Atypische Neuroleptika

Verträglichkeit stützt Langzeiterfolg


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Atypische Neuroleptika verringern bei einer Langzeittherapie der Schizophrenie die Rückfallrate bei gleichzeitig verringertem Risiko für extrapyramidale Syndrome. Innerhalb der Gruppe sind jedoch Unterschiede in der individuellen Verträglichkeit der Substanzen zu beachten.

In der Akutphase einer Schizophrenie in den ersten Wochen bis Monaten steht die Symptomkontrolle im Vordergrund. Nach drei bis sechs Monaten gelangt der Patient in die postakute Stabilisierungsphase, anschließend folgt die Zeit der Rückfallprophylaxe. Die Langzeitbehandlung einer Schizophrenie erstreckt sich über 10 bis 15 bis 20 Jahre. Die meisten Studien dauern jedoch nur zwei Jahre.

Nach den vorliegenden Daten und Erkenntnissen ist aber davon auszugehen, dass eine kontinuierliche Therapie die Rückfallrate verringert und die Zahl der Rehospitalisierungen deutlich senkt. Verschiedene Studien haben ergeben, dass die Rehospitalisierungsraten innerhalb eines Behandlungsjahres mit atypischen Neuroleptika geringer sind als mit konventionellen Neuroleptika (Abb. 1).

Abb. 1. Rehospitalisierungsraten innerhalb eines Jahres bei Behandlung schizophrener Patienten mit konventionellen und atypischen Neuroleptika: Ergebnisse verschiedener Studien [nach Rüther]

Eine entscheidene Rolle für die Akzeptanz eines Arzneimittels in der Langzeittherapie spielt seine Verträglichkeit. Daten der AMSP aus den Jahren 1993 bis 2000 zeigen, dass es in der Langzeittherapie der Schizophrenie unterschiedliche Verträglichkeitsprofile gibt, die in Abhängigkeit von der Substanz und vom betroffenen Organ auftreten. Die Auswahl der geeigneten Substanz ist dann individuell für den einzelnen Patienten vorzunehmen.

Ein Diskussionspunkt ist beispielsweise die Auslösung eines Diabetes mellitus durch Langzeitbehandlung mit Neuroleptika. Hier ist die Datenlage leider unbefriedigend, eine klare Aussage ist nicht möglich. Ob sich das Risiko für einen Diabetes mellitus bei Therapie mit konventionellen und atypischen Neuroleptika unterscheidet, ist bislang unklar, einige Studien zeigen Unterschiede, andere wiederum nicht. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass schizophrene Patienten an sich schon eine höhere Inzidenz von Diabetes mellitus haben. Wichtig ist, den Patienten entsprechend zu überprüfen mit Messung des Glucosespiegels, des Bauchumfangs und Feststellung des Body Mass Index.

Gewichtsveränderungen sind weitere relativ häufig beobachtete unerwünschte Wirkungen einer Neuroleptika-Therapie. Hier gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Neuroleptika. Eine Verhaltenstherapie kann dem Patienten helfen, sein Gewicht besser zu kontrollieren.

Extrapyramidale Syndrome sind die folgenschwersten Nebenwirkungen der konventionellen Substanzen. Sie verringern die Lebensqualität, erfordern eine zusätzliche Medikation mit Anticholinergika, erhöhen das Risiko für Non-Compliance und die Entwicklung einer tardiven Dyskinesie und letztendlich für das Scheitern der therapeutischen Allianz zwischen Patient und Arzt. Diese unerwünschten Wirkungen treten bei den atypischen Neuroleptika wesentlich seltener auf als bei den konventionellen Substanzen.

In der Schizophrenia-Outpatient-Health-Outcomes-Studie (SOHO) werden unter Praxisbedingungen Langzeitdaten über drei Jahre gesammelt. Das subjektive Wohlbefinden (gemessen mit der Subjective well-being under neuroleptic treatment Scale – SWN) ist primärer Endpunkt. 12-Monatsdaten aus Deutschland zeigen, dass die mit Olanzapin (Zyprexa®) behandelten Patienten ihre Initialtherapie in 77,9 % der Fälle beibehalten hatten. Mit Risperidon waren es 67,0 %, mit Quetiapin 56,1 % und mit Amisulprid 57,4 %. Der mittlere SWN-Wert stieg bei den mit Olanzapin behandelten Patienten am stärksten, und zwar sowohl insgesamt als auch in drei von fünf Unterkategorien. Deutliche Unterschiede zeigten sich auch in der Häufigkeit eines extrapyramidalen Syndrom, es trat in der Olanzapin-Gruppe innerhalb von 12 Monaten am seltensten auf (Abb. 2).

Abb. 2. Häufigkeit eines extrapyramidalen Syndroms zu Behandlungsbeginn und nach 12 Monaten bei Patienten der deutschen SOHO-Studie [nach Czekalla]

Gute Verträglichkeit und Compliance sind wichtige Eckpfeiler einer Langzeittherapie, die eine erfolgreiche Rückfallprophylaxe bei Schizophrenie ermöglicht.

Quelle

Prof. Dr. med. E. Rüther, Göttingen, Prof. Dr. med. D. Naber, Hamburg, Satellitensymposium „Medikamentöse Langzeitbehandlung psychiatrischer Patienten – Therapieoptionen 2004“, veranstaltet von Lilly Pharma im Rahmen des DGPPN-Kongresses 2004, Berlin, 26. November 2005.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(02)