Parkinson-Krankheit

Pramipexol als Option bei Depressionen


Dr. Heike Oberpichler-Schwenk Stuttgart

Depressionen bei Parkinson-Patienten werden oft nicht erkannt und dementsprechend unzureichend behandelt. Zur medikamentösen Therapie bei dieser Patientengruppe gibt es nur wenig Daten. Der Dopamin-Agonist Pramipexol (Sifrol®) hat bei Patienten mit oder ohne Parkinson-Syndrom antidepressive Wirkungen gezeigt.

Schätzungsweise 40 bis 50 % der Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom leiden an Depressionen. Allerdings wird die Depression in vielen Fällen nicht erkannt. Dazu trägt bei, dass wichtige Depressionssymptome nicht von Parkinson-Symptomen zu unterscheiden sind, wie zum Beispiel verkürzter Nachtschlaf und Tagesmüdigkeit, psychomotorische Hemmung, Hypomimie, Gedankenverarmung und Denkhemmung. Im Vergleich zu Depressionen im Rahmen affektiver Störungen überwiegen bei depressiven Parkinson-Patienten Dysphorie, Gereiztheit, Traurigkeit, Pessimismus und Suizidgedanken, seltener beobachtet man bei ihnen Schuld-, Bestrafungs- oder Versagensgefühle, Wahn, Halluzinationen und Suizidhandlungen.

Zur medikamentösen Therapie der Depression bei Parkinson-Patienten werden trizyklische Antidepressiva, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer eingesetzt. Allerdings gibt es nur wenig gesicherte Daten zu deren Wirksamkeit bei dieser Patientengruppe. Als wahrscheinlich wirksam gelten Nortriptylin und SSRI. Parkinson-Therapien bessern die Symptome nicht; Levodopa kann sogar zu einer Zunahme von Angst und Depressivität in den Off-Phasen führen, und die tiefe Hirnstimulation verursacht bei den meisten Patienten eine vorübergehende, zum Teil erhebliche Depression.

Den Dopamin-D3-Rezeptoren im mesolimbischen System wird eine Rolle bei der Entstehung von Depression und Anhedonie zugesprochen. Pramipexol (Sifrol®) bindet selektiver als andere Dopamin-Agonisten an D3-Rezeptoren. Dies wird als Erklärung für seine antidepressive und antianhedone Wirkung herangezogen, die in verschiedenen Untersuchungen beobachtet wurde. So zeigte sich in einer multizentrischen randomisierten Doppelblindstudie mit 174 Patienten mit unipolarer Depression (Major Depression) eine dosisabhängige antidepressive Wirkung.

Eine günstige Wirkung von Pramipexol auf Depressionen im Rahmen einer Parkinson-Krankheit zeigte sich unter anderem in einer Anwendungsbeobachtung mit 657 Patienten. Nach neunwöchiger Behandlung mit durchschnittlich 1,05 mg/Tag Pramipexol war die Zahl der Patienten mit leichter oder mäßig ausgeprägter Depression von etwa 300 bzw. knapp 150 auf etwa 250 bzw. 50 gesunken, die Zahl der Patienten ohne Depression war dementsprechend von etwa 200 auf etwa 350 gestiegen. Eine sehr deutliche Besserung war in Bezug auf die Anhedonie zu beobachten. Unter einfachblinden Bedingungen wurde die antidepressive Wirkung von Pramipexol und Sertralin bei 67 Parkinson-Patienten verglichen. Nach 7- bis 12-wöchiger Behandlung mit täglich 1,05 bis 3,15 mg Pramipexol oder 50 mg Sertralin war der Hamilton-Depressionsscore (HAMD17) in beiden Gruppen ähnlich stark gesunken, die Ansprechrate (mindestens 50%ige Abnahme des HAMD17-Scores) betrug in beiden Gruppen etwa 60 %. Eine Remission (HAMD17 <8) wurde von etwa 55 % in der Pramipexol-Gruppe und knapp 40 % in der Sertralin-Gruppe erreicht.

Pramipexol bietet einen interessanten Ansatz zur Therapie von Depressionen bei Parkinson-Patienten, insbesondere bei ausgeprägter Anhedonie. Eine Bestätigung der antidepressiven und antianhedonen Wirkungen in prospektiven randomisierten klinischen Studien mit größeren Patientengruppen ist erforderlich.

Quelle

Prof. Dr. Heinz Reichmann, Dresden, Satellitensymposium „Zurück zur Zukunft: Perspektiven schaffen für Parkinsonpatienten“, veranstaltet von Boehringer Ingelheim im Rahmen des 4. Deutschen Parkinson-Kongresses, Frankfurt/Main, 4. März 2005.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(04)