Alzheimer-Demenz

Donepezil bei Patienten mit schwerer Erkrankung


Prof. Dr. med. H. C. Diener, Essen

Donepezil verbessert auch kognitive Funktionen bei Patienten mit fortgeschrittener Alzheimer-Demenz, die bereits in einem Pflegeheim leben.

Cholinesterasehemmer wie Donepezil (Aricept®) sind bisher nur für Patienten mit beginnender oder mittelschwerer Alzheimer-Demenz zugelassen, während Memantin (Axura) zur Behandlung der fortgeschrittenen Erkrankung zugelassen ist. Dies hat mit den Patientengruppen zu tun, die in den zulassungsrelevanten Studien eingeschlossen wurden. Daher wurde jetzt eine weitere Studie mit Patienten mit fortgeschrittener Alzheimer-Demenz und Donepezil durchgeführt.

Es handelte sich um eine doppelblinde Parallelgruppenstudie mit Plazebo-Kontrolle, in die 248 Patienten mit fortgeschrittener Alzheimer-Demenz eingeschlossen wurden. Der Mini-Mental-Score lag zwischen 1 und 10 und alle Patienten befanden sich im Pflegeheim.

Die Behandlung erstreckte sich über 6 Monate. Die Patienten erhielten in den ersten 30 Tagen in der Verum-Gruppe 5 mg Donepezil und für den Rest der Studie 10 mg. In diesem Studienarm befanden sich 128 Patienten. 120 Patienten wurden mit Plazebo behandelt.

Der primäre Endpunkt war die Änderung über 6 Monate in einer speziellen Messskala für fortgeschrittene Parkinson-Krankheit, die Severe Impairment Battery (SIB), und die modifizierte Skala ADCS-ADL-severe (Alzheimer disease cooperative study activities of daily living inventory for severe Alzheimer’s disease). Die Skalen wurden nach 3 und 6 Monaten angewandt.

95 Patienten in der Donepezil-Gruppe und 99 in der Plazebo-Gruppe beendeten die Studie. Für beide Zielvariablen ergab sich eine signifikante Überlegenheit von Donepezil gegenüber Plazebo. Interessanterweise kam es bei der Severe Impairment Battery zu einer Verbesserung der Symptomatik und bei der ADCS-ADL-severe zu einer Verlangsamung der Progression.

Donepezil wurde insgesamt gut vertragen. Signifikante Unterschiede in den Nebenwirkungen zu Plazebo ergaben sich lediglich für Diarrhöen (9% vs. 3%) und Halluzinationen (6% vs. 1%).

Kommentar

Diese randomisierte und Plazebo-kontrollierte Studie zeigt, dass ein Cholinesterasehemmer wie Donepezil nicht nur bei der beginnenden, sondern auch bei der schweren Alzheimer-Demenz wirksam ist. Wie in den bisherigen Studien war Donepezil relativ gut verträglich. Allerdings ist die Dauer der Behandlung mit 6 Monaten relativ kurz. Bei längeren Behandlungszeiten ergeben sich aber hohe Abbruchraten sowohl bei der Verum-Gabe als auch bei der Gabe von Plazebo, so dass die Aussagekraft von Demenz-Studien rapide abnimmt. Ein inhärentes Problem bei Demenz-Studien ist die Frage, ob die verwendeten Skalen die klinische Wirklichkeit widerspiegeln. Dies trifft insbesondere auf Studien zu, die in Pflegeheimen durchgeführt werden. Man kann auch kritisch hinterfragen, ob es sich lohnt, bei Patienten im Endstadium der Krankheit noch medikamentös zu behandeln. Solange dies aber zu einer Verbesserung der kognitiven Funktionen führt, ist nach Ansicht des Referenten eine solche Therapie gerechtfertigt.

Quelle

Winblad B, et al., for the Severe Alzheimer’s Disease Study Group. Donepezil in patients with servere Alzheimer’s disease: double-blind, parallel-group, placebo-controlled study. Lancet 2006;367:1057–65.

Psychopharmakotherapie 2006; 13(06)