Schmerztherapie

Capsaicin-Pflaster bei der Behandlung der postherpetischen Neuralgie wirksam


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

In einer multizentrischen, doppelblinden, randomisierten Studie führte die 60-minütige Anwendung eines hoch dosierten Capsaicin-Pflasters (NGX-4010, QutenzaTM) bei postherpetischer Neuralgie zu einer schnellen und lang anhaltenden Schmerzreduktion. Mit Ausnahme von Lokalreaktionen zeigten sich keine relevanten Nebenwirkungen.

Bei der postherpetischen Neuralgie handelt es sich um chronisch neuropathische Schmerzen, die als Komplikation eines Zosters (Gürtelrose) auftreten. Die postherpetische Neuralgie kommt vor allem bei älteren und abwehrgeschwächten Personen vor und ist schwierig zu behandeln. Üblicherweise werden Membranstabilisatoren wie Carbamazepin oder Gabapentin, trizyklische Antidepressiva oder retardierte Opioide angewendet.

Capsaicin ist eine Substanz, die agonistisch am Vanilloidrezeptor Typ I ansetzt. Die kontinuierliche Stimulation der Rezeptoren bewirkt eine Desensibilisierung der Nozizeptoren und dadurch eine Schmerzreduktion. Erfahrungen mit der therapeutischen Anwendung wurden bereits bei Schmerzsyndromen (z. B. bei Polyneuropathie) gesammelt.

Studiendesign

Die vorliegende multizentrische, doppelblinde Parallelgruppenstudie wurde an 402 Patienten mit postherpetischer Neuralgie durchgeführt. Die Studienteilnehmer waren zwischen 18 und 90 Jahre alt und litten seit mindestens sechs Monaten unter einer postherpetischen Neuralgie. Die mittlere Schmerzintensität auf einer Skala von 0 bis 10 lag zwischen 3 und 9.

Die Patienten erhielten randomisiert entweder eine einmalige 60-minütige Anwendung eines hoch dosierten Capsaicin-Pflasters (NGX-4010 [QutenzaTM] 640 µg/cm2 Capsaicin) oder eines niedrig dosierten Pflasters (3,2 µg/cm2 Capsaicin).

Primärer Endpunkt war die prozentuale Änderung des Schmerzscores zwischen Studienbeginn und den Wochen 2 bis 8.

Ergebnisse

Die Patienten, die mit NGX-4010 behandelt wurden (n=206), hatten während der Wochen 2 bis 8 eine signifikant größere Schmerzreduktion als Patienten, die die niedrige Capsaicin-Dosis erhielten (n=196). In der NGX-4010-Gruppe nahm der Schmerzscore im Mittel um 29,6%, in der Gruppe mit dem niedrig dosierten Capsaicin-Pflaster um 19,9% ab (Differenz: –9,7%, 95%-Konfidenzintervall –15,47 bis –3,95; p=0,001). Eine mindestens 30%ige Reduktion des Schmerzscores hatten 42 % der Patienten, die NGX-4010 erhielten, und 32% der Patienten in der Kontroll-Gruppe.

Typische Nebenwirkungen von NGX-4010 waren mit der Veränderung des Schmerzniveaus assoziierte Blutdruckschwankungen am Behandlungstag und eine vorübergehende Rötung sowie leichte bis mäßige Schmerzen im Bereich der Applikationsstelle.

Kommentar

Die Studie zeigt, dass durch eine einzige 60-minütige Anwendung eines hoch dosierten Capsaicin-Pflasters die Schmerzen einer postherpetischen Neuralgie für einen längeren Zeitraum signifikant reduziert werden können. Abgesehen von lokalen Reaktionen im Bereich der Applikationsstelle und schmerzassoziierten Blutdruckschwankungen am Behandlungstag traten während des Untersuchungszeitraums keine Nebenwirkungen auf. Einschränkend muss allerdings angemerkt werden, dass das Pflaster bislang weder über einen längeren Zeitraum noch im Rahmen einer Kombinationstherapie mit anderen wirksamen Substanzen getestet wurde.

NGX-4010 ist derzeit in Deutschland kommerziell nicht erhältlich.

Quelle

Backonja M, et al. for the NGX-4010 C116 Study Group. NGX-4010, a high-concentration capsaicin patch, for the treatment of postherpetic neuralgia: a randomised, double-blind study. Lancet Neurol 2008;7:1106–12.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(04)