Lara Hahn, Stuttgart
Das atypische Antipsychotikum Cariprazin ist zur Behandlung von Schizophrenie bei Erwachsenen indiziert. Die Food and Drug Administration hat den Wirkstoff zudem zur akuten Therapie von manischen oder gemischten Episoden in Zusammenhang mit Bipolar-I-Störungen und als Augmentationstherapie bei der Major Depression (MD) zugelassen. Da Patienten mit MD in rund 30 % der Fälle nicht ausreichend auf eine antidepressive Monotherapie ansprechen, empfehlen die Leitlinien, z. B. die Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression, unter anderem eine Augmentation mit einem Zweitgenerationsantipsychotikum (Quetiapin, Olanzapin, Risperidon, Aripiprazol). Mittels der Analyse gepoolter Daten wurden nun die Sicherheit und Verträglichkeit von Cariprazin als Augmentation zur laufenden Therapie bei Patienten mit MD und einem unzureichenden Ansprechen auf die antidepressive Monotherapie dargestellt.
Studiendesign
In die Post-hoc-Analyse wurden fünf Studien eingeschlossen (Tab. 1). In der Hauptanalyse bewerteten die Studienautoren die gepoolten Daten aus zwei Phase-III-Studien mit festen Dosierungen (FeD) von Cariprazin (1,5 und 3 mg/Tag) zu der laufenden antidepressiven Therapie bezüglich Sicherheit und Verträglichkeit des Antipsychotikums. In einer zusätzlichen Sicherheitsanalyse wurden die Daten der beiden FeD-Studien und von drei Studien mit flexibler Dosierung (FlD) zusammengefasst und nach modaler Tagesdosis gruppiert, um beispielweise auch Titrationen bis zur Enddosis zu berücksichtigen. Ziel der separaten Analyse war die Darstellung der Gesamtpopulation sowie die Vergrößerung der Stichprobe. Die Dosierungen der FlD-Studien schließen einen Bereich von 0,1 mg/Tag bis 4,5 mg/Tag ein.
Tab. 1. Studiendesign [Thase et al. 2024]
Erkrankung |
Major Depression |
Studienziel |
Sicherheit und Verträglichkeit von Cariprazin zur Augmentationstherapie der Major Depression |
Studientyp/-design |
Gepoolte Analyse von fünf randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten, Parallel-Gruppen Phase-IIb-/Phase-III-Studien |
Eingeschlossene Studien |
Feste Dosis:
Flexible Dosis:
|
Primäre Endpunkte |
Sicherheit von Cariprazin plus laufende antidepressive Therapie |
Sponsor |
AbbVie |
In den betrachteten Studien wurde die Add-on-Therapie zusätzlich zu der laufenden Therapie des jeweiligen Patienten gegeben. Keiner der Patienten erhielt eine Cariprazin-Monotherapie. Eingeschlossen waren weibliche und männliche Patienten mit einer diagnostizierten Major Depression und einer aktuell mindestens acht Wochen anhaltenden depressiven Episode ohne ausreichendes Ansprechen auf die antidepressive Therapie. Die Sicherheitsparameter beinhalteten Nebenwirkungen (wie extrapyramidal-motorische Symptome, Suizidalität und Manien) und Veränderungen in klinischen Laborwerten, Vitalzeichen oder im Elektrokardiogramm.
Studienergebnisse
Die Ergebnisse der Hauptanalyse mit 1508 Patienten decken sich mit dem bekannten Sicherheitsprofil von Cariprazin bei den Indikationen Schizophrenie, bipolare Manie und bipolare Depression; keine neue Risikosignale wurden ermittelt. Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) waren mild bis moderat. Die häufigsten UAW sind in Tabelle 2 dargestellt. Bei Akathisie und Insomnie war eine potenzielle Dosisabhängigkeit erkennbar. In der Cariprazin-Gruppe kam es nicht häufiger zu Manien als in der Placebo-Gruppe. Cariprazin hat insgesamt ein neutrales metabolisches Profil und auch die kardiovaskuläre Sicherheit und die Suizidalität waren ähnlich zur Placebo-Gruppe. Die Ergebnisse der zusätzlichen Analyse, unter Einschluss von 3077 Patienten, stimmten mit denen der Hauptanalyse überein.
Tab. 2. Anteil aufgetretener Nebenwirkungen der Hauptanalyse [Thase et al. 2024]
UAW |
Placebo + LAT |
Cariprazin 1,5 mg/Tag + LAT |
Cariprazin 3 mg/Tag + LAT |
Akathisie |
2,0 % |
6,4 % |
9,7 % |
Nausea |
3,0 % |
6,8 % |
6,4 % |
Insomnie |
3,8 % |
6,8 % |
8,2 % |
Durch extrapyramidale Symptome bedingte UAW |
6,0 % |
12,5 % |
16,7 % |
LAT: laufende antidepressive Therapie; UAW: unerwünschte Arzneimittelwirkung
Fazit der Studienautoren
Die Studienautoren kamen zu dem Schluss, dass die Augmentation mit Cariprazin bei einer Major Depression ohne adäquates Ansprechen auf die laufende antidepressive Monotherapie sicher und gut verträglich ist. Die leichten bis moderaten Nebenwirkungen sowie das gute metabolische Profil wurden durch die zusätzliche Analyse gestützt. Bei der FeD-Therapie gab es weniger UAW, was die Autoren auf eine schnellere Dosistitration bei den FlD-Studien zurückführten. Eine langsamere Dosistitration in der klinischen Praxis wird aufgrund besserer Verträglichkeit empfohlen. Limitiert wird die Studie unter anderem durch den Ausschluss von Teilnehmern mit komplexeren Konditionen und Komorbiditäten. Cariprazin wurde hier im Vergleich zu Placebo evaluiert; mit Blick auf die breite Anwendung wäre noch der Vergleich mit anderen gebräuchlichen Antipschotika interessant.
Quelle
Thase ME, et al. Safety and tolerability of cariprazine for the adjunctive treatment of major depressive disorder: a pooled analysis of phase 2b/phase 3 clinical trials. Int Clin Psychopharmacol 2025 ;40:27–36. doi: 10.1097/YIC.0000000000000528. Epub 2024 Nov 27.
Psychopharmakotherapie 2025; 32(03):105-121