Zugelassene Indikationen und Maximaldosierungen in der Psychiatrie


Dirk Wolter und Walter Winkler, Wasserburg am Inn

Die Zulassungen der meisten Psychopharmaka, die zurzeit in Deutschland auf dem Markt sind, umfassen mehrere Anwendungsgebiete. Aufgrund von Produktneueinführungen, Marktrücknahmen und Veränderungen der Zulassungen ist es schwierig, einen Überblick darüber zu behalten, welche Arzneimittel aktuell bei welchen Erkrankungen eingesetzt werden können. Daher wurde eine Tabelle erstellt, in der die in der Psychiatrie eingesetzten Wirkstoffe und psychiatrische Erkrankungen aufgeführt sind; eingetragen sind zugelassene Anwendungsgebiete, Maximaldosierungen sowie Angaben zur Altersbegrenzung bei Kindern und Jugendlichen. Aufgeführt sind in der Regel die Zulassungen der Originalpräparate, Zulassungen der Generika weichen nicht selten hiervon ab.

Schlüsselwörter: Zulassung, Indikationen, Maximaldosierung, Kinder

Psychopharmakotherapie 2011;18:164–71.

Die meisten Psychopharmaka werden in der Praxis bei verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt. Die therapeutischen Möglichkeiten verändern sich ständig: durch Einführung neuer Arzneimittel und Zulassungserweiterungen bestehender Pharmaka, aber auch durch Einschränkung der Anwendungsgebiete aufgrund von Neubewertungen (z.B. durch Rote-Hand-Briefe). Für praktisch tätige Ärzte wird es daher zunehmend schwieriger, zu wissen, welche Arzneimittel aktuell für welche Indikationen zugelassen sind. Aus diesem Grund haben wir anhand gültiger Fachinformationen eine Tabelle erstellt, in der die in der Psychiatrie eingesetzten Wirkstoffe (sortiert nach Wirkstoffgruppen) und psychiatrische Erkrankungen aufgeführt sind (Tab. 1). Nicht berücksichtigt wurden reine Hypnotika sowie Depot-Antipsychotika. Alle in Deutschland auf dem Markt befindlichen Depot-Neuroleptika einschließlich der neuen Präparate Zypadhera® (Olanzapin) und Xeplion® (Paliperidonpalmitat) sind ausschließlich für die Indikation Schizophrenie zugelassen; Ausnahmen sind lediglich das Kurzzeit-Depot Ciatyl-Z® Acuphase (zusätzlich „Manie“) sowie die beiden Haloperidol-Depot-Präparate (zusätzlich „chronisch maniforme Zustände“).

Tab. 1. Zulassungen und Maximaldosen von Neuro-Psychopharmaka. Angegeben ist in der Regel die Zulassung des Originalpräparats, Zulassungen der Generika weichen nicht selten ab! * Dosis bezieht sich nicht auf den reinen Wirkstoff, sondern auf eine Verbindung oder ein Salz. Angaben zur Maximaldosierung und zur Zulassung bei Kindern und Jugendlichen gelten häufig nicht für alle Indikationen und Darreichungsformen. Weitere Hinweise siehe Text [Fachinformationen der Fertigarzneimittel, Stand April 2011]

Wirkstoffgruppe,

Wirkstoff

Fertigarzneimittel®

Maximaldosis bei gesunden nichtgeriatrischen Erwachsenen [mg/Tag]

Schizophrenie

Psychotische Syndrome

Delir,
organische Psychosen

Unruhe, (psychomotorische) Erregung

Schlafstörung

Verstimmung, psychosomatische Beschwerden

Schmerzsyndrome

Manie,
manische Syndrome

Depression,
depressive Störungen

Phasenprophylaxe: bipolare Störungen

Phasenprophylaxe: unipolare Depression

Panikstörung

(Agora)Phobie

Soziale Phobie

Generalisierte Angststörung

Posttraumatische Belastungsstörung

Zwangsstörung

Hirnorganische geistige Leistungseinbußen

Alzheimer-Demenz

Demenz: herausforderndes Verhalten

Verhaltensstörung bei Intelligenzminderung

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

Entzugsbehandlung

Suchterkrankungen

Bemerkungen

Angaben zur Altersbegrenzung bei Kindern und Jugendlichen [ab einem Alter von X Jahren]

Neurolepika, Antipsychotika

Amisulprid

Solian

1200

X

18

Aripiprazol

Abilify

30

X

X

X

15

Asenapin

Sycrest

20

X

In USA zur Schizophreniebehandlung zugelassen

18

Benperidol

Glianimon

40

(X)

X

X

X

X

18

Bromperidol

Impromen

50

X

12

Chlorprothixen

Truxal

400* (in Einzelfällen mehr)

X

(X)

X

3

Clozapin

Leponex

900 (einschleichend)

(X)

(X)

Nur bei Therapieresistenz,

2. Wahl bei Psychosen bei Morbus Parkinson

16

Flupentixol

Fluanxol

ambulant 20*

stationär 60*

X

18

Fluphenazin

Lyogen

ambulant 10*

stationär 20*

(X)

X

X

12

Haloperidol

Haldol

100

X

X

X

X

2. Wahl bei Tic-Erkrankungen und Erbrechen

3

Levomepromazin

Neurocil

ambulant 150

stationär 600

(X)

(X)

(X)

(X)

Parenteral nur stationär

16

Melperon

Melperon Stada

400*

(X)

X

X

(X)

(X)

X

"Alkoholkrankheit", "Psychoneurosen"

12

Olanzapin

Zyprexa

20

X

X

X

18

Paliperidon

Invega

12

X

18

Perazin

Taxilan

ambulant 300

stationär 1000

(X)

X

(X)

X

X

16

Perphenazin

Decentan

24

(X)

X

X

X

2. Wahl bei Erbrechen

Bei Kindern nur in Ausnahmefällen

Pimozid

Orap

16

X

Nur Erhaltungstherapie

Kinder

Pipamperon

Dipiperon

360

X

X

Kinder

Promethazin

Atosil

200

X

X

2. Wahl bei Schlafstörungen, Übelkeit, Erbrechen

2

Prothipendyl

Dominal

320*

X

Kinder nur im Ausnahmefall

Quetiapin

Seroquel

800

X

X

(X)

X

Nur Seroquel prolong® zur Zusatzbehandlung bei unipolarer Depression

18

Risperidon

Risperdal

10(–16)

X

X

(X)

X

Kurzzeitbehandlung anhaltender Aggression bei Demenz: 1(–2) mg

5

Sertindol

Serdolect

24

X

Nur 2. Wahl, nicht zur Akutbehandlung

18

Sulpirid

Dogmatil

1000 (–1600)

X

X

2. Wahl bei depressiven Störungen und Schwindel

6

Thioridazin

Melleril

ambulant 200*

stationär 600*

X

X

(X)

Bei Kindern letzte Wahl

Ziprasidon

Zeldox

160

X

X

(X)

10

Zuclopenthixol

Ciatyl-Z

75 und höher

X

X

X

X

X

Psychomotorische Erregungszustände und aggressives Verhalten bei Demenz: bis 40 mg

Nicht bei Kindern und Jugendlichen

Antidepressiva

Agomelatin

Valdoxan

50

X

18

Amitriptylin

Saroten

ambulant 150

stationär 300

(X)

X

18

Amitriptylinoxid

Equilibrin

ambulant 150

stationär 300

X

18

Bupropion

Elontril, Zyban

300*

X

(X)

Elontril®: Depression; Zyban®: Raucherentwöhnung

18

Citalopram

Cipramil

60

X

X

X

18

Clomipramin

Anafranil

225*

X

X

X

X

X

Kataplexie, Narkolepsie und hypnagoge Halluzinationen; funktionelle Enuresis nocturna

5

Doxepin

Aponal

ambulant 150

stationär 300

X

X

X

X

„Angstsyndrome“

18

Duloxetin

Cymbalta, Ariclaim

120

(X)

X

X

Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie; Yentreve®: Belastungsinkontinenz

18

Escitalopram

Cipralex

20

X

X

X

X

X

X

18

Fluoxetin

Fluctin

60(–80)

X

Bulimie

8

Fluvoxamin

Fevarin

300*

X

X

8

Imipramin

Tofranil

ambulant 150*

stationär 300*

(X)

X

Enuresis und Pavor nocturnus

5

Maprotilin

Ludiomil

ambulant 150*

stationär 225*

(X)

X

18

Mianserin

Mianserin ratiopharm

90*

X

18

Mirtazapin

Remergil

45

X

18

Moclobemid

Aurorix

600

X

X

Nicht bei Kindern

Nortriptylin

Nortrilen

ambulant 150*

stationär 225*

X

18

Paroxetin

Seroxat

60

X

X

X

X

X

X

X

18

Reboxetin

Edronax

12

X

18

Sertralin

Zoloft

200

X

X

X

X

X

X

X

6

Tranylcypromin

Jatrosom

ambulant 40 stationär 60

X

18

Trazodon

Trazodon neuraxpharm

ambulant 400

stationär 600

X

18

Trimipramin

Stangyl

400

X

Indikation Schlafstörung nur als Symptom einer Depression

18

Venlafaxin

Trevilor

375

X

X

X

X

X

X

18

Johanniskrautextrakt

Laif

900

X

X

X

(X)

(X)

(X)

(X)

Verschreibungspflichtige Arzneimittel haben eine breitere Zulassung als apothekenpflichtige Arzneimittel

12

Stimmungsstabilisierer, Phasenprophylaktika

Carbamazepin

Tegretal

1600 (einschleichend)

X

X

(X)

2. Wahl als Prophylaxe manisch depressiver Phasen; Epilepsie, Anfallsverhütung bei Alkoholentzug

6

Lamotrigin

Lamictal

400

(X)

Bei bipolarer Erkrankung nur Prophylaxe depressiver Phasen; Epilepsie

18

(Epilepsie: 2)

Lithium

Hypnorex

nach Serumkonzentration

X

(X)

X

X

12

Oxcarbazepin

Trileptal

2400

Nur Epilepsie

6

Valproinsäure

Ergenyl

2000

X

X

Therapie und Prophylaxe manischer Episoden; Epilepsie

18

(Epilepsie: 3)

Tranquilizer, Hypnotika

Alprazolam

Tafil

4

X

(X)

(X)

(X)

(X)

18

Buspiron

Anxut

60*

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

18

Bromazepam

Lexotanil

ambulant 12

stationär 18

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

18

Chlordiazepoxid

Librium

62,5

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

18

Clobazam

Frisium

30

X

(X)

(X)

(X)

(X)

Zusatztherapie bei Epilepsie

3

Clonazepam

Rivotril

8 (einschleichend)

Nur bei Epilepsie, keine Zulassung als Anxiolytikum, obwohl häufig so eingesetzt

Säuglinge

Diazepam

Valium

ambulant 10

stationär 60

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

Zustände mit erhöhtem Muskeltonus

18

Dikalium-Clorazepat

Tranxilium

ambulant 150

stationär 300

X

(X)

(X)

(X)

(X)

Kinder

Hydroxyzin

Atarax

75*

(X)

X

X

(X)

(X)

(X)

(X)

Juckreiz

6

Lorazepam

Tavor

7,5

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

6

Medazepam

Rusedal

60

X

(X)

(X)

(X)

(X)

18

Opipramol

Insidon

300*

X

X

Opipramol ist eigentlich ein trizyklisches Antidepressivum

17

Oxazepam

Adumbran

60 (höher nur stationär)

X

(X)

(X)

(X)

(X)

(X)

6

Prazepam

Demetrin

60

X

(X)

(X)

(X)

(X)

18

Pregabalin

Lyrica

600

X

X

Zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen, Epilepsie

18

Tetrazepam

Musaril

400

Nur bei Muskelverspannungen und spastischen Syndromen

1

Tryptophan

Ardeydorm

2000

X

18

Psychostimulanzien und verwandte Substanzen

Atomoxetin

Strattera

100*

X

Für Kinder/Jugendliche; für Erwachsene nur unter bestimmten Voraussetzungen

6

Methylphenidat

Ritalin

60

X

ADHS: nur für Kinder und Jugendliche; Narkolepsie auch für Erwachsene

6

Modafinil

Vigil

400

Narkolepsie, Kataplexie

18

Antidementiva

Donepezil

Aricept

10*

X

Alzheimer-Demenz leicht bis mittelschwer

18

Galantamin

Reminyl

24

X

Alzheimer-Demenz leicht bis mittelschwer

18

Ginkgo-biloba-Extrakt

Tebonin

240

X

X

Schwindel, Tinnitus, peripher arterielle Verschlusskrankheit

18

Memantin

Axura

20

X

Alzheimer-Demenz moderat bis schwer

18

Piracetam

Nootrop

oral 4800

i.v. 12000

(X)

Legasthenie; Myoklonus-Syndrome

8

Pyritinol

Encephabol

600*

(X)

18

Rivastigmin

Exelon

oral 12

Pflaster 9,5

X

Alzheimer-Demenz leicht bis mittelschwer; Demenz bei Parkinson-Syndrom (nur oral)

18

Entzugs- und Entwöhnungsmittel

Acamprosat

Campral

1998

X

Unterstützung der Abstinenz bei alkoholabhängigen Patienten

Nicht bei Kindern

Buprenorphin

Subutex

24

X

Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit

18

Clomethiazol

Distraneurin

1536 mg in 2 Stunden

(X)

X

Keine Angabe

Clonidin

Paracefan

stationär 10*

(X)

Nur Paracefan Injektionslösung

Keine Angabe

Disulfiram

Antabus

500

X

Alkoholabusus und Alkoholabhängigkeit; in Deutschland außer Handel

Keine Angabe

Levomethadon

L-Polamidon

60* und mehr

X

X

Substitutionstherapie bei Opioidabhängigkeit

Tropfen im Einzelfall ab 1 Jahr; Lösung z. Substitution

ab 18 Jahren

Naltrexon

Nemexin

50*

X

Entwöhnung vormals Opiatabhängiger; Adepend® bei Alkoholabhängigkeit

18

Sonstige

Tiaprid

Tiapridex

1000

Neuroleptika-induzierte Spätdyskinesien, Hyperkinesen bei Chorea Huntington

Kinder

Biperiden

Akineton

12*

(Neuroleptika-induzierte) extrapyramidale Bewegungsstörungen

Auch für Kinder unter 1 Jahr

Aufgeführt sind in der Regel die Zulassungen der Originalpräparate. Die zugelassenen Indikationen sind in der entsprechenden Spalte durch ein „X“ gekennzeichnet. In vielen Fällen konnten die in der Fachinformation genannten Anwendungsgebiete jedoch nicht eindeutig einer der in der Tabelle aufgeführten Erkrankung zugeordnet werden – in diesen Fällen steht das X in Klammern. Das Zeichen „(X)“ wird darüber hinaus verwendet, wenn das Arzneimittel nur als ergänzende Behandlung oder Zusatzmedikation eingesetzt werden darf.

Sowohl die angegebenen Maximaldosierungen als auch die angegebenen Altersbegrenzungen für die Anwendung bei Kindern und Jugendlichen beziehen sich häufig nur auf eine einzelne Indikation oder Darreichungsform eines Arzneimittels. Die Maximaldosierungen können daher bei anderen Indikationen drastisch abweichen, entsprechendes gilt für die Altersbegrenzungen bei Kindern und Jugendlichen. Nicht aufgeführt sind Altersbegrenzungen bei älteren Patienten und Hinweise zur Anwendung bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion, da dies den Rahmen sprengen würde.

Zu beachten ist weiterhin, dass die Zulassungen von Generika nicht selten von den hier angegebenen Zulassungen abweichen.

Die aufgeführte Zusammenstellung kann grundsätzlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Vielmehr soll sie als Orientierungshilfe dienen. Sie entbindet den Arzt nicht von der Verpflichtung, sich vor Verordnung oder Anwendung eines Arzneimittels genau über dieses zu informieren. Die Fachinformationen der meisten Fertigarzneimittel können tagesaktuell auf der Homepage des FachInfoService (www.fachinfo.de/; Zugriff am 28.4.2011) abgerufen werden.

Dr. med. Dirk Wolter, Dr. med. Walter Winkler, Inn-Salzach-Klinium gGmbH, Gabersee 7, 83512 Wasserburg am Inn, E-Mail: Dirk.Wolter@iskl.de

Psychopharmakotherapie 2011; 18(04)