Demenzerkrankungen

Senken GLP-1-Rezeptoragonisten oder SGLT-2-Hemmer das Demenzrisiko bei Typ-2-Diabetes?


Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes mellitus waren in einer Studie in den USA sowohl Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) als auch Natrium-Glucose-Cotransporter-2-(SGLT-2-)Inhibitoren statistisch signifikant mit einem verringerten Risiko für Demenzen im Vergleich zu anderen Antidiabetika assoziiert. Zwischen den beiden Wirkstoffgruppen wurden keine Unterschiede im Demenzrisiko beobachtet.

Verschiedene Studien haben nahegelegt, dass GLP-1-RA und SGLT-2-Hemmer die Pathophysiologie von Demenzerkrankungen modulieren könnten. Bevölkerungsbezogene Studien zeigen einen möglichen Zusammenhang der Behandlung mit diesen Antidiabetika und einem verringerten Risiko für Demenzerkrankungen [1]. Daher sollte der Zusammenhang zwischen der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 mit GLP-1-RA und SGLT-2-Hemmern und dem Risiko für eine Alzheimer-Krankheit und andere Demenzerkrankungen untersucht werden.

Studiendesign

Für die Studie wurden elektronische Gesundheitsdaten des OneFlorida+ Clinical Research Konsortiums in den USA von Januar 2014 bis Juni 2023 verwendet. Die Patienten waren 50 Jahre oder älter mit einem Diabetes mellitus Typ 2 ohne vorherige Diagnose einer Demenz oder Therapie mit Antidementiva. Als Therapiebeginn galt das Datum der ersten Verordnung eines GLP-1-RA, eines SGLT-2-Hemmers oder einer anderen glucosesenkenden Zweitlinienmedikation ohne Verordnung einer dieser Therapien im vorangegangenen Jahr. Aus der Kohorte wurden drei paarweise Vergleiche gezogen: GLP-1-RA versus andere Antidiabetika, SGLT-2-I versus andere Antidiabetika und GLP-1-RA versus SGLT-2-I.

Die Diagnose einer Demenz wurde anhand klinischer Diagnosecodes in den elektronischen Krankenakten identifiziert. Erfasst wurden sowohl Alzheimer-Demenz als auch weitere Demenzformen wie vaskuläre Demenz, frontotemporale Demenz und Lewy-Body-Demenz. Hazard-Ratios (HR) mit 95%-Konfidenzintervall (KI) wurden mithilfe von Cox-Proportional-Hazard-Regressionsmodellen mit inverser Gewichtung der Behandlungswahrscheinlichkeit geschätzt.

Ergebnisse

Die Einschlusskriterien trafen auf 51 960 der erfassten 396 963 Typ-2-Diabetes-Patienten zu. Analysiert wurden folgende Kohorten:

  • GLP-1-RA versus andere Antidiabetika (n = 33 858, mittleres Alter 65 Jahre, 53,1 % weiblich)
  • SGLT-2-I versus andere Antidiabetika (n = 34 185, mittleres Alter 65,8 Jahre, 49,3 % weiblich
  • GLP-1-RA versus SGLT-2-I (n = 24 117, mittleres Alter, 63,8 Jahre, 51,7 % weiblich)

nach einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 3,5 Jahren. Die Inzidenzrate einer Demenzerkrankung bei GLP-1-RA im Vergleich zu anderen Antidiabetika war niedriger mit einem Ratenunterschied (RD) von –2,26 pro 1000 Personenjahre (Tab. 1). Das gleiche galt für SGLT-2-I im Vergleich zu anderen Antidiabetika mit einem RD von –3,05 pro 1000 Personenjahre. Zwischen GLP-1-RA und SGLT-2-I gab es keinen Unterschied (Tab. 1).

Tab. 1. Demenzrisiko in den drei Studienkohorten von Typ-2-Diabetespatienten [Tang et al. 2025]

Vergleich

Dauer des Follow-up [Jahre]

Inzidenzrate pro 1000 Personenjahre

Ratendifferenz pro 1000 Personenjahre

Hazard-Ratio (95%-KI)

GLP-1-RA vs. andere Antidiabetika

  • GLP-1-RA

4,20

4,35

–2,26 (–2,88 bis –1,64)

0,67 0,47 bis 0,96)

  • Andere Antidiabetika

3,26

6,60

0 (Referenz)

1 (Referenz)

SGLT-2-I vs. andere Antidiabetika

  • SGLT-2-I

3,32

4,19

–3,05 (–3,68 bis –2,42)

0,57 (0,43 bis 0,75)

  • Andere Antidiabetika

3,19

7,23

0 (Referenz)

1 (Referenz)

GLP-1-RA vs. SGLT-2-I

  • GLP-1-RA

2,30

3,65

–0,09 (–0,80 bis 0,63)

0,97 (0,72 bis 1,32)

  • SGLT-2-I

2,32

3,74

0 (Referenz)

1 (Referenz)

GLP-1-RA: Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptoragonisten; SGLT-2-I: Natrium-Glucose-Cotransporter-2-Inhibitor; KI: Konfidenzintervall


Kommentar

Diese bevölkerungsbezogene Kohortenstudie in den USA ergab, dass die Therapie mit GLP-1-RA und SGLT-2-I bei Menschen mit Diabetes mellitus im Vergleich zu anderen Zweitlinientherapien das Demenzrisiko reduzieren. Die Anwendung von GLP-1-RA war mit einem um 33 % niedrigeren Risiko assoziiert und die Verwendung von SGLT-2-I mit einem 43 % niedrigeren Risiko im Vergleich zu anderen Antidiabetika. Die Studienergebnisse stimmen mit früheren Beobachtungsstudien und Metaanalysen überein [2]. GLP-1-RA können eine Neuroinflammation verringern und die Neurogenese fördern. Sie können auch die synaptische Plastizität verbessern und die Amyloid-beta- und Tau-Pathologie, die Kennzeichen der Alzheimer-Krankheit sind, verbessern. In ähnlicher Weise können SGLT-2-I wirken, indem sie zu einer verbesserten zerebralen Durchblutung führen, oxidativen Stress reduzieren und mitochondriale Funktionen positiv beeinflussen. Wichtig ist allerdings, dass es sich hier um Beobachtungsstudien und nicht um randomisierte Therapiestudien handelt. Solche werden aber derzeit durchgeführt.

Quelle

Tang H,et al. GLP-1RA and SGLT2i medications for type 2 diabetes and Alzheimer disease and related dementias. JAMA Neurol. Published online April 7, 2025. doi: 10.1001/jamaneurol.2025.0353r.

Literatur

1. He D, et al. Is it time to repurpose geroprotective diabetes medications for prevention of dementia? J Am Geriatr Soc 2023;71:2041–5. doi: 10.1111/jgs.18405.

2. Tang H, Newer glucose-lowering drugs and risk of dementia: A systematic review and meta-analysis of observational studies. J Am Geriatr Soc 2023;71:2096–106. doi: 10.1111/jgs.18306

Psychopharmakotherapie 2025; 32(03):105-121