Neues Antipsychotikum in der Entwicklung

Asenapin zur Akutbehandlung der Schizophrenie


Priv.-Doz. Dr. Dieter Angersbach, Wolfratshausen

Asenapin wird gegenwärtig zur Behandlung der Schizophrenie und der bipolaren Störung entwickelt. In einer herstellergesponserten doppelblinden Plazebo- und Risperidon-kontrollierten Studie wurden Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Substanz bei Patienten mit einer akuten Exazerbation einer Schizophrenie untersucht. Im Vergleich zu Plazebo war Asenapin signifikant wirksam in der Reduktion des PANSS-Gesamtscores (PANSS = Positive and negative syndrome scale) und der PANSS-Untergruppenscores.
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Korrekturhinweis

In diesem Beitrag wurden leider falsche Dosierungen angegeben. In der referierten Studie von Potkin et al. (J Clin Psychiatry 2007;68:1492–500) wurden die genannten Asenapin- und Risperidon-Dosen (5 mg bzw. 3 mg) jeweils zweimal täglich verabreicht, die Tagesdosen betrugen also 10 mg Asenapin und 6 mg Risperidon. Anders als im Kommentar ausgeführt, kann deshalb auch keine Unterdosierung von Risperidon angenommen werden.

Wir bitten um Entschuldigung für das Versehen.

Im Vergleich zu den älteren ermöglichen die neueren (atypischen) Antipsychotika eine verträglichere Behandlung der Schizophrenie. Insbesondere die Häufigkeit extrapyramidal-motorischer Störungen (EPS) ist unter ihnen geringer als unter den älteren Substanzen. Aber auch die neuen Substanzen können beeinträchtigende Nebenwirkungen haben, wie beispielsweise Gewichtszunahme, Diabetes mellitus oder Dyslipidämie. Es besteht also weiterhin ein Bedarf an einer verträglicheren Therapie.

Asenapin (Abb. 1) blockiert wie andere neue Antipsychotika verschiedene Dopamin- und Serotoninrezeptoren, hat jedoch eine höhere Affinität zu Serotoninrezeptoren (mit Ausnahme zu 5-HT1A- und 5-HT1B-Rezeptoren) als andere Atypika und hat im Unterschied zu Olanzapin kaum anticholinerge Wirkung.

Abb. 1. Asenapin

In der dreiarmigen Studie wurden 180 Patienten mit einer akuten Episode einer Schizophrenie behandelt (Asenapin: 59; Plazebo: 62; Risperidon: 59). Die Behandlung erfolgte in den ersten drei Wochen stationär, in den folgenden drei Wochen ambulant, wenn die Besserung ausreichend war.

Einschlusskriterien waren die DSM-IV-Diagnose einer Schizophrenie, ein CGI-S-Score (CGI-S = Clinical global impression – severity) von ≥4 (wenigstens mäßig krank) und ein PANSS-Score von ≥60. Zudem mussten wenigstens zwei Items der PANS-Positivsymptome mit ≥4 und schlechter (wenigstens mäßig ausgeprägt) beurteilt sein.

Die Studienmedikation wurde in einem Double-Dummy-Design zweimal täglich eingenommen. Sublinguales Asenapin wurde innerhalb von fünf Tagen auf eine Dosis von 5 mg/d titriert, die bis zum Ende der Studie (Tag 42) beibehalten wurde. Risperidon wurde innerhalb von drei Tagen auf eine Tagesdosis von 3 mg titriert, die bis zum Studienende fortgeführt wurde.

Das primäre Studienziel war die Untersuchung der Wirksamkeit und Sicherheit von Asenapin im Vergleich zu Plazebo. Risperidon wurde zur Validierung des Studiendesigns gegeben.

Primärer Zielparameter war die mittlere Änderung des PANSS-Gesamtscores vom Einschluss bis zum Endpunkt. Sekundäre Parameter waren die Änderungen im CGI-S-Score und in den drei PANSS-Untergruppenscores (Positiv- und Negativsymptome sowie allgemeine Symptome). Die Untersuchungen fanden in wöchentlichen Abständen statt.

Von den eingangs behandelten Patienten (ITT-Population) beendeten 54% der mit Asenapin, 58% der mit Risperidon und 66% der mit Plazebo behandelten Patienten die Studie vorzeitig.

Die Abnahme des PANSS-Gesamtscores war unter Asenapin signifikant größer (–15,9) als unter Plazebo (–5,3). Die überlegene Wirksamkeit von Asenapin war ab Woche 2 erkennbar (Abb. 2). Unter Risperidon nahm der Gesamtscore ebenfalls ab. Verglichen mit Plazebo war die Abnahme jedoch nicht signifikant.

Abb. 2. Änderung im PANSS-Gesamtscore vom Einschluss bis zum Endpunkt. PANSS-Gesamtscores bei Einschluss: Asenapin 96,5, Risperidon 92,2, Plazebo 92,4. Statistischer Vergleich Asenapin versus Plazebo: * p<0,05, ‡ p<0,005, § p=0,001

Bei den sekundären Endpunkten (CGI-S-Score, PANSS-Untergruppen) änderten sich die Scores unter Asenapin ebenfalls signifikant stärker als unter Plazebo. Unter Risperidon änderten sich nur der CGI-S- und der PANSS-Positivsymptome-Score signifikant.

Im Auftreten unerwünschter Wirkungen unterschieden sich die Behandlungen wenig (Asenapin: 83% der Patienten; Plazebo: 79%; Risperidon: 90%).

Das Auftreten von EPS, wie Muskelhypertonie und Hyperkinesie, und von Gewichtszunahme lag unter Asenapin auf Plazebo-Niveau und war tendenziell erhöht unter Risperidon. Die mittlere Gewichtszunahme unter Asenapin betrug 0,47 kg, unter Risperidon 1,6 kg.

Die Autoren folgern aus den Studienergebnissen, dass Asenapin in der Dosis von 5 mg/d wirksam und verträglich war. Die Substanz könne – aufgrund der signifikanten Reduktion des PANSS-Negativsymptom-Scores – insbesondere bei Patienten mit Negativsymptomen eine sinnvolle Option sein.

Kommentar

Es handelt sich hier um die erste internationale Publikation einer klinischen Studie mit Asenapin. In dieser Studie waren 5 mg/d Asenapin eine wirksame Therapie auch in der Reduktion der Negativsymptome. Allerdings lassen die kurzzeitigen Effekte nicht auf die Langzeitwirksamkeit bei diesen Symptomen schließen. Bemerkenswert ist die gute Verträglichkeit der 5-mg-Dosis. Insbesondere das geringe Auftreten von EPS und Gewichtszunahme lässt auf Fortschritte im Vergleich zu anderen Atypika hoffen.

Begrenzt wird die Aussagefähigkeit der Studie durch die (auch in anderen Schizophrenie-Studien aufgetretene) hohe Abbruchrate. Nur 27 Asenapin-, 21 Plazebo- und 25 Risperidon-Patienten beendeten die Studie.

Obwohl kein Vergleich der Wirksamkeit zwischen Asenapin und Risperidon geplant war, gehen die Autoren ausführlich auf die geringere Wirksamkeit von Risperidon ein und sie diskutieren dabei auch über die in dieser Studie eingesetzte Risperidon-Dosis von nur 3 mg/d. Der Hersteller von Risperidon empfiehlt als optimale Dosis 6 mg/d. Auch wenn die Autoren meinen, dass die Patienten in der Studie nicht unterdosiert behandelt wurden, sollte die Studie nicht als Vergleich von Asenapin mit Risperidon interpretiert werden.

Quelle

Potkin SG, et al. Efficacy and tolerability of asenapine in acute schizophrenia: a placebo- and risperidone-controlled trial. J Clin Psychiatry 2007;68:1492–500.

Psychopharmakotherapie 2008; 15(02)