Medikamentöse Behandlungsstrategien der ADHS im Kindes- und Jugendalter


Dieter Schlamp, Frank Beer und Franz Joseph Freisleder, München

Die hyperkinetische Störung oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist mit einer Häufigkeit von etwa 5% (bezogen auf Kinder und Jugendliche) eine sehr verbreitete Störung. In jedem Einzelfall bedarf es einer differenzierten Betrachtung, um herauszufinden, wie den betroffenen Patienten unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren mit einer multimodalen Behandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzepts am besten geholfen werden kann. Für die medikamentöse Therapie stehen insbesondere das Amfetamin-Derivat Methylphenidat und der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin zur Verfügung. Diese verbessern über unterschiedliche Wirkungsmechanismen die dopaminerge und/oder noradrenerge Transmission in den funktionellen Systemen des Gehirns, die für die Steuerung von Aufmerksamkeit und Verhalten verantwortlich sind. Unter besonderen Umständen kommen im Rahmen eines individuellen Heilversuchs auch andere Substanzen für eine Therapie infrage. Welches therapeutische Vorgehen am besten geeignet ist, ist vor allem von individuellen Gegebenheiten des Patienten sowie etwaigen komorbiden Störungen abhängig.
Schlüsselwörter: ADHS, multimodale Behandlung, Methylphenidat, Amfetamin, Atomoxetin, Komorbidität
Psychopharmakotherapie 2011;18:48–58.

Krankheitsbild

Die Kriterien zur Diagnose von hyperkinetischen Störungen oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) sind klinisch-deskriptiv definiert und umfassen die drei Kardinalsymptome Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivität und Impulsivität. Die Begriffe „hyperkinetische Störung“ (nach ICD-10) und „ADHS“ (nach DSM-IV) werden umgangssprachlich weitgehend synonym gebraucht, die diagnostischen Kriterien für die ADHS sind jedoch etwas weiter gefasst als diejenigen für die hyperkinetische Störung, was bei epidemiologischen Studien auch zu etwas höheren Prävalenzraten führt.

Für die Bewertung der Symptome ist es hilfreich, bewährte Beurteilungsskalen wie die Conners-Skala oder den Fremdbeurteilungsbogen für hyperkinetische Störungen (FBB-ADHS) zu benutzen [19, 20]. Von besonderer Bedeutung sind die Schulzeugnisse der betroffenen Kinder und Jugendlichen, da sie, quasi als Integral, das Verhalten über ein Schuljahr abbilden.

Zu fordern ist außerdem, dass die Symptome situationsübergreifend auftreten und pervasiv sind, also in der Regel bereits im Vorschulalter beginnen und über Jahre bestehen bleiben. Je nach Gewichtung der Hauptsymptome unterscheidet man klinische Subtypen (Tab. 1).

Tab. 1. Klassifikation hyperkinetischer Störungen und der ADHS

Formen hyperkinetischer Störungen gemäß ICD-10 der WHO

Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0)

Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1)

Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität (F98.8)

Subtypen einer ADHS gemäß DSM-IV der American Psychiatric Association

Mischtypus (314.01)

Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typus (314.01)

Vorwiegend unaufmerksamer Typus (314.00)

Letztlich ist eine synoptische Gesamtbetrachtung des in dieser Hinsicht erfahrenen Arztes unter Berücksichtigung aller anamnestischen und klinischen Gesichtspunkte und der diagnostischen Kriterien entscheidend für eine adäquate Diagnosestellung. Aufmerksamkeitsstörung und in der Regel auch Impulsivität müssen außerhalb der normalen Variationsbreite liegen, Hyperaktivität kann unterschiedlich ausgeprägt sein oder auch fehlen.

Ab dem Jugendalter tritt eine zuvor vorhandene Hyperaktivität zunehmend in den Hintergrund, dafür werden Defizite in der Selbstorganisation zunehmend deutlich. Häufig entwickeln sich auch sekundäre komorbide Störungen: dann bereitet eine ausgeprägte Impulsivität in Verbindung mit Regelverletzungen bis hin zur Dissozialität oft die größten Probleme, was prognosebestimmend sein kann. Auch sekundäre affektive Störungen (vor allem im Sinne von Anpassungsstörungen) treten auf.

Differenzialdiagnostisch in Betracht zu ziehen sind andere psychische Störungen wie depressive Syndrome, Sozialverhaltensstörungen, Psychosen und Drogenmissbrauch (z.B. Cannabis). Auch Teilleistungsstörungen wie Legasthenie oder Dyskalkulie sowie das Intelligenzniveau, also eine mögliche Überforderung oder gelegentlich auch eine Unterforderung, bedürfen gegebenenfalls einer Abklärung. Somatische Störungen wie Schilddrüsenfunktionsstörungen, andere hormonelle Störungen, Stoffwechselstörungen oder Anfallserkrankungen sollten als Ursache ausgeschlossen sein. Schließlich müssen auch immer die psychosoziale Situation im Hinblick auf mögliche belastende Lebensumstände sowie erzieherische Kompetenzen und Defizite der Bezugspersonen berücksichtigt werden [42].

Psychologische Untersuchungen können zur Diagnosestellung beitragen, sind jedoch nicht entscheidend. Kurzzeit-Konzentrationstests (z.B. d2 oder DLKG) sind heute durch computergestützte Testverfahren wie den Continuous Performance Test (CPT) oder die Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung (TAP) größtenteils abgelöst, doch auch hier gibt es in Abhängigkeit von Motivation, „Tagesform“ und anderen Faktoren falsch positive wie falsch negative Ergebnisse.

Entstehung und Pathophysiologie

Ätiopathogenetisch stehen in der Regel genetische Faktoren im Vordergrund, weiterhin können prä- und perinatale Umstände die Störung mitverursachen; Umgebungseinflüsse wie lebensgeschichtliche Ereignisse und Erziehung können die Ausprägung sowie den Verlauf erheblich modulieren. Patienten, bei denen hirnorganische Beeinträchtigungen im Vordergrund stehen, sprechen häufig schlechter auf Psychopharmaka an als andere Patienten.

Pathophysiologisch handelt sich bei der ADHS im Wesentlichen um ein zentrales Steuerungsdefizit. Man unterscheidet ein vorderes frontostriatales und ein hinteres, vor allem rechts parietal lokalisiertes Aufmerksamkeitssystem, die gemeinsam eine Art „zentrales Managementsystem“ des Gehirns bilden. Dieses System organisiert, fokussiert, integriert, setzt Prioritäten und ist verantwortlich für Selbstregulation, Selbstkontrolle sowie längerfristige Handlungsplanung [37]. Eine Dysfunktion neuronaler Netzwerke frontokortikostriataler Regelsysteme verursacht in der Folge eine Störung exekutiver Funktionen, auf der die ADHS basiert. In neurophysiologischen Studien konnte ein Inhibitonsdefizit vor allem im kognitiven und motorischen Regelsystem gezeigt werden. Neuroanatomisch finden sich umschriebene Volumenverminderungen, was für eine Abweichung in der Neurogenese spricht [40].

Auf Ebene der Neurotransmitter kann eine verminderte Aktivität dopaminerger und noradrenerger frontostriataler Regelkreise angenommen werden. Diskutiert wird eine Dysfunktion striataler postsynaptischer Dopamin-D4-Rezeptoren und präsynaptischer Dopamin-Transporter (DAT). Durch SPECT(Single-Photon-Emissionscomputertomographie)-Untersuchungen konnte bei erwachsenen ADHS-Patienten eine um etwa 70% erhöhte Dichte präsynaptischer striataler Dopamin-Transporter nachgewiesen werden. Diese Hypothesen werden durch molekulargenetische Untersuchungen unterstützt. Noradrenalin spielt eine zentrale Rolle in der Modulation visueller, auditiver, somatosensorischer und motorischer Funktionen. Für kognitive noradrenerge Funktionen wie Aufmerksamkeit und Vigilanz sind wahrscheinlich Alpha2A-Rezeptoren im Kortex verantwortlich [7, 37, 40].

Neurobiochemisch besteht ein relativer Mangel an Noradrenalin und/oder Dopamin beziehungsweise eine verminderte Wirksamkeit dieser Transmitter. Dies ist der Ansatzpunkt für die etablierten pharmakotherapeutischen Behandlungsstrategien.

Es ist davon auszugehen, dass die Art und funktionelle Lokalisation der involvierten Störungsmechanismen im Rahmen dieses komplexen Systems bei verschiedenen ADHS-Patienten durchaus heterogen sein können, womit die unterschiedlichen klinischen Ausprägungen des Störungsbilds sowie das differenzielle Ansprechen auf verschiedene psychopharmakologische Therapieformen erklärt werden können.

Therapeutisches Gesamtkonzept

Die Basis aller therapeutischen Maßnahmen bilden die eingehende Information und Beratung („Psychoedukation“) der Patienten und ihrer Bezugspersonen sowie die Bemühung um Compliance. Durch Psychoedukation sowie verhaltenstherapeutische oder heilpädagogische Betreuung kann bei einem Teil der Patienten bereits eine ausreichende Besserung erzielt werden. Bewährt hat sich hier zum Beispiel das „Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP)“ [21]. Auch Neurofeedback-Verfahren haben sich in diesem Zusammenhang als wirksam erwiesen [30].

Genügen diese Interventionen nicht, ist zusätzlich eine medikamentöse Behandlung angezeigt. Eine Pharmakotherapie kann zwar bei den meisten Patienten Konzentrationsdefizite, Hyperaktivität und die Steuerungsfähigkeit bessern, sie allein ändert jedoch nicht automatisch etablierte ungünstige Verhaltensmuster; hierzu bedarf es geeigneter komplementärer Maßnahmen aus dem Spektrum verhaltenstherapeutischer oder gegebenenfalls heil- und sozialpädagogischer Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere bei komorbiden Störungen des Sozialverhaltens. Je stärker solche assoziierten Störungen ausgeprägt sind und je geringer die Kompetenz der Bezugspersonen (z.B. der Eltern) ist, mit diesen Störungen adäquat umzugehen, umso intensiver und langfristiger sollten entsprechende verhaltenstherapeutisch orientierte Behandlungsmaßnahmen angelegt sein.

In der Multimodal Treatment Study of Children with ADHD (MTA-Studie) wurde die Wirksamkeit von vier unterschiedlichen Behandlungsformen verglichen:

  • Konventionelle Behandlung durch niedergelassene Ärzte
  • Optimierte medikamentöse Behandlung mit eingehender Beratung
  • Verhaltenstherapie
  • Kombination von optimierter medikamentöser Behandlung und Verhaltenstherapie

Die „Routine-Behandlung“ hatte in dieser Studie trotz Einsatz von Arzneimitteln die geringste Wirkung. Von der alleinigen Verhaltenstherapie hatte nur ein Teil der Patienten einen Nutzen. Sehr gute Wirkungen hatte die optimierte medikamentöse Behandlung mit eingehender ärztlicher Beratung. Die besten Therapieerfolge waren bei der Kombination von sorgfältig ärztlich geleiteter Medikation und Verhaltenstherapie zu verzeichnen, insbesondere bei Kindern mit begleitenden sozialen und emotionalen Problemen. In den Jahren nach Beendigung der genau definierten Behandlungsmodalitäten näherten sich die Ergebnisse in den verschiedenen Gruppen allerdings wieder einander an [1, 34].

Medikamentöse Behandlungsstrategien

In Deutschland sind lediglich das Amfetamin-Derivat D,L-Methylphenidat sowie der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Atomoxetin als Fertigarzneimittel für die medikamentöse Behandlung der ADHS im Kindes- und Jugendalter zugelassen. D,L-Amfetamin steht hierzulande nicht als Fertigarzneimittel zur Verfügung und kann daher nur in Form einer individuellen Rezeptur verordnet werden. Für Erwachsene ist bislang nur Atomoxetin zugelassen – unter der Voraussetzung, dass die Medikation bereits vor dem 18. Geburtstag begonnen wurde und eindeutig wirksam war. Die Zulassung von D,L-Metylphenidat für Erwachsene wird angestrebt. In den USA steht für die Behandlung der ADHS eine deutlich größere Palette von Substanzen zur Verfügung (Tab. 2).

Tab. 2. Medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei ADHS in den USA

Amfetamin und Amfetamin-Derivate

(„Stimulanzien“)

D,L-Methylphenidat (als Racemat)*

D-Methylphenidat

D,L-Amfetamin (als Racemat)

D-Amfetamin (Dexamfetamin)

Mischung aus 75% D- und 25% L-Amfetamin

Lisdexamfetamin

Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

Atomoxetin*

Reboxetin

Trizyklische Antidepressiva

Imipramin

Nortriptylin

Noradrenerge Alpha2-Rezeptoragonisten

Clonidin

Guanfacin

Sonstige

Modafinil

Moclobemid

Bupropion

unterliegen in Deutschland den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes, *in Deutschland als für ADHS zugelassenes Fertigarzneimittel verfügbar

Nicht zugelassene Arzneimittel können nach der gegenwärtigen deutschen Rechtslage nach sorgfältiger Abwägung und Indikationsstellung im Rahmen eines individuellen Heilversuchs unter Berücksichtigung besonderer Vorgaben (z.B. Aufklärung, Einwilligung der Sorgeberechtigten) verordnet werden.

Bislang gibt es relativ wenige methodisch fundierte systematische Vergleichsuntersuchungen zur differenziellen Indikationsstellung für die hier für die medikamentöse Behandlung von hyperkinetischen Störungen oder ADHS zugelassenen Arzneimittel [27]. Mittel der ersten Wahl für die Behandlung einer ADHS ist in der Mehrzahl der Fälle Methylphenidat, bei bestimmten komorbiden Störungen wie Tics, Ängsten oder Substanzmissbrauch kann dies aber auch Atomoxetin sein (Tab. 3).

Tab. 3. Differenzielle Indikationsstellung: Methylphenidat/Amfetamin vs. Atomoxetin.

Bei Neueinstellungen sollten die Vor- und Nachteile dieser beiden medikamentösen Behandlungsformen im Hinblick auf den jeweiligen Patienten abgewogen und Patient sowie Bezugspersonen/Sorgeberechtigte in die Entscheidung miteinbezogen werden (informed consent).

Methylphenidat/Amfetamin

Vorteile einer Therapie mit dem Amfetamin-Derivat Methylphenidat oder Amfetamin sind die jahrzehntelange Erfahrung mit dieser Substanzgruppe, die hohe Responderrate, der rasche Wirkungseintritt, die gute Steuerbarkeit (ggf. können unproblematisch Auslassversuche oder kurzfristige Variationen der Dosis z.B. an Wochenenden oder in den Schulferien vorgenommen werden) sowie die (zumindest für nichtretardiertes Methylphenidat) günstigen Behandlungskosten.

Eine weitere Indikation ist in mangelnder Wirksamkeit und/oder Verträglichkeit von Atomoxetin zu sehen.

Die Indikation sollte kritisch gestellt werden bei kardialen Vorerkrankungen, komorbiden Epilepsien, vorbestehenden Tic-Störungen, schwereren depressiven Verstimmungen (Triggerung suizidaler Impulse möglich) sowie Drogenmissbrauch.

Atomoxetin

Vorzugsindikationen für den selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin sind in ausgeprägten Steuerungs- und Verhaltensproblemen am Abend und frühen Morgen, komorbiden Tic-Störungen, komorbiden emotionalen Störungen, insbesondere Angststörungen, sowie Suchterkrankungen zu sehen.

Hinzu kommen mangelnde Wirksamkeit und/oder Verträglichkeit (auch ausgeprägte Rebound-Effekte) von Amfetamin und seinen Derivaten.

Die Indikation sollte kritisch gestellt werden bei kardialen Vorerkrankungen, komorbiden Epilepsien, vorbestehenden Leberfunktionsstörungen und schwereren depressiven Verstimmungen (Triggerung suizidaler Impulse möglich).

Ein Teil der Patienten, die auf Methylphenidat nicht ausreichend ansprechen, spricht auf Amfetamin an. Wenn mit Amfetamin und/oder seinen Derivaten kein angemessener Effekt erzielt werden kann, ist ein Wechsel der Substanzgruppe zu empfehlen. Entsprechendes gilt bei einem Nichtansprechen auf Atomoxetin. Obwohl stets eine Monotherapie anzustreben ist, kann bei einem kleinen Teil der Patienten auch eine kombinierte Behandlung (z.B. mit Methylphenidat plus Atomoxetin) sinnvoll sein.

Wird auch auf diesem Weg kein befriedigender Erfolg erreicht oder liegen besondere Umstände vor, kommen für eine medikamentöse Behandlung auch andere Wirkstoffe infrage. Im Folgenden wird ein Überblick über die Möglichkeiten einer Pharmakotherapie gegeben und auf empfehlenswerte Vorgehensweisen bei komorbiden Störungen eingegangen.

Bei der großen Mehrzahl der Patienten ist, wenn die Indikation für eine medikamentöse Behandlung gegeben ist, diese über Jahre erforderlich. Einmal jährlich wird für einige Wochen ein Auslassversuch (bei Atomoxetin ein Dosisreduktionsversuch) empfohlen, um die Wirksamkeit und weitere Behandlungsnotwendigkeit zu überprüfen.

Bei der Beurteilung der Wirksamkeit sollte nicht nur das kurzfristige Ansprechen auf die Medikation („efficacy“) betrachtet werden, sondern auch der längerfristige Therapieerfolg („efficiency“) unter Einbeziehung von Faktoren wie emotionaler Ausgeglichenheit und Stabilität, sozialer Adaptierung, Schul- und Ausbildungserfolg sowie „Lebensqualität“.

Wird bei einem Auslass- oder Reduktionsversuch deutlich, dass der Patient auch ohne Medikation in seinem Lebensalltag zufriedenstellend zurecht kommt, kann diese beendet werden. Bei einem Teil der Patienten ist eine medikamentöse Behandlung bis ins Erwachsenenalter sinnvoll; dabei reicht dann oft eine geringere Dosis aus.

Vorwiegend dopaminerg wirksame Substanzen

Amfetamin und seine Derivate (zB. Methylphenidat, Lisdexamfetamin) werden wegen ihrer die Vigilanz steigernden Wirkung auch als (Psycho-)Stimulanzien bezeichnet. Sie entfalten indirekte, rasch einsetzende, vorwiegend dopaminerge, aber auch noradrenerge zentrale Effekte, die die hyperkinetische Symptomatik bei 70 bis 85% der Patienten wirksam reduzieren.

Methylphenidat wirkt vor allem durch eine Hemmung der präsynaptischen Dopamintransporter und somit als Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, wodurch es zu einer tonischen Erhöhung der Dopaminkonzentration im synaptischen Spalt kommt. Zusätzlich wird die phasische Dopaminausschüttung durch eine Stimulation präsynaptischer Autorezeptoren vermindert.

Die Wirkungen von Amfetamin sind komplexer: es hemmt nicht nur die Dopamintransporter in der präsynaptischen Membran kompetitiv, sondern wird auch in das präsynaptische Neuron aufgenommen, wo es den vesikulären Monoamintransporter (und damit die Aufnahme von Dopamin in die Speichervesikel) sowie die Monoaminoxidase (und damit den Abbau von Dopamin) hemmt. Durch diese zusätzlichen Mechanismen bewirkt Amfetamin einen Anstieg der zytosolischen Dopaminkonzentration in den synaptischen Endköpfchen, die wiederum zu einer vermehrten Ausschüttung von Dopamin in den synaptischen Spalt führt (nichtexozytotische Freisetzung) [2].

Amfetamin und seine Derivate sind seit Jahrzehnten bekannt und verglichen mit nahezu allen anderen Psychopharmaka relativ nebenwirkungsarm. Die häufigste Nebenwirkung ist eine Appetitminderung während der Wirkungsdauer der eingesetzten Präparate. Gelegentlich können Einschlafschwierigkeiten auftreten und (bei entsprechender Disposition) Tic-Störungen getriggert werden. Eine leichte, klinisch nicht bedeutsame Zunahme von Herzfrequenz und Blutdruck ist möglich. Gelegentlich kann es zu unspezifischen leichteren gastrointestinalen Beschwerden kommen. Vor allem in den ersten ein bis zwei Behandlungsjahren kann es zu einer in der Regel klinisch kaum relevanten Verminderung der Wachstumsgeschwindigkeit kommen, eine längerfristige Beeinträchtigung des Wachstums ist bislang nicht belegt [22, 46]. Gelegentlich feststellbare Zustände von Aspontaneität oder Apathie sind meist als Zeichen einer zu hoch gewählten Dosierung zu betrachten und können in der Regel durch eine Dosisreduktion beseitigt werden.

Methylphenidat und Amfetamin haben ein nahezu identisches Nebenwirkungsprofil, möglicherweise besteht bei Amfetamin ein etwas höheres Risiko für kardiale Nebenwirkungen [23].

Vor Behandlungsbeginn empfiehlt sich eine Überprüfung von Leber- und Nierenfunktion, Blutbild, EKG und gegebenenfalls EEG. Im Verlauf der Behandlung sind etwa halbjährliche Kontrollen von Leberfunktion und Blutbild zu empfehlen, bei vorbestehenden oder auftretenden Auffälligkeiten auch von EKG und EEG. Weiterhin sollten Wachstum und Gewichtsentwicklung regelmäßig mithilfe von Perzentilenkurven verfolgt werden.

Zerebrale Anfallsleiden sind in der Mehrzahl der Fälle keine Kontraindikation; bei Patienten mit Anfallsleiden muss die Behandlungsindikation jedoch besonders sorgfältig abgewogen werden und der klinische Verlauf sowie das EEG sind zu beobachten. Ähnliche Vorsicht sollte man auch bei kardiologischen Vorerkrankungen walten lassen. Eine Behandlung mit diesen Wirkstoffen vor dem Alter von sechs Jahren sollte nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.

Für die Verordnung von Stimulanzien gelten die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes. Dennoch wurde durch mehrere sorgfältig evaluierte Studien eindeutig belegt, dass eine fachgerechte Behandlung mit Stimulanzien das Risiko von Drogenmissbrauch oder -abhängigkeit nicht erhöht, sondern dieses Risiko, das bei hyperkinetischen Störungen generell erhöht ist, sogar zu senken vermag [8, 33, 49].

Vielen Patienten kann empfohlen werden, die Medikation durchgehend, also auch an Wochenenden und in den Ferien, einzunehmen, und zwar insbesondere dann, wenn eine verminderte Impulskontrolle oder Steuerungsfähigkeit und damit verbundene Probleme im Sozialverhalten die wesentlichen Zielsymptome sind. Steht dagegen eine Aufmerksamkeitsstörung und/oder Hyperaktivität im Vordergrund der Symptomatik, kann die Dosis bei guter sozialer Adaptierung an Wochenenden und in den Ferien reduziert und in manchen Fällen auch ausgesetzt werden. Generell wird einmal im Jahr ein Auslassversuch für die Dauer von einigen Wochen empfohlen, um Wirksamkeit und Notwendigkeit der weiteren Behandlung zu evaluieren.

Methylphenidat

In Deutschland sind verschiedene Fertigarzneimittel, die D,L-Methylphenidat enthalten, im Handel. In den USA ist daneben auch ein Präparat mit dem stärker wirksamen D-Methylphenidat (FocalinTM) verfügbar.

Methylphenidat wird in einer individuell zu bestimmenden Dosierung verabreicht. Eine Tagesdosis von etwa 1 mg/kg Körpergewicht(KG) oder 60 mg sollte in der Regel nicht wesentlich überschritten werden. Wird mit dieser Dosierung keine ausreichende Wirkung erzielt, gehört der Patient wahrscheinlich zur Gruppe der Nonresponder (15–30%) oder die Diagnose ADHS wurde nicht korrekt gestellt [1]. Höhere Dosierungen führen eher zu einer Zunahme von Nebenwirkungen. Explizite „Hochdosis-Regimes“ entsprechen nicht den Leitlinien der einschlägigen Fachgesellschaften und sind abzulehnen. Bei der Mehrzahl der Patienten sind Tagesdosen zwischen 0,5 und 0,8 mg/kg KG ausreichend, gelegentlich genügen bereits Tagesdosen von 0,3 mg/kg KG. Die Dosistitration sollte schrittweise mit Anhebung der Tagesdosis um 5 bis 10 mg (je nach Alter und Gewicht) in Abständen von 3 bis 7 Tagen erfolgen, wobei Rückmeldungen der Bezugspersonen (Eltern, Lehrkräfte) für jede Dosisstufe eingeholt werden sollten, am besten mit Hilfe von Beurteilungsskalen (Conners-Skala oder FBB-ADHS), wie sie auch bei der Diagnostik Anwendung finden. Auf diese Weise kann die individuell optimale Dosierung am besten herausgefunden werden.

Da die Wirkungsdauer von Methylphenidat nur etwa 4(–5) Stunden beträgt, ist die Wirkung gut steuerbar. Allerdings muss die Tagesdosis bei Anwendung gewöhnlicher, schnell freisetzender Darreichungsformen (immediate release, IR), also nicht retardiert freisetzender Präparate, meist auf zwei Einzeldosen (morgens und mittags) verteilt werden, gelegentlich ist auch eine Aufteilung auf drei oder vier Einzeldosen erforderlich.

In Deutschland sind mehrere schnell freisetzende Methylphenidat-Präparate im Handel: Ritalin® (Tabletten à 10 mg), Medikinet® (Tabletten à 5, 10 und 20 mg), Equasym® (Tabletten à 5, 10 und 20 mg) und weitere Generika.

Methylphenidat-Retardpräparate. Retardpräparate setzen den Wirkstoff protrahiert (verzögert) frei, weshalb in den meisten Fällen eine einmal tägliche Einnahme am Morgen genügt. Dies hat bei vielen Patienten deutliche Vorteile im Hinblick auf die Praktikabilität und Compliance; allerdings sind die Behandlungskosten bei Einsatz dieser Präparate höher als bei Verwendung schnell freisetzender Tabletten. Gelegentlich muss ein Retardpräparat mit einem niedrig dosierten, schnell freisetzenden Metylphenidat-Präparat kombiniert werden, um ein optimales diurnales Wirkungsprofil zu erzielen.

Bei der Auswahl eines Retardpräparats sollten die individuellen Bedürfnisse des Patienten hinsichtlich der Wirkungsdauer berücksichtigt werden. So kann bei jüngeren Kindern eine Wirkungsdauer von etwa 8 Stunden ausreichen, während bei Jugendlichen und für Patienten, bei denen eine Wirkung auch zum Abend hin erwünscht ist, eher ein Präparat mit einer Wirkungsdauer von etwa 12 Stunden geeignet ist. Neben der Wirkungsdauer unterscheiden sich auch die Verläufe der Plasmakonzentrationen und der antihyperkinetischen Wirkung bei den verschiedenen Retardpräparaten aufgrund der unterschiedlichen Galeniken [4, 5].

Die längste Wirkungsdauer von etwa 12 Stunden besitzt Concerta® (Retardtabletten à 18, 27, 36 und 54 mg). Bei diesem Präparat sind 22% des Wirkstoffs im Filmüberzug enthalten und werden schnell freigesetzt, die restlichen 78% des Wirkstoffs werden aus dem Inneren der Tablette mittels osmotischer Mechanismen durch eine winzige Pore in der Tablettenhülle gleichmäßig über mehrere Stunden freigesetzt.

Medikinet® retard (Kapseln à 5, 10, 20, 30 und 40 mg) wirkt etwa 8 Stunden. In den Kapseln sind zwei unterschiedliche Granulate enthalten, die den Wirkstoff jeweils zur Hälfte schnell und nach etwa vier Stunden freisetzen. Die Einnahme sollte zu oder nach einem Frühstück erfolgen, da andernfalls die Wirkungsdauer verkürzt ist.

Ein ähnliches Retardierungsprinzip und eine gleiche Verteilung von jeweils 50% schneller und verzögerter Wirkstofffreisetzung liegt auch bei Ritalin® LA (Retardkapseln à 10, 20, 30 und 40 mg) vor, dennoch unterscheiden sich die Profile der Methylphenidat-Plasmakonzentrationen bei den beiden Präparaten. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Wirkungsdauer bei dem zweiten Präparat unabhängig von der Nahrungsaufnahme ist, weshalb die Kapseln mit oder ohne Frühstück eingenommen werden können.

Bei Equasym® Retard (Kapseln à 10, 20 und 30 mg) werden 30% des Wirkstoffs schnell und 70% verzögert freigesetzt, die Wirkungsdauer beträgt circa 8 Stunden. Das Präparat sollte morgens vor dem Frühstück eingenommen werden.

In den USA ist Methylphenidat auch in Form eines Pflasters zur transdermalen Applikation (DaytranaTM) erhältlich; bei einer Anwendungsdauer des Pflasters von 9 Stunden beträgt die Wirkungsdauer je nach Dosis rund 10 bis 12 Stunden.

Amfetamin

Amfetamin hat mit rund 6 Stunden eine etwas längere Wirkungsdauer als Methylphenidat, es wirkt über differente Mechanismen auf den Dopamin- und Noradrenalinstoffwechsel. Nonresponder auf Methylphenidat können durchaus auf Amfetamin ansprechen und umgekehrt. D-Amfetamin besitzt gegenüber L-Amfetamin etwa die dreifache Wirksamkeit.

Da in Deutschland kein amfetaminhaltiges Fertigarzneimittel zugelassen ist, muss Amfetamin in Form von Saft oder Kapseln zur Herstellung durch den Apotheker rezeptiert werden. Als Rezeptursubstanz ist hierfür D,L-Amfetaminsulfat erhältlich; 1 g Amfetaminsulfat entspricht circa 0,74 g Amfetamin. Beispiele für Rezepturen sind in Tabelle 4 dargestellt, weitere finden sich im Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände [13].

Tab. 4. Beispiele für die Verordnung von Amfetamin-Zubereitungen [47, DAB 10]

Amfetamin-Saft 0,2% (m/V)

(5 ml entsprechen 10 mg Amfetamin)

D,L-Amfetaminsulfat

0,2724 g

Acidum citricum anhydricum

0,2 g

Sirupus simplex

30,0 ml

Aqua ad injectionem

ad 100,0 ml

Konserviert mit 0,1% Sorbinsäure

Amfetamin-Kapseln à 10 mg

D,L-Amfetaminsulfat

0,01362 g

Mannitol Aerosil® 200
99,5 Teile + 0,5 Teile


q.s.

m. f. caps. d. tal. dos. 40 Stück

Als Faustregel für die Dosierung kann gelten, dass verglichen mit Methylphenidat etwa die halbe Dosis Amfetamin erforderlich ist. Allerdings muss auch hier die Dosis individuell angepasst werden; die interindividuelle Variationsbreite ist im Vergleich zu Methylphenidat relativ groß. Die maximale Tagesdosis beträgt 40 mg Amfetamin.

Besondere Vorsicht ist bei kardiologischen Vorerkrankungen geboten. Im Übrigen gilt das für Methylphenidat Angeführte.

Andere Amfetamin-Derivate

Lisdexamfetamin ist ein Lysinamid des Amfetamins. Von diesem Prodrug wird Lysinsäure nach und nach enzymatisch abgespalten, wobei das wirksame D-Amfetamin entsteht. Auf diese Weise wird ein intrinsischer Retardeffekt erzielt. Die Substanz hat eine Wirkungsdauer von etwa 12 Stunden und ist sehr gut wirksam. In den USA ist bereits ein Arzneimittel mit diesem Wirkstoff für die Therapie der ADHS zugelassen (VyvanseTM), für die Zulassung in Europa wird zurzeit noch eine Phase-III-Studie durchgeführt [18, 24].

Die Wirkstoffe Fenetyllin und Amfetaminil sind nicht mehr verfügbar. Pemolin wird wegen des Risikos schwerwiegender Leberfunktionsstörungen nicht mehr eingesetzt und ist ebenfalls nicht mehr verfügbar [47].

Vorwiegend noradrenerg wirksame Substanzen

Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI)

Noradrenerg wirksame Antidepressiva zeigen ebenfalls antihyperkinetische Wirkungen. Während bis vor einigen Jahren lediglich hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit bei hyperkinetischen Störungen im Kindes- und Jugendalter unzureichend untersuchte und für die Indikation nicht zugelassene Substanzen zur Verfügung standen, ist der für diese Indikation entwickelte und sehr gut untersuchte SNRI Atomoxetin seit 2005 auch in Deutschland als Fertigarzneimittel zugelassen. Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wirken in erster Linie über noradrenerge Mechanismen. Durch Blockade des Noradrenalintransporters hemmen sie die Wiederaufnahme von Noradrenalin in die präsynaptischen Nervenzellen und damit dessen Eliminierung aus dem synaptischen Spalt. Darüber hinaus haben sie auch indirekte dopaminerge Wirkungen. Sie besitzen im Unterschied zu den Stimulanzien keinen „Soforteffekt“, die Wirkung baut sich vielmehr durch Induktion von Genexpression und Regulation der Proteinsynthese erst im Laufe einiger Wochen auf. Dafür ist die Wirkung mehr oder weniger durchgehend vorhanden, das heißt auch am Abend und morgens vor der Einnahme.

Ein formaler und praktischer Vorteil besteht darin, dass die Substanzen nicht den Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes unterliegen.

Atomoxetin. Atomoxetin (Strattera®) ist der einzige für die Behandlung hyperkinetischer Störungen im Kindes- und Jugendalter zugelassene selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Seine Wirksamkeit und Verträglichkeit wurde in zahlreichen Studien vor allem aus den USA gut belegt [35, 38].

Atomoxetin wird in der Leber hauptsächlich durch Cytochrom P450(CYP)-2D6 oxidativ metabolisiert. Bei 90 bis 95% der Bevölkerung ist die Metabolisierung über CYP2D6 normal ausgeprägt, diese werden als „extensive metabolizer“ bezeichnet. Bei 5 bis 10% der Bevölkerung ist die Metabolisierung eingeschränkt, sie sind als „poor metabolizer“ zu betrachten. Bei ihnen führt in der Regel bereits eine deutlich geringere gewichtsbezogene Dosis zur gleichen klinischen Wirkung und entsprechenden Nebenwirkungen wie eine Standard-Dosierung, weshalb diese Patienten mit einer geringeren Dosis behandelt werden sollten. 1 bis 2% der Bevölkerung sind „ultra rapid metabolizer“, sie benötigen gegebenenfalls eine höhere Dosis.

Das Nebenwirkungsprofil von Atomoxetin ähnelt in vieler Hinsicht demjenigen von Amfetamin und seinen Derivaten: Appetitminderung und gelegentlich Einschlafschwierigkeiten, leichte sympathomimetische Wirkungen auf Herz und Kreislauf sowie leichtere gastrointestinale Beschwerden. Hinzu kommen gelegentlich Müdigkeit tagsüber oder (aus Studien bei Erwachsenen bekannt) Miktions- und sexuelle Funktionsstörungen sowie möglicherweise sehr selten Leberfunktionsstörungen.

Im Unterschied zur Einnahme von Amfetamin und seinen Derivaten triggert die Einnahme von Atomoxetin Tic-Störungen in der Regel nicht – vielmehr kann es bei bestehenden Tics zu einer Besserung der Symptomatik kommen. Aufgrund des Wirkungsmechanismus ist in manchen Fällen auch eine gewisse antidepressive Wirkung zu erwarten. Auf eine mögliche Triggerung suizidaler Impulse ist wie bei anderen potenziell antriebssteigernden Wirkstoffen (vor allem zu Beginn der Behandlung) zu achten.

Vor Behandlungsbeginn sollte man sich einer normalen Leberfunktion vergewissern, für Blutbild, EKG und gegebenenfalls EEG gilt das für Stimulanzien Angeführte. Empfehlungen für Verlaufskontrollen sind noch nicht etabliert, jedoch erscheinen Kontrollen der Leber- und Nierenfunktion sowie des Blutbilds zum Ende der Einstellungsphase und danach in etwa halbjährlichen Abständen sinnvoll, gegebenenfalls auch von EKG und/oder EEG. Auch ein regelmäßiges Monitoring von Wachstum und Gewichtsverlauf ist indiziert.

Eine Behandlung mit Atomoxetin vor dem Alter von sechs Jahren sollte (wie bei den Stimulanzien) nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.

Atomoxetin darf nicht mit Monoaminoxidasehemmern kombiniert werden. Bei gleichzeitiger Verabreichung von Atomoxetin und CYP2D6-Inhibitoren wie Fluoxetin oder Paroxetin sollte die Atomoxetin-Dosis reduziert werden (z.B. auf die Hälfte). Eine Kombination mit Methylphenidat ist möglich, so können beispielsweise bei Umstellung von einer Substanz auf die andere beide Substanzen für einige Wochen in reduzierter Dosis überlappend verabreicht werden. In der Regel ist jedoch eine Monotherapie anzustreben. Bei einem kleinen Teil der Patienten, bei denen eine Monotherapie nicht ausreichend wirksam ist, kann eine Kombinationstherapie mit Methylphenidat und Atomoxetin sinnvoll sein, wobei die Dosierung der Komponenten zumeist niedriger liegt als bei einer Monotherapie [14].

Der Wirkstoff wird schrittweise aufdosiert. Der Hersteller empfiehlt in der Fachinformation, mit einer Dosis von etwa 0,5 mg/kg KG/Tag zu beginnen und diese für eine Woche beizubehalten, danach Erhöhung auf eine Erhaltungsdosis von etwa 1,2 mg/kg KG/Tag.

Empfehlenswerter ist jedoch eine protrahiertere, abgestufte Vorgehensweise: Man verordnet beispielsweise für 1(–2) Wochen die Ausgangsdosis von rund 0,5 mg/kg KG/Tag, danach für (2–)4 Wochen eine mittlere Dosis von etwa 0,8–0,9 mg/kg KG/Tag (in nicht wenigen Fällen genügt diese Dosis bereits für eine zufriedenstellende Wirksamkeit) und geht schließlich bei Bedarf und guter Verträglichkeit auf eine Dosis von etwa 1,2 mg/kg KG/Tag über. Vorteile dieses Vorgehens sind, dass insbesondere initiale Nebenwirkungen vermindert werden und eine zuverlässigere individuelle Dosisfindung ermöglicht wird.

Bereits bei der Ausgangsdosis von 0,5 mg/kg KG/Tag sind klinische Wirkungen zu erwarten, die sich im Zuge einer Dosisanhebung noch verstärken. Bei Dosierungen über 1,2 mg/kg KG/Tag konnte bei Kindern und Jugendlichen bis zu 70 kg Körpergewicht kein zusätzlicher Nutzen nachgewiesen werden. Für Kinder und Jugendliche über 70 kg Körpergewicht gilt dies für Dosen über 80 mg. Die Unbedenklichkeit von Einzeldosen von mehr als 120 mg und Gesamttagesdosen von mehr als 150 mg bei einem Körpergewicht von mehr als 70 kg bzw. 1,8 mg/kg KG/Tag bei einem Körpergewicht unter 70 kg wurde nicht systematisch untersucht. Bei einer bestimmten Dosisstufe ist unter Umständen noch nach mehreren Wochen eine leichte Zunahme der Wirkung zu erwarten. Über diesen protrahierten Wirkungseintritt sollten Patienten und Bezugspersonen informiert werden (Psychoedukation), um eine ausreichende Compliance zu gewährleisten.

Ein Auslassversuch ist bei Atomoxetin aufgrund der protrahierten Wirkung nicht in gleicher Weise wie bei Stimulanzien sinnvoll. Wenn die Wirksamkeit und die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung überprüft werden soll, empfielt es sich, für die Dauer von etwa vier Wochen auf eine niedrigere Dosisstufe zurückzugehen.

Atomoxetin wird in der Regel in einer Dosis morgens verabreicht. Treten störende Nebenwirkungen auf, kann die Tagesdosis vorübergehend oder dauerhaft auf zwei Einzeldosen aufgeteilt werden. Bei unerwünschter Tagessedierung empfiehlt sich die Einnahme der Tagesdosis am Abend. Für eine individuelle Dosierung stehen farblich unterscheidbare Kapseln mit 10, 18, 25, 40, 60, 80 und 100 mg zur Verfügung.

Reboxetin. Reboxetin (z.B. Edronax®) wirkt ähnlich wie Atomoxetin, allerdings steht bei dieser Substanz die antidepressive Wirkung im Vordergrund. Eine Zulassung für die Behandlung der ADHS liegt nicht vor.

Selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI)

Venlafaxin (z.B. Trevilor®) und Duloxetin (z.B. Cymbalta®) sind selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Die noradrenergen Wirkungen kommen bei Venlafaxin vor allem bei höheren Dosierungen, bei Duloxetin über den gesamten Dosisbereich zum Tragen. Auch diese Arzneimittel sind nicht für die Therapie der ADHS zugelassen.

Trizyklische Antidepressiva

Imipramin (z.B. Tofranil®) und Nortriptylin (Nortrilen®) verfügen über eine ausgeprägte noradrenerge Wirkkomponente. Imipramin ist zwar eine bei Kindern gut untersuchte und verträgliche Substanz, doch insgesamt ist für die Anwendung von Trizyklika für die Therapie der ADHS im Kindes- und Jugendalter (auch aufgrund der geringen therapeutischen Breite) kaum noch eine Indikation zu sehen.

Desipramin (in Deutschland nicht mehr im Handel) wird wegen vereinzelt berichteter Todesfälle aufgrund kardialer Komplikationen nicht mehr eingesetzt.

Alpha2-Rezeptoragonisten

Clonidin (z.B. Catapresan®) ist ein Agonist an zentralen Alpha2-Rezeptoren (Alpha2A, Alpha2B und Alpha2C). Es wird als Antihypertensivum eingesetzt und besitzt auch antihyperkinetische Eigenschaften [32]. Eine Zulassung für die Behandlung der ADHS liegt allerdings nicht vor.

Guanfacin, ein Clonidinanalogon, verfügt über eine gute Wirksamkeit bei ADHS [24, 31]. Verglichen mit Clonidin weist es eine höhere Selektivität für zentrale Alpha2A-Rezeptoren auf, weshalb Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Blutdrucksenkung verringert sein sollen. In den USA wurde 2009 ein Guanfacin-Retardpräparat (IntunivTM) für die Therapie der ADHS zugelassen. Es wird besonders bei im Vordergrund stehender Hyperaktivität/Impulsivität sowie bei komorbiden Tic-Störungen empfohlen [11, 17].

Die Kombination eines Alpha2-Agonisten mit einem Stimulans sollte im Hinblick auf mögliche kardiovaskuläre Nebenwirkungen nur nach kritischer Indikationsstellung und unter Kontrolle der Herz-Kreislauf-Parameter erfolgen. Neuere Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass ein Guanfacin-Retardpräparat und Methylphenidat oder Amfetamin auch kombiniert angewendet werden können, wenn eine Monotherapie nicht ausreichend wirksam ist [43].

Andere Substanzen

Modafinil (Vigil®) steigert Wachheit und Aufmerksamkeit wahrscheinlich über zentrale adrenerge und dopaminerge Mechanismen, der genaue Wirkungsmechanismus ist noch nicht bekannt. Die Wirkungen halten länger an als bei anderen Stimulanzien. Der Hersteller wies im Februar 2011 in einem Rote-Hand-Brief darauf hin, dass das Präparat nur noch für die Behandlung der Narkolepsie bei Erwachsenen zugelassen ist [15].

Moclobemid (z.B. Aurorix®) ist ein selektiver, reversibler Inhibitor der Monoaminoxidase (MAO) A, es entfaltet daher sowohl dopaminerge als auch noradrenerge Wirkungen. Es ist lediglich als Antidepressivum für Erwachsene zugelassen und kann daher trotz guter Verträglichkeit bei ADHS im Kindes- und Jugendalter nur als Reservetherapeutikum betrachtet werden [48].

Bupropion (Zyban®, Elontril®) ist ein Noradrenalin- und Dopamin-Wiederaufnahmehemmer, der im Rahmen der Nicotinentwöhnung und als Antidepressivum eingesetzt wird. Wegen teils erheblicher Nebenwirkungen kommt er für die ADHS-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen nur ausnahmsweise infrage und ist hierfür auch nicht zugelassen.

Pharmakotherapie der ADHS bei komorbiden psychischen Störungen

Komorbide psychische Störungen sind bei ADHS häufig [3, 45], wie auch die amerikanische MTA-Studie ergab. Prognosebestimmend sind oft begleitende Störungen mit oppositionellem Trotzverhalten und Sozialverhaltensstörungen, die bei mehr als der Hälfte der Betroffenen auftreten. Mehr als ein Drittel der ADHS-Patienten leidet unter affektiven Störungen (Depressivität, Ängste), die einer besonderen therapeutischen Berücksichtigung bedürfen. Schließlich ist bei mehr als 10% der Patienten mit Tic-Störungen zu rechnen. Zu beachten ist immer auch der zeitliche Verlauf des Auftretens. Multimodale Behandlungskonzepte tragen dem Vorliegen komorbider Störungen am besten Rechnung.

Wenn komorbide Störungen vorliegen, sollte zunächst die im Vordergrund stehende Störung behandelt werden. Eine Monotherapie ist zu bevorzugen, bei Kombinationsbehandlungen sind mögliche Interaktionen zu berücksichtigen. Aufgrund der den Erkrankungen zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen und der Wirkungsmechanismen der Pharmaka kann die Symptomatik zweier Störungen manchmal durch die Gabe einer Substanz gebessert werden. Dies gilt beispielsweise für Substanzen mit noradrenerger Wirkkomponente bei Patienten mit ADHS und Angststörungen sowie zum Teil auch depressiven Störungen. Zumindest sollte die komorbide Erkrankung durch die Therapie der im Vordergrund stehenden Erkankung nicht verschlechtert werden. Bei Tic-Störungen und komorbiden hyperkinetischen Störungen können Neuroleptika günstige Wirkungen auf die Tic-Symptomatik, Impulsivität und Hyperaktivität haben, allerdings können Aufmerksamkeitsdefizite zunehmen. Stimulanzien können wiederum zu einer Exazerbation einer Tic-Symptomatik führen, weshalb bei hyperkinetischen Störungen und komorbiden Tic-Störungen bei der Gabe von Amfetamin und seinen Derivaten Vorsicht geboten ist (Tab. 5 und 6).

Tab. 5. Neurobiologische Aspekte psychischer Störungen [6]

Störungsbild

Neurotransmitterstörung

Lokalisation

ADHS

Dopamin und Noradrenalin vermindert

Frontostriataler Regelkreis

Tic-Störung

Dopamin erhöht

Basalganglien

Depressive Störung

Serotonin und Noradrenalin vermindert

Orbitofrontal-subkortikaler Regelkreis

Zwangsstörung

Ungleichgewicht zwischen Serotonin und Dopamin, Serotonin vermindert

?

Tab. 6. Pharmakotherapie bei ADHS und komorbiden psychischen Störungen [6]

Komorbide Störungsbilder

Mögliche Pharmakotherapie

ADHS/Tic-Störung

Atomoxetin

Methylphenidat/Amfetamin unter Zurückhaltung

Eventuell Kombination mit Neuroleptika

ADHS/Angststörung

Atomoxetin

ADHS/depressive Störung

Atomoxetin, Antidepressiva mit noradrenerger Wirkkomponente

Eventuell Methylphenidat/Amfetamin

Eventuell Kombination mit einem SSRI

ADHS/Zwangsstörung

Methylphenidat/Amfetamin oder SSRI, eventuell auch in Kombination

SSRI: selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

ADHS/Sozialverhaltensstörungen

Aufgrund der bei vielen ADHS-Patienten erhöhten Impulsivität und reduzierten Steuerungsfähigkeit sowie einer sich daraus ergebenden ungünstigen Beziehungsdynamik kommt es häufig zu komorbidem oppositionellem Verhalten oder anderen Sozialverhaltensstörungen.

Aggressives Verhalten kann bei Patienten mit hyperkinetischen Störungen des Sozialverhaltens und der Impulskontrolle durch Neuroleptika günstig beeinflusst werden (alternativ oder in Kombination), wenn eine spezifische Behandlung der ADHS nicht ausreichend wirksam ist. Dies ist am besten für Risperidon (z.B. Risperdal®) belegt. Aufmerksamkeitsdefizite können durch Neuroleptika jedoch verstärkt werden [41].

Niederpotente Neuroleptika wie Pipamperon oder Melperon werden in der klinischen Praxis häufig zur Behandlung von Aggressionen, Impulskontrollstörungen und Unruhe bei hyperaktiven Kindern und Jugendlichen eingesetzt, obwohl hierzu keine evidenzbasierten Daten vorliegen und die Präparate hierfür nicht zugelassen sind.

ADHS/Tic-Störungen

Als Ursache von Tic-Störungen wird eine Dysfunktion im sensomotorischen Regulationssystem im Sinne einer mangelhaften motorischen Hemmung in den Basalganglien vermutet. Dieser Regulationsstörung liegt wahrscheinlich eine Überempfindlichkeit von Dopaminrezeptoren und/oder eine erhöhte Anzahl postsynaptischer Dopaminrezeptoren im Striatum zugrunde. Für diese Pathophysiologie spricht auch das positive Ansprechen der Symptomatik auf antidopaminerge Substanzen wie Neuroleptika [39].

Wenn Patienten zugleich an ADHS und Tic-Störungen leiden und der Schwerpunkt der Behandlung bei der ADHS liegt, ist bei der Anwendung von Amfetamin und seinen Derivaten Zurückhaltung geboten, da diese zu einer Zunahme von Tics führen können. Vereinzelt wurden jedoch auch günstige Effekte auf die Tic-Symptomatik beschrieben [16, 25]. Prädiktive Kriterien, wann mit einer Exazerbation der Tic-Störung zu rechnen ist, gibt es nicht. Bei einer nicht zu stark ausgeprägten Tic-Störung erscheint ein Behandlungsversuch mit einem Stimulans durchaus gerechtfertigt. Wenn erforderlich, kann dieses mit einem Neuroleptikum wie Tiaprid, Risperidon, Amisulprid oder Aripiprazol kombiniert werden.

Als Mittel erster Wahl dürfte derzeit Atomoxetin gelten, da diese Substanz bei ADHS gut wirksam ist und Tic-Störungen nur selten verschlechtert; manchmal werden diese unter Therapie mit Atomoxetin sogar gebessert [44].

Alternativ können auch andere Wirkstoffe mit vorwiegend noradrenerger Wirkkomponente (z.B. Reboxetin oder Moclobemid) hilfreich sein. Eine Exazerbation der Tic-Störung ist auch bei diesen weniger wahrscheinlich als bei Stimulanzien. In den USA werden bei Komorbidität von ADHS und Tic-Störungen Clonidin, Guanfacin oder Imipramin empfohlen [16]. In Deutschland spielen zentral wirksame Alpha2-Agonisten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie unter anderem wegen erhöhten Nebenwirkungsraten bislang keine wesentliche Rolle [28].

Steht die Tic-Störung im Vordergrund, sollte primär deren Behandlung erfolgen. Als Mittel erster Wahl sind aufgrund der geringsten Nebenwirkungsraten Tiaprid, daneben auch Risperidon, Amisulprid oder Aripiprazol zu betrachten. Da aber bislang keine dieser Substanzen für die Behandlung von Tic-Störungen zugelassen ist, handelt es sich auch hier um individuelle Heilversuche. Wegen stärker ausgeprägten Nebenwirkungen sind Pimozid und Haloperidol hierfür nur noch Reservemedikamente.

ADHS/Affektive Störungen

Bei ADHS-Patienten sind primäre affektive Störungen von sekundären Belastungs- und Anpassungsstörungen zu unterscheiden. Eine Komorbidität, insbesondere mit Angststörungen, ist bei ADHS-Patienten häufig.

Typische Merkmale emotionaler Störungen sind Ängstlichkeit, Verstimmtheit, sozialer Rückzug, Empfindsamkeit oder Beziehungsstörungen. Bei Kindern sind die klinischen Erscheinungsmuster oft weniger spezifisch als bei Jugendlichen, bei denen sich die Symptomatik allmählich der des Erwachsenenalters angleicht.

Bipolare affektive Störungen im Kindesalter werden in den USA häufiger diagnostiziert und spezifisch pharmakologisch behandelt als in Europa; möglicherweise findet das Krankheitsbild bipolarer affektiver Störungen im Kindesalter im europäischen Raum weniger Beachtung als dort.

Bei depressiven Störungen kann eine multifaktorielle genetisch bedingte Vulnerabilität als gesichert betrachtet werden. Zu beachten ist die pathogenetische Heterogenität des Krankheitsbilds: die Wirksamkeit von Antidepressiva beruht auf einer Minderaktivität des serotonergen und noradrenergen Systems. Einige Untersuchungen sprechen jedoch auch für eine Beteiligung des mesokortiko-limbischen dopaminergen Systems, insbesondere bei Teilaspekten wie Anhedonie und psychomotorischer Hemmung. Ob und inwieweit bei Kindern und Jugendlichen spezielle pathogenetische Mechanismen zugrunde liegen, ist unklar; die bei Erwachsenen gut etablierte Wirksamkeit von Antidepressiva ist bei Kindern und Jugendlichen nur teilweise wissenschaftlich belegt [9, 10, 29].

Bei gleichzeitig vorliegender hyperkinetischer und depressiver Störung liegt es nahe, auf Substanzen mit vorwiegend noradrenergem Wirkungsmechanismus zurückzugreifen. Steht die hyperkinetische Störung im Vordergrund, ist an erster Stelle Atomoxetin zu nennen, das in kontrollierten Studien zwar keine signifikante Besserung bei schweren Depressionen erbrachte, sich jedoch tendenziell (wie auch oft der klinischen Erfahrung entsprechend) bei leicht- bis mittelgradig ausgeprägten depressiven Verstimmungen günstig auswirken kann. Bei Bedarf kann Atomoxetin auch mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) kombiniert werden. Fluoxetin (Fluctin®) ist bislang das einzige auch im Kindes- und Jugendalter zugelassene Antidepressivum. Bei der Kombination von Fluoxetin mit Atomoxetin sollte allerdings berücksichtigt werden, dass es das für die hepatische Metabolisierung von Atomoxetin notwendige CYP2D6 hemmt, weshalb eine Dosisanpassung erforderlich ist. Zwar können auch Sertralin oder Citalopram die Aktivität von CYP2D6 beeinträchtigen, sie bewirken jedoch in der Regel eine geringere Enzymhemmung, weshalb klinisch relevante Folgen bei Kombination dieser Substanzen mit Atomoxetin weniger zu befürchten sind als bei Kombinationen mit Fluoxetin.

Alternativ kommt für die Therapie von Kindern und Jugendlichen mit ADHS und Depressionen auch Moclobemid infrage, welches sich hinsichtlich seiner Wirksamkeit und Verträglichkeit bei Kindern und Jugendlichen bewährt hat [48]. Eine Kombination des MAO-Hemmers Moclobemid mit Atomoxetin oder Stimulanzien ist aufgrund potenziell schwerwiegender kardiovaskulärer Nebenwirkungen zu vermeiden.

Steht bei Jugendlichen mit ADHS und depressiver Störung die Depression im Vordergrund, kommen für eine Therapie neben selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern auch der selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Reboxetin oder der selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin (z.B. Trevilor®) infrage. Der selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin ist diesbezüglich noch wenig untersucht. Erweist sich eine Monotherapie mit einer der diskutierten Substanzen als nicht ausreichend, können diese auch mit Amfetamin-Derivaten wie Methylphenidat kombiniert werden. Dabei sind mögliche pharmakokinetische und pharmakodynamische Interaktionen zu beachten, die unter anderem zu einer Verstärkung potenzieller Nebenwirkungen (z.B. Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, mögliche Triggerung suizidaler Impulse) führen können.

Bei Angststörungen im Kindes- und Jugendalter in Kombination mit ADHS ist Atomoxetin als Mittel erster Wahl anzusehen, da es nicht nur die ADHS-Symptome, sondern auch die Angstsymptomatik deutlich verbessert [36]. Daneben gibt es bei Angststörungen auch Wirksamkeitsnachweise für selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, Venlafaxin und Imipramin.

Bei leichteren bis mittelschweren emotionalen Störungen des Kindesalters stehen in der Regel psychotherapeutische Interventionen im Vordergrund.

ADHS/Zwangsstörungen

Bei der Zwangserkrankung wird ursächlich eine Dysfunktion des orbitofrontal-subkortikalen Schaltkreises im Sinne einer neuronalen Überaktivität im kognitiv-emotionalen Regulationssystem angenommen. Es wird postuliert, dass eine verringerte Hemmung des Thalamus durch den Globus pallidus zu einer verstärkten thalamokortikalen Erregung führt. Neben weiteren Neurotransmittern wird einem Ungleichgewicht zwischen Serotonin und Dopamin mit einer verminderten Serotoninaktivität eine besondere Rolle zugeschrieben. Hierfür spricht insbesondere die Symptomsuppression durch serotonerg wirksame Antidepressiva [12, 39]. Bei einer Subgruppe mit Tics oder schizotypischen Persönlichkeitsmerkmalen wird eine besondere Bedeutung des Dopamins diskutiert.

Zunächst sollte die gravierendere Störung behandelt werden. Dabei kann jeweils auf Substanzen der ersten Wahl zurückgegriffen werden, also auf Amfetamin und seine Derivate zur Behandlung der ADHS sowie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zur Therapie der Zwangsstörung. Fluoxetin (z.B. Fluctin®), Escitalopram (Cipralex®) und Paroxetin (z.B. Seroxat®) sind in Deutschland für die Behandlung von Zwangsstörungen bei Erwachsenen zugelassen, Fluvoxamin (z.B. Fevarin®) auch bei Kindern und Jugendlichen ab acht Jahren. Beide Substanzgruppen scheinen die jeweils komorbid vorliegende Störung nicht zu verschlechtern, allerdings sind auch keine positiven Effekte durch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer auf eine ADHS oder durch Stimulanzien auf eine Zwangsstörung zu erwarten. Ob Clomipramin durch den noradrenerg aktiven Metaboliten Desmethylclomipramin günstige Wirkungen auf hyperkinetische Symptome aufweist, ist bislang nicht belegt [26]. Auch Venlafaxin als Antidepressivum mit dualem Wirkungsmechanismus (SSNRI) kommt infrage.

Erfordern beide Störungsbilder eine medikamentöse Behandlung, kann ein Stimulans (z.B. Methylphenidat) mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z.B. Fluvoxamin, Fluoxetin oder Sertralin) kombiniert werden. Bisherige Untersuchungen sprechen für eine gute Verträglichkeit. Auch Atomoxetin kann zusammen mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer verordnet werden, wobei bei der Dosisgestaltung unbedingt auf mögliche pharmakokinetische Interaktionen zu achten ist.

Zusammenfassung

Hyperkinetische Störungen oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen sind gekennzeichnet durch die Trias Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivität und Impulsivität. Fortgesetzte intensive Beratung oder Verhaltenstherapie führen bei einem Teil der Patienten bereits zu einem ausreichenden Erfolg. Genügt dies nicht, ist eine medikamentöse Behandlung angezeigt. Für Kinder und Jugendliche sind in Deutschland Fertigarzneimittel mit dem Amfetamin-Derivat Methylphenidat und dem selektiven Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Atomoxetin zugelassen. Amfetamin kann nur als individuelle Rezeptur verordnet werden. Liegen besondere Umstände vor, kommen im Rahmen eines individuellen Heilversuchs auch andere Substanzen infrage. Die Behandlung sollte in ein therapeutisches Gesamtkonzept eingebettet sein. Da häufig komorbide Störungen vorliegen, sollten diese sowohl bei der medikamentösen Behandlung als auch bei sonstigen therapeutischen Maßnahmen angemessen berücksichtigt werden.

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Dr. med. Dieter Schlamp, Dr. med. Frank Beer, Prof. Dr. med. Franz Joseph Freisleder, Heckscher-Klinikum gGmbH München, Deisenhofener Straße 28, 81539 München, E-Mail: dieter.schlamp@heckscher-klinik.de

Pharmacological treatment strategies in child and adolescent ADHD

Attention-deficit/hyperactivity disorder (ADHD) is a rather common disorder with a prevalence of about 5% in children and adolescents. Each case needs a thorough evaluation of all relevant factors in order to establish an individual multimodal treatment concept. For psychopharmacological treatment methylphenidate and atomoxetine are approved in Germany. By different mechanisms these substances improve dopaminergic and/or noradrenergic transmission in functional systems of the brain, which are responsible for the control of attention and behaviour. Comorbidity in ADHD is high and should be considered also in respect to psychopharmacological treatment. If possible, therapy with a single substance should be preferred, in combination drug therapy possible interactions have to be regarded.

Key words: ADHD, multimodal treatment, methylphenidate, amfetamine, atomoxetine, comorbidity

Psychopharmakotherapie 2011; 18(02)