Schizophrenietherapie

Die Weichen werden in den ersten drei Monaten gestellt


Dr. Alexander Kretzschmar, München

Das subjektive Wohlbefinden schizophrener Patienten ist in den ersten drei Therapiemonaten ein weitaus stärkerer Prädiktor für den klinischen Erfolg der Behandlung als bislang angenommen. Dies zeigen die 3-Jahres-Ergebnisse der deutschen Kohorte schizophrener Patienten (n=2842), die an der euroweiten SOHO-Studie (Schizophrenia outpatient health outcomes-study) teilgenommen hatten.

Die an der SOHO-Studie beteiligten Ärzte hatten ihre Patienten neben den üblichen Beurteilungsinstrumenten, beispielsweise PANSS oder CGI, auch anhand der von der Arbeitsgruppe um Prof. Dieter Naber, Hamburg, entwickelten SWN-Skala (Subjektives Wohlbefinden unter Neuroleptika) evaluiert und diese Ergebnisse mit den anderen Skalen korreliert. Dabei zeigte sich, dass die größten Veränderungen in der gesamten Beobachtungszeit von 36 Monaten in den ersten drei Monaten stattfanden. Dies gilt sowohl für die Krankheitsschwere im allgemeinen klinischen Eindruck (CGI-S) wie auch für die subjektive Lebensqualität (EQ-VAS) und die Zufriedenheit mit der Medikation (SWN-K). Lediglich beim Funktionsniveau bestätigten frühere Erfahrungen, dass die Verbesserungen hier mit einer zeitlichen Latenz eintreten (Abb. 1).

Abb. 1 Lebensqualität/subjektive Befindlichkeit im Langzeitverlauf (n=2842). Mit einem SWN-K Wert von ≤60 zu Beginn kann für 3 von 4 Patienten mit 98,8%iger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, dass sie nicht in Recovery sind.

Prädiktoren für eine Remission

In der Detailanalyse waren die wichtigsten Prädiktoren für eine spätere symptomatische und funktionale Remission das Funktionsniveau zu Therapiebeginn sowie ein frühes Erreichen einer adäquaten Lebensqualität. Erst danach kam die Patientencompliance. Patienten mit einer frühen symptomatischen Remission hatten auch die besten Chancen für einen Funktionsstatus, der demjenigen von Nicht-Schizophrenen nahe kommt.

Diese Erkenntnisse aus der naturalistischen, nicht-interventionellen SOHO-Studie bestätigen damit die Erfahrungen aus kontrollierten klinischen Studien. Demnach wird der Grundstein für eine symptomatische und funktionelle Remission schizophrener Patienten bereits in der Akutphase gelegt.

Bei 25% der Studienteilnehmer wurde eine komplette Remission erzielt. Das beste Therapieergebnis hatten insgesamt diejenigen SOHO-Patienten, die Atypika (vs. klassische Antipsychotika) erhielten und die der initial gewählten Therapie treu blieben. Insgesamt 2261 Patienten (23,6%) erlitten mindestens ein Rezidiv. Die niedrigsten Rezidivraten wurden unter Olanzapin (30,5%) und Clozapin (32,9%) gemessen (orale Typika: 35,4%; Risperidon: 36%; Amisulprid: 41,6%; Quetiapin: 44,5%; Depot-Typika: 45%). Eine Regressionsanalyse zeigt, dass das relative Risiko für ein Rezidiv im Vergleich zur Olanzapin-Kohorte in allen anderen Antipsychotika-Kohorten – mit Ausnahme von Clozapin – höher war.

Quelle

Priv.-Doz. Dr. Martin Lambert, Hamburg, Presseroundtable „Heute tue ich alles, um einen Rückfall zu verhindern“, Hamburg, 31. Mai 2007, veranstaltet von Lilly Deutschland GmbH.

Psychopharmakotherapie 2008; 15(01)