Parkinson-Krankheit

Parkinson-Demenz erkennen und behandeln


Dr. Heike Oberpichler-Schwenk, Stuttgart

Eine Demenz entwickelt sich bei Parkinson-Patienten mit höherer Wahrscheinlichkeit als in der Normalbevölkerung. Sie unterscheidet sich im klinischen Erscheinungsbild von der Alzheimer-Demenz; dem wurde mit der Entwicklung eines speziell für die Diagnostik der Parkinson-Demenz validierten Screening-Tests Rechnung getragen. Rivastigmin (Exelon®) ist für die Therapie der Demenz beim idiopathischen Parkinson-Syndrom zugelassen.

Etwa 40% der Parkinson-Patienten entwickeln eine Demenz, die Wahrscheinlichkeit ist damit rund sechsmal so hoch wie in der Normalbevölkerung. Anders als bei der Alzheimer-Demenz mit ausgeprägten Gedächtnisstörungen stehen bei der Parkinson-Demenz Störungen der Exekutivfunktionen und der räumlichen Orientierung im Vordergrund. Kognitive Prozesse sind verlangsamt, die Patienten haben Probleme, von einem Thema zum anderen zu wechseln, und Schwierigkeiten, den Alltag zu planen (was umso problematischer ist, da sie in der Regel ein striktes Medikationsschema einhalten müssen). Die Störungen der visuell-räumlichen Wahrnehmung äußern sich auch in visuellen Halluzinationen, die vor allem abends und nachts auftreten. Daneben bestehen natürlich auch Gedächtnisstörungen.

Parkinson-Patienten mit einer Demenz haben eine verringerte Lebenserwartung. Sie haben ein hohes Risiko für die Entwicklung einer Psychose, welche dann die Möglichkeiten der Parkinson-Therapie einschränkt. Nicht zuletzt bedeutet eine Demenz des Parkinson-Patienten eine schwere Belastung für die Angehörigen und führt häufig zur Hospitalisierung.

Mit der Entwicklung einer Parkinson-Demenz ist vor allem dann zu rechnen („red flags“), wenn die Parkinson-Krankheit schon lange besteht, wenn der Patient über lebhafte Träume und Schlafstörungen berichtet und wenn visuelle Halluzinationen vorliegen. Ein Hinweis auf eine möglicherweise bestehende Demenz ist es, wenn sich die Klagen des Patienten und vor allem der Angehörigen ändern, wenn zum Beispiel statt der Langsamkeit des Patienten eher sein Mangel an Interesse und Freude beklagt werden. Für die Diagnosefindung ist es auf jeden Fall wichtig, die Angehörigen einzubeziehen.

Zum Teil sind die Symptome der Parkinson-Demenz schwierig von Symptomen der zugrunde liegenden Parkinson-Krankheit zu differenzieren. Auch die Abgrenzung von einer Depression, die ebenfalls etwa 40% der Parkinson-Patienten betrifft, kann Probleme bereiten. Neben der Anamnese sind daher neuropsychiatrische Testverfahren für die Diagnose wichtig. Außerdem haben Maßnahmen wie EEG (Hinweis auf diffuse Hirnstoffwechselstörung), Laborwertbestimmungen und bildgebende Verfahren (z.B. Differenzialdiagnose eines Tumors) ihren Stellenwert.

Unter den neuropsychiatrischen Kurztests ist der Uhrentest für Patienten mit Parkinson-Demenz gut geeignet, weil die bei ihnen vorherrschende Störung der räumlichen Wahrnehmung in diesem Test gut abgebildet wird. Der Mini-Mental-State-Test (MMST) ist zur Verlaufskontrolle geeignet, für die Diagnostik ist er aber nicht empfindlich genug, stattdessen wird eher der DemTect empfohlen.

Speziell für die Frühdiagnose der Parkinson-Demenz entwickelt und validiert wurde der PANDA (Parkinson neuropsychometric dementia assessment). Er umfasst Aufgaben zum Paarassoziationslernen (einschließlich verzögerter Abfrage), zur Wortflüssigkeit, zum räumlichen Vorstellungsvermögen (mentales Spiegeln), zum Arbeitsgedächtnis und Fragen zur Stimmung. Der Test gibt damit Hinweise auf ein kognitives Defizit (Aufmerksamkeit, Exekutivfunktionen, Gedächtnis, Visuokonstruktion) und auf Veränderungen der Persönlichkeit. Anders als beispielsweise beim Uhrentest müssen die Probanden bei diesem Test nichts zeichnen, was für sie wegen der Parkinson-bedingten motorischen Beschränkungen eine Erleichterung bedeuten kann.

Im Kognitionsteil des PANDA können maximal 30 Punkte erzielt werden; bei weniger als 15 Punkten ist eine Demenz wahrscheinlich, bei 15 bis 17 Punkten besteht allenfalls eine leichte kognitive Dysfunktion. Im Stimmungsteil werden maximal 9 Punkte erreicht, bei mehr als 4 Punkten ist eine depressive Stimmungslage wahrscheinlich und sollte durch einen depressionsspezifischen Test verifiziert werden. Ergebnisse ab 18 Punkten liegen im Normbereich. Der Test eignet sich durchaus auch zur Beruhigung von Nicht-Betroffenen.

Therapie bei Parkinson-Demenz

Die umfangreichsten Daten zur medikamentösen Therapie der Parkinson-Demenz gibt es für den Acetylcholinesterase- und Butyrylcholinesterase-Hemmer Rivastigmin (Exelon®). Der Wirkstoff ist neben der Alzheimer-Demenz auch für die symptomatische Behandlung der leichten bis mittelschweren Demenz beim idiopathischen Parkinson-Syndrom zugelassen und wird dafür in den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie empfohlen. Grundlage sind die Ergebnisse der Express-Studie [Emre et al. 2004]. In dieser Plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie mit 541 Patienten zeigte sich nach 24-wöchiger Behandlung mit täglich 3 bis 12 mg Rivastigmin eine moderate, aber signifikante und in verschiedenen Tests konsistente Besserung der Kognition im Vergleich mit Plazebo. Auch in der Alltagskompetenz waren die mit Rivastigmin behandelten Patienten den Patienten der Kontrollgruppe überlegen.

Eine 24-wöchige offene Folgebehandlung brachte für Patienten, die zuvor Plazebo erhalten hatten, eine Besserung der Testergebnisse, wobei die Ergebnisse der weiterhin aktiv behandelten Patienten in der Regel nicht erreicht wurden [Poewe et al. 2006].

Die häufigsten, durch die indirekte cholinerge Aktivität zu erklärende unerwünschten Wirkungen von Rivastigmin sind Übelkeit (in der Plazebo-kontrollierten Studie bei 29,0 vs. 11,4% der Patienten) und Erbrechen (16,6 vs. 1,7%). Der Wirkstoff muss daher langsam eindosiert werden. Tremor (9,9 vs. 3,9%) tritt als passagere Nebenwirkung auf. Seltener als in der Plazebo-Gruppe traten Halluzinationen auf (4,1 vs. 8,4%), was ein Ausdruck der antidemenziellen Wirkung von Rivastigmin sein dürfte.

Rivastigmin wirkt vor allem auf die kognitiven Symptome der Parkinson-Demenz. Bei Verhaltensauffälligkeiten können atypische Antipsychotika eingesetzt werden; zugelassen für Psychosen im Verlauf eines M. Parkinson ist Clozapin (z.B. Leponex®). Bei Affektverhalten ist an den Einsatz von Antidepressiva zu denken, allerdings sind trizyklische Antidepressiva wegen ihrer anticholinergen Wirkung zu meiden.

Quellen

Prof. Dr. med. Rudolf F. Töpper, Hamburg, Dr. med. Ilona Csoti, Leun-Biskirchen, Pressegespräch „Länger aktiv im Leben – Rivastigmin (Exelon®) bei Parkinson-Demenz“, Frankfurt/M., 29. November 2006, veranstaltet von Novartis Pharma GmbH.

Emre M, et al. Rivastigmine vor dementia associated with Parkinson’s disease. N Engl J Med 2004;351:2509–18.

Poewe W, et al. Long-term benefits of rivastigmine in dementia associated with Parkinson’s disease: an active treatment extension study. Mov Disord 2006;21:456–61.


Psychopharmakotherapie 2007; 14(02)