EditorialHeinz Reichmann, Dresden

Me-too: ein Reizwort

ÜbersichtRandi D. von Wrede, Bonn

Zonisamid – ein modernes Antikonvulsivum

Überblick über Wirksamkeit und Sicherheit

Zonisamid ist ein modernes Antikonvulsivum zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit fokalen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung, für welches eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit gezeigt werden konnte. Bei den meist als leicht bis mäßig eingeschätzten Nebenwirkungen handelt es sich vorwiegend um ZNS-assoziierte Nebenwirkungen; ein mit Zonisamid teils auftretender Gewichtsverlust wird häufig von den Patienten als positiv eingeschätzt und sollte in der Therapieentscheidung mit berücksichtigt werden. Das pharmakologische Profil ermöglicht durch fehlende Beeinflussung der Leberenzyme, hohe Bioverfügbarkeit und renale Elimination einen unkomplizierten Einsatz von Zonisamid, auch bei komedizierten oder älteren Patienten.
Schlüsselwörter: Epilepsie, Langzeiterfahrungen, Nebenwirkungen, Responder, Zonisamid
Psychopharmakotherapie 2008;15:2–5.

FlaggeEnglish abstract

Zonisamide – a modern anticonvulsant. Review on efficacy and safety

Zonisamide is a modern antiepileptic drug for the add-on treatment of adults with partial epilepsy with or without secondary generalization, for which good efficacy and safety could be shown. Side effects are mostly CNS-associated and rated as mild or modest. Loss of weight sometimes is a side effect which is appreciated by patients and should be considerated in the decision of therapy. The pharmacologic profile (lack of liver enzyme alteration, high bioavailability and renal elimination) allows an uncomplicated use of zonisamide, even in the elderly or patients with co-medication.

Keywords: Epilepsy, long-term experience, side effects, responder, zonisamide

OriginalarbeitSiegfried Kasper, Wien, Markus Gastpar, Berlin, Walter E. Müller, Frankfurt, Hans-Peter Volz, Werneck, Angelika Dienel, Karlsruhe, und Hans-Jürgen Möller, München

Behandlung depressiver Störungen mit Johanniskrautextrakt WS® 5570

Kein Einfluss auf das Patientengewicht

Die medikamentöse Behandlung von Depressionen wird häufig mit einer Gewichtszunahme der betroffenen Patienten in Verbindung gebracht. Solche Effekte wurden unter anderem für Trizyklika und vereinzelt auch bei selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern nachgewiesen. Sie sind eine der Ursachen für mangelnde Einnahme-Compliance, die das Behandlungsergebnis gefährden kann. In drei randomisierten Doppelblindstudien wurden insgesamt rund 900 Patienten, die an leichten, mittelschweren oder schweren Depressionen litten, für sechs Wochen mit 600, 900, 1200 oder 1800 mg/d Johanniskrautextrakt WS® 5570, 20 oder 40 mg/d Paroxetin oder Plazebo behandelt, an die sich bei günstiger Therapieantwort eine 26-wöchige Erhaltungsphase mit gleicher Medikation anschloss. Im Rahmen einer Reanalyse der gepoolten Originaldaten wurde die Veränderung des Patientengewichts unter Behandlung untersucht. Weder unter WS® 5570 noch unter Plazebo wurde während des insgesamt bis zu 32-wöchigen Beobachtungszeitraums eine systematische Veränderung des Patientengewichts beobachtet. Deutliche Gewichtszu- oder -abnahmen traten nur in Einzelfällen auf; die mittlere Veränderung gegenüber dem Ausgangsgewicht lag bei mit WS® 5570 oder Plazebo behandelten Patienten in der Akut- und Erhaltungsphase jeweils unterhalb von ±1 kg. Mit Paroxetin behandelte Patienten zeigten während der 26-wöchigen Erhaltungsphase eine mittlere Zunahme um 1,5 kg, die im Vergleich zu allen Dosierungen von WS® 5570 signifikant unterschiedlich war (p≤0,05). Der Johanniskrautextrakt WS® 5570 verursacht während der Akutbehandlung depressiver Episoden und der sich daran anschließenden, prophylaktischen Erhaltungstherapie keine systematischen Gewichtsveränderungen und bietet damit die Voraussetzungen für eine gute Einnahme-Compliance.
Schlüsselwörter: Johanniskraut, WS® 5570, Hypericum, Depression, Gewichtszunahme
Psychopharmakotherapie 2008;15: 6–10.

FlaggeEnglish abstract

Treatment of depression with St. John’s wort extract WS® 5570. No influence on patients’ weight

Drug treatment of depression is frequently associated with weight increase. Such effects have been demonstrated for tricyclics, selective serotonin reuptake inhibitors and other antidepressants. Weight increase has been identified as a major cause of malcompliance which may jeopardize treatment success.

In three randomized double-blind trials 900 patients with mild, moderate or severe major depression were treated with 600, 900, 1,200, or 1,800 mg/day St. John’s wort extract WS® 5570, 20 or 40 mg/day paroxetine, or placebo for six weeks. Responders to acute treatment were offered participation in a 26-week continuation phase with the same treatments. In a reanalysis of the pooled original data we investigated weight changes during antidepressant treatment.

Neither patients treated with WS® 5570 nor those randomized to placebo showed systematic weight changes during the 32-week period of observation. Marked weight gain or loss were observed only in individual cases. For both drugs average weight change during acute and continuation treatment did not exceed a range of ±1 kg compared to baseline. During the 26-week continuation treatment patients randomized to paroxetine showed an average weight increase of 1.5 kg that was significantly different compared to all dosages of WS® 5570 investigated (p≤0.05).

During acute and subsequent continuation treatment of depressive episodes St. John’s wort extract WS® 5570 does not cause weight changes. The herbal drug thus provides a favorable basis for good treatment compliance.

Keywords: St. John’s wort, WS® 5570, Hypericum, depression, weight gain

OriginalarbeitHans-Jürgen Möller, Michael Riedel, München, Irini Karapanagiotou-Schenkel, Heidelberg, und Werner Kadus, Karlsruhe

Ergebnisse einer großen Anwendungsbeobachtungsstudie zu Ziprasidon

In einer 12-wöchigen Anwendungsbeobachtung an 3142 Patienten wurde Ziprasidon in der Behandlung schizophrener Patienten unter den Bedingungen der ambulanten Behandlung untersucht. Abgesehen von der Anwendung standardisierter Untersuchungsmethoden zur Erfassung von Wirksamkeit und unerwünschten Ereignissen waren keine Veränderungen der üblichen Vorgehensweisen in der Behandlung erlaubt. Die Ergebnisse belegen eine hohe Akzeptanz von Ziprasidon (Drop-out-Quote 17%), eine gute Wirksamkeit (62% erreichten die CGI-Kategorie „sehr viel besser“/„viel besser“) und eine gute Verträglichkeit in der Anwendung unter Praxisbedingungen. Berichtete extrapyramidal-motorische Störungen waren selten (0,7%), ebenso kardiovaskuläre Ereignisse (0,9%). Das mittlere Körpergewicht nahm von durchschnittlich 80,4 auf 79,1 kg um 1,3 kg ab. Die mittlere Gewichtsreduktion betrug bei aus Gewichtsgründen Umgestellten 3,6 kg. Aufgrund der Ergebnisse randomisierter klinischer Prüfungen und großer Anwendungsbeobachtungen ergibt sich, dass bei guter Wirksamkeit auf die Symptomatik schizophrener Erkrankungen – geprüft wurden insbesondere Positivsymptomatik und Negativsymptomatik – die besonderen Vorteile des atypischen Neuroleptikums Ziprasidon in der Gewichtsneutralität und in den positiven Effekten auf neuroleptikabedingtes Übergewicht bestehen.
Schlüsselwörter: Schizophreniebehandlung, atypische Neuroleptika, Ziprasidon
Psychopharmakotherapie 2008;15:11–20.

FlaggeEnglish abstract

Results of a large post-marketing observational study on ziprasidone

Ziprasidone was evaluated in the treatment of 3,142 schizophrenic outpatients in a 12-week, post-marketing observational study. No changes of the usual treatment procedures were permitted, apart from the application of standardised methods of evaluation to record efficacy and adverse events. The results demonstrate a high degree of acceptance of ziprasidone (drop-out rate 17%), good efficacy (62% achieved the CGI category “very much improved”/“much improved”) and tolerability when used under the conditions of routine clinical care. Reports of extrapyramidal-motor side effects were rare (0.7%), as were cardiovascular events (0.9%). The average weight loss was 1.3 kg, i.e. from 80.4 kg to 79.1 kg. The average weight loss in patients who were changed over to ziprasidone for weight-related reasons was 3.6 kg. Results of randomised clinical studies and large post-marketing observational studies show that besides good efficacy in treating the symptoms of schizophrenic disorders, whereby positive and negative symptoms in particular were investigated, the special advantages of the atypical antipsychotic ziprasidone are its weight neutrality and the positive effects on neuroleptic-related excess weight.

Keywords: Treatment of schizophrenia, atypical neuroleptics, ziprasidone

OriginalarbeitHelmut Hausner, Markus Wittmann, Göran Hajak und Ekkehard Haen, Regensburg, für die AGATE*, Sanitätsrat Dr. H.-D. Schulz, Klosterstraße 14, 17207 Röbel/Müritz

Polypharmazie als geschlechtsspezifisches Phänomen in der Psychiatrie

Fragestellung: Aufgrund der klinischen Erfahrung liegt die Vermutung nahe, dass Frauen in größerem Umfang als Männer vom Phänomen der Polypharmazie betroffen sein könnten. Wegen zahlreicher physiologischer Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen geschlechtsspezifische Besonderheiten hinsichtlich Pharmakodynamik und Pharmakokinetik, die bei der Verabreichung unterschiedlicher Pharmaka an Bedeutung gewinnen. Daher wurde untersucht, ob bei stationär psychiatrisch behandelten Patienten tatsächlich Geschlechtsunterschiede in Bezug auf Polypharmazie bestehen. Methode: Unter Verwendung der AGATE-Stichtagsdaten der Jahre 1999 bis 2004 wurde der Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und der Anzahl der verordneten Wirkstoffe untersucht. Die Daten wurden mit Hilfe von SPSS und zweiseitigem Chi-Quadrat-Test ausgewertet. Ergebnis: Insgesamt wurden während eines Zeitraums von sechs Jahren (1999–2004) 72260 Patienten an 12 Stichtagen erfasst. Weibliche Patienten erhielten dabei signifikant mehr unterschiedliche Wirkstoffe verordnet als Männer (Frauen: 3,7 pro Tag; Männer: 2,8 pro Tag; p<0,001). Die gleiche Beobachtung trifft auch für die Untergruppen der Patienten mit Schizophrenie (F: 3,4 pro Tag; M: 3,0 pro Tag; p<0,001) oder Depression (F: 4,6 pro Tag; M: 4,0 pro Tag; p<0,001) zu. Schlussfolgerung: Die geschlechterdifferenzierende Auswertung der AGATE-Stichtagserhebungen 1999 bis 2004 hinsichtlich der Verordnungspraxis bestätigt den klinischen Eindruck, dass stationär psychiatrisch betreute Frauen in stärkerem Maße von Polypharmazie betroffen sind als Männer.
Schlüsselwörter: AGATE, Polypharmazie, Geschlechtsunterschiede
Psychopharmakotherapie 2008;15: 21–3.

FlaggeEnglish abstract

Sex differences in psychiatric polypharmacy

Background: It is presumed that women are more often affected by polypharmacy than men. This assumption could be important because of hormonal and constitutional gender differences influencing pharmacodynamic and pharmacokinetic factors. The aim of this study was to test the hypothesis that multi drug use of hospitalised psychiatric patients shows sex differences.

Methods: Using the AGATE census days for prescription of drugs to inpatients in 1999–2004, we examined the relationship between sex and drug use. Data were analysed by chi-square test (2-sided) using SPSS.

Results: Overall 72,260 patients were evaluated at the 12 census days during the 6 years. Female patients had prescribed significantly more drugs than male patients (F: 3.7 per day; M: 2.8 per day; p<0.001). There was a similar finding in the subanalysis of patients suffering from schizophrenia (F: 3.4 per day; M: 3.0 per day; p<0.001) or depression (F: 4.6 per day; M: 4.0 per day; p<0.001).

Conclusions: Hospitalised women with mental disorder are more often affected by polypharmacy than men.

Keywords: AGATE, polypharmacy, gender

DiskussionsforumFelix Hohl-Radke, Berlin

Gewichtsverlust unter Kombination von Olanzapin und Trimipramin

Fallbeschreibung einer Gewichtsreduktion von 20 kg nach Umstellung von Perazin/Promethazin

Unter den atypischen Antipsychotika führen Clozapin und Olanzapin am häufigsten zu einer medikamenteninduzierten Gewichtszunahme. Hier wird jedoch über einen Fall berichtet, bei dem es unter Umstellung der medikamentösen Therapie von Perazin/Promethazin auf Olanzapin/Trimipramin bei einer jüngeren Patientin mit rezidivierender akuter polymorph-psychotischer Störung (zykloide Psychose) zu einem Gewichtsverlust von 20 kg innerhalb von acht Monaten kam. Der pathophysiologische Mechanismus der Gewichtsabnahme bleibt hypothetisch, die pharmakogene affektive Stabilisierung unter der Kombination von Olanzapin und Trimipramin könnte in diesem Fall aber mit ursächlich sein.
Schlüsselwörter: Olanzapin, Trimipramin, Gewichtsverlust, akute polymorph-psychotische Störung, zykloide Psychose
Psychopharmakotherapie 2008;15:24–6.

FlaggeEnglish abstract

Weight-loss in combining olanzapine and trimipramine

Case report of a 20 kg weight reduction after switching medical treatment from perazine/promethazine to olanzapine/trimipramine in a case of a younger woman suffering from a recurrent acute polymorphic psychotic disorder.

During atypical antipsychotic agents, clozapine and olanzapine are in high-risk for medical-induced weight-gain. However, we report a 20 kg weight-loss within 8 months after switching medical treatment from perazine/promethazine to olanzapine/trimipramine in a case of a younger woman suffering from a recurrent acute polymorphic psychotic disorder (cycloid psychosis). The pathophysiological mechanism of weight-loss remains hypothetical, but the pharmacological mood-stabilizing effect of combining olanzapine/trimipramine may be one possible cause.

Keywords: Olanzapine, trimipramine, weight-loss, acute polymorphic psychotic disorder, cycloid psychosis

DiskussionsforumChristian Harter, Cosima Obier und Bernd Eikelmann, Karlsruhe

Verzögerte Hyponatriämie unter Duloxetin

Ein Fallbericht

Hyponatriämien sind als Nebenwirkungen psychopharmakologischer Therapien bekannt. Insbesondere unter den Antiepileptika Carbamazepin und Oxcarbazepin, aber auch unter den SSRI wird ein Absinken des Natriumspiegels im Serum infolge eines Syndroms der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH) beobachtet. Wir berichten über einen 78-jährigen Patienten, der aufgrund einer depressiven Symptomatik mit Duloxetin 60 mg behandelt wurde. Sechs Wochen nach Behandlungsbeginn wurde der Patient mit einer erneuten schweren depressiven Symptomatik und einer deutlichen Verschlechterung des Allgemeinzustands stationär aufgenommen. Aufgrund einer Hyponatriämie (111 mmol/l) war vorübergehend eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich. Duloxetin wurde abgesetzt, die Hyponatriämie ausgeglichen. Eine medikamentöse Umstellung auf Moclobemid war komplikationslos, der Patient konnte nach kurzem Aufenthalt nach Hause entlassen werden. Es wird die Entstehung einer Hyponatriämie unter einer Therapie mit Duloxetin aufgezeigt und mögliche Risikofaktoren werden diskutiert. Wir empfehlen, die Natriumserumspiegel auch unter SSNRI-Therapie regelmäßig zu kontrollieren.
Schlüsselwörter: Duloxetin, Hyponatriämie, SIADH, Risikofaktoren
Psychopharmakotherapie 2008;15:27–9.

FlaggeEnglish abstract

Delayed hyponatremia under duloxetine – a case report

Hyponatraemias are well-known as side effects of psychopharmacological therapies, particularly occurring under the anticonvulsive compounds carbamazepine and oxcarbazepine. Lowered sodium levels in the context of the application of SSRIs can be seen as a consequence of the syndrome of inadequate ADH secretion (SIADH). We report on a 78-year old depressed patient, who was successfully treated with duloxetine 60 mg/d. Six weeks later the patient was readmitted with a severe depressive symptomatology and a clear deterioration of his general condition. Due to a hyponatraemia (sodium 111 mmol/l) intensive-medical treatment was necessary temporarily. Duloxetine was withdrawn, and the hyponatraemia was balanced. The switch to moclobemide was tolerated without any problems; the patient could be discharged after a short stay. Possible risk factors for the observed hyponatraemia (e.g. age, parallel internal medication with thiazide diuretics, initial low sodium levels) are discussed. It is recommended to control the sodium serum levels repeatedly not only under SSRI but also under SSNRI.

Keywords: Duloxetine, hyponatraemia, SIADH, risk factors

DiskussionsforumHans-Jürgen Möller, München, und Jürgen Fritze, Pulheim

(Irrationale) Rationierung von Psychopharmaka im deutschen Gesundheitssystem

Zur Problematik von „Me-too”-Listen

Angesichts der Grenzen der Finanzierbarkeit unseres bisher großzügigen Gesundheitswesens kann die Sinnhaftigkeit von Sparmaßnahmen, unter anderem auch Sparmaßnahmen im Bereich der medikamentösen Therapie, nicht grundsätzlich bestritten werden. Solche Sparmaßnahmen sollten aber ausreichend rational begründet und in einem transparenten und ausreichend objektiven Bewertungsverfahren durchgeführt werden. Dabei sollten die Sichtweisen Evidenz-basierter Leitlinien berücksichtigt werden. Bei den die Psychopharmakotherapie betreffenden Rationierungsmaßnahmen spielt der Begriff der „Me-too“-Medikamente (Analogpräparate) eine große Rolle. Das zur Definition von Me-too-Präparaten verwendete Klassifikationsschema von Fricke und Klaus ist arbiträr, im Hinblick auf Psychopharmaka nicht ausreichend valide und mit einer zu geringen Reliabilität der Zuordnung verbunden, insbesondere, da nur eine Fachgruppe (Pharmakologen) und nicht auch andere Fachgruppen (z.B. in der klinischen Pharmakologie erfahrenen Psychiater) die Zuordnung vornehmen. Insofern sind die von verschiedenen kassenärztlichen Vereinigungen herausgegebenen Me-too-Listen zu Psychopharmaka oft widersprüchlich und vom Ansatz her grundsätzlich problematisch. Es müsste eine ordentliche, objektive und transparent wissenschaftliche Analyse vorliegen, wenn man überhaupt die Me-too-Listen rechtfertigen will. Obendrein ist grundsätzlich fraglich, ob eine kassenärztliche Vereinigung in dieser Weise die ärztliche Verordnungsfreiheit zu Lasten der Patienten (Versicherten) einschränken darf, oder ob so einschneidende Maßnahmen dem Gemeinsamen Bundesausschuss mit Unterstützung des IQWiG vorbehalten bleiben müssen.
Schlüsselwörter: Analogpräparate, Me-too-Medikamente, Psychopharmaka
Psychopharmakotherapie 2008;15:30–5.

FlaggeEnglish abstract

(Irrational) rationing of psychotropic drugs in the German health system – On the problem of “me-too” lists

In the face of the limitations put on the financial viability of our hitherto generous health system, one cannot principally object to the aim to try to save money, also in the area of drug treatment. However, such attempts to reduce spending need to be based on sufficiently rational reasoning and on a transparent and adequately objective evaluation procedure. The views of evidence-based guidelines should also be considered.

The term “me-too” drugs (analogue preparations) plays an important role in the rationing of psychotropic drugs. The classification scheme by Fricke and Klaus used to define me-too preparations is arbitrary, not suitable for psychotropic drugs and does not allocate drugs reliably, especially since only one group of specialists (pharmacologists) and not other groups (e.g. psychiatrists experienced in clinical pharmacology) performed the allocation. Thus, the me-too lists of psychotropic drugs published by the various physicians’ associations are often inconsistent and fundamentally problematic in their approach. If one wanted to justify the me-too lists at all, a fair, objective and transparent scientific analysis would be required.

In addition, it is principally questionable whether the physicians’ associations should be allowed to restrict the physicians’ prescribing freedom at the expense of the patients, or whether such drastic measures should be reserved for the Federal Joint Committee supported by IQWiG.

Keywords: Analogue preparations, me-too drugs, psychotropic drugs

LeitlinienProf. Dr. H. Stefan, Epilepsiezentrum Erlangen, Schwabachanlage 6, 91054 Erlangen, E-Mail: hermann.stefan@uk-erlangen.de

Diagnostik und Therapie des ersten Anfalls

Eine kurze Synopsis der Leitlinien

Aktuelle Leitlinien bezüglich der Diagnose und Therapie fokaler und generalisierter Epilepsien werden dargestellt. Ergänzend zur ausführlichen Erhebung der Eigen- und Fremdanamnese sind die Erhebung eines ausführlichen klinisch-neurologischen Befunds sowie eines psychiatrischen Befunds obligat.
Schlüsselwörter: Diagnose, Therapie, Epilepsie, Leitlinien
Psychopharmakotherapie 2008;15:38–9.

FlaggeEnglish abstract

Diagnostics and therapy of the first seizure: a short synopsis of the guidelines

Actual guidelines for diagnosis and treatment of epilepsies are referred.

Keywords: Diagnosis, therapy, epilepsy, guidelines

ArzneimitteltherapiesicherheitDominik Dabbert und Martin Heinze, Bremen

Delir unter Opipramol

Anticholinerge Nebenwirkungen sind unter trizyklischen Antidepressiva gut bekannt. Eine Extremform ist das anticholinerge Delir. Wir berichten über einen Patienten, der unter einer üblichen Dosierung von Opipramol bei langsamer Aufdosierung im ambulanten Rahmen ein Delir entwickelte. Ein 44-jähriger alkohol- und opiatabhängiger Patient mit seit Jahren bestehender Levomethadon-Substitution wurde wegen Angst und Traurigkeit ambulant mit Opipramol behandelt. Nach einer Dosiserhöhung entwickelte der Patient einen zunehmenden Konzentrationsverlust, zeitliche Desorientiertheit, affektive Indifferenz und einen massiv reduzierten Antrieb. Nach Absetzen der Opipramol-Medikation sahen wir innerhalb weniger Tage eine Remission. Alternative Ursachen für das beobachtete klinische Bild wurden ausgeschlossen. Wir gehen von einem pharmakogenen Delir bei vorgeschädigtem Gehirn aus. Es scheint sich um eine unerwünschte Arzneimittelwirkung durch pharmakodynamische und pharmakokinetische Interaktion bei einem Risikopatienten zu handeln.
Schlüsselwörter: Opipramol, Levomethadon, Interaktion, Delir, anticholinerge Wirkung
Psychopharmakotherapie 2008;15:38–9.

FlaggeEnglish abstract

Case report: Delirium and opipramole

Keywords: Opipramole, levomethadone, interaction, delirium, anticholinergic effect

Referiert & kommentiertBettina Martini, Memmingen

Epilepsie

Niedrig dosierte Topiramat-Monotherapie häufig ausreichend

Topiramat ist wirksam in der Behandlung der Epilepsie sowohl mit fokalen als auch generalisierten Anfällen. Die Erfahrungen zeigen, dass eine Monotherapie im Dosisbereich von 50 bis 100 mg bei vielen Patienten bereits ausreicht. Auch nach Versagen einer anderen initialen Therapie kann eine Topiramat-Monotherapie ausreichend sein.

Referiert & kommentiertProf. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

Epilepsie

Lamotrigin versus retardiertes Carbamazepin bei neu aufgetretenen Epilepsien älterer Menschen

Eine neu aufgetretene Epilepsie im höheren Lebensalter kann sowohl mit Lamotrigin wie mit Carbamazepin behandelt werden. Lamotrigin hat etwas weniger Nebenwirkungen.

Referiert & kommentiertGabriele Blaeser-Kiel, Hamburg

Depression

Bupropion bei Patienten mit prädominanter Anhedonie und Apathie

Nur bei jedem zweiten bis vierten depressiven Patienten wird mit den verfügbaren psychopharmakologischen – vorwiegend „serotoninfokussierten“ – Therapieoptionen eine komplette Remission erreicht. Residual sind vor allem Symptomkomplexe wie Apathie und Anhedonie, bei denen eine Fehlfunktion der dopaminergen Neurotransmission postuliert wird. Daher scheint in diesen Fällen die Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmung mit Bupropion die bessere Wahl zu sein.

Referiert & kommentiertDr. Alexander Kretzschmar, München

Methylphenidat-Wirkdauer nach Maß

Depotpräparate mit unterschiedlicher Freisetzungskinetik

Die neuen europäischen Leitlinien zum Einsatz langwirksamer Medikamente bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben mehr Klarheit in die Diskussion um den Gebrauch dieser Darreichungsformen bei jugendlichen ADHS-Patienten gebracht. Welche Konsequenzen dies für die Therapie hat, wurde auf dem 39. Danube-Symposium und 1. Internationalen ADHS-Kongress in Würzburg diskutiert.

Referiert & kommentiertDr. Alexander Kretzschmar, München

11. Bad Homburger ZNS-Gespräche

Entscheidungswege in der ADHS-Therapie

Die in der Praxis weit verbreitete Kontroverse Pharmako- versus Verhaltenstherapie in der Therapie der Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) geht am Kern der Sache vorbei. Denn die höchste Effektstärke besitzen kombinierte Therapiekonzepte, so der Tenor auf den 11. Bad Homburger ZNS-Gesprächen.

Referiert & kommentiertStefan Oetzel, Tübingen

Schizophrenie- und Alterspatienten

Generika statt Original – Vorsicht bei der Umstellung

Der zunehmende Kostendruck im Gesundheitswesen führt dazu, dass Ärzte immer häufiger Generika statt des Originalpräparats verordnen. Im Fall einer Umstellung ist jedoch Vorsicht geboten, vor allem dann, wenn Veränderungen empfindliche Reaktionen hervorrufen können, beispielsweise bei schizophrenen Patienten oder psychotisch gestörten Alterspatienten.

Referiert & kommentiertDr. Alexander Kretzschmar, München

Schizophrenietherapie

Die Weichen werden in den ersten drei Monaten gestellt

Das subjektive Wohlbefinden schizophrener Patienten ist in den ersten drei Therapiemonaten ein weitaus stärkerer Prädiktor für den klinischen Erfolg der Behandlung als bislang angenommen. Dies zeigen die 3-Jahres-Ergebnisse der deutschen Kohorte schizophrener Patienten (n=2842), die an der euroweiten SOHO-Studie (Schizophrenia outpatient health outcomes-study) teilgenommen hatten.

Referiert & kommentiertHeike Oberpichler, Stuttgart

Dopaminagonisten

Parkinson-Therapie mit Piribedil

Der Non-Ergot-Dopaminagonist Piribedil ist seit kurzem auch in Deutschland zur Parkinson-Therapie auf dem Markt. Die Substanz lindert als Monotherapie die Symptome bei früher Parkinson-Krankheit. Als Kombinationspartner von Levodopa erwies sie sich als vergleichbar wirksam wie Bromocriptin, bei geringerem Anstieg des Levodopa-Bedarfs über einen Zeitraum von zwei Jahren.