Morbus Parkinson

Add-on-Therapie mit Safinamid reduziert auch nichtmotorische Symptome


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Mehrere Post-hoc-Analysen klinischer Studien weisen darauf hin, dass Safinamid als Zusatztherapie zu Levodopa bei Patienten im mittleren und fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit neben den motorischen Symptomen auch nichtmotorische Symptome wie Schmerz und Depressivität verbessern kann. Diese ersten Hinweise werden jetzt durch aktuelle Ergebnisse einer prospektiven Beobachtungsstudie bestätigt. Darüber hinaus wird die Effektivität und Verträglichkeit der dual wirksamen Substanz durch die Real-World-Studie SYNAPSES bei einer breiten, heterogenen Patientenkohorte weiter untermauert. Die Daten wurden bei einer von Zambon ausgerichteten Pressekonferenz diskutiert.

Safinamid (Xadago®) kann als Add-on-Therapie bei Parkinson-Patienten zur Kontrolle von Fluktuationen und Komplikationen eingesetzt werden, die unter der Behandlung mit Levodopa aufgetreten sind [4]. Die Substanz hat einen dualen Wirkungsmechanismus: Sie ist ein selektiver und reversibler Monoaminoxidase-(MAO-)B-Hemmer und blockiert außerdem spannungsabhängige Natriumkanäle, was mit einer antigluatmatergen Wirkkomponente in Zusammenhang gebracht wird [4]. Mehrere Post-hoc-Auswertungen klinischer Studien und kleinerer retrospektiver Studien deuten darauf hin, dass Safinamid neben den motorischen auch nichtmotorische Symptome wie Depression, Schmerzen und die Schlafstörungen lindern und zu einer langanhaltenden Verbesserung der Lebensqualität führen kann [2].

Deutliche Reduktion der Schmerzsymptomatik

Um einen möglichen Einfluss von Safinamid auf nichtmotorische Symptome der Parkinson-Krankheit gezielt zu untersuchen, wurde eine prospektive, multizentrische offene Beobachtungsstudie bei 27 Patienten mit fluktuierender Symptomatik bei fortgeschrittenem Parkinsonsyndrom durchgeführt [5]. Während der sechsmonatigen Beobachtungszeit wurden die Veränderung der nichtmotorischen Symptome (Non-motor symptoms scale [NMSS]), die Veränderung von Schmerzen (King’s Parkinson’s disease pain scale [KPPS]), Angst und Depression (Hospital anxiety and depression scale [HADS]) und der Schlafqualität (Parkinson’s disease sleep scale – Version 2 [PDSS-2]) erfasst. Die Studienteilnehmer waren im Mittel 65 Jahre alt (38–87 Jahre) und seit 6,8 Jahren (1–20 Jahren) an M. Parkinson erkrankt [5]. Sechs Monate nach Beginn der Zusatztherapie mit Safinamid konnte eine signifikante Reduktion des KPPS-Gesamtscores festgestellt werden (p = 0,02 vs. Baseline) [5]. Dieser Effekt war vor allem von einer stark ausgeprägten Reduktion Fluktuations-bezogener Schmerzen (KPPS-Item 5; p = 0,02 vs. Baseline) getragen (Abb. 1). Bezüglich NMSS, HADS und PDSS-2 ergaben sich keine signifikanten Veränderungen.

Abb. 1. Schmerzsymptomatik bei Parkinson-Patienten vor und 6 Monate nach Beginn der Add-on-Therapie mit Safinamid (modifiziert nach [5]); KPPS: King’s Parkinson’s Disease Pain Scale

In einer weiteren prospektiven Studie (n = 20) wurde der Einfluss von Safinamid auf nichtmotorische, kognitive und Verhaltenssymptome untersucht [3]. Der NMSS-Gesamtscore verbesserte sich von 57,8 Punkten zu Studienbeginn auf 33,45 Punkte nach 6 Monaten (p = 0,02 vs. Baseline) [3]. Dies war begleitet von einer Abnahme der Fatigue (erfasst mit der PFS-PD-Fatigue-Skala, p = 0,02) und der Apathie (Apathy evaluation scale [AES]; p = 0,01) [3].

SYNAPSES-Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Safinamid im klinischen Alltag

Um das Nutzen-Risiko-Profil von Safinamid bei Parkinson-Patienten, insbesondere bei jenen über 75 Jahren sowie bei Patienten mit relevanten Komorbiditäten oder neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Psychose, bipolarer Störung und schwerer Depression, im Behandlungsalltag zu untersuchen, wurde die multizentrische Kohortenstudie SYNAPSES durchgeführt [1]. Die Patienten wurden für 12 Monate nach Beginn der Safinamid-Behandlung beobachtet; der Therapiebeginn konnte bis zu vier Monate vor Studieneinschluss liegen (retrospektiv-prospektives Design). Primäres Studienziel war das Auftreten unerwünschter Ereignisse (UE). Von den 1558 auswertbaren Patienten waren 25 % älter als 75 Jahre; 71 % hatten relevante Komorbiditäten und 42 % psychiatrische Erkrankungen.

Bei 28 % der Patienten wurden UE beobachtet, die bei 10 % der Patienten als schwergradig (SUE) eingestuft wurden [1]. Ein eindeutiger Zusammenhang mit der Medikation wurde bei 2 % der Patienten gesehen. Das Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil stimmte bei Patienten > 75 Jahren sowie bei Patienten mit relevanten Komorbiditäten und neuropsychiatrischen Erkrankungen weitgehend mit der Gesamtkohorte überein [1]. Nach den Worten von Prof. Dr. Wolfgang Jost, Wolfach, bestätigen die Ergebnisse der SYNAPSES-Studie das günstige Nutzen-Risiko-Verhältnis von Safinamid in allen Krankheitsphasen und Altersgruppen.

Quelle

Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dresden; Prof. Dr. Wolfgang Jost, Wolfach; Fachpressekonferenz „Behandlung von M. Parkinson optimieren – Chancen ergänzender Therapien nutzen“, Berlin, 28. September 2021, veranstaltet von Zambon.

Literatur

1. Abbruzzese G, et al. A European observational study to evaluate the safety and the effectiveness of safinamide in routine clinical practice: The SYNAPSES trial. J Parkinson’s Dis 2021;11:187–98.

2. Cattaneo D, et al. Long-term efficacy of safinamide on symptoms severity and quality of life in fluctuating Parkinson’s disease patients. J Parkinsons Dis 2020;1:89–97.

3. De Micco R, et al. Effects of safinamide on non-motor, cognitive, and behavioral symptoms in fluctuating Parkinson’s disease patients: a prospective longitudinal study. Neurol Sci 2021. doi: 10.1007/s10072-021-05324-w. Online ahead of print.

4. Fachinformation Xadago®, Stand: September 2019.

5. Grigoriou S, et al. Effects of safinamide on pain in patients with fluctuating Parkinson’s disease. Brain Behav 2021;Sep 3:e2336. doi: 10.1002/brb3.2336. Online ahead of print.

Psychopharmakotherapie 2021; 28(06):274-285