Subjektives Erleben von Psychopharmaka bei Patienten in stationärer Behandlung


Hermann Spießl, Matthias Dobmeier, Regensburg, Claus-Peter Ostermeier, Werneck, Harald Binder, Rita Schmid und Helmfried E. Klein, Regensburg

In der vorliegenden Studie sollte das subjektive Erleben der Behandlung mit Psychopharmaka bei stationär-psychiatrischen Patienten erfasst werden. 570 Patienten der psychiatrischen Fachkliniken Regensburg und Werneck wurden mit der deutschen Version des Drug Attitude Inventory (DAI-10) befragt. Die Rücklaufquote betrug 78% (n=446). Aus Sicht von 63% der Patienten überwogen die guten Seiten der Medikamente. 30% der Befragten fühlten sich unter Psychopharmaka aber wie „im Tran“, 46% fühlten sich träge und müde. 35% der Patienten nahmen ihre Medikamente nicht aufgrund ihrer eigenen Entscheidung und 70% wollten die Medikamente nur nehmen, wenn sie krank sind. Signifikante Prädiktoren für positive Erfahrungen waren die Einnahme von Antidepressiva und von atypischen Antipsychotika, wobei aber kein signifikanter Unterschied zwischen atypischen und konventionellen Antipsychotika bestand. Da die subjektiven Erfahrungen ihrerseits prädiktiven Wert für das Behandlungsergebnis, die Compliance und die Lebensqualität haben, sollten sie in Klinik und Praxis vermehrt Berücksichtigung finden.
Schlüsselwörter: Psychopharmaka, Antipsychotika, Antidepressiva, psychiatrische Klinik
Psychopharmakotherapie 2006;13:55–9.

Die subjektive Perspektive des Patienten hat in der psychiatrischen Forschung in den letzten zehn Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen [19]. Dies betrifft nicht nur Kriterien wie die allgemeine Behandlungszufriedenheit oder die Lebensqualität, sondern auch das subjektive Erleben und die Befindlichkeit unter psychopharmakologischer Behandlung, insbesondere unter neuroleptischer Therapie [14, 20].

Die therapeutischen Ziele haben sich seit Einführung der Psychopharmaka im Verlauf der letzten Jahrzehnte verändert: Stand zu Beginn der Ära der Neuroleptika-Therapie in den 60er Jahren die Reduktion der Positivsymptomatik ganz im Vordergrund, wurde in den 70er Jahren Aspekten der Rezidivprophylaxe und der Verträglichkeit mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Mitte der 70er Jahre waren dann erstmals subjektive Erfahrungen der Patienten mit Antipsychotika Gegenstand der Untersuchung in Studien [35]. In den 80er Jahren und besonders in den 90er Jahren wurde das subjektive Erleben der verabreichten Antipsychotika systematischer evaluiert. In einer Reihe von Studien wurde in den letzten Jahren der Zusammenhang zwischen subjektiven Effekten von Antipsychotika und Symptomatik [6, 15, 30], Nebenwirkungen [26, 36], Compliance [2, 7, 13, 30] und Lebensqualität [5, 12] untersucht. Bekannte Skalen zur Erfassung der subjektiven Erfahrungen sind

 der Fragebogen zur subjektiven Befindlichkeit unter Neuroleptika (SWN) von Naber [27] und

 das Drug Attitude Inventory (DAI) von Hogan et al. [17]; diese liegt in einer langen (DAI-30) und einer kurzen (DAI-10) Version vor [3].

Mit Ausnahme der Studien zur subjektiven Befindlichkeit unter Antipsychotika der Arbeitsgruppe um Naber [20–22, 27–29] gibt es im deutschsprachigen Raum nur wenige Untersuchungen [4, 36] zu dieser Thematik. Studien zum subjektiven Erleben von anderen Psychopharmaka fehlen auch international.

Die Erfahrungen der Patienten mit Psychopharmaka (und nicht nur mit Antipsychotika) sind aber von hoher klinischer Relevanz, da sie Auswirkungen auf die Compliance, die Lebensqualität und den Therapieerfolg haben und Patienten der Wirksamkeit von Psychopharmaka auch im Vergleich zu psychotherapeutischen und soziotherapeutischen Maßnahmen einen hohen Stellenwert beimessen [33, 34]. Erschwerend kommt hinzu, dass in der Bevölkerung gegenüber Psychopharmaka weiterhin Vorurteile bestehen [1, 18] und auch in den Medien eher negative Aspekte von Psychopharmaka dargestellt werden [9, 16], was nachteilige Auswirkungen auf die Einstellung der Patienten hat.

Das Ziel der vorliegenden Studie war es deshalb, positive und negative Erfahrungen von stationär behandelten Patienten mit unterschiedlichen Gruppen von Psychopharmaka quantitativ zu erfassen und Einflussfaktoren zu evaluieren.

Methode

An einem Stichtag wurden 570 Patienten der Psychiatrischen Fachkliniken Regensburg (n=378) und Werneck (n=192) mit der deutschen Version des Drug Attitude Inventory (DAI-10) befragt. 446 Patienten (78,2%) füllten den Fragebogen aus; Patienten mit (schwerer) Demenz oder Intelligenzminderung wurden nicht in die Befragung eingeschlossen. Ein signifikanter Unterschied im Antwortverhalten der Patienten beider Kliniken bestand nicht (χ²=0,354; p=0,552). In der Gruppe der Patienten, die den Fragebogen beantworteten, waren Patienten mit Suchterkrankungen leicht überrepräsentiert und Patienten mit Persönlichkeitsstörungen unterrepräsentiert (χ²=16,853; p=0,032). Neben dem subjektiven Erleben wurden Geschlecht, Alter, psychiatrische Erstdiagnose und aktuelle Psychopharmakotherapie erfasst. Die Patienten der beiden Kliniken unterschieden sich in der Häufigkeit von Suchterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen sowie der Verordnung von Antidepressiva, Tranquilizern und Hypnotika (Tab. 1).

Tab. 1. Stichprobe stationär-psychiatrischer Patienten (n = 446)

Variable

Regensburg
(n=293)

Werneck
(n=153)

p-Wert

Geschlecht (Männer)

61,3%

53,8%

0,173 *

Alter [Jahre] (Mittelwert)

42,5

44,1

0,403 +

Hauptdiagnose

F0

6,1%

7,8%

0,558 *

F1

33,0%

21,6%

0,025 *

F2

30,7%

34,5%

0,461 *

F3

19,2%

19,8%

0,879 *

F4

5,0%

6,0%

0,674 *

F6

3,8%

9,5%

0,027 *

F7

2,3%

0,0%

0,100 *

F9

0,0%

0,9%

0,133 *

Psychopharmaka

Antipsychotika

64,2%

57,5%

0,170 *

Antidepressiva

43,3%

55,6%

0,014 *

Tranquilizer

14,7%

41,8%

0,001 *

Hypnotika

5,1%

12,4%

0,006 *

Lithiumsalze

5,8%

9,8%

0,120 *

Antiepileptika

13,0%

18,3%

0,132 *

Sonstige Psychopharmaka

2,7%

2,0%

0,619 *

* χ²-Test; + t-Test; signifikante Unterschiede sind fett gedruckt

Das DAI von Hogan et al. [17] erfasst in seiner kurzen Version (DAI-10) mit zehn Items Erleben und Einstellungen der Patienten auf einer Nominalskala mit den Antwortmöglichkeiten „stimmt“ (+1) bzw. „stimmt nicht“ (–1). Der Gesamtscore wird durch Aufsummieren der einzelnen Items ermittelt.

Die statistische Analyse erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS. Neben der deskriptiven Statistik wurde zur Strukturanalyse der DAI-Items eine Faktorenanalyse (Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation) durchgeführt. Multiple lineare Regressionsanalysen nach dem Rückwärts-Verfahren dienten der Prädiktion von Einflussfaktoren auf das subjektive Erleben (abhängige Variablen: Faktoren der Faktorenanalyse); als Modellwahlkriterium wurde das korrigierte R2 verwendet, um möglichen Kollinearitätsproblemen entgegen zu wirken. Unterschiede zwischen den Kliniken und den Subgruppen wurden mittels χ²-Test oder t-Test berechnet.

Ergebnisse

Der DAI-10-Gesamtscore lag im Mittel bei 0,55 (Standardabweichung [SD] 4,86) bei einer Spannweite von –10,0 bis +10,0. Das 25%-Perzentil betrug –3,0, das 75%-Perzentil 4,0. Ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Kliniken fand sich weder im Gesamtscore (T=–0,136; p=0,892) noch in den einzelnen DAI-Items.

Aus Sicht von knapp 63% der Patienten überwogen die guten Seiten der Medikamente, 53% fühlten sich mit Medikamenten entspannter. Andererseits gaben fast 30% an, dass sie mit Medikamenten wie „im Tran“ seien, über 46% fühlten sich träge und müde. Über 53% empfanden es als unnatürlich, wenn ihr Geist und Körper von Medikamenten beeinflusst werden. Etwa 70% wollten ihre Medikamente nur nehmen, solange sie krank sind (Tab. 2).

Tab. 2. Subjektives Erleben von Psychopharmaka von Patienten in stationär-psychiatrischer Behandlung, erhoben mit dem DAI-10 (n=446)

DAI-Items

Stimmt

Stimmt nicht

1

Aus meiner Sicht überwiegen die guten Seiten der Medikamente

62,6

30,5

2

Wenn ich Medikamente nehme, fühle ich mich merkwürdig, wie „im Tran“

29,9

63,7

3

Ich nehme Medikamente aufgrund meiner eigenen Entscheidung

60,2

34,9

4

Durch Medikamente fühle ich mich entspannter

53,0

41,2

5

Durch Medikamente fühle ich mich träge und müde

46,2

47,8

6

Ich nehme Medikamente nur, wenn ich krank bin

69,5

27,2

7

Ich fühle mich „normaler“, wenn ich Medikamente nehme

38,2

55,2

8

Ich finde es unnatürlich, wenn mein Geist und mein Körper von Medikamenten beeinflusst werden

53,6

40,1

9

Meine Gedanken sind klarer, wenn ich Medikamente nehme

35,4

58,0

10

Solange ich Medikamente nehme, kann ich verhindern, dass ich krank werde

47,5

47,0

(Negative Erfahrungen und Einstellungen sind fett gedruckt)

In der Faktorenanalyse fanden sich drei Faktoren, die insgesamt 53,8% der Varianz aufklärten (Tab. 3):

 Faktor 1 klärte 26,3% der Varianz auf und bezog sich auf positive Erfahrungen unter der Medikation.

 Faktor 2 klärte 16,6% der Varianz auf und umfasste negative Erfahrungen unter der Medikation.

 Faktor 3 klärte 10,9% der Varianz auf und beschrieb die Einstellung zur Medikation.

Tab. 3. Faktorenanalyse: Faktorladungen nach Varimax-Rotation der Drei-Faktoren-Lösung

DAI-Items

Faktor 1

Faktor 2

Faktor 3

7

Ich fühle mich „normaler“, wenn ich Medikamente nehme

0,778

9

Meine Gedanken sind klarer, wenn ich Medikamente nehme

0,745

4

Durch Medikamente fühle ich mich entspannter

0,665

10

Solange ich Medikamente nehme, kann ich verhindern, dass ich krank werde

0,650

1

Aus meiner Sicht überwiegen die guten Seiten der Medikamente

0,571

3

Ich nehme Medikamente aufgrund meiner eigenen Entscheidung

0,449

5

Durch Medikamente fühle ich mich träge und müde

0,825

2

Wenn ich Medikamente nehme, fühle ich mich merkwürdig, wie „im Tran“

0,803

8

Ich finde es unnatürlich, wenn mein Geist und mein Körper von Medikamenten beeinflusst werden

0,457

0,446

6

Ich nehme Medikamente nur, wenn ich krank bin

0,914

Faktor 1: Positive Erfahrungen, Faktor 2: Negative Erfahrungen, Faktor 3: Einstellung

In den multiplen linearen Regressionsanalysen mit den gefundenen drei Faktoren als abhängige Variablen wurden die Gruppe der konventionellen Antipsychotika (Flupentixol, Fluphenazin, Haloperidol, Perazin und Pimozid, n=132) und die Gruppe der atypischen Antipsychotika (Amisulprid, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin und Risperidon, n=116) getrennt als unabhängige Variablen neben Alter, Geschlecht, Diagnose und anderen Psychopharmaka einbezogen. Die Regressionsanalysen ergaben:

 Neben der Gabe von Antidepressiva (Beta 0,296; p<0,001) war die Behandlung mit atypischen Antipsychotika (Beta 0,155; p=0,026) ein signifikanter Prädiktor für positive Erfahrungen (Faktor 1), unter Berücksichtigung des Standardfehlers fand sich aber kein signifikanter Unterschied zu konventionellen Antipsychotika (Tab. 4). Die aufgeklärte Varianz (R2) betrug 12,5%.

Tab. 4. Prädiktion der positiven Erfahrungen mit Psychopharmaka (abhängige Variable: Faktor 1 des DAI-10)

Prädiktor-Variable

B

Standardfehler

Beta

p-Wert

Antidepressiva

0,600

0,144

0,296

0,000

Atypische Antipsychotika

0,338

0,151

0,155

0,026

Antiepileptika

0,367

0,211

0,119

0,084

Affektive Störungen (F3)

0,276

0,175

0,108

0,117

Konventionelle Antipsychotika

0,275

0,180

0,107

0,127

Lithiumsalze

–0,431

0,293

–0,100

0,143

Organische Störungen (F0)

0,350

0,275

0,088

0,205

Hypnotika

–0,390

0,330

–0,079

0,238

Multiple lineare Regression: F=3,488; df=8; p<0,001; R2=0,125

 Für negative Erfahrungen (Faktor 2) ergab sich kein signifikanter Prädiktor, nur 6,2% der Varianz (R2) konnten aufgeklärt werden.

 Signifikante Prädiktoren für die Einstellung, Medikamente nur in der Zeit der Krankheit einzunehmen (Faktor 3), waren die Diagnosegruppe F2 (Beta 0,171; p=0,013), die Einnahme von Tranquilizern (Beta –0,155; p=0,025) und die Behandlung mit konventionellen Antipsychotika (Beta 0,148; p=0,033), das heißt, Patienten mit Schizophrenie, schizoaffektiven oder wahnhaften Störungen und Patienten mit konventionellen Antipsychotika gaben häufiger an, Medikamente nur zu nehmen, wenn sie krank sind. Die aufgeklärte Varianz (R2) betrug insgesamt 9,4%.

Diskussion

Die Erhebung der subjektiven Erfahrungen der Patienten mit und ihre Einstellungen zu Psychopharmaka ist gerade für den stationären Bereich relevant, da meist hier die medikamentöse Einstellung der chronisch und schwer kranken Patienten erfolgt, die eine langfristige Psychopharmakotherapie benötigen. Das DAI-10 ist dafür ein psychometrisch adäquates und ökonomisches Instrument [17] und erfasst gemäß Faktorenanalyse positive und negative Erfahrungen sowie Einstellungen zu Psychopharmaka. Die hohe Antwortrate von fast 80% zeigt, dass auch die akut und schwerer erkrankten Patienten psychiatrischer Fachkliniken in der Lage sind, ihr subjektives Erleben zu schildern und einen solchen kurzen Fragebogen zu beantworten.

Nicht unerwartet fand sich als ein wesentliches Ergebnis, dass individuell sehr unterschiedliche subjektive Erfahrungen und Einstellungen vorlagen und jeweils nur ein sehr geringer Prozentsatz der Patienten ausschließlich positive oder negative Antworten gaben. Von Bedeutung ist der Anteil von etwa 25% der Patienten, die vorwiegend über negative Erfahrungen berichteten, was bereits während der Akutbehandlung auf eine zukünftige Non-Compliance hinweist [2, 7]. Insbesondere die bei 70% der Patienten – und gerade bei schizophrenen Patienten – vorliegende Einstellung, Medikamente nur während der Erkrankungsphase zu nehmen, deutet auf Compliance-Probleme während der Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe hin, was konsekutiv zu erhöhten Rückfall- und Rehospitalisierungsraten führt.

Von klinischer Relevanz ist auch der Befund einer früheren Studie mit dem DAI-30, dass fast 90% der Schizophrenen unter Berücksichtigung ihrer subjektiven Erfahrungen mit Antipsychotika prospektiv korrekt als compliant oder non-compliant klassifiziert werden konnten [17]. Es erscheint deshalb sinnvoll, die subjektiven Erfahrungen und Einstellungen in der Anamnese gezielt zu erfragen und frühzeitig im Rahmen der Psychoedukation zu berücksichtigen.

Die Frage nach den Prädiktoren positiver oder negativer Erfahrungen mit Psychopharmaka kann noch nicht abschließend beantwortet werden. Die durch die Variablen Alter, Geschlecht, Diagnose und Psychopharmaka aufgeklärte Varianz war insgesamt relativ niedrig und weist auf die eher geringe Bedeutung dieser Variablen für das subjektive Erleben hin. Soziodemographische Variablen scheinen generell keinen wesentlichen Einfluss auf die subjektiven Erfahrungen und Einstellungen zu nehmen [6, 17, 21]. Inwieweit sich die verschiedenen psychischen Erkrankungen und Psychopharmaka-Gruppen auf das subjektive Erleben auswirken, wurde bislang noch nicht untersucht. Unsere multivariate Analyse bei stationären Patienten zeigt insbesondere, dass eine schizophrene Psychose per se kein Prädiktor für negative Erfahrungen ist und die Einnahme von Antidepressiva und (atypischer) Antipsychotika als Prädiktoren für positive Erfahrungen identifiziert werden konnten.

In anderen Studien wurde gezeigt, dass atypische Antipsychotika, die im Wirkungs- und Nebenwirkungsspektrum eine wesentliche Therapieverbesserung gebracht haben [24, 25], auch mit positiveren subjektiven Erfahrungen oder einem besseren subjektiven Wohlbefinden einhergehen [13, 21, 28, 31]. Dieses Ergebnis wurde in unserer naturalistischen Erhebung bei stationären Patienten psychiatrischer Fachkliniken dahingehend relativiert, dass die Gruppe der atypischen Antipsychotika zwar ein signifikanter Prädiktor für positive Erfahrungen war, sich aber bei multivariater Analyse kein signifikanter Unterschied zu konventionellen Antipsychotika finden ließ. Dieser Befund spricht gegen eine generelle Ablehnung der „alten“ Antipsychotika [8, 10, 11]. Es ist aber zu diskutieren, ob im DAI dyskognitive, dysaffektive und dysmotorische Symptome, die bei atypischen Antipsychotika weniger häufig auftreten [21, 22], in gleicher Weise erfasst werden wie beispielsweise in der SWN-Skala.

Letztendlich sind weitere Studien mit multivariaten Analysen erforderlich, die zur Erhöhung der Varianzaufklärung neben der Psychopathologie, der verabreichten Dosis und den Nebenwirkungen der Psychopharmaka auch Krankheitseinsicht, Parameter des Erkrankungsverlaufs und Outcome-Maße mit einbeziehen. Solche Analysen sind wichtig, da das subjektive Erleben aufgrund seines prädiktiven Werts und seiner Auswirkungen auf Compliance, Therapieerfolg und Lebensqualität von erheblicher Relevanz ist und auch in der klinischen Routine bei der Therapieauswahl berücksichtigt werden sollte. Positiv wahrgenommene Medikamentenwirkungen oder fehlende Einsicht sind immerhin jeweils die zweithäufigsten Gründe für die Einnahme oder Nichteinnahme von Antipsychotika [23].

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Priv.-Doz. Dr. med. Hermann Spießl, Dr. med. Matthias Dobmeier, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität am Bezirksklinikum Regensburg, Universitätsstr. 84, 93053 Regensburg, E-Mail: hermann.spiessl@medbo.de
Dr. med. Claus-Peter Ostermeier, Krankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie Schloss Werneck, Balthasar-Neumann-Platz 1, 97440 Werneck
Dr. oec. publ. Harald Binder, Dipl.-Psych. Rita Schmid, Prof. Dr. med. Helmfried E. Klein, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität am Bezirksklinikum Regensburg, Universitätsstr. 84, 93053 Regensburg


Subjective response to psychotropic drugs in psychiatric in-patients

The aim of the study was to examine subjective response to psychopharmacological treatment in psychiatric in-patients. 570 patients in two psychiatric state hospitals were surveyed using the German version of the drug attitude inventory (DAI-10). The response rate was 78% (n=446). 63% of patients attribute more positive characteristics to psychotropic drugs in general. 30 % of patients feel like in a daze and 46% feel tired and sluggish. 35% of patients do not take medication of their own choice and 70% of patients report that they take medication only when they are sick. Significant predictors for positive experiences are the use of antidepressants and atypical antipsychotics, but there is no significant difference between atypical and conventional antipsychotics. As subjective response is predictive for treatment outcome, compliance, and quality of life, the patients’ experiences of psychotropic drugs should be taken into consideration more.

Keywords: Psychotropic drugs, antipsychotics, antidepressants, psychiatric hospital

Psychopharmakotherapie 2006; 13(02)