Neurologie

MAO-B-Hemmer im Parkinson-Frühstadium?


Susanne Wasielewski, Münster

MAO-B-Hemmer senkten im Vergleich zu Plazebo Symptome im Parkinson-Frühstadium, verzögerten und reduzierten die Gabe von Levodopa und verringerten die Häufigkeit motorischer Fluktuationen, ohne dass die Sterblichkeit stieg – wie in einer Metaanalyse gezeigt werden konnte.

MAO-B-Hemmer hemmen den Dopamin-Abbau, indem sie die Monoaminoxidase B hemmen. Der einzige in Deutschland zugelassene MAO-B-Hemmer ist Selegilin (z. B. Antiparkin®, Movergan®). Selegilin nahm einen rasanten Aufschwung als Antiparkinsonmittel, als Studien in den 80er Jahren, darunter die DATATOP-Studie, eine neuroprotektive Wirkung beschrieben. Der Aufschwung endete, als in einer 1995 veröffentlichten Studie der Parkinson’s Disease Research Group in Großbritannien (UK-PDRG) behauptet wurde, dass die Sterblichkeit von Patienten, die mit Selegilin und Levodopa behandelt wurden, um 57% höher war als die von Patienten, die mit Levodopa allein behandelt wurden.

Um den Stellenwert einer Therapie der frühen Parkinson-Krankheit mit MAO-B-Hemmer zu klären, wurden in einer Metaanalyse randomisierte Studien zusammengefasst, in denen MAO-B-Hemmer mit Levodopa oder Plazebo verglichen wurden. Die Studien wurden aus Datenbanken (Zeitraum 1966 bis 2003), Fachzeitschriften, Abstract-Büchern, Konferenzberichten und Literaturlisten zusammengetragen.

Als Parkinson-Frühstadium galt eine idiopathische Parkinson-Krankheit ohne motorische Komplikatonen, die bisher nicht oder nur sehr begrenzt (meist <1 Jahr) mit Antiparkinsonmitteln behandelt worden war. In den erfassten Studien wurden MAO-B-Hemmer (Selegilin, Lazabemid oder Rasagilin) allein oder zusammen mit Levodopa eingesetzt und mit Plazebo, Levodopa oder einer Kombination daraus verglichen.

17 Studien mit insgesamt 3525 Patienten entsprachen den Einschlusskriterien dieser Metaanalyse. In 13 Studien wurde Selegilin eingesetzt, in drei Lazabemid und in einer Rasagilin. Die Behandlung dauerte zwischen sechs Wochen und zehn Jahren. In sieben Studien wurden die Patienten länger als 18 Monate beobachtet. In zwölf Studien wurde ein MAO-B-Hemmer mit Plazebo verglichen.

Neun Studien mit Selegilin und eine mit Lazabemid lieferten Daten zur Sterblichkeit. Bei den mit MAO-B-Hemmern behandelten Patienten lag insgesamt keine erhöhte Sterblichkeit vor (Odds-Ratio 1,13). Allerdings stammten die meisten Daten aus zwei Studien: der UK-PDRG mit einer erhöhten Sterblichkeit unter der Kombinationstherapie Selegilin plus Levodopa und der DATATOP-Studie ohne erhöhte Sterblichkeit unter Selegilin-Monotherapie.

Der klinische Behinderungsgrad wurde in sechs Selegilin-Studien auf Skalen beurteilt. Mit Selegilin behandelte Patienten hatten nach drei Monaten auf der Unified Parkinson’s Disease Rating Scale einen um 2,6 besseren Gesamtpunktwert, einen um 1,8 Punkte besseren motorischen Wert und einen um 0,9 Punkte besseren Alltagsaktivitätenwert. Zwei Drittel der Patientendaten stammten aus der DATATOP-Studie.

Acht Studien, in denen die Therapie mit einem MAO-B-Hemmer mit Plazebo verglichen wurde, lieferten Daten zum Levodopa-Bedarf der Patienten. Der Bedarf an Levodopa war bei mit MAO-B-Hemmern Behandelten im Vergleich zu Patienten, die Plazebo erhielten, signifikant reduziert (Odds-Ratio 0,57). In zwei Studien, in denen Selegilin in Kombination mit Levodopa verabreicht wurde, war die notwendige Levodopa-Dosis in der Kombinationsgruppe um durchschnittlich 67 mg niedriger als in der Levodopa-Vergleichsgruppe.

Motorische Fluktuationen waren nach den Ergebnissen aus fünf Studien unter der Therapie mit MAO-B-Hemmern um 25% reduziert (Odds-Ratio 0,75). Dyskinesien waren allerdings ebenso häufig wie in der Kontrollgruppe (Odds-Ratio 0,97).

Nebenwirkungen traten bei Patienten mit MAO-B-Hemmern etwas häufiger auf (Odds-Ratio 1,36; p=0,04) und Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen waren bei mit MAO-B-Hemmern behandelten Patienten ebenfalls häufiger (Odds-Ratio 2,16). Zu Therapieabbrüchen kam es insgesamt vergleichbar häufig (Odds-Ratio 1,06).

Dieser Metaanalyse zufolge verminderten MAO-B-Hemmer Symptome im Parkinson-Frühstadium und verzögerten oder reduzierten den Levodopa-Bedarf. Die Häufigkeit motorischer Fluktuationen schien reduziert, was durch die verzögerte oder reduzierte Levodopa-Gabe oder aber die diskutierten neuroprotektiven Effekte der MAO-B-Hemmer bedingt sein könnte. Nebenwirkungen traten unter der Therapie mit MAO-B-Hemmer nicht wesentlich vermehrt auf, insbesondere aber konnte keine erhöhte Sterblichkeit nachgewiesen werden.

Diese Metaanalyse stellt somit eine nützliche Zusammenfassung von Daten der Therapie mit MAO-B-Hemmern im Parkinson-Frühstadium dar und lässt auf durchaus positive Effekte von Selegilin in dieser Indikation schließen. Insgesamt aber reichen die zusammengetragenen Daten nicht aus, um dies abschließend und für die Substanzklasse an sich zu bewerten. Studien, die Langzeitnutzen und -risiko einer Therapie mit MAO-B-Hemmern auch im Vergleich zu anderen Substanzklassen in der Parkinson-Therapie untersuchen, könnten hier weiteren Aufschluss geben.

Weiterhin wurden in dieser Metaanalyse möglicherweise Daten zusammengetragen, die nicht vergleichbar sind: Daten einer Monotherapie mit MAO-B-Hemmern und Daten einer Kombinationstherapie mit MAO-B-Hemmern und Levodopa. So besitzt eine Selegilin-Monotherapie bei Patienten ohne weitere Erkrankungen (DATATOP-Studie) vermutlich kein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko, während eine Kombinationstherapie bei Patienten mit eventuell zusätzlichen Erkrankungen (UK-PDRG-Studie) beispielsweise aufgrund pharmakologischer Interaktionen problematisch sein könnte.

Quellen

Ives NJ, et al. Monoamine oxidase type B inhibitors in early Parkinson’s disease: meta-analysis of 17 randomised trials involving 3525 patients. BMJ 2004;329:593–6.

Ben-ShlomoY, et al. Using monoamine oxidase type B inhibitors in parkinson’s disease. BMJ 2004;329:581–2.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(02)