard Frey, Dan Rujescu und Gernot Fugger, Wien

Sialorrhö unter Aripiprazol-Depot

Ein Fallbericht

Sialorrhö ist eine unerwünschte Wirkung unter einer Therapie mit Antipsychotika und wird von Betroffenen als sehr einschränkend und stigmatisierend erlebt. Daher führt ein gesteigerter Speichelfluss häufig zu einem Abbruch einer indizierten Therapie. Unter Aripiprazol ist Sialorrhö dagegen selten beschrieben. In der hier dargestellten Kasuistik eines 27-jährigen Patienten mit paranoider Schizophrenie ist die Substanz jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit als auslösendes Agens anzusehen.
Schlüsselwörter: Aripiprazol, Sialorrhö, Antipsychotika, Hypersalivation, Psychopharmaka, Arzneimittelsicherheit
Psychopharmakotherapie 2022;29:227–9.

FlaggeEnglish abstract

Sialorrhea under long acting aripiprazole – a case report

Sialorrhea is a frequent adverse event under treatment with antipsychotic drugs and affected patients experience restrictions in everyday life and suffer from stigmatization. Often, this adverse event leads to a discontinuation of the medication. Under aripiprazole treatment sialorrhea has rarely been reported so far. However, in the present case report of a 27 year old patient with paranoid schizophrenia, aripirazole is most likely responsible for the genesis of the hypersalivation.

Key words: Aripiprazol, sialorrhea, antipsychotics, hypersalivation, psychotropic drugs, drug safety

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Myasthenia gravis

Frühe Gabe von Rituximab bei generalisierter Myasthenia gravis

Mit einem Kommentar des Autors
Eine Einzeldosis von 500 mg Rituximab war in einer randomisierten Studie in Schweden im Vergleich zu Placebo mit einer größeren Wahrscheinlichkeit eines milderen Verlaufs einer Myasthenia gravis verbunden und führte zu einem geringeren Bedarf an Arzneimitteln zur Behandlung von Notfallsituationen. Es sind allerdings weitere Studien erforderlich, um das langfristige Nutzen-Risiko-Verhältnis dieser Behandlung zu untersuchen.

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertProf. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Parkinson-Krankheit

Antikörper gegen aggregiertes Alpha-Synuclein beim frühen M. Parkinson nicht wirksam

Mit einem Kommentar des Autors
Alpha-Synuclein-Aggregate im Gehirn sind ein wichtiges pathophysiologisches Agens bei Morbus Parkinson. Daher wurden Antikörper gegen Alpha-Synuclein zur Behandlung des Morbus Parkinson entwickelt. Zwei randomisierte, Placebo-kontrollierte Phase-II-Studien mit Cinpanemab und Prasinezumab zeigten allerdings keine Wirksamkeit. Es gibt also weiterhin keine kausale Therapie des M. Parkinson.

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Antikörper gegen Beta-Amyloid

Prüfung von Crenezumab bei früher Alzheimer-Krankheit

Mit einem Kommentar des Autors
In zwei randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien bei Patienten mit beginnender Alzheimer-Krankheit wurde der Anti-Amyloid-beta-Antikörper Crenezumab gut vertragen, konnte jedoch die klinische Progression der Erkrankung nicht verlangsamen.

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Wernicke-Enzephalopathie

Nutzen von hochdosiertem Thiamin ist fraglich

Mit einem Kommentar des Autors
Die Ergebnisse einer zweiteiligen randomisierten Studie zeigten keinen eindeutigen Vorteil von hochdosiertem Thiamin gegenüber mittleren oder niedrigeren Thiamin-Dosen für die Behandlung und Vorbeugung von kognitiven und neurologischen Störungen im Rahmen einer Wernicke-Enzephalopathie.

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertDr. Alexander Pensler, Braunschweig

Schubförmige multiple Sklerose

Weniger Rezidive und Hirnläsionen durch Ublituximab im Vergleich mit Teriflunomid

Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Bei Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose hatte der neue monoklonale Anti-B-Zell-Antikörper Ublituximab in einer Placebo-kontrollierten Phase-II-Studie zu verringerten Rückfallraten geführt. In zwei identischen Phase-III-Studien wurde jetzt die Wirksamkeit und Sicherheit von Ublituximab im Vergleich mit dem oral eingenommenen Immunsuppresivum Teriflunomid untersucht.

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertProf. Dr. med. Hans-Christian Diener, Essen

Ischämischer Schlaganfall

Bessere Prognose durch ischämische Konditionierung?

Mit einem Kommentar des Autors
Bei Erwachsenen mit akutem, mittelschwerem ischämischem Schlaganfall erhöhte die Behandlung mit ischämischer Konditionierung im Vergleich zur üblichen Behandlung signifikant die Wahrscheinlichkeit eines guten funktionellen Outcomes nach 90 Tagen. Diese Ergebnisse müssen jedoch in einer weiteren Studie repliziert werden, bevor auf die Wirksamkeit dieser Intervention geschlossen werden kann.

Seite 230 - 239
Referiert & kommentiertDr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Depressive Episode

GEMINI: Kurzzeitstudie zur Wirksamkeit und Sicherheit von Dextromethorphan-Bupropion

In der randomisierten, doppelblinden GEMINI-Studie zeigt eine Fixkombination von Dextromethorphan und Bupropion im Vergleich mit Placebo während der sechswöchigen Studiendauer eine deutliche Besserung depressiver Symptome und eine höhere Remissionsrate.