Antiepileptika und Missbildungen

Lamotrigin führt nicht zu vermehrten Lippen-Kiefer-Gaumenspalten


Prof. Hans Christoph Diener, Essen

Die Auswertung einer großen europäischen Datenbank zu angeborenen Missbildungen ergibt keinen Hinweis darauf, dass Lamotrigin häufiger zu Lippen-Kiefer-Gaumenspalten führt als zu anderen Missbildungen.

Lamotrigin (z.B. Lamictal®) gehört zu den am besten verträglichen Antiepileptika. Dies gilt auch für die geringe Zahl von kongenitalen Missbildungen bei Einnahme in der Schwangerschaft. Vor einiger Zeit hatte eine Publikation aus Nordamerika nahe gelegt, dass die Einnahme von Lamotrigin während der Schwangerschaft möglicherweise zu einer erhöhten Rate an Lippen-Kiefer-Gaumenspalten führt. Dieser Frage wurde jetzt in dem Datenbankverbund EUROCAT (European Surveillance of Congenital Anomalies) nachgegangen. Die hier erfasste Population umfasst 3,9 Millionen Geburten, die von 19 Geburtsregistern zwischen 1995 und 2005 erhoben wurden. Alle Register erfassen kongenitale Missbildungen.

Lippen-Kiefer-Gaumenspalten fanden sich bei 5511 Geburten. Als Kontrollen dienten 80052 Schwangerschaften und Kinder ohne Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Verglichen wurde die Einnahme von Lamotrigin und anderen Antiepileptika sowohl in der Mono- wie Polytherapie im ersten Trimester verglichen mit Frauen, die während der Schwangerschaft keine Antiepileptika einnahmen. Die Ergebnisse wurden für das Alter der Mutter korrigiert.

In dem Register fanden sich 72 Mütter, die Lamotrigin einnahmen. In 40 Fällen handelt es sich um eine Monotherapie und in 32 um eine Polytherapie. Eine Lamotrigin-Monotherapie war nicht mit einem erhöhten Risiko für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten im Vergleich mit anderen angeborenen Missbildungen verbunden (Odds-Ratio 0,67; 95%-Konfidenzintervall 0,10–2,34).

Kommentar

Da die Studie sich auf eine extrem große Population von beobachteten Schwangerschaften bezieht, ergibt sie keinen Hinweis darauf, dass Lamotrigin mit signifikanter Häufigkeit zu Lippen-Kiefer-Gaumenspalten führt. Die Studie ist allerdings so angelegt, dass sie die Frage, ob Lamotrigin insgesamt zu vermehrten Missbildungen führt, nicht beantworten kann. Die Studienergebnisse sind identisch mit den Daten, welche die Firma GlaxoSmithKline, die Lamotrigin ursprünglich eingeführt hat, zur Verfügung hat. Dieses Register umfasst 1350 Frauen, die im ersten Trimester ihrer Schwangerschaft Lamotrigin einnahmen. Hier fand sich eine Missbildungsrate von 2,6%, die gegenüber der Normalbevölkerung nicht erhöht ist.

Quelle

Dolk H, et al.; on behalf of the EUROCAT Antiepileptic Drug Working Group. Does lamotrigine use in pregnancy increase orofacial cleft risk relative to other malformations? Neurology 2008;71:714–22.

Psychopharmakotherapie 2009; 16(03)