Schmerztherapie

Pregabalin zur Behandlung der postherpetischen Neuralgie


Prof. Dr. med. H. C. Diener, Essen

Pregabalin ist in der Behandlung der postzosterischen Neuralgie wirksam und wird relativ gut vertragen.

Die postherpetische Neuralgie tritt üblicherweise nach einer Herpes-zoster-Infektion auf. Im Zeitraum von 6 Monaten nach der Primärinfektion leiden 10 bis 15 % aller Patienten unter chronisch neuropathischen Schmerzen. Prognostische Faktoren für das Auftreten der postherpetischen Neuralgie sind fortgeschrittenes Alter, maligne Tumoren, Diabetes mellitus und die Intensität des initialen Schmerzes. Die Therapie beschränkt sich bisher auf die Gabe von trizyklischen Antidepressiva und Opioiden.

Pregabalin (Lyrica®, Abb. 1) ist ein selektiver Ligand an der Alpha2-Delta-Untereinheit spannungsabhängiger Calciumkanäle und wirkt analgetisch, anxiolytisch und antikonvulsiv. Es bot sich daher an, Pregabalin zur Behandlung der postzosterischen Neuralgie zu untersuchen. Es handelte sich um eine multizentrische doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie an 238 Patienten mit postzosterischer Neuralgie. Definitionsgemäß konnten nur Patienten eingeschlossen werden, bei denen die Schmerzen länger als sechs Monate bestanden. Die Patienten mussten älter als 18 Jahre sein.

Abb. 1. Pregabalin

Einer 7-tägigen Baseline-Phase folgte eine 8-wöchige Behandlungsphase. Während dieser Zeit mussten Schmerztagebücher geführt werden. Patienten, bei denen zuvor eine Behandlung mit Gabapentin in einer Dosis von über 1200 mg/Tag erfolglos durchgeführt worden war, wurden von der Studie ausgeschlossen.

Neben der visuellen Analogskala zur Erfassung der Schmerzen wurde ein Score benutzt, der die Schlafstörungen erfasst, weiterhin eine Globale-Impression-of-Change-Skala, der SF-36 und die Zung-Depressionsskala.

81 Patienten wurden mit 150 mg/Tag Pregabalin, 76 mit 300 mg/Tag Pregabalin und 81 mit Plazebo behandelt. Das mittlere Alter der Patienten lag um 72 Jahre und die mittlere Dauer der postzosterischen Neuralgie betrug 44 Monate. Der mittlere Schmerzscore auf einer visuellen Analogskala zwischen 0 und 10 betrug zwischen 6,6 und 7,0. Etwa ein Drittel der Patienten nahm Analgetika ein, zwischen 12 und 17 % nichtsteroidale Antirheumatika und zwischen 17 und 22 % Antidepressiva.

Bereits nach einer Woche zeigte sich eine signifikante Überlegenheit beider Pregabalin-Gruppen gegenüber Plazebo in Bezug auf die Schmerzintensität. Zwischen den beiden Pregabalin-Dosierungen bestand kein Unterschied. Eine mindestens 50%ige Reduktion der Schmerzintensität (Responder) erfolgte bei 26 % der Patienten mit 150 mg Pregabalin, 28 % mit 300 mg Pregabalin und 10 % mit Plazebo. Dieser Unterschied war statistisch signifikant. Signifikante Unterschiede zugunsten von Pregabalin ergaben sich auch für die Besserung der Schlafstörungen, für die globale Einschätzung der Wirkung, für die Lebensqualität gemessen mit dem SF-36 und für die 300-mg-Dosis auf der Depressionsskala. Pregabalin wurde gut vertragen. Die am häufigst genannten Nebenwirkungen waren: Schwindel, Benommenheit, Ödeme, Kopfschmerzen und Mundtrockenheit. Die Nebenwirkungen waren bei der 300-mg-Dosis häufiger als bei der 150-mg-Dosis.

Diese große prospektive randomisierte Plazebo-kontrollierte Studie belegt eindeutig die Wirksamkeit von Pregabalin bei der Behandlung der postherpetischen Neuralgie. Dabei zeigt sich, dass die Substanz nicht nur die Schmerzen lindert, sondern auch andere Dimensionen chronischer Schmerzen wie Schlafstörungen, Depressivität und Befindlichkeit positiv beeinflusst. Kritisch muss allerdings angemerkt werden, dass eine Behandlungszeit von acht Wochen relativ gering ist und nicht ausschließt, dass es wie bei anderen Substanzen im Laufe der Zeit zu einer Gewöhnung und einen Wirkungsverlust kommen kann. Deshalb müssen mit dieser Substanz auch noch Langzeitstudien über einen Zeitraum von sechs Monaten durchgeführt werden.

Quelle

Sabatowski R, et al.; 1008-045 Study Group. Pregabalin reduces pain and improves sleep and mood distrubances in patients with post-herpetic neuralgia: results of a randomised, placebo-controlled clinical trial. Pain 2004;109:26-35.

Psychopharmakotherapie 2005; 12(01)