Parkinson-Krankheit

COMT-Hemmer als Eckpfeiler der Add-on-Therapie


Dr. Thomas Heim, Freiburg

Bei Parkinson-Erkrankten kann die Bioverfügbarkeit des Goldstandards Levodopa durch die zusätzliche Gabe eines Catechol-O-methyltransferase-(COMT-)Hemmers gesteigert werden. Damit können – bei gleichbleibender oder reduzierter Levodopa-Dosis – On-Zeiten verlängert und Off-Zeiten reduziert werden. Pharmakokinetische und klinische Aspekte wurden bei einem von BIAL veranstalteten Symposium im Rahmen des DGN-Kongresses 2023 diskutiert.

Zur Behandlung motorischer Fluktuationen einschließlich Wearing-off sieht die im Oktober 2023 publizierte AWMF-Leitlinie zur Parkinson-Krankheit [1] unterschiedliche medikamentöse Ansätze vor. Je nach Situation, erklärte Prof. Dr. Karsten Witt, Universitätsklinik für Neurologie am Evangelischen Krankenhaus Oldenburg, kommen zusätzlich zur Standardtherapie mit Levodopa und Dopaminagonisten eine oder mehrere der prinzipiell gleichwertigen Optionen infrage, nämlich die Add-on-Gabe eines COMT- oder Monoaminoxidase-(MAO-)B-Inhibitors, Dosissteigerung oder -verdichtung der dopaminergen Medikation sowie die Gabe von löslichem oder inhalativem Levodopa zur bedarfsmäßigen Kupierung von Off-Situationen [1].

Mehr Bioverfügbarkeit ohne Dosissteigerung

Einen besonderen Vorteil der Add-on-Behandlung mit einem COMT-Hemmer sieht Witt darin, dass man damit die Plasmahalbwertszeit von Levodopa verlängern kann. Man erreicht dann mit niedrigeren Levodopa-Dosen eine vergleichbare Levodopa-Bioverfügbarkeit. Eine aktuelle pharmakokinetische Studie mit 24 Parkinson-Patienten [2] belegt, dass die Bioverfügbarkeit einer um 100 mg reduzierten Levodopa-Dosis bei Kombination mit 50 mg Opicapon sogar höher ist als bei unveränderter Levodopa-Dosis ohne COMT-Hemmer. In der COMT-Gruppe mit reduzierter Levodopa-Dosis reduzierte sich die Off-Zeit um nominal 30 % und erhöhte sich die On-Zeit um 40 % im Vergleich zu der Gruppe mit unveränderter Levodopa-Dosis und ohne COMT-Hemmer. Im Hinblick auf klinische Parameter war die Studie allerdings nur exploratorisch [2].

Unter den drei derzeit verfügbaren COMT-Hemmern ist Opicapon laut Leitlinien „am besten verträglich und hat eine nicht signifikante Tendenz zu besserer Effizienz als Entacapon“. Tolcapon solle man wegen dessen Hepatotoxizität nur als Mittel der zweiten Wahl und unter engmaschigem Sicherheitsmonitoring verwenden [1].

Mehr On und weniger Off

Witt präsentierte aktuelle Daten aus der Studie ADOPTION [5]. In die multizentrische Studie wurden 169 Parkinson-Kranke aus Korea eingeschlossen. Diese erhielten – zusätzlich zu ihrer Behandlung mit Levodopa/Decarboxylasehemmer(DDCI) – randomisiert entweder weitere 100 mg Levodopa/DDCI oder 50 mg Opicapon. Primärer Endpunkt der vierwöchigen Studie war die Veränderung der absoluten Off-Zeit gegenüber dem Ausgangswert. Die Differenz betrug 16,69 Minuten in der Levodopa-Gruppe und 62,06 Minuten in der Opicapon-Gruppe. Dieser Unterschied von 45,37 Minuten war statistisch signifikant (95%-Konfidenzintervall [KI] 73,11–17,64; p = 0,0015). Die mit Opicapon Behandelten hatten durchschnittlich 34,54 Minuten mehr On-Zeit-Gewinn gegenüber dem Ausgangswert als die mit zusätzlichem Levodopa Behandelten (95%-KI 2,68–66,41; p = 0,0338). In den Assessments für motorische und nichtmotorische Parkinsonsymptome und weitere krankheitsbezogene Parameter – MDS-UPDRS und PDQ-8 – zeigte sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen [5].

Sicherheit und Verträglichkeit bestätigt

Opicapon wurde in ADOPTION meist gut vertragen. Nebenwirkungen traten bei 37,9 % der mit Opicapon und 18,5 % der mit zusätzlichem Levodopa-Behandelten auf. Die häufigsten Nebenwirkungen unter Opicapon waren Schwindel (9,2 %), Dyskinesien (8,1 %), Obstipation (4,6 %), Kopfschmerzen (3,5 %) und Asthenie (3,5 %). Beim Nebenwirkungsspektrum von Parkinson-Medikamenten sind psychische Symptome von besonderer Bedeutung. Sie traten bei 3 von 81 Levodopa- und 5 von 88 Opicapon-Behandelten auf. In der Opicapon-Gruppe wurden in zwei Fällen Schlafstörungen berichtet und in einem Fall Angstsymptome. Visuelle Halluzinationen und Impulskontrollstörungen traten nur in der Opicapon-Gruppe auf, in je einem Fall [5].

Witt betonte, auch die Leitlinien würden das günstige Sicherheitsprofil von Opicapon bestätigen. Dort heißt es, gepoolte Sicherheitsdaten aus den Studien BIPARK-I [3] und BIPARK-II [4] mit insgesamt 766 Parkinson-Erkrankten hätten Dyskinesien (20,4 %), Obstipation (6,4 %) und Schlafstörungen (3,4 %) als häufigste arzneimittelinduzierte Nebenwirkungen in den Opicapon-50-mg-Gruppen gezeigt [1]. Nach Witts Einschätzung bestätigen die Daten aus ADOPTION die Bedeutung von COMT-Hemmern als „Eckpfeiler der Zusatzbehandlung zu L-Dopa“.

Quelle

Industriesymposium „Von den Grundlagen zu den symptomatischen und krankheits-modifizierenden Therapien bei Morbus Parkinson“, 9. November 2023, veranstaltet von BIAL Deutschland GmbH anlässlich des 96. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Berlin.

Literatur

1. Deutsche Gesellschaft für Neurologie e. V. (DGN), S3-Leitlinie Parkinson-Krankheit. AWMF-Leitlinie Nr. 030-010, Stand 2023. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-010 (Zugriff am 30.11.2023).

2. Ferreira JJ, et al. Effect of opicapone on Levodopa pharmacokinetics in patients with fluctuating Parkinson’s disease. Mov Disord 2022;37:2272–83.

3. Ferreira JJ, et al. Opicapone as an adjunct to levodopa in patients with Parkinson’s disease and end-of-dose motor fluctuations: a randomised, double-blind, controlled trial. Lancet Neurol 2016;15:154–65.

4. Ferreira JJ, et al. Effectiveness of opicapone and switching from entacapone in fluctuating Parkinson disease. Neurology 2018;90:e1849–e1857.

5. Lee JY, et al. Opicapone as first strategy for the treatment of wearing-off in Korean patients with Parkinson’s disease. International Conference on Neurology and Brain Disorders 2023. neurologycongress.com.

Psychopharmakotherapie 2024; 31(02):62-75