Depression

Therapieziel Linderung körperlicher Beschwerden


ho

Körperliche Beschwerden, insbesondere Schmerzen, im Zusammenhang mit einer Depression verschlechtern deren Prognose und sind mit höheren direkten und indirekten Krankheitskosten assoziiert. Der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin ist aufgrund seiner schmerzstillenden Wirkungskomponente eine interessante Option.

Depressionen sind als gesundheitspolitisches Problem bekanntlich auf dem Vormarsch. So nahm die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage infolge psychischer Störungen, darunter zu einem erheblichen Anteil Depressionen, zwischen 1991 und 2004 entgegen dem Trend um 28% zu. Die direkten Gesundheitskosten der Depression betrugen in Deutschland 2002 etwas über 4 Mrd. Euro. Dies ist aber nur ein kleiner Teil der Gesamtkosten – zwischen 18 und 35%, je nachdem, welche indirekten Kosten berücksichtigt werden. Unter den direkten Kosten schlagen die Antidepressiva mit etwa der Hälfte zu Buche, ebenso viel Geld wird für Arztbesuche, Psychotherapie und anderes aufgewendet, das ergab eine 2004 veröffentlichte Erhebung aus Deutschland.

Besonders groß ist der Bedarf an medizinischen Leistungen bei depressiven Patienten, bei denen neben der depressiven Verstimmung ausgeprägte körperliche Beschwerden, vor allem Schmerzen vorliegen. Im Vergleich mit depressiven Patienten ohne körperliche Beschwerden entfallen auf sie

Mehr Arztbesuche

Mehr Verbrauch an psychotropen Arzneimitteln (z.B. Antidepressiva, aber auch Schmerzmittel)

Mehr Verbrauch an allgemeinen Arzneimitteln

Einer US-amerikanischen Erhebung zufolge betrugen 2001 die medizinischen Gesamtkosten für depressive Patienten mit stark beeinträchtigenden Schmerzsymptomen 8500 Dollar pro Patient und damit gut doppelt so viel wie für Patienten mit rein psychischen Symptomen (4100 Dollar). Für Patienten mit Schmerzsymptomen ohne weitere Beeinträchtigung waren es immerhin noch 7000 Dollar. Außerdem waren die Patienten mit Schmerzsymptomen im Alltag stärker beeinträchtigt und waren länger arbeitsunfähig.

Es erscheint also unter gesundheitsökonomischer, volkswirtschaftlicher und nicht zuletzt therapeutischer Sicht sinnvoll, Patienten mit einer Depression wirkungsvoll zu behandeln und dabei insbesondere Patienten mit körperlichen Beschwerden/Schmerzen besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Allerdings sind diese Patienten eine besonders schwierige Klientel. Die Wahrscheinlichkeit, auf eine medikamentöse Therapie schlecht anzusprechen, ist bei ihnen je nach Ausprägung der Schmerzsymptomatik bis zu 4fach erhöht.

Bessern sich hingegen die Schmerzen infolge der Behandlung, dann verdoppeln sich die Chancen für eine Remission, also eine Symptomfreiheit in Bezug auf die Depression (HAMD-Score ≤7 oder MADRS-Score ≤10). Und damit verringert sich maßgeblich das Rückfallrisiko.

Der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin (Cymbalta®) führte in Plazebo-kontrollierten Studien zu einer ausgeprägten Besserung von Schmerzsymptomen (Schmerzen allgemein, Rückenschmerzen, Schulterschmerzen). Dies ist nicht nur Ausdruck einer Besserung der Depression, sondern beruht zu einem guten Teil auf einer substanzeigenen schmerzlindernden Wirkung. Einer Pfadanalyse zufolge betrug dieser direkte Effekt von Duloxetin in Bezug auf den Gesamtschmerz 50,6%, auf Rückenschmerzen 61,3% und auf Schulterschmerzen 58,8% der Gesamtwirkung auf die Schmerzbeurteilung. Aufgrund der direkten analgetischen Wirkung ist Duloxetin inzwischen auch für die Schmerzbehandlung bei diabetischer Polyneuropathie zugelassen.

Eine gute Wirkung der täglichen Einmalgabe von 60 mg Duloxetin auf die psychischen wie auf die körperlichen Beschwerden zeigte sich auch in einer unlängst veröffentlichten Phase-IV-Studie, die in den USA mit 3431 ambulanten Patienten mit diagnostizierter Depression und körperlichen Beschwerden durchgeführt wurde.

Quelle

Prof. Dr. J.-Matthias Graf von der Schulenburg, Hannover, Prof. Dr. med. Max Schmauß, Augsburg, Pressegespräch „Die Therapie von Depression mit Schmerz im Spannungsfeld von Klinik und Ökonomie“, Berlin, 22. November 2006, veranstaltet von Lilly Deutschland und Boehringer Ingelheim.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(02)