Suchterkrankungen

Nikotinersatz- plus Verhaltenstherapie reduziert Zigarettenkonsum während Opioid-Substitution


Dr. Alexander Pensler, Braunschweig

Eine Nikotinersatztherapie in Kombination mit einer verhaltenstherapeutischen Kurzzeitbehandlung kann den Zigarettenkonsum während einer Substitutionsbehandlung bei Opioid-Abhängigkeit signifikant reduzieren – das zeigt eine neue multizentrische Studie. Auch wenn damit in der Regel kein vollständiger Rauchstopp erreicht wird, empfehlen die Studienautoren, diese Maßnahmen zur Reduktion des Zigarettenkonsums zusätzlich zur Behandlung mit Opioid-Agonisten durchzuführen.

Etwa 85 % der Patienten mit einer Opioid-Abhängigkeit weisen eine komorbide Tabakabhängigkeit auf, die wiederum zu Erkrankungen wie der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) oder zu allgemein krankhaften Veränderungen des Lungengewebes führen kann [1]. Tatsächlich machen mit dem Rauchen verbundene Erkrankungen ungefähr 50 % der Morbidität bei Opioidabhängigen aus. Wenn weniger geraucht wird, kann verständlicherweise das Gesundheitsrisiko für Lungen- oder Speiseröhrenkrebs, Erkrankungen des Gefäßsystems oder COPD gesenkt werden. Eine Raucherentwöhnung mit einer Nikotinersatztherapie oder Verhaltenstherapie hat in früheren Studien eine Verbesserung der Rauchabstinenz gezeigt [3].

Bei Rauchern mit einer Opioid-Abhängigkeit war eine Nikotinersatztherapie jedoch nur wenig wirksam, während eine isolierte Verhaltenstherapie bei dieser Personen-Gruppe keine Effekte zeigte. Die Autoren einer aktuellen Studie untersuchten daher, ob eine Kombination aus Nikotinersatztherapie mit Pflastern, Kaugummis oder Lutschtabletten und einer kurzzeitigen Verhaltenstherapie den Zigarettenkonsum deutlich reduzieren kann. Obwohl frühere Studien bereits eine Halbierung des Zigarettenkonsums in anderen Personengruppen nachweisen konnten, fehlte bisher eine Studie in der speziellen Gruppe der Opioidabhängigen [2].

Studiendesign

Die randomisierte klinische Studie in sieben spezialisierten Opioid-Entzugskliniken in Norwegen lief von April 2022 bis Oktober 2023 (Tab. 1). Teilnahmeberechtigt waren opioidabhängige Personen, die eine Opioid-Agonisten-Therapie mit Buprenorphin, Methadon oder Morphinsulfat-Formulierungen erhielten und mindestens eine Zigarette pro Tag rauchten.

Tab. 1. Studiendesign im Überblick [Druckrey-Fiskaaen et al. 2025]

Studientyp/-design

Multizentrische, 1 : 1-randomisierte, teil-verblindete klinische Studie

Eingeschlossene Patienten

Personen unter Substitutionstherapie mit einem Opioid-Agonisten

Interventionen

  • Zusätzlich zur Opioid-Substitutionstherapie: Nikotinersatztherapie mit Pflastern, Lutschtabletten oder Kaugummis und eine wöchentliche Verhaltenstherapie für 16 Wochen (n = 135)
  • Kontrollgruppe (n = 124) erhielt ausschließlich eine Substitutionstherapie

Primärer Endpunkt

Verringerung der Anzahl gerauchter Zigaretten um mindestens 50 %

Studienregisternummer

NCT05290025

Eine Randomisierung erfolgte 1 : 1 und nach Studienort. Auf eine vollständige Verblindung wurde wegen organisatorischer Schwierigkeiten und verminderter Validität verzichtet. Als primärer Endpunkt wurde eine Reduktion der Anzahl gerauchter Zigaretten um mindestens 50 % festgelegt. Die Menge des Zigarettenkonsums wurde von den Teilnehmenden mittels der Timeline-Followback-Methode (TLFB) eigenständig angegeben.

Den Studienteilnehmern in der Interventionsgruppe wurde die Teilnahme an einem integrierten Programm zur Raucherentwöhnung angeboten. Die Personen der Kontrollgruppe erhielten ausschließlich eine Opioid-Ersatztherapie. Das integrierte Programm zur Raucherentwöhnung bestand aus insgesamt 16 wöchentlichen verhaltenstherapeutischen Sitzungen und der Bereitstellung einer Nikotinersatztherapie in Form von Nikotinpflaster (7–21 mg/24 h) oder Nikotinlutschtabletten bzw. -kaugummis (in 1- oder 2-mg-Einheiten). In den verhaltenstherapeutischen Sitzungen wurden Themen rund um das Rauchverhalten in der vergangenen Woche angesprochen, ebenso die Möglichkeiten, das Rauchen zu reduzieren oder einzustellen, und es wurde ein individuelles Ziel definiert. Der Zigarettenkonsum des vergangenen Tags wurde dokumentiert, und den Probenden wurde die Nikotinersatztherapie für die kommende Woche ausgehändigt.

Ergebnisse

Insgesamt konnten 259 Teilnehmende in die Auswertung einbezogen werden, davon 135 Personen in der Interventionsgruppe und 124 Personen in der Kontrollgruppe. Das Durchschnittsalter betrug 48,5 Jahre (Standardabweichung [SD] 10,4 Jahre). Die Teilnehmenden gaben zu Studienbeginn einen mittleren Zigarettenkonsum von 20,4 Packungsjahren an (SD 15,7).

In der Interventionsgruppe konnten rund 30 % der Patienten ihren Zigarettenkonsum pro Tag innerhalb des 16-wöchigen Studienzeitraums mindestens halbieren (40 von 135 Personen). Demgegenüber konnten in der Kontrollgruppe nur rund 17 % der Patienten (21/124) die Anzahl der gerauchten Zigaretten bis zum Studienende halbieren. Folglich konnten in der Interventionsgruppe fast doppelt so viele Patienten ihren Zigarettenkonsum halbieren wie in der Kontrollgruppe (Odds-Ratio 2,07; 95%-Konfidenzintervall 1,14 bis 3,75), was einen signifikanten Unterschied darstellt.

Fazit der Autoren

Eine Kombination aus Nikotinersatztherapie und Verhaltenstherapie, die zusätzlich zur Substitutionsbehandlung mit Opioid-Agonisten angeboten wurde, konnte den Zigarettenkonsum der Interventionsgruppe im Durchschnitt deutlich reduzieren. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass diese Maßnahmen generell begleitend zur Substitutionsbehandlung mit Opioid-Agonisten angeboten werden sollten.

Kommentar

Menschen mit Opioid-Abhängigkeit sind sehr häufig auch Raucher. Eine Substitutionsbehandlung wegen der Opioid-Abhängigkeit bedingt einen regelmäßigen Kontakt mit den Patienten, und es ist grundsätzlich eine gute Idee, diesen Kontakt zu nutzen, um den Patienten eine Tabakentwöhnung nahezulegen und bei dieser zu unterstützen. Die vorliegende Studie zeigt, wie das funktionieren kann.

Bei der Interpretation der Studienergebnisse sind allerdings ein paar methodische Schwächen zu berücksichtigen. Die Studie war nicht vollständig verblindet, und der Endpunkt stützte sich im Wesentlichen auf die Selbstauskunft der Probanden; lediglich am Studienende wurde dies laborchemisch durch Messung des ausgeatmeten Kohlenmonoxids verifiziert.

Trotz dieser Schwächen kann die Studie dazu ermuntern, Patienten in Substitutionsbehandlung auf ihren Tabakkonsum anzusprechen und für eine Entwöhnung zu motivieren.

Heike Oberpichler-Schwenk (PPT-Redaktion)

Quelle

Druckrey-Fiskaaen KT, et al. Integrated nicotine replacement and behavioral support to reduce smoking in opioid agonist therapy: a randomized clinical trial. JAMA Psychiatry 2025;82:406–14.

Literatur

1. Guydish J, et al. An international systematic review of smoking prevalence in addiction treatment. Addiction 2016;111:220–30.

2. Hartmann-Boyce J, et al. Behavioural interventions for smoking cessation: an overview and network meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev 2021;1:CD013 229.

3. Thurgood SL, et al. A systematic review of smoking cessation interventions for adults in substance abuse treatment or recovery. Nicotine Tob Res 2016;18:993–1001.

Psychopharmakotherapie 2025; 32(03):105-121