Multiple Sklerose

Omega-3-Fettsäuren unwirksam


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

In einer randomisierten, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten, multizentrischen Studie in Norwegen, an der 92 Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose teilnahmen, ergab sich kein therapeutischer Nutzen für Omgea-3-Fettsäuren – weder in Monotherapie noch in Kombination mit Interferon beta.
(Mit einem Autorenkommentar von Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener

Die multiple Sklerose (MS) ist eine chronische entzündliche demyelinisierende Erkrankung des zentralen Nervensystems, die bei den meisten Patienten schubförmig verläuft. Für die Prophylaxe von Schüben und neuen Entzündungsherden im Gehirn werden als Basistherapie Beta-Interferone oder Glatirameracetat und als Eskalationstherapie Natalizumab oder Fingolimod eingesetzt. Omega-3-Fettsäuren haben theoretisch entzündungshemmende und neuroprotektive Eigenschaften. Deshalb wurde dieser Behandlungsansatz in einer prospektiven multizentrischen, Plazebo-kontrollierten Studie in Norwegen näher untersucht.

Studiendesign

Eingeschlossen wurden 92 Patienten im Alter zwischen 18 und 55 Jahren, die an schubförmiger MS erkrankt waren und deren Erkrankung in den letzten Monaten vor Studieneinschluss ohne immunmodulierende Therapie stabil war. Die Patienten waren nur mäßig behindert (EDSS ≤5,0). Sie erhielten über den gesamten Studienzeitraum von zwei Jahren randomisiert und doppelblind entweder mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren (1350 mg/Tag Eicosapentaensäure und 850 mg/Tag Docosahexaensäure) oder Plazebo. Nach sechs Monaten wurde bei allen Patienten zusätzlich eine Therapie mit Interferon beta-1a (44 µg 3-mal wöchentlich) begonnen.

Primärer Endpunkt war die Krankheitsaktivität in den ersten sechs Monaten, beurteilt anhand der Zahl der neuen Gadolinium-anreichernden Herde in der T1-gewichteten Kernspintomographie (MRT) des Gehirns. Diese MRT-Aufnahmen wurden zu Beginn, in den ersten neun Monaten monatlich sowie anschließend in den Monaten 12 und 24 angefertigt. Sekundäre Endpunkte umfassten weitere MRT-Parameter sowie die Schubrate und das Fortschreiten der Erkrankung innerhalb der ersten sechs Monate und während der gesamten Studienzeit. Weiterhin wurden Müdigkeit, Lebensqualität und unerwünschte Ereignisse beurteilt.

Ergebnisse

Nach sechs Monaten ergab sich kein Unterschied in der kumulativen Zahl der neuen Gadolinium-aufnehmenden Läsionen im Gehirn (p=0,09). In der Verum-Gruppe wurden im Median drei neue Läsionen festgestellt (Spanne: 0–41), in der Plazebo-Gruppe zwei (Spanne 0–44). Auch nach neun und 24 Monaten gab es keine signifikanten Unterschiede in der Zahl der neuen Gadolinium-aufnehmenden Läsionen.

Weder nach sechs noch nach 24 Monaten zeigte sich ein Unterschied in der Schubrate. Der Anteil der Patienten ohne Behinderungsprogression war nach 24 Monaten mit 70% in beiden Gruppen ebenfalls gleich. Es ergaben sich darüber hinaus keine Unterschiede in der Müdigkeit oder in der Lebensqualität. Nebenwirkungen der Omega-3-Fettsäuren wurden nicht verzeichnet.

Kommentar

Diese relativ kleine, aber gut durchgeführte Studie ergab, dass mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren in der Schubprophylaxe der multiplen Sklerose nicht wirksam sind. Dies ist für die Beratung von MS-Patienten wichtig, da diese Therapieoption derzeit in Internetforen propagiert wird.

Quelle

Torkildsen O, et al. ω-3 fatty acid treatment in multiple sclerosis (OFAMS Study): a randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arch Neurol 2012;69:1044–51.

Psychopharmakotherapie 2013; 20(02)