Migräne

Eptinezumab versus Placebo zur Prophylaxe der chronischen Migräne (PROMISE-2)


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Bei Patienten mit chronischer Migräne sind die Dosierungen Eptinezumab 100 mg und 300 mg intravenös alle drei Monate im Vergleich zu Placebo mit einer signifikanten Reduktion der Migränetage pro Monat assoziiert. Eptinezumab wird gut vertragen.

Etwa 1 % der Bevölkerung leidet unter einer chronischen Migräne. Die Definition der chronischen Migräne setzt eine Migräne als primäre Kopfschmerzerkrankung voraus. Von mehr als 15 Kopfschmerztagen im Monat müssen mindestens acht Tage die Kriterien einer Migräne erfüllen. In Deutschland werden zur medikamentösen Prophylaxe der chronischen Migräne Topiramat und OnabotulinumtoxinA empfohlen [3]. Bei Patienten, bei denen diese therapeutischen Ansätze nicht wirksam sind, besteht die Notwendigkeit einer alternativen Therapie.

Eptinezumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen CGRP, der im Gegensatz zu den anderen monoklonalen Antikörpern, die subkutan verabreicht werden, alle drei Monate intravenös appliziert wird. Eptinezumab ist in den USA zur Migräneprophylaxe zugelassen.

Studiendesign

Die PROMISE-2-Studie war eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte, Parallelgruppen-Phase-III-Studie. Erwachsene mit chronischer Migräne erhielten nach dem Zufallsprinzip Eptinezumab 100 mg i. v., Eptinezumab 300 mg i. v. oder Placebo an Tag 0 und in der 12. Woche.

Der primäre Endpunkt war die Veränderung der mittleren Zahl der monatlichen Migränetage (MMD) über die Wochen 1 bis 12 gegenüber dem Ausgangswert.

Tab. 1. Studiendesign PROMISE-2 [nach Lipton et al. 2020]

Erkrankung

Chronische Migräne

Studientyp/Design

Randomisiert, doppelblind, Phase III

Behandelte Patienten

1072

Intervention

  • Eptinezumab 100 mg
  • Eptinezumab 300 mg
  • Placebo

an Tag 0 und in Woche 12

Primärer Endpunkt

Veränderung der mittleren Zahl der monatlichen Migränetage (MMD)

Sponsor

Alder Biopharmaceuticals, Inc

Studienregisternummer

NCT 02974153
(ClinicalTrials.gov)

Ergebnisse

Die Patienten (n = 1072) waren im Mittel 40 Jahre alt und 88 % waren Frauen. Die Migräne bestand im Mittel seit 18 Jahren und die chronische Migräne bestand im Mittel seit 11,8 Jahren. Die durchschnittliche Zahl der Kopfschmerztage pro Monat betrug 20,5 und die durchschnittliche Zahl der Migränetage 16,1. Die Kriterien für einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Medikamenten erfüllten 40 % der Patienten.

Die Behandlung mit Eptinezumab 100 oder 300 mg war mit einer signifikanten Verringerung der MMD über die Wochen 1 bis 12 im Vergleich zu Placebo verbunden (Placebo –5,6; 100 mg –7,7; p < 0,0001 vs. Placebo; 300 mg –8,2; p < 0,0001 vs. Placebo).

Eine Abnahme der MMD um mindestens 50 % (50%-Responderrate) erfuhren 39,3 % mit Placebo, 57,6 % mit 100 mg und 61,4 % mit 300 mg Eptinezumab.

Behandlungsbezogene unerwünschte Arzneimittelwirkungen berichteten 43,5 % (100 mg), 52,0 % (300 mg) und 46,7 % (Placebo) der Patienten. Eine Nasopharyngitis war die einzige Nebenwirkung, die bei > 2 % der mit Eptinezumab behandelten Patienten und mit einer um > 2 Prozentpunkte höheren Inzidenz als mit Placebo auftrat (6 % Placebo, 5,3 % 100 mg und 9,4 % 300 mg Eptinezumab).

Kommentar

Mittlerweile liegen die Ergebnisse für alle monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor zum Einsatz bei Patienten mit chronischer Migräne vor [1, 4, 5]. Diese Patientenpopulation hat den höchsten Therapiebedarf. Das gilt insbesondere dann wenn ein Kopfschmerz durch Übergebrauch von Medikamenten vorliegt; wenn bei diesen Patienten medikamentöse Maßnahmen versagen, muss eine Medikamentenpause eingelegt werden, die bei einem Teil der Patienten einen tagesklinischen oder stationären Aufenthalt erforderlich macht [2].

Die vorliegende Studie zeigt eine signifikante und klinisch relevante Reduktion der Kopfschmerztage pro Monat unter beiden Dosierungen von Eptinezumab im Vergleich zu Placebo. Der therapeutische Gewinn bezüglich der 50%-Responderrate liegt bei 20 Prozentpunkten. Besonders eindrucksvoll war die Tatsache, dass die Wirkung sehr rasch einsetzte. Dies beruht sehr wahrscheinlich darauf, dass Eptinezumab intravenös appliziert wird und daher auch sofort wirken kann. Die Ergebnisse der PROMISE-2-Studie für die Untergruppe der Patienten mit Dauerkopfschmerzen durch Übergebrauch von Medikamenten werden getrennt publiziert.

Quelle

Lipton RB, et al. Efficacy and safety of eptinezumab in patients with chronic migraine: PROMISE-2. Neurology 2020;94:e1365–e77.

Literatur

1. Detke HC, et al. Galcanezumab in chronic migraine: The randomized, double-blind, placebo-controlled REGAIN study. Neurology 2018;91:e2211–e21.

2. Diener HC, et al. New therapeutic approaches for the prevention and treatment of migraine. Lancet Neurol 2015;14:12.

3. Diener HC, et al. Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie [https://www.dgn.org/leitlinien]. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 2018.

4. Silberstein SD, et al. Fremanezumab for the preventive treatment of chronic migraine. N Engl J Med 2017;377:2113–22.

5. Tepper S, et al. Safety and efficacy of erenumab for preventive treatment of chronic migraine: a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 2 trial. Lancet Neurol 2017;16:425–34.

Psychopharmakotherapie 2020; 27(03):163-167