Prof. Hans-Christoph Diener, Essen
Die Empfehlungen der Europäischen Schlaganfall-Organisation zum Einsatz von Tenecteplase beim akuten ischämischen Schlaganfall empfehlen, dass Tenecteplase 0,25 mg/kg alternativ zu Alteplase bei einem akuten ischämischen Schlaganfall innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Symptome eingesetzt werden kann [1]. Seit der Veröffentlichung dieser Leitlinien gibt es vier weitere randomisierte kontrollierte klinische Studien.
Studiendesign
Die Autoren führten eine Literaturrecherche durch und anschließend eine Metaanalyse (Tab. 1). Berücksichtigt wurden RCTs, in der die Wirksamkeit und Sicherheit von Tenecteplase (0,25 mg/kg) im Vergleich zu Alteplase (0,9 mg/kg) für die Behandlung von akuten ischämischen Schlaganfällen innerhalb von 4,5 Stunden nach Beginn der Symptome untersucht wurden. Ein ausgezeichnetes funktionelles Ergebnis nach drei Monaten mit einem modifizierten Rankin-Skala (mRS)-Score von 0–1 stellte den primären Endpunkt dar. Weitere Endpunkte waren ein gutes funktionelles Ergebnis (mRS-Score 0–2), eine reduzierte Behinderung nach drei Monaten (≥ 1-Punkt-Reduktion über alle mRS-Scores), symptomatische intrakranielle Blutungen und die Drei-Monats-Mortalität. Die gepoolten Schätzungen wurden mit einem Modell mit zufälligen Effekten berechnet.
Tab. 1. Studiendesign [Palaiodimou et al. 2024]
Erkrankung |
Akuter ischämischer Schlaganfall |
Studienziel |
Beurteilung von Wirksamkeit und Sicherheit von Tenecte-plase im Vergleich zu Alteplase |
Studientyp |
Metaanalyse |
Eingeschlossene Studien |
Elf randomisierte kontrollierte klinische Studien |
Sponsor |
Firmenunabhängig |
PROSPERO-Register-Nr. |
CRD42024535995 |
PROSPERO: International Prospective Register of Ongoing Systematic Reviews
Ergebnisse
Es wurden elf RCTs ausgewertet mit insgesamt 3788 mit Tenecteplase behandelten Patienten gegenüber 3757 Patienten, die mit Alteplase behandelt wurden. Tenecteplase war mit einer geringfügig höheren Wahrscheinlichkeit eines ausgezeichneten funktionellen Ergebnisses assoziiert (Tab. 2); die Risikodifferenz betrug 2,95 % (95%-Konfidenzintervall [KI] 0,76–5,14). Außerdem fand sich eine geringere Behinderung nach drei Monaten (Odds-Ratio 1,10; 95%-KI 1,01–1,19) im Vergleich zu Alteplase. Die Ergebnisse der sekundären Endpunkte sind in Tabelle 2 aufgeführt.
Tab. 2. Studienergebnisse [Palaiodimou et al. 2024]
Endpunkt |
Relatives Risiko |
95%-KI (p-Wert) |
|
Primärer Endpunkt |
mRS-Score 0–1 |
1,05 % |
1,01–1,10 (0,012) |
Sekundäre Endpunkte |
mRS-Score 0–2 |
1,03 % |
0,99–1,07 (0,142) |
Symptomatische intrazerebrale Blutungen |
1,12 % |
0,83–1,53 (0,456) |
|
Drei-Monats-Mortalität |
0,97 % |
0,82–1,15 (0,727) |
KI: Konfidenzintervall; mRS-Score: modifizierte Rankin-Skala
Kommentar
Diese Metaanalyse mit über 7500 Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall zeigt, dass im 4,5-Stunden-Fenster eine Thrombolyse mit Tenecteplase ein etwas besseres funktionelles Ergebnis erbringt als eine Thrombolyse mit Alteplase. Der absolute Unterschied für den primären Endpunkt, ein mRS-Wert von 0 bis 1 nach 90 Tagen ist allerdings nur 3 %. Daher ist es nicht verständlich, dass die Autoren dieser Metaanalyse fordern, dass in Zukunft die Thrombolyse nur noch mit Tenecteplase erfolgen sollte. Es muss auch berücksichtigt werden, dass Tenecteplase etwa 20 % teurer ist als Alteplase. Der Vorteil von Tenecteplase ist, dass die Therapie als Bolus erfolgt. Daher eignet sich Tenecteplase vor allem für Schlaganfallpatienten, die in ein Zentrum zur Thrombektomie verlegt werden.
Quelle
Palaiodimou L, et al. Tenecteplase vs. alteplase in acute ischemic stroke within 4.5 hours: a systematic review and meta-analysis of randomized trials. Neurology 2024;103:e209903.
Literatur
1. Berge E, et al. European Stroke Organisation (ESO) guidelines on intravenous thrombolysis for acute ischaemic stroke. Eur Stroke J. 2021;6(1):I-lxii
Psychopharmakotherapie 2025; 32(01):37-45