Akuter Hörsturz

Prednisolon nicht besser als Plazebo


Prof. Dr. H.-C. Diener, Essen

Eine randomisierte und Plazebo-kontrollierte Studie in Schweden zeigt, dass Glucocorticoide in der Therapie des akuten Hörsturzes unwirksam sind.

Die Pathophysiologie des plötzlichen idiopathischen Hörsturzes ist unbekannt. Vermutet werden eine Hirnnervenneuritis oder vaskuläre Veränderungen. Im Gegensatz dazu ist für die akute Neuritis vestibularis, die mit heftigem Drehschwindel einhergeht, eine infektiöse bzw. autoimmunologische Genese nachgewiesen. Die Datenlage zur Behandlung des Hörsturzes ist recht dünn. Die bisher publizierten Studien zum Einsatz von Glucocorticoiden zeigten widersprüchliche Ergebnisse.

Die in Schweden durchgeführte prospektive, randomisierte, Plazebo-kontrollierte und multizentrische Studie schloss 103 Patienten ein, von denen für die Auswertung 93 zur Verfügung standen. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter zwischen 18 und 80 Jahren, wenn sie einen plötzlichen Hörsturz, definiert als eine Hörminderung um mehr als 30 dB, hatten und innerhalb einer Woche randomisiert werden konnten. In der Verum-Gruppe begann die Therapie mit 60 mg Prednisolon für drei Tage, dann wurde täglich um 10 mg reduziert. Patienten, die nach Tag 8 noch Hörstörungen hatten, wurden bis zum Tag 30 mit 10 mg Prednisolon täglich weiterbehandelt. Der primäre Endpunkt war die Verbesserung des Hörvermögens am Tag 90.

47 Patienten erhielten Prednisolon und 46 Plazebo. Das mittlere Alter der Patienten betrug 55 Jahre. Etwa zwei Drittel der Patienten klagte initial über Tinnitus und ein Viertel über Drehschwindel. Der Abfall des Hörvermögens betrug im Mittel 64 dB. Nach acht Tagen hatte sich das Hörvermögen in der Prednisolon-Gruppe um 25 dB und in der Plazebo-Gruppe um 26 dB verbessert. Nach 90 Tagen betrug die Verbesserung des Hörvermögens in der Verum-Gruppe 39 dB und in der Plazebo-Gruppe 35 dB. Beide Unterschiede waren statistisch nicht signifikant.

Kommentar

Diese wichtige und gut durchgeführte Plazebo-kontrollierte Studie zeigt, dass Glucocorticoide zur Behandlung des idiopathischen Hörsturzes unwirksam sind. Dies ist bemerkenswert, da sowohl für die Neuritis vestibularis als auch für die periphere Facialisparese eine Wirkung von Glucocorticoiden gegenüber Plazebo nachgewiesen wurde. Ob dies nun durch eine unterschiedliche Pathophysiologie oder durch die relativ geringe Zahl der Patienten in der Studie bedingt ist, bleibt ungeklärt.

Quelle

Nosrati-Zarenoe R, Hultcrantz E. Corticosteroid treatment of idiopathic sudden sensorineural hearing loss: randomized triple-blind placebo-controlled trial. Otol Neurotol 2012;33:523–31.

Psychopharmakotherapie 2013; 20(02)