Schubförmige multiple Sklerose

Zusatznutzen durch die Kombination von Immunmodulatoren?


Prof. Dr. Hans Christoph Diener, Essen

In einer randomisierten Studie bei Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose (MS) unter einer immunmodulatorischen Therapie von Interferon beta-1a ergab sich kein zusätzlicher Nutzen durch die Gabe von Methotrexat oder regelmäßigen hoch dosierten Cortisonstößen.

Standard in der immunmodulatorischen Therapie der schubförmigen multiplen Sklerose ist die Gabe von Interferon beta oder Glatirameracetat (Copaxone®). Natalizumab (Tysabri®) wird bei Patienten mit sehr aggressiver multipler Sklerose eingesetzt. Ungeklärt ist bisher die Frage, ob eine Kombination von Immuntherapien wirksamer ist als eine Monotherapie.

Die amerikanische Studiengruppe untersuchte diese Fragestellung an 313 Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose. Einschlusskriterien waren ein Wert auf der Expanded Disability Status Scale (EDSS) zwischen 0 und 5,5, eine seit mindestens einem Jahr bestehende immunmodulatorische Therapie mit Interferon beta-1a und mehr als ein Schub oder ein neuer Kontrastmittel-aufnehmender Herd in der Kernspintomographie im Jahr vor der Randomisierung. Alle Patienten erhielten wöchentlich Interferon beta-1a 30 µg intramuskulär. Sie wurden nach einem 2 x 2 faktoriellen Design randomisiert auf

  • die Behandlung mit 20 mg Methotrexat einmal pro Woche oral oder Plazebo sowie
  • eine hoch dosierte Cortison-Stoßtherapie (alle zwei Monate 1000 mg Methylprednisolon für drei Tage) oder kein zusätzliches Cortison.

Primärer Endpunkt waren neue oder größer gewordene T2-Läsionen in der Kernspintomographie nach 12 Monaten verglichen mit der Baseline. Ausgewertet wurden die Daten von 57 Patienten mit Plazebo, 59 Patienten mit Methotrexat, 51 Patienten mit Plazebo plus Cortison und 55 Patienten mit Methotrexat plus Cortison. Die Studie zeigte insgesamt keinen Unterschied im Auftreten neuer MS-Herde in der Kernspintomographie zwischen den vier Behandlungsgruppen. Auf der anderen Seite zeigte sich unter einer Behandlung mit hoch dosiertem Cortison ein selteneres Auftreten von neutralisierenden Antikörpern gegen Interferon beta-1a.

Kommentar

Diese wichtige Studie zeigt, dass für Patienten mit relativ milder schubförmiger MS eine Behandlung mit Interferon beta-1a ausreichend ist. Die zusätzliche Gabe von Methotrexat und/oder Methylprednisolon erbringt keinen zusätzlichen Nutzen. Ob sich in einer Therapie über mehrere Jahre hinweg das geringere Auftreten von neutralisierenden Antikörpern positiv auswirkt, kann allerdings nicht beurteilt werden.

Quelle

Cohen JA, et al.; ACT Investigators. Results of the Avonex Combination Trial (ACT) in relapsing-remitting MS. Neurology 2009;72:535–41.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(03)