Anxiolytika und Hypnotika: Spektrum der Verordnung und Morbidität


Explorative Analyse anhand einer Vollerfassung der Abrechnungsdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung

Jürgen Fritze, Frankfurt/M., Claudia Riedel, Angelika Escherich, Peggy Beinlich, Karl Broich und Thomas Sudhop, Bonn

In einem vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekt wird der Off-Label-Use häufig verordneter Arzneimittel in einer Vollerfassung der Abrechnungsdaten der gesetzlichen Krankenversicherung (Daten nach §§ 303a ff. SGB V) untersucht, um einerseits Erkenntnisse über seine Häufigkeit und Art zu gewinnen und andererseits Ansätze für gezielte Forschung für seltene Krankheiten gemäß dem Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) zu identifizieren. In den Jahren 2010 und 2011 variierte der Off-Label-Use der elf untersuchten Anxiolytika zwischen 35 % (Buspiron) und etwa 70 % (Medazepam, Bromazepam, Prazepam) und der dreizehn Hypnotika zwischen 40 % (Melatonin) und 78 % (Clomethiazol). Dieser war wegen der Symptom-orientierten Formulierungen der zugelassenen Anwendungsgebiete überwiegend am ehesten unvollständigem Kodieren zuzuschreiben bei einem breiten Spektrum zugrunde liegender kodierter psychischer Krankheiten bzw. Begleitsymptome bei somatischen Krankheiten. Es zeigten sich keine Häufungen somatischer Komorbiditäten, die auf spezifische Risiken hinweisen könnten. Seltene Krankheiten wurden zwar identifiziert, ihnen dürfte aber kaum spezifisch der Off-Label-Use gegolten haben.
Schlüsselwörter: Anxiolytika, Hypnotika, Off-Label-Use, Nationaler Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen, NAMSE
Psychopharmakotherapie 2018;25:292–303.

In diesem Journal wurden bereits die Ergebnisse zum Off-Label-Use von Thrombozytenaggregationshemmern [2], Psychostimulanzien [3], Antidementiva [4], Antidepressiva [6], Neuroleptika [7] und Antikonvulsiva [8] präsentiert. Die Hintergründe dieses Projekts wurden im Beitrag zu Thrombozytenaggregationshemmern [2] detailliert dargestellt und werden deshalb nur zusammengefasst: Der von der Bundesregierung unterstützte „Nationale Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“ des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) empfiehlt unter anderem, eine „Studie zur Erfassung des Umfangs des Off-Label-Use bei Seltenen Krankheiten anhand der Daten nach § 303a ff. SGB V […]“ durchzuführen. Darüber hinaus zielt das Projekt darauf ab, dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Informationen über Art und Häufigkeit von Off-Label-Use zumindest der am häufigsten verordneten Wirkstoffe für das Verfahren gemäß § 35c Absatz 1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) zur Verfügung zu stellen.

Untersuchte Arzneimittel

Die in Deutschland am häufigsten zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten elf Anxiolytika (Tranquillanzien) sowie dreizehn Hypnotika wurden untersucht. Die Anwendungsgebiete der verschiedenen Anxiolytika unterscheiden sich, indem einzelne auch gegen Schlafstörungen und Epilepsien zugelassen sind. Unter den Hypnotika verfügt nur Nitrazepam über die zusätzliche Indikation „Behandlung von BNS-Krämpfen (West-Syndrom) des Säuglings und Kleinkindes“. In Tabelle 1 sind die Operationalisierungen der Anwendungsgebiete durch Codes der ICD-10-GM synoptisch dargestellt.

Tab. 1. Synopse der in Deutschland am häufigsten zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten 11 Anxiolytika und 13 Hypnotika mit Operationalisierung der als Freitext formulierten Anwendungsgebiete mittels Codes der ICD-10-GM und Mindestalter (bei Doxylamin unterscheiden sich Fertigarzneimittel; Clomethiazol soll „nur in höherem Lebensalter“ eingesetzt werden)

ICD-Code

Diazepam

Chlordiazepoxid

Medazepam

Oxazepam

Dikaliumclorazepat

Lorazepam

Bromazepam

Clobazam

Prazepam

Alprazolam

Buspiron

Chloralhydrat

Flurazepam

Nitrazepam

Flunitrazepam

Triazolam

Lormetazepam

Temazepam

Brotizolam

Zopiclon

Zolpidem

Melatonin

Clomethiazol

Doxylamin

F41.-

Andere Angststörungen

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

F51.-

Nichtorganische Schlafstörungen

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

G40.-

Epilepsie

+

G40.4

Sonstige generalisierte Epilepsie und epileptische Syndrome*

+

G41.-

Status epilepticus

+

G47.-

Schlafstörungen

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

G95.83

Spinale Spastik der quergestreiften Muskulatur

+

M62.8-

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten

+

R25.2

Krämpfe und Spasmen der Muskulatur

+

R29.0

Tetanie

+

R45.-

Symptome, die die Stimmung betreffen

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

R56.0

Fieberkrämpfe

+

*(inkl. Blitz-Nick-Salaam-Krämpfe, Epilepsie mit: myoklonisch-astatischen Änfällen, Epilepsie mit myoklonischen Absencen, frühe myoklonische Enzephalopathie [symptomatisch], Lennox-Syndrom, West-Syndrom)

Methoden

Die Methodik wurde in diesem Journal insbesondere im Beitrag zu Thrombozytenaggregationshemmern [2] detailliert dargestellt und in einem gesonderten Beitrag [5] kritisch kommentiert, worauf verwiesen wird. Für die allgemeinen somatischen Komorbiditäten wurden explorativ Pearson-Korrelationen zwischen deren Häufigkeit und dem mittleren Alter berechnet, um die Bewertung bei einzelnen Wirkstoffen etwa gehäufter Komorbiditäten zu unterstützen. Explorative Korrelationen zwischen Häufigkeiten von ICD-Codes bei In-Label-Use und Off-Label-Use wurden berechnet, um einen Eindruck zu gewinnen, ob die jeweiligen Untergruppen einer Grundgesamtheit entstammten.

Ergebnisse

Zwischen den Wirkstoffen bestanden Unterschiede in der Verteilung von Geschlecht (Tab. 2) und Alter (Abb. 1), die in Zusammenhang mit den unterschiedlichen zugelassenen und nicht zugelassenen Anwendungsgebieten stehen könnten. Diazepam zeigte einen zusätzlichen Gipfel im Kindesalter, der insbesondere mit Epilepsien und infantilen Zerebralparesen assoziiert war. Ein zusätzlicher Gipfel im Kindesalter bei Clobazam war mit Epilepsien assoziiert. Doxylamin wurde zu etwa 98 % bei Kindern und Jugendlichen verordnet. Ansonsten fiel gerade die Ähnlichkeit der Altersverteilungen der In-Label-Use-(ILU-) und Off-Label-Use-(OLU-)Gruppen jedes Wirkstoffs auf, insbesondere bei den Hypnotika mit ausgeprägten Gipfeln in der 8. Dekade.

Tab. 2. Verordnung von Anxiolytika und Hypnotika: Synopse der Ergebnisse

Anxiolytika

Diazepam

Chlordiazepoxid

Medazepam

Oxazepam

Dikaliumclorazepat

Lorazepam

Bromazepam

Clobazam

Prazepam

Alprazolam

Buspiron

Total [n]

612 057

17 375

99 033

364 607

61 635

797 162

440 131

34 661

12 074

123 885

15 187

Anteil weiblich min

64,48 %

75,82 %

78,34 %

72,08 %

66,73 %

68,84 %

73,40 %

61,50 %

71,98 %

70,43 %

65,37 %

Anteil weiblich max

64,48 %

75,40 %

78,26 %

72,06 %

66,63 %

68,83 %

73,39 %

61,32 %

70,89 %

70,42 %

64,83 %

OLU vor Rekonstruktion

70,46 %

60,05 %

74,22 %

51,40 %

53,77 %

50,43 %

72,81 %

38,39 %

70,87 %

50,77 %

35,35 %

OLU nach Rekonstruktion

66,67 %

60,05 %

74,22 %

51,40 %

53,77 %

50,43 %

72,81 %

38,39 %

70,87 %

50,77 %

35,35 %

Alter < 18 Jahre min

8,60 %

0,02 %

0,11 %

0,11 %

0,28 %

1,51 %

0,15 %

7,43 %

0,03 %

0,19 %

0,03 %

Alter < 18 Jahre max

8,60 %

0,68 %

0,20 %

0,13 %

0,37 %

1,51 %

0,16 %

7,49 %

0,98 %

0,23 %

0,98 %

Zugelassenes Mindestalter [Jahre]

0,5

18

18

6

18

4

4

6

18

18

18

Hypnotika

Chloralhydrat

Flurazepam

Nitrazepam

Flunitrazepam

Triazolam

Lormetazepam

Temazepam

Brotizolam

Zopiclon

Zolpidem

Melatonin

Clomethiazol

Doxylamin

Total [n]

35 311

29 559

44 269

51 246

12 230

97 081

62 103

40 266

808 096

480 024

36 336

17 974

24 963

Anteil weiblich min

62,18 %

69,17 %

68,46 %

58,12 %

67,51 %

68,53 %

66,71 %

69,21 %

65,96 %

68,09 %

65,59 %

42,28 %

45,17 %

Anteil weiblich max

62,75 %

68,88 %

68,34 %

58,01 %

67,26 %

68,44 %

66,61 %

69,04 %

65,96 %

68,08 %

65,49 %

42,48 %

45,21 %

OLU vor Rekonstruktion

48,25 %

48,92 %

57,86 %

47,06 %

45,90 %

50,97 %

51,46 %

50,07 %

51,20 %

49,54 %

39,87 %

78,25 %

43,89 %

OLU nach Rekonstruktion

48,25 %

48,92 %

57,86 %

47,06 %

45,90 %

50,97 %

51,46 %

50,07 %

51,20 %

49,54 %

39,87 %

78,25 %

43,89 %

Alter < 18 Jahre min

1,11 %

0,02 %

0,52 %

0,07 %

0,02 %

0,10 %

0,06 %

0,01 %

0,13 %

0,13 %

7,93 %

0,01 %

98,67 %

Alter < 18 Jahre max

1,27 %

0,50 %

0,59 %

0,24 %

0,73 %

0,19 %

0,20 %

0,30 %

0,13 %

0,14 %

8,06 %

0,33 %

97,64 %

Zugelassenes Mindestalter [Jahre]

18

4

0

18

18

18

18

18

18

18

55

18

0,5

OLU: Off-Label-Use; min/max gemäß Datenschutzregelung

Abb. 1a. Verordnung der Anxiolytika nach Altersgruppen (oben: Anzahl Versicherte, unten: Anteil an der Gesamtzahl der jeweiligen Versichertengruppe); ILU: In-Label-Use; OLU: Off-Label-Use

Abb. 1b. Verordnung der Hypnotika nach Altersgruppen (oben: Anzahl Versicherte, unten: Anteil an der Gesamtzahl der jeweiligen Versichertengruppe); ILU: In-Label-Use; OLU: Off-Label-Use

Das Ausmaß des Off-Label-Use musste zugunsten eines In-Label-Use (Rekonstruktionen) nur für Diazepam korrigiert werden, weil der Status epilepticus bei der Operationalisierung nicht berücksichtigt worden war (Tab. 2).

Bei allen Wirkstoffen wurden bei In-Label-Use neben den Codes, die den jeweiligen In-Label-Use operationalisierten, Codes nahezu aus dem gesamten Spektrum psychischer Krankheiten angetroffen (Tab. 3), wobei sich die Wirkstoffe in den Häufigkeiten ähnelten.

Tab. 3. Den In-Label-Use der Anxiolytika und Hypnotika operationalisierende Diagnosen (jeweils in Fettdruck). Alle Angaben in %; infolge im Beobachtungszeitraum wechselnder Kodierungen übersteigt die Zahl der Nennungen die Gruppengrößen

ICD-Code

ICD-Titel 2010/2011

Diazepam
ILU

Chlordiazepoxid ILU

Medazepam ILU

Oxazepam
ILU

Dikaliumclorazepat ILU

Lorazepam
ILU

Bromazepam ILU

Clobazam
ILU

Prazepam
ILU

Alprazolam ILU

Buspiron
ILU

Chloralhydrat ILU

Flurazepam ILU

Nitrazepam ILU

Flunitrazepam ILU

Triazolam
ILU

Lormetazepam ILU

Temazepam ILU

Brotizolam
ILU

Zopiclon
ILU

Zolpidem
ILU

Melatonin
ILU

Doxylamin
ILU

Clomethiazol ILU

F41.0

Panikstörung [episodisch paroxysmale Angst]

23,7

9,7

16,0

6,8

17,0

26,3

21,6

8,5

16,4

35,6

34,8

5,2

3,0

2,8

4,5

3,0

3,6

3,3

2,7

4,3

4,1

3,6

5,2

F41.1

Generalisierte Angststörung

21,1

15,0

17,7

9,1

18,6

20,7

23,9

9,8

28,3

32,6

42,2

6,3

4,8

4,3

7,0

3,8

4,4

4,6

3,6

5,0

4,8

3,9

0,9

7,1

F412

Angst und depressive Störung, gemischt

19,8

17,2

20,3

9,1

17,0

21,6

22,8

9,6

21,1

33,7

39,8

8,0

5,4

5,3

6,1

4,3

5,3

5,4

4,4

6,3

6,2

5,2

6,8

F41.3

Andere gemischte Angststörungen

1,8

1,1

1,6

0,8

1,5

1,7

1,9

0,9

2,0

2,3

2,8

0,6

0,2

0,5

0,5

0,4

0,4

0,2

0,4

0,4

0,2

F41.8

Sonstige spezifische Angststörungen

1,4

0,8

1,4

0,5

1,2

1,4

1,4

0,6

1,0

1,7

2,3

0,3

0,3

0,3

0,4

0,2

0,2

0,2

0,3

0,3

0,3

F41.9

Angststörung, nicht näher bezeichnet

25,1

18,7

25,1

10,7

20,3

23,8

27,6

10,5

29,2

32,6

34,4

6,6

4,9

5,3

7,8

4,6

5,4

5,5

4,5

5,6

5,7

4,3

1,8

7,5

F51.0

Nichtorganische Insomnie

1,8

3,1

1,8

3,3

2,6

2,9

2,0

0,9

1,1

2,4

2,6

9,2

6,5

6,0

6,5

4,8

5,4

4,9

4,5

7,1

6,7

13,4

1,7

8,2

F51.9

Nichtorganische Schlafstörung, nicht näher bezeichnet

2,3

4,2

1,8

6,0

3,8

2,9

2,9

0,9

1,8

1,9

1,6

7,0

8,5

9,2

9,5

9,5

8,6

9,5

8,5

8,1

8,2

7,8

10,2

6,9

G40.0

Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome mit fokal beginnenden Anfällen

0,2

0,0

0,1

1,9

0,0

0,0

G40.2

Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) symptomatische Epilepsie und epileptische Syndrome mit komplexen fokalen Anfällen

2,9

0,5

0,5

0,8

0,7

1,7

0,5

35,9

0,6

0,6

1,7

0,6

1,3

0,9

0,7

0,9

0,5

0,8

0,7

1,8

0,5

2,4

G40.3

Generalisierte idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome

2,1

0,4

0,5

0,6

1,1

0,4

22,8

0,5

0,5

1,3

0,5

0,9

0,8

0,5

0,7

0,2

0,6

0,5

1,2

0,3

0,8

G40.4

Sonstige generalisierte Epilepsie und epileptische Syndrome

1,1

0,2

0,2

0,5

0,2

10,2

0,2

0,6

1,1

0,4

0,2

0,1

0,2

0,2

0,9

G40.5

Spezielle epileptische Syndrome

0,8

0,2

0,5

0,3

0,2

2,8

0,2

0,6

0,2

0,8

0,2

0,4

0,2

0,2

3,0

G40.6

Grand-Mal-Anfälle, nicht näher bezeichnet (mit oder ohne Petit mal)

1,8

0,1

0,6

0,6

1,1

0,5

18,0

0,4

0,5

1,2

0,5

0,7

0,8

0,5

0,7

0,2

0,6

0,5

0,7

1,3

G40.7

Petit-Mal-Anfälle, nicht näher bezeichnet, ohne Grand-mal-Anfälle

0,2

0,1

0,1

0,0

2,2

0,1

0,1

G40.8

Sonstige Epilepsien

1,7

0,5

0,5

0,5

0,9

0,4

12,9

0,4

0,6

1,1

0,3

1,0

0,8

0,4

0,7

0,2

0,5

0,4

0,7

1,4

G40.9

Epilepsie, nicht näher bezeichnet

7,7

2,0

1,6

2,5

2,7

4,1

1,8

59,7

1,2

2,3

3,2

4,7

2,3

3,7

4,1

1,8

2,3

2,8

1,5

2,4

2,1

3,7

1,6

8,2

G41.0

Grand-Mal-Status

0,3

0,1

0,1

2,4

0,0

0,0

G41.1

Petit-Mal-Status

0,0

0,5

G41.2

Status epilepticus mit komplexfokalen Anfällen

0,3

0,1

0,1

2,7

0,0

0,0

G41.8

Sonstiger Status epilepticus

0,2

0,0

0,1

1,7

0,0

0,0

G41.9

Status epilepticus, nicht näher bezeichnet

0,2

0,0

0,1

1,8

0,0

0,0

G47.0

Ein- und Durchschlafstörungen

8,5

13,0

5,2

26,3

16,8

13,3

11,3

5,1

9,1

7,2

6,2

37,0

34,3

32,6

36,1

33,7

35,5

37,6

34,6

36,0

35,7

41,4

31,6

33,8

G47.8

Sonstige Schlafstörungen

1,4

2,1

1,0

3,7

2,5

2,0

1,8

0,7

0,9

1,1

1,0

4,7

4,9

5,2

6,0

4,6

5,3

6,0

5,7

5,2

5,4

5,7

3,2

5,5

G47.9

Schlafstörung, nicht näher bezeichnet

13,1

22,9

10,3

41,6

23,1

18,1

18,2

6,1

14,4

10,3

8,2

46,7

58,6

54,8

61,0

59,3

57,5

55,7

57,8

53,9

56,1

45,2

54,4

47,5

G80.0

Spastische tetraplegische Zerebralparese

0,8

0,0

0,2

3,7

0,2

0,0

0,0

0,8

0,2

G80.1

Spastische diplegische Zerebralparese

0,3

0,1

1,3

0,0

0,0

0,2

G80.2

Infantile hemiplegische Zerebralparese

0,1

0,0

0,7

G80.9

Infantile Zerebralparese, nicht näher bezeichnet

0,7

0,0

0,2

3,3

0,2

0,2

0,0

0,0

0,7

0,6

G81.1

Spastische Hemiparese und Hemiplegie

1,4

0,4

1,1

0,4

1,0

0,5

5,6

0,4

0,4

1,3

0,8

1,0

1,1

0,8

1,2

0,8

1,0

0,8

0,7

1,8

G81.9

Hemiparese und Hemiplegie, nicht näher bezeichnet

2,0

0,8

0,8

2,4

1,2

1,8

1,1

6,1

0,9

1,1

2,4

1,8

2,3

2,2

1,8

2,0

2,5

1,5

2,0

1,7

1,2

3,7

G82.1

Spastische Paraparese und Paraplegie

0,0

0,0

0,0

G821.2

Spastische Paraparese und Paraplegie: chronische komplette Querschnittlähmung

0,1

0,0

0,0

0,0

G82.13

Spastische Paraparese und Paraplegie: chronische inkomplette Querschnittlähmung

0,2

0,1

0,1

0,0

0,1

0,1

G82.19

Spastische Paraparese und Paraplegie: nicht näher bezeichnet

0,2

0,1

0,1

0,4

0,1

0,1

G82.4

Spastische Tetraparese und Tetraplegie

0,2

0,0

0,6

0,0

0,0

G82.40

Spastische Tetraparese und Tetraplegie: akute komplette Querschnittlähmung nichttraumatischer Genese

0,0

0,0

G82.42

Spastische Tetraparese und Tetraplegie: chronische komplette Querschnittlähmung

0,2

0,1

0,5

0,0

0,0

G82.43

Spastische Tetraparese und Tetraplegie: chronische inkomplette Querschnittlähmung

0,4

0,1

0,2

0,0

1,4

0,1

0,1

0,2

0,2

G82.49

Spastische Tetraparese und Tetraplegie: nicht näher bezeichnet

1,2

0,2

0,4

0,1

4,4

0,5

0,5

0,2

0,1

0,2

0,2

0,7

0,2

G95.83

Spinale Spastik der quergestreiften Muskulatur

0,2

0,0

0,0

0,0

0,0

M62.8

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten

0,5

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,1

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

M62.80

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten: mehrere Lokalisationen

0,5

0,2

0,1

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

M62.81

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten: Schulterregion (Klavikula, Skapula, Akromioklavikular-, Schulter-, Sternoklavikulargelenk)

1,3

0,6

0,5

0,4

0,7

0,6

0,6

0,2

0,7

0,7

0,6

0,4

0,4

0,5

0,6

0,6

0,6

0,5

0,6

0,7

0,6

M62.85

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten: Beckenregion und Oberschenkel (Becken, Femur, Gesäß, Hüfte, Hüftgelenk, Iliosakralgelenk)

0,1

0,0

0,0

0,0

0,1

0,1

M62.88

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten: Sonstige (Hals, Kopf, Rippen, Rumpf, Schädel, Wirbelsäule)

3,0

1,1

1,2

1,1

1,6

1,2

1,6

0,8

1,1

1,6

1,4

1,2

1,4

1,3

1,3

1,1

1,4

1,4

1,2

1,4

1,6

1,0

M62.89

Sonstige näher bezeichnete Muskelkrankheiten: nicht näher bezeichnete Lokalisationen

3,0

0,9

0,9

1,1

1,5

1,2

1,4

1,3

1,2

1,4

1,2

1,1

1,2

1,1

1,4

1,6

1,4

1,4

1,4

1,3

1,4

0,9

R25.2

Krämpfe und Spasmen der Muskulatur

4,7

1,0

0,7

2,1

1,7

1,3

1,7

2,4

1,5

1,1

1,0

1,8

2,1

1,9

2,2

2,1

2,2

2,3

1,9

1,7

1,8

1,1

2,0

R29.0

Tetanie

0,6

0,1

0,1

0,1

0,1

0,4

0,1

0,1

0,1

0,1

R45.0

Nervosität

6,9

7,1

8,6

4,1

5,7

3,7

9,5

3,4

10,0

4,0

2,7

2,6

1,8

1,6

3,1

2,6

2,1

2,1

1,7

1,9

1,8

1,0

0,6

3,7

R45.1

Ruhelosigkeit und Erregung

25,0

18,7

32,9

12,5

15,9

15,0

22,9

9,2

20,9

11,7

8,7

11,3

4,9

5,6

9,3

4,5

5,3

6,7

4,4

5,1

4,8

3,8

10,8

22,6

R45.2

Unglücklichsein

0,3

0,3

0,2

0,2

0,2

0,5

0,2

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

R45.3

Demoralisierung und Apathie

0,2

0,1

0,1

0,1

0,0

0,0

R45.4

Reizbarkeit und Wut

0,3

0,1

0,1

0,3

0,1

0,2

0,1

0,1

0,1

R45.5

Feindseligkeit

0,1

0,0

0,1

0,0

0,0

0,0

R45.6

Körperliche Gewalt

0,2

0,0

0,1

0,1

0,0

0,0

R45.7

Emotioneller Schock oder Stress, nicht näher bezeichnet

0,3

0,8

0,2

0,2

0,2

0,4

0,2

0,1

0,1

0,1

R45.8

Sonstige Symptome, die die Stimmung betreffen

3,0

1,7

2,5

1,6

2,6

2,4

3,6

1,5

4,3

2,2

2,0

2,1

1,2

0,8

1,4

0,7

1,0

1,1

0,9

1,0

1,0

0,7

2,0

R56.0

Fieberkrämpfe

5,2

0,0

0,7

0,0

0,0

1,3

ILU: Gruppen mit In-Label-Use

Off-Label-Use

Der Off-Label-Use der untersuchten Anxiolytika variierte in den Jahren 2010 und 2011 zwischen 35 % (Buspiron) und etwa 70 % (Medazepam, Bromazepam, Prazepam), der Off-Label-Use der Hypnotika zwischen 40 % (Melatonin) und 78 % (Clomethiazol). Grundsätzlich betraf der Off-Label-Use das gesamte Spektrum psychischer Krankheiten (Tab. 4).

Tab. 4. Den Off-Label-Use der Anxiolytika und Hypnotika möglicherweise motivierende ICD-10-GM-Codes (Auszug) mit den Anteilen der Nennungen. Alle Angaben in %; infolge im Beobachtungszeitraum wechselnder Kodierungen übersteigt die Zahl der Nennungen die Gruppengrößen.

ICD-Code

ICD-Titel 2010/2011

Diazepam
OLU

Chlordiazepoxid OLU

Medazepam OLU

Oxazepam OLU

Dikaliumclorazepat OLU

Lorazepam OLU

Bromazepam OLU

Clobazam
OLU

Prazepam
OLU

Alprazolam OLU

Buspiron
OLU

Chloralhydrat OLU

Flurazepam OLU

Nitrazepam OLU

Flunitrazepam OLU

Triazolam
OLU

Lormetazepam OLU

Temazepam OLU

Brotizolam OLU

Zopiclon
OLU

Zolpidem
OLU

Melatonin OLU

Doxylamin OLU

Clomethiazol OLU

F03

Nicht näher bezeichnete Demenz

5,2

3,9

2,5

8,2

3,3

8,7

4,0

3,0

3,1

4,2

5,9

11,2

6,5

7,8

8,2

5,4

6,8

8,3

5,1

6,5

5,2

7,2

25,6

F06.7

Leichte kognitive Störung

0,5

0,5

0,5

0,7

0,4

0,8

0,5

0,3

0,9

0,8

1,2

0,9

1,0

0,7

0,8

0,9

0,7

0,9

0,9

1,2

1,0

F10.0

Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: akute Intoxikation (akuter Rausch)

1,4

0,4

0,4

0,7

2,6

0,9

0,6

0,7

0,8

1,4

1,7

0,9

0,8

1,8

0,8

1,0

0,6

1,1

0,9

1,0

17,3

F10.1

Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: schädlicher Gebrauch

2,6

1,2

0,9

1,7

4,1

2,4

1,4

1,3

1,0

1,7

4,0

4,2

1,9

2,1

3,4

1,5

1,9

2,5

1,2

2,7

2,1

2,1

26,6

F10.2

Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom

4,3

2,1

1,6

2,6

7,4

3,2

2,0

2,3

1,5

2,6

6,0

6,8

2,8

3,6

5,3

2,2

2,8

3,7

2,0

3,7

3,0

3,3

49,6

F10.3

Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Entzugssyndrom

1,6

0,5

0,4

0,7

3,4

0,7

0,5

0,3

0,6

0,7

1,5

0,4

1,0

1,3

0,6

0,8

0,5

0,8

0,7

0,8

27,0

F10.4

Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Entzugssyndrom mit Delir

0,4

0,1

0,2

1,0

0,2

0,1

0,1

0,3

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

7,8

F13.1

Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika: schädlicher Gebrauch

1,1

0,6

0,3

0,8

1,0

0,7

1,1

0,7

0,6

1,0

1,0

1,6

1,4

0,8

3,5

0,8

1,0

1,3

0,6

0,7

0,7

0,9

2,8

F13.2

Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika: Abhängigkeitssyndrom

1,6

1,2

0,5

1,2

1,4

1,3

1,5

1,1

1,0

1,7

3,4

3,4

2,5

1,9

5,7

1,3

1,8

2,2

1,0

1,3

1,4

1,7

4,3

F13.3

Psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa oder Hypnotika: Entzugssyndrom

0,3

0,0

0,1

0,2

0,1

0,1

0,2

0,4

1,1

0,2

0,3

0,1

0,2

1,4

F20.0

Paranoide Schizophrenie

2,1

0,4

0,2

1,1

1,3

7,1

0,5

0,9

2,5

8,0

6,0

4,1

1,8

5,0

0,6

2,1

3,4

0,5

3,6

2,4

1,8

1,6

F22.0

Wahnhafte Störung

0,6

0,2

0,6

0,4

1,9

0,3

0,2

0,9

2,4

1,8

1,3

0,7

1,4

0,7

1,1

0,2

1,1

0,8

0,7

1,7

F25.9

Schizoaffektive Störung, nicht näher bezeichnet

0,5

0,1

0,3

0,4

1,6

0,1

0,7

2,2

1,6

1,1

0,4

1,4

0,6

1,0

0,2

0,9

0,7

0,3

F31.9

Bipolare affektive Störung, nicht näher bezeichnet

0,4

0,3

0,2

0,3

0,4

1,2

0,2

0,9

1,7

1,4

1,0

0,5

1,0

0,6

0,8

0,2

1,0

0,8

0,8

0,2

F32.9

Depressive Episode, nicht näher bezeichnet

18,1

23,7

19,0

20,3

26,1

26,2

25,9

26,1

27,5

33,3

41,2

29,2

24,3

20,5

25,8

21,2

24,3

23,5

20,4

27,9

26,5

23,2

0,9

21,3

F33.9

Rezidivierende depressive Störung, nicht näher bezeichnet

2,5

3,9

2,3

2,8

3,3

3,9

3,4

4,0

4,1

5,9

7,4

4,9

4,4

3,4

4,3

3,3

3,6

3,6

2,9

4,3

4,0

3,5

3,4

F34.1

Dysthymia

2,1

2,8

1,6

2,2

3,7

3,9

3,1

3,7

3,2

6,5

10,3

5,6

3,8

2,5

3,4

1,8

3,5

3,5

2,5

4,9

4,4

4,4

2,3

F40.01

Agoraphobie: mit Panikstörung

0,2

0,1

0,1

0,1

0,5

0,2

1,0

1,6

0,7

0,3

0,2

0,2

0,3

0,3

0,2

0,6

0,5

0,4

0,2

F40.1

Soziale Phobien

0,2

0,2

0,1

0,3

0,6

0,2

0,8

2,6

0,9

0,1

0,4

0,3

0,3

0,2

0,7

0,5

0,8

0,3

F410

Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst)

3,8

2,1

1,9

2,7

1,5

3,5

2,5

1,9

3,9

3,4

3,3

0,3

2,7

F41.1

Generalisierte Angststörung

5,1

3,3

2,6

4,0

2,5

3,5

3,1

2,9

4,1

3,7

3,5

0,3

3,4

F41.2

Angst und depressive Störung, gemischt

6,7

3,9

3,9

3,9

3,3

4,5

3,8

3,2

5,8

5,2

5,0

3,2

F41.9

Angststörung, nicht näher bezeichnet

4,3

3,3

3,1

3,9

2,9

4,2

3,3

2,9

4,0

3,9

3,3

1,4

3,4

F42.2

Zwangsgedanken und -handlungen, gemischt

0,1

0,1

0,1

0,5

0,1

0,5

1,7

0,6

0,2

0,1

0,4

0,3

0,2

F43.0

Akute Belastungsreaktion

4,1

5,3

7,6

3,3

6,2

6,2

5,5

5,0

3,8

6,6

4,6

2,9

2,8

2,7

2,7

2,7

3,5

2,9

2,6

4,5

4,1

2,6

0,8

2,7

F43.1

Posttraumatische Belastungsstörung

1,0

0,4

0,7

0,7

1,1

2,1

0,9

0,9

0,4

1,9

4,9

3,4

1,6

0,9

2,1

0,6

1,2

1,5

0,8

2,7

2,1

2,4

0,9

F43.2

Anpassungsstörungen

5,7

5,0

6,8

4,7

7,8

9,0

7,1

7,4

4,9

9,7

10,1

7,6

4,6

4,7

5,1

3,8

5,7

5,3

4,6

8,4

7,4

7,2

2,1

5,7

F43.9

Reaktion auf schwere Belastung, nicht näher bezeichnet

3,1

4,2

5,6

2,6

5,1

4,0

4,5

4,9

3,1

4,3

3,7

2,0

1,7

2,0

1,8

1,3

2,3

1,9

2,0

2,7

2,7

1,9

1,9

F45.41

Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren

1,3

1,0

1,6

1,1

1,4

1,4

1,4

1,2

0,9

2,0

2,0

2,2

2,2

2,4

2,5

1,2

1,8

1,8

1,7

2,0

2,2

2,3

0,7

F45.9

Somatoforme Störung, nicht näher bezeichnet

9,9

15,2

16,4

9,4

13,4

9,6

13,8

15,5

16,4

13,8

12,6

9,0

9,9

9,1

8,9

8,4

9,6

8,6

8,9

9,5

9,8

8,2

1,7

6,9

F60.31

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Borderline-Typ

0,7

0,2

0,3

0,6

1,8

0,3

0,2

1,2

3,9

3,1

0,9

0,6

2,0

0,7

1,2

0,3

1,8

1,3

1,4

1,3

F60.4

Histrionische Persönlichkeitsstörung

0,1

0,1

0,1

0,1

0,3

0,1

0,3

0,7

0,4

0,2

0,2

0,2

0,2

0,2

0,3

0,3

0,5

F60.6

Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung

0,2

0,2

0,1

0,2

0,6

0,2

0,6

2,3

0,8

0,2

0,3

0,4

0,3

0,4

0,2

0,7

0,6

0,4

0,3

F60.7

Abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung

0,2

0,1

0,1

0,1

0,4

0,2

0,5

0,9

0,8

0,2

0,2

0,5

0,3

0,4

0,2

0,7

0,5

0,3

0,8

F79.9

Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung: Ohne Angabe einer Verhaltensstörung

2,3

0,2

0,3

0,5

2,3

0,1

0,2

0,4

2,0

1,6

0,2

0,5

1,2

0,4

0,5

0,4

0,3

2,5

1,1

0,6

G40.9

Epilepsie, nicht näher bezeichnet

12,0

1,4

1,2

2,0

2,2

7,9

1,3

1,2

2,1

4,0

5,4

2,0

3,3

3,9

0,9

2,3

2,6

1,6

2,4

2,2

6,7

2,0

6,3

G81.1

Spastische Hemiparese und Hemiplegie

1,7

0,4

1,1

0,5

1,5

0,5

0,3

0,6

1,5

0,6

1,0

1,2

0,9

1,2

0,7

1,1

0,9

0,9

1,8

R25.2

Krämpfe und Spasmen der Muskulatur

0,6

0,5

1,1

1,0

0,9

1,2

1,0

1,1

0,8

0,7

1,0

1,3

1,0

1,2

1,0

1,2

1,2

1,1

0,9

1,0

1,0

0,7

R29.0

Tetanie

0,0

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

0,1

R45.0

Nervosität

0,5

0,7

0,9

0,8

0,8

0,4

0,7

0,7

0,4

0,3

1,5

R45.1

Ruhelosigkeit und Erregung

2,2

2,8

4,0

2,2

2,7

3,1

2,0

2,4

2,2

2,9

8,9

10,0

R45.8

Sonstige Symptome, die die Stimmung betreffen

0,9

0,6

1,1

0,7

0,8

0,3

0,8

0,7

0,7

1,0

R56.0

Fieberkrämpfe

0,1

0,0

1,2

OLU: Off-Label-Use

Clomethiazol wurde formal bei etwa 78 % off Label verordnet, ebenfalls bei einem breiten Spektrum insbesondere psychischer Krankheiten, hier aber zu mehr als 50 % bei psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch Alkohol, für die die arzneimittelrechtliche Zulassung ausschließlich der stationären Behandlung gilt. Für den ambulanten Einsatz setzt die Zulassung ein Mindestalter von 65 Jahren voraus. Diese Altersgrenze wurde nur eingeschränkt gewürdigt: Etwa 33 % der Patienten waren beim weiblichen Geschlecht jünger als 60 Jahre, 56 % beim männlichen Geschlecht. Auch für Melatonin wurde das Mindestalter von 55 Jahren nur eingeschränkt gewürdigt: Etwa 27 % der Patienten waren jünger als 50 Jahre.

Doxylamin wurde formal bei etwa 44 % off Label verordnet, bei einem breiten Spektrum von Codes, die „grippalen Infekten“ entsprechen konnten (z. B. J069 [Akute Infektion der oberen Atemwege, nicht näher bezeichnet] 37,5 %, J209 [Akute Bronchitis, nicht näher bezeichnet] 24,5 %).

Zwar wurden einige seltene Krankheiten identifiziert, die den Off-Label-Use aber kaum spezifisch motiviert haben konnten, sondern vielmehr einer Therapie von unspezifischen Begleitsymptomen gegolten haben dürfte.

Aus Gründen formaler Logik ist unklar, inwieweit der Off-Label-Use unvollständiger Kodierung bei Einsatz gegen Symptome wie Angst oder Insomnie zuzuschreiben war, wobei die psychische oder somatische Grundkrankheit, nicht aber das Symptom kodiert wurde, oder ob es sich um Komorbiditäten oder Diagnosewechsel im Beobachtungszeitraum handelte, oder ob die kodierte Krankheit tatsächlich den Off-Label-Use motiviert haben konnte. Hier imponierte insbesondere die Häufigkeit von unspezifisch kodierten Depressionen (F32.9) und somatoformen Störungen (F45.-). Folglich musste überwiegend offen bleiben, inwieweit der Off-Label-Use quantifizierend aufgeklärt wurde. Für die Relevanz unvollständigen Kodierens sprachen hohe signifikante Korrelationen zwischen den jeweiligen Häufigkeiten der Codes in den Gruppen mit In-Label-Use und denen mit apparentem Off-Label-Use (Abb. 2), die dafür sprachen, dass beide Gruppen derselben Grundgesamtheit entstammten.

Abb. 2. Verordnung von Anxiolytika und Hypnotika: Zusammenhang zwischen den Häufigkeiten der Diagnosen in den Gruppen mit In-Label-Use (ILU) und apparentem Off-Label-Use (OLU) am Beispiel der besonders häufigen Codes F32.9 (Depressive Episode, nicht näher bezeichnet), F45.9 (Somatoforme Störung, nicht näher bezeichnet), F03 (Nicht näher bezeichnete Demenz) und I10.90 (Essenzielle Hypertonie, nicht näher bezeichnet: ohne Angabe einer hypertensiven Krise).

Übriges Morbiditätsspektrum

Zur Morbidität jenseits der zugelassenen Indikationen einerseits und der mutmaßlich den Off-Label-Use motivierenden Codes andererseits waren über 13 000 Codes zu sichten. Bei der Interpretation waren die Unterschiede der Altersverteilungen zu berücksichtigen. Um dies zu erleichtern, wurden explorativ Korrelationen mit dem Alter berechnet. Überzufällig häufige Komorbiditäten (im Sinne der Pharmakovigilanz) wurden nicht gefunden. Beispielsweise fanden sich unter Buspiron und Doxylamin zwar keine und unter Melatonin nur wenige Schenkelhalsfrakturen (gem. ICD-10-GM Code S72.0-), wobei diese Unterschiede aber aus Altersunterschieden resultieren konnten (Abb. 3). Es fanden sich also keine Signale, die nicht durch Unterschiede der Altersverteilung hätten erklärt werden können.

Abb. 3. Beispiele allgemeiner Morbidität in den Gruppen mit In-Label-Use und apparentem Off-Label-Use in Abhängigkeit vom mittleren Alter: S72.00 (Schenkelhalsfraktur als Surrogatparameter für ein Sturzrisiko); Summe der Nennungen in ICD-Kapitel C (Malignome); E11.90 (Diabetes mellitus Typ 2, ohne Komplikationen, nicht als entgleist bezeichnet); Summe E66.00, E66.01, E66.02 (Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr: Body-Mass-Index [BMI] von 30 bis 40 und mehr); I10.00 (Benigne essenzielle Hypertonie: Ohne Angabe einer hypertensiven Krise); I25.9 (Chronische ischämische Herzkrankheit, nicht näher bezeichnet); I64 (Schlaganfall, nicht als Blutung oder Infarkt bezeichnet)

Behandlungsdauer

Dem Arzneiverordnungsreport (AVR) 2011 und 2012 konnten die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten sogenannten definierten Tagesdosen (DDD; gemäß der amtlichen ATC-Klassifikation) entnommen werden [9, 10]. Anhand der Zahl der behandelten Versicherten (Tab. 2) konnten damit die mittleren Behandlungsdauern abgeschätzt werden. Gemäß Abbildung 4 variierte die Behandlungsdauer im zweijährigen Beobachtungszeitraum zwischen 13 Tagen (Doxylamin) und 264 Tagen (Lormetazepam).

Abb. 4. Mittlere Behandlungsdauern, ermittelt anhand der Zahl der mit dem Wirkstoff behandelten Versicherten und der im Arzneiverordnungsreport (AVR) 2011 und 2012 ausgewiesenen verordneten Tagesdosen (DDD)

Diskussion

In diesem Projekt werden erstmals sogenannte Routinedaten der Krankenkassen als Vollerfassung aller gesetzlich Krankenversicherten – anhand der Daten nach §§ 303a ff. SGB V – zur Frage des Off-Label-Use und für Zwecke der Pharmakovigilanz genutzt. Das Beispiel der hier dargestellten elf Anxiolytika und dreizehn Hypnotika belegt wie schon bei Thrombozytenaggregationshemmern, Psychostimulanzien, Antidementiva, Antidepressiva, Neuroleptika und Antikonvulsiva [2–8] die Praktikabilität dieses Forschungsansatzes, obwohl diese Routinedaten zu Abrechnungszwecken mit Sekundärnutzung für die Kalkulation des Risikostrukturausgleichs der GKV erhoben wurden. Bei der Interpretation der Ergebnisse müssen selbstverständlich die daraus resultierenden Schwächen der Daten berücksichtigt werden. Indem eine im zweijährigen Beobachtungszeitraum einmalige Nennung eines der Operationalisierung des In-Label-Use entsprechenden ICD-Codes ausreichte, um einen In-Label-Use anzunehmen, ist die Methodik konservativ zugunsten von In-Label-Use.

Inzwischen könnte kritisiert werden, die Datenbasis – Beobachtungszeitraum sind die Jahre 2010 und 2011 – wäre veraltet. Das Projekt wurde Ende 2014 begonnen mit den damals jüngsten der Datenaufbereitungsstelle gemäß § 303d SGB V beim DIMDI zur Verfügung stehenden Daten; zwischen dem Jahr der Nutzung als Abrechnungsdaten und der Möglichkeit der wissenschaftlichen Nutzung bei der Datenaufbereitungsstelle vergehen also etwa drei Jahre. Innerhalb eines Jahres erlaubten die Kapazitäten der Datenaufbereitungsstelle Auswertungen von etwa 100 Wirkstoffen. Innerhalb des Projekts die Beobachtungszeiträume zu ändern, wäre im Gesamtkontext aller knapp 200 auszuwertenden Wirkstoffe methodisch fragwürdig.

Es darf vermutet werden, dass der Off-Label-Use sich über die Jahre nur begrenzt ändert, sofern nicht gezielte Sanktionen oder deren Androhung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgen. Denn logische Motive für Änderungen können eigentlich nur neu zugelassene Wirkstoffe mit Anwendungsgebieten sein, die bisher durch Off-Label-Use „bedient“ wurden, oder wissenschaftliche Erkenntnisse, durch die der Off-Label-Use sich einerseits verbietet oder andererseits sinnvoll erscheint. Darüber hinaus dürfte sich der Off-Label-Use in den ersten Jahren nach Zulassung eher ausweiten als in späteren Jahren. Für derartige Effekte besteht jedenfalls bei den hier berichteten, mit der Ausnahme von Melatonin, lange patentfreien Anxiolytika und Hypnotika kein Hinweis. Allerdings wäre es sinnvoll, die hier postulierte Stabilität des Off-Label-Use empirisch durch Vergleich mit jüngeren Daten zu prüfen.

Die Häufigkeit des Off-Label-Use reichte bei den elf Anxiolytika von etwa 35 % (Buspiron) bis etwa 70 % (Medazepam, Bromazepam, Prazepam) und bei den dreizehn Hypnotika von 40 % (Melatonin) bis 78 % (Clomethiazol). Bei Clomethiazol galt der Off-Label-Use im Wesentlichen der Alkoholkrankheit, wo Clomethiazol gemäß Zulassung auf den Einsatz unter stationären Bedingungen beschränkt ist.

Dass sich der Einsatz von Doxylamin bei etwa 98 % auf Patienten jünger als 18 Jahre beschränkte, spiegelt den gesetzlichen Verordnungsausschluss von OTC-Präparaten bei Erwachsenen wider. Bei Doxylamin galt der Off-Label-Use im Wesentlichen „grippalen Infekten“; dieser Einsatz folgt anscheinend einer Tradition (ein rezeptfreies Kombinationspräpat u. a. mit dem Wirkstoff Doxylamin ist hierfür zugelassen, wobei das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte seit 2017 anstrebt, Doxylamin wieder der Verschreibungspflicht zu unterstellen).

Als Besonderheit zielen die Anwendungsgebiete der Anxiolytika und Hypnotika im Wesentlichen auf Symptome (z. B. Angst, Insomnie) und nicht auf nosologische Entitäten. Diese Symptome lassen sich in der ICD-10-GM abbilden und wurden in die Operationalisierungen aufgenommen (Tab. 1). Die hohen Korrelationen zwischen den Häufigkeiten der ICD-Codes in den Gruppen mit In-Label-Use bzw. Off-Label-Use sind vereinbar mit der Interpretation, dass der formal ausgeprägte Off-Label-Use der Anxiolytika und Hypnotika im Wesentlichen unvollständigem Kodieren zuzuschreiben war, indem nur die Grundkrankheiten, nicht aber die Zielsymptome kodiert wurden. Wenn es sich also formal um Off-Label-Use handelte, konnte es sich faktisch um In-Label-Use handeln, ohne dass sich dies anhand der Daten quantifizierend verifizieren ließ.

Zwar wurden einige seltene Krankheiten angetroffen, die den Off-Label-Use aber kaum spezifisch motiviert haben konnten; vielmehr dürfte er hier einer Therapie von unspezifischen Begleitsymptomen gegolten haben.

Die Abrechnungsdaten ergaben keine Signale für besonders gehäufte Komorbiditäten, sei es als Risikofaktoren für die behandelten Störungen, sei es als Komplikation ihrer Behandlung, insbesondere unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Altersverteilungen. Dieser Befund kann solche Risiken aber nicht ausschließen. Zum Beispiel ist für Anxiolytika und Hypnotika vom Benzodiazepin-Typ ein erhöhtes Sturzrisiko einschließlich erhöhten Risikos für Schenkelhalsfrakturen etabliert (Übersicht z. B. bei [1]). Zwar wurden unter Buspiron und Doxylamin im Gegensatz zu den anderen Anxiolytika und Hypnotika in diesen Abrechnungsdaten keine Schenkelhalsfrakturen beobachtet; diese Unterschiede wären aber auch durch die Altersunterschiede erklärbar. Die Abrechnungsdaten können also – jedenfalls in der hier gewählten Querschnittsuntersuchung – unzureichend sensitiv sein.

Die hier erstmals berichteten mittleren Behandlungsdauern, die zum Teil deutlich über die Vorgabe einer „Kurzzeittherapie“ gemäß Zulassung hinausgehen, weiter im Sinne der Angemessenheit zu kommentieren, geht über die Fragestellung dieses Projekts hinaus. Entsprechendes gilt für den hier erhobenen Befund, dass der Verordnungsgipfel bei 17 der 24 Wirkstoffe in der achten Lebensdekade lag.

Interessenkonflikterklärung

J.F. hat in den letzten fünf Jahren Honorare für Beratertätigkeit von Amgen, Janssen, Lilly, Lundbeck, Nestlé, Novartis, Pfizer, Roche, St. Jude Medical, 3M, Sanvartis, Teva und dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. erhalten.

Die anderen Autoren geben an, keine Interessenkonflikte zu haben.

Danksagung

Dem Bundesministerium für Gesundheit wird nachdrücklich für die finanzielle Unterstützung des Projekts gedankt. Herrn Prof. Dr. W. Schwerdtfeger, früherer Präsident des BfArM, wird herzlich für die Unterstützung bei der Initiierung dieses Projekts gedankt. Herrn Dr. Jochen Dreß und Herrn Dr. Michael Schopen, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), gilt besonderer Dank für die Kooperation bei der Entwicklung der Datenbankabfrageskripte und deren Anwendung.

Literatur

1. de Jong MR, Van der Elst M, Hartholt KA. Drug-related falls in older patients: implicated drugs, consequences, and possible prevention strategies. Ther Adv Drug Saf 2013;4:147–54.

2. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Thrombozytenaggregationshemmer: Spektrum der Verordnung und Morbidität. Psychopharmakotherapie 2017;24:8–20.

3. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Psychostimulanzien: Spektrum der Verordnung und Morbidität. Psychopharmakotherapie 2017;24:56–62.

4. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Antidementiva: Spektrum der Verordnung und Morbidität. Psychopharmakotherapie 2017;24:107–18.

5. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Spektren der Verordnung und Morbidität von Thrombozytenaggregationshemmern, Psychostimulanzien, Antidementiva. Korrektur und methodenkritischer Exkurs zur Aussagefähigkeit von Routinedaten. Psychopharmakotherapie 2017;24:166–8.

6. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Antidepressiva: Spektrum der Verordnung und Morbidität. Psychopharmakotherapie 2017;24:211–29.

7. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Neuroleptika und Lithium: Spektrum der Verordnung und Morbidität. Psychopharmakotherapie 2018;25:58–68.

8. Fritze J, Riedel C, Escherich A, Beinlich P, et al. Antikonvulsiva: Spektrum der Verordnung und Morbidität. Psychopharmakotherapie 2018;25:177–94.

9. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.). Arzneiverordnungs-Report 2011. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 2011.

10. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.). Arzneiverordnungs-Report 2012. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag, 2012.


Prof. Dr. med. Jürgen Fritze, Asternweg 65, 50259 Pulheim, E-Mail: juergen.fritze@dgn.de

Dr. med. Claudia Riedel, Angelika Escherich, Peggy Beinlich, Prof. Dr. Karl Broich, Priv.-Doz. Dr. Thomas Sudhop, Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn

Anxiolytics and hypnotics: Spectra of prescribing and morbidity

In an ongoing project supported by the Federal Ministry of Health (BMG) off-label-use of pharmaceuticals with high prescription rates is investigated in a database comprising all citizens covered by public sick funds. The focus is on prevalences and indications as well as on the identification of off-label-use specifically addressing rare diseases in the context of the action plan of the National Action League for People with Rare Diseases (NAMSE). In the years 2010 through 2011 the off-label-use of the 11 anxiolytics investigated varied between 35 % (buspirone) up to about 70 % (medazepam, bromazepam, prazepam), that of the 13 hypnotics varied between 40 % (melatonin) and 78 % (clomethiazole). Apparent off-label-use was probably caused by incomplete coding resulting from the labels tending to be oriented to symptoms rather than nosological entities where putatively only the underlying psychiatric or somatic disorders had been coded but not the symptoms. No comorbidities potentially signaling specific risks were detected. Although rare diseases were identified, it appeared doubtful that these had specifically motivated the off-label-use but rather unspecific accompanying psychiatric symptoms.

Key words: anxiolytics, hypnotics, off-label-use, National Action League for People with Rare Diseases, NAMSE

Psychopharmakotherapie 2018; 25(06):292-303