Diabetische Polyneuropathie

Duloxetin zur Behandlung neuropathischer Schmerzen


Ulla Satzger-Harsch, Ostfildern

Bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen sollte möglichst frühzeitig schmerztherapeutisch interveniert werden. Mit dem selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxetin (Cymbalta®) steht für Patienten mit Schmerzen aufgrund von diabetischer Polyneuropathie seit 2005 eine neue Option zur symptomatischen Schmerztherapie zur Verfügung.

Hintergrund für die Forderung nach einer raschen analgetischen Therapie sind Erkenntnisse zur Schmerzchronifizierung. So weiß man heute, dass repetitive Schmerzreize Sensibilisierungsvorgänge im Gehirn induzieren und dadurch zu dauerhaften Veränderungen in der Schmerzmatrix führen können. Langfristig kann dies bedeuten, dass sich der Schmerz intensiviert und schwieriger zu behandeln ist.

Reduktion von Schmerzen bereits in der ersten Behandlungswoche

Durch die Zulassung von Duloxetin (Cymbalta®) wurde das Spektrum der Wirkstoffe für eine symptomatische Schmerztherapie erweitert. Die analgetische Wirksamkeit des selektiven und balancierten Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers (SSNRI) wurde in drei großen Studien an insgesamt 1363 Patienten mit Schmerzen aufgrund von diabetischer Polyneuropathie (DPNP) unter Beweis gestellt. In allen drei Studien wurden konsistente Ergebnisse erzielt. Die Schmerzen von Patienten mit DPNP wurden durch Duloxetin (1-mal oder 2-mal 60 mg/d) bereits in der ersten Woche der Behandlung und anhaltend bis zum Studienende signifikant reduziert (p<0,01 bzw. p<0,001). Die schmerztherapeutische Behandlung hatte für die betroffenen Patienten einen direkten alltagsrelevanten Nutzen. So wurden allgemeine Aktivitäten wie die Gehfähigkeit, die Arbeitsfähigkeit sowie Beziehungen zu Freunden von den mit Duloxetin (2x 60 mg/d) behandelten Patienten signifikant besser bewertet als unter Plazebo (p<0,001 bzw. p<0,05). Parallel zur Besserung der funktionellen Einschränkungen berichteten die mit Duloxetin behandelten Patienten verglichen mit Plazebo über mehr Lebensfreude, eine ungetrübtere Stimmungslage und einen besseren Schlaf (Abb. 1; p<0,01). Die Behandlung mit dem SSNRI erwies sich als sicher und gut verträglich. Ein Abbruch aufgrund von Nebenwirkungen war unter Verum zwar häufiger als unter Plazebo (60 mg/d: 4,3%; 120 mg/d: 12,1%; Plazebo: 2,6%), doch viele Nebenwirkungen, wie Übelkeit, Schwindel und Schläfrigkeit waren passager und auf die erste Behandlungswoche beschränkt. Durch die Behandlung mit Duloxetin wurden weder die Blutzuckereinstellung, das Gewicht noch sonstige Vitalparameter klinisch relevant beeinflusst.

Abb. 1. Patienten mit Schmerzen aufgrund von diabetischer Polyneuropathie profitieren in vielerlei Hinsicht von der Behandlung mit Duloxetin: Funktionelle Einschränkungen, gemessen anhand des Brief Pain Inventory, sind seltener und die Patienten haben eine deutlich höhere Lebensqualität (Ergebnisse von Patienten, die die Studie beendet haben) [Chappell AS et al., EFNS, Athen 2005]

Inzwischen wurde Duloxetin von der Deutschen Diabetesgesellschaft in deren Leitlinie zur Therapie der sensomotorischen Neuropathie bei Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 als Option zur symptomatischen Schmerztherapie aufgenommen.

Quellen

Prof. Dr. Dan Ziegler, Düsseldorf, Prof. Dr. Thomas Tölle, München, Prof. Dr. Göran Hajak, Regensburg, Symposium „Neue Therapieoptionen beim neuropathischen Schmerz“, 12. März 2006, Frankfurt am Main, veranstaltet von Lilly Deutschland und Boehringer Ingelheim.

Dr. Thomas Forst, Mainz, Pressekonferenz „Damit der Schmerz nachlässt! – Das moderne Antidepressivum Duloxetin mit schmerzhemmender Wirkung bei diabetischer Polyneuropathie“, 12. März 2006, Frankfurt am Main, veranstaltet von Lilly Deutschland und Boehringer Ingelheim.

Haslbeck M, et al. Diabetische Neuropathie. Diabetologie 2006;1(Suppl 2):S181–7 (www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de > Praxisleitlinien).

Psychopharmakotherapie 2007; 14(02)