Morbus Pompe

Eine seltene, aber therapierbare Stoffwechselerkrankung


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Die lysosomale Speichererkrankung Morbus Pompe beruht auf einem Defekt im Enzym Saure Alpha-Glucosidase. Mit Alglucosidase alfa steht seit 2006 eine Enzymersatztherapie und somit eine kausale Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Eine rechtzeitige Behandlung kann nicht nur die Progression der Erkrankung aufhalten, sondern zur Rückbildung eingetretener körperlicher Schäden führen [1].

Morbus Pompe ist eine zu den Glykogenosen (Typ II) gehörende, progredient verlaufende Erkrankung bei Kindern und Erwachsenen. Bei den betroffenen Patienten besteht ein vollständiger oder teilweiser Mangel an dem Enzym Saure Alpha-Glucosidase (GAA). Dieses Enzym wird für den Abbau von Glykogen in den Lysosomen benötigt. Aufgrund des genetisch bedingten Mangels an lysosomaler GAA kommt es zu einer Akkumulation von Glykogen in den Lysosomen der Muskelzellen. Wenn die Lysosomen rupturieren, ergießen sich ihre Enzyme in das Zytoplasma und zerstören die Muskelzelle, was zu einer Schwächung und Schädigung der Muskulatur führt. Besonders betroffen sind die Muskeln des Schulter- und Beckengürtels, oft auch die Atemmuskulatur. Wenn die Krankheit fortschreitet, kommt es zu einer Diaphragmaschwäche und respiratorischer Insuffizienz, zu Einschränkungen der Beweglichkeit und zu einer Vergrößerung der Organe. Im Endstadium benötigen die Patienten – abhängig vom individuellen Verlauf – einen Rollstuhl oder ein Beatmungsgerät.

Morbus Pompe gehört zu den seltenen Erkrankungen und präsentiert sich bei erwachsenen Patienten vor allem im Frühstadium häufig mit variablen und unspezifischen Symptomen, was die rechtzeitige Diagnostik häufig erschwert. Nach den Beobachtungen von Prof. Dr. Antonio Toscano, Messina, leidet unter den von ihm überblickten Patienten über die Hälfte der Pompe-Patienten an Gliedergürteldystrophien (Limb girdle muscular dystrophy, LGMD), 13% haben akute respiratorische Störungen und rund 30% eine asymptomatische Erhöhung der Creatinkinase(CK)-Werte. Auch wenn eine CK-Erhöhung bei Pompe-Patienten häufig ist, kann sie aber auch viele andere Ursachen haben und ist daher kein Beweis für einen Morbus Pompe. Bei einem nicht erklärbaren CK-Anstieg oder bei einer LGMD sollte allerding immer an Morbus Pompe gedacht und eine weiterführende Diagnostik veranlasst werden. Zur Diagnosesicherung sind eine Muskelbiopsie und die Bestimmung der GAA-Aktivität erforderlich. Weiterhin ist die Durchführung eines Muskel-MRT sinnvoll. Dadurch können frühe degenerative Veränderungen in den Muskeln von Patienten mit unauffälligen neurologischen Befunden sowie von Patienten mit unspezifischen Veränderungen in der Muskelbiopsie schon frühzeitig detektiert werden. Patienten mit einem CK-Anstieg und keinen oder nur leichten Veränderungen im MRT sollten in Intervallen von mindestens sechs Monaten nachuntersucht werden, damit rechtzeitig eine Enzymersatztherapie eingeleitet werden kann.

Verbesserung oder Stabilisierung mit der Enzymersatztherapie

Auch wenn die Enzymersatztherapie nicht bei allen Patienten gleich gut wirkt, so weisen die bisherigen Daten dennoch darauf hin, dass die Behandlung mit Alglucosidase alfa (MyozymeTM) die Kraft der Extremitäten und der Atemmuskulatur in den meisten Fällen stabilisiert oder sogar verbessert, berichtete Prof. Dr. Benedikt Schoser, München. Die Substanz wird alle 14 Tage als Infusion verabreicht. Im natürlichen Verlauf und im Plazebo-Arm einer klinischen Studie wurde eine Abnahme der 6-Minuten-Gehstrecke als Maß für die motorische Leistungsfähigkeit um drei Meter pro Jahr beobachtet [2]. Demgegenüber ergab eine Analyse der Daten von 21 klinischen Studien mit insgesamt 385 Patienten, dass es unter einer Enzymersatztherapie mit Alglucosidase alfa bei über drei Viertel der Patienten (77,9%) zu einer Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke kam. Weitere 8,2% der behandelten Patienten erreichten zumindest eine Stabilisierung der körperlichen Leistungsfähigkeit; bei 13,9% kam es jedoch zu einer weiteren Verschlechterung [2]. In unbehandelten Patienten nimmt die forcierte Vitalkapazität (FVC) nach der Diagnose um etwa 1,5% pro Jahr ab [3, 4]. Demgegenüber kam es unter der Enzymersatztherapie bei etwa jedem zweiten Patienten, der mindestens 12 Monate behandelt wurde, zu einer Verbesserung der Atemkapazität (Tab. 1). Bei einem Drittel der Patienten nahm die FVC unter der Enzymersatztherapie weiter ab. Eine klare Beziehung zwischen Dauer der Enzymersatztherapie und der FVC-Verbesserung konnte nicht beobachtet werden.

Tab. 1. Anteil der M.-Pompe-Patienten mit einer Verbesserung, Stabilisierung oder Abnahme der forcierten Vitalkapazität (FVC) unter einer Enzymersatztherapie [Schoser]

Behandlungsdauer

Zustand der forcierten Vitalkapazität (Patientenanteil [%])

Verbessert

Stabil

Verschlechtert

<12 Monate (n=5)

0

100,0

0

12–23 Monate (n=53)

56,6

7,5

35,8

24–35 Monate (n=18)

55,6

5,6

38,9

>36 Monate (n=51)

52,9

13,7

33,3

Die Entwicklung eines international akzeptierten Scores zur Erfassung des Schweregrads der Symptomatik von Patienten mit Morbus Pompe könnte die Quantifizierung und Vergleichbarkeit der Therapieergebnisse verbessern, so Schoser. Es gibt allerdings noch wenig Langzeitdaten. Daher ist es wichtig, alle Patienten in das Pompe-Register (www.lsdregistry.net/pomperegistry/) aufzunehmen.

Quellen

1. Prof. Dr. Antonio Toscano, Messina/Italien; Prof. Dr. Benedikt Schoser, München; Satellitensymposium „Adressing unmet needs in rare diseases and multiple sclerosis – diagnostic challenges and novel treatment strategies“, veranstaltet von Genzyme im Rahmen des 22. ENS-Kongresses, Prag, 11. Juni 2012.

2. Van der Ploeg AT, et al. A randomized study of alglucosidase alfa in late onset Pompe’s disease. New Engl J Med 2010;362:1396–406.

3. van der Beek NA, et al. Rate of progression and predictive factors for pulmonary outcome in children and adults with Pompe disease. Mol Gen Metab 2011;104:129–36.

4. van der Beek NA, et al. Rate of disease progression during long-term follow-up of patients with late-onset Pompe disease. Neuromuscul Disord 2009;19:113–7.

Psychopharmakotherapie 2012; 19(05)