Schizophrenie

Rezidivprophylaxe durch Complianceförderung


Dr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Die Rezidivprophylaxe nach einer schizophrenen Episode erfordert eine konsequente Antipsychotika-Einnahme. Gezielte Maßnahmen zur Förderung der Therapietreue (Compliance) können den Erfolg der rezidivprophylaktischen Behandlung deutlich erhöhen.

Die aktuellen Leitlinien empfehlen nach der Erstmanifestation einer Schizophrenie eine medikamentöse antipsychotische Behandlung über mindestens 12 Monate, nach einem ersten Rezidiv über 2 bis 5 Jahre. Hierin spiegelt sich die Erkenntnis wider, dass bei lückenhafter oder vorzeitig beendeter antipsychotischer Behandlung das Rezidivrisiko, die Rehospitalisierungsrate und auch das Suizidrisiko deutlich erhöht sind.

Verschiedenen Erhebungen zufolge führen aber nach einem Jahr kaum noch 50% der Schizophreniepatienten eine antipsychotische Rezidivprophylaxe durch, bereits nach drei Monaten sind es nur noch etwa 70%. Die Gründe für diese mangelnde Compliance sind vielfältig, sie betreffen unter anderem

l Wirksamkeit und Verträglichkeit der medikamentösen Therapie

l Krankheitsgefühl und -einsicht des Patienten

l Güte der therapeutischen Beziehung

l Soziale Unterstützung des Patienten

l Therapieschema/Applikationsform des Antipsychotikums

Ein wichtiger Faktor für die Einstellung des Patienten (und seiner Angehörigen) zur Pharmakotherapie ist dabei zweifellos die Qualität der Arzt-Patienten-Beziehung.

Eine gezielte Förderung der Compliance kann dazu beitragen, die Rehospitalisierungsrate zu reduzieren (Abb. 1). Allerdings ist die Complianceförderung in der Regelversorgung noch nicht etabliert; hier steht die Akutbehandlung noch sehr im Fokus. Dabei dürften auch finanzielle Erwägungen eine Rolle spielen.

Abb. 1. Verringerte Rehospitalisierungswahrscheinlichkeit durch Compliancetherapie („Adherence therapy“) [nach Kemp et al., 1998]

Eine Möglichkeit, im Rahmen der integrierten Versorgung compliancefördernde Maßnahmen sektorenübergreifend als GKV-Leistung – außerhalb des Budgets – durchzuführen, veranschaulicht das „Münchner Modell“. Wichtige Elemente sind dabei:

l Differenzialdiagnose der Noncompliance in zwei einstündigen Sitzungen als Voraussetzung für gezielte Interventionen

l Psychoedukation, wobei der Peer-to-peer-Ansatz ebenso gute Wirkung zeigt wie eine professionelle Psychoedukation und den Vorteil hoher Glaubwürdigkeit aufweist

l Kontroll- und Erinnerungssysteme für die Medikamenteneinnahme

l Medikamententraining

l Spezialambulanz für Depot-Antipsychotika, die umso besser akzeptiert wird, wenn Depot-Antipsychotika nicht für „schwere Fälle“ reserviert sind

l Hausbesuch-Angebot

l Sicherstellung der ambulanten Weiterbehandlung (Terminvergabe) noch während des stationären Aufenthalts

Der Zeitaufwand liegt bei 20 bis 25 Stunden pro Patient und Jahr. Pro Patient vergütet die Krankenkasse 1500 Euro. Um die Patienten für die Teilnahme zu gewinnen, ist entsprechende Werbung nötig. Aber der Aufwand lohnt sich: Eine Zwischenauswertung nach neun Monaten legt den Schluss nahe, dass sich durch die compliancefördernden Maßnahmen mehr als die Hälfte der stationären Aufnahmen vermeiden lässt.

Quellen

Priv.-Doz. Dr. med. Carsten Spitzer, Rostock, Dr. med. Stephan Heres, München, Presseworkshop „Moderne Langzeitversorgung von Schizophreniepatienten: Zielführende Konzepte – realistische Chancen“, Juist, 30./31. Mai 2006, veranstaltet von Janssen-Cilag.

Dr. med. Thomas Kohler, Ravensburg, Dr. med. Werner Kissling, München, Satellitensymposium „Therapiekontinuität oder patiententrelevante Endpunkte – zwei voneinander unabhängige Ziele bei der Schizophrenietherapie?“, veranstaltet von Janssen-Cilag im Rahmen des DGPPN-Kongresses 2006, Berlin, 22. November 2006.

Psychopharmakotherapie 2007; 14(02)