Simone Reisdorf, Erfurt
Insgesamt 1736 Patienten aus 277 Zentren in 8 Ländern waren in die verblindete, randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie TRAILBLAZER-ALZ 2 eingeschlossen. Voraussetzung für die Teilnahme waren
- ein Lebensalter von 60 bis 85 Jahren,
- eine nachgewiesene Alzheimer-Demenz (MMSE 20–28 Punkte; MCI oder milde Demenz) sowie
- eine in der PET-Bildgebung sichtbare Anreicherung von Amyloidplaques und Tau-Protein im Gehirn.
Mehrheit hatte geringe bis moderate Tau-Pathologie
Die 1736 Teilnehmer wurden im Verhältnis 1 : 1 auf eine Behandlung mit Donanemab, einem spezifisch gegen das unlösliche Beta-Amyloid gerichteten Antikörper, oder Placebo randomisiert. Die Studienmedikation wurde alle vier Wochen i. v. appliziert. Die große Subgruppe der Patienten mit niedrig bis moderat ausgeprägter Tau-Pathologie (n = 1182) wurde zudem noch gesondert ausgewertet, um Vergleiche mit der Vorgängerstudie TRAILBLAZER-ALZ zu ermöglichen.
Verzögerter Krankheitsverlauf unter Donanemab
Sowohl im primären Endpunkt – der Veränderung im iADRS-Score bis Woche 76 – als auch in fast allen sekundären Endpunkten schnitten die Patienten unter Donanemab besser ab als diejenigen unter Placebo (Tab. 1). So verringerten sich die kognitiven Fähigkeiten, gemessen mittels iADRS (Maximalwert: 144 Punkte), unter Donanemab um etwa drei Absolutpunkte weniger als unter der Scheinmedikation. Auch andere Scores zeigten, dass unter Donanemab der Krankheitsverlauf etwas gebremst werden konnte.
Tab. 1. Primäre und sekundäre Ergebnisse der TRAILBLAZER-ALZ 2-Studie nach 76 Wochen (Auswahl)
Subgruppe mit geringer oder moderater |
Gesamtkollektiv |
|||||
Endpunkt |
Donanemab |
Placebo |
Differenz1 |
Donanemab |
Placebo |
Differenz1 |
iADRS* |
–6,02 |
–9,27 |
3,25 |
–10,19 |
–13,11 |
2,92 |
|
p < 0,001 |
p < 0,001 |
||||
|
35,1 % |
22,3 % |
||||
CDR-SB* |
1,20 |
1,88 |
–0,67 |
1,72 |
2,42 |
–0,70 |
|
p < 0,001 |
p < 0,001 |
||||
|
36,0 % |
28,9 % |
||||
ADCS-iADL* |
–2,76 |
–4,59 |
1,83 |
–4,42 |
–6,13 |
1,70 |
|
p < 0,001 |
p < 0,001 |
||||
|
39,9 % |
27,8 % |
||||
ADAS-Cog13* |
3,17 |
4,69 |
–1,52 |
5,46 |
6,79 |
–1,33 |
|
p < 0,001 |
p < 0,001 |
||||
|
32,4 % |
19,5 % |
||||
Veränderung Amyloidplaque-Last im Gehirn (in Centiloids)2 |
–88,0 |
+0,2 |
–87,0 |
–0,67 |
||
Anteil der Patienten, die bis Woche 24 eine Amyloidclearance erreichten |
34,5 % |
0,2 % |
29,7 % |
0,2 % |
||
Anteil der Patienten, die bis Woche 76 eine Amyloidclearance erreichten |
80,1 % |
0,0 % |
76,4 % |
0,3 % |
1 signifikant jeweils zugunsten von Donanemab; 2 Centiloids: Maßeinheit zur Gewährleistung der Vergleichbarkeit von PET-Untersuchungen mit verschiedenen Tracern. 0 Centiloids = Tracer-Aufnahme bei gesunden jungen Menschen; 100 Centiloids = Tracer-Aufnahme bei typischen Alzheimerpatienten im Demenzstadium. * s. Kasten „Abkürzungen“
Abkürzungen:
ADAS-Cog13: Alzheimer Disease Assessment Scale – 13-item cognitive subscale
ADCS-iADL: Alzheimer Disease Cooperative Study – instrumental Activities of Daily Living
ARIA: Amyloid-Related Imaging Abnormalities
CDR-SB: Clinical Dementia Rating Scale – Sum of Boxes
iADRS: integrated Alzheimer Disease Rating Scale
MCI: Minimal Cognitive Impairment (Deutsch: milde kognitive Beeinträchtigung)
MMSE: Mini Mental Status Examination (Deutsch: Mini Mental Status Test, MMST)
PET: Positronen-Emissions-Tomographie
Zudem ging die Menge der Amyloid- und Tau-Ablagerungen unter Donanemab signifikant zurück, während sie in der Kontrollgruppe praktisch unverändert blieb. In Woche 76, nach anderthalb Jahren, konnten die Gehirne von mehr als 75 % der Donanemab-Patienten als „amyloidfrei“ bewertet werden.
Verträglichkeit: Auf Amyloid-assoziierte Anomalien achten
Unerwünschte Ereignisse (UE), die unter Donanemab häufiger vorkamen als unter Placebo, betrafen neben Infusionsreaktionen vor allem Amyloid-assoziierte Anomalien in der Bildgebung (ARIA) – etwa Ödeme und Ergüsse (ARIA-E) oder Mikroblutungen und Hämosiderin-Ablagerungen (ARIA-H) – sowie deren Folgen. Patienten, bei denen solche Ereignisse im Vorfeld bekannt waren, waren von der Studie ausgeschlossen.
Schwerwiegende UE traten bei 17,4 % der Teilnehmer unter Donanemab vs. 15,8 % der Teilnehmer unter Placebo auf. 16 Patienten (1,9 %) der Donanemab- vs. 10 Patienten (1,1 %) der Placebo-Gruppe starben; davon wurden 3 vs. 1 Todesfall (0,4 vs. 0,1 %) als „therapiebezogen“ eingestuft.
Die aktiv behandelten Patienten hatten zudem etwas häufiger Kopfschmerzen (14,0 %) als die Patienten der Kontrollgruppe (9,8 %).
Fazit: Krankheitsprogress bei frühem Alzheimer verlangsamt
Donanemab verlangsamte bei Teilnehmern mit frühsymptomatischer Alzheimererkrankung und nachgewiesener Amyloid- und Tau-Pathologie über 76 Wochen signifikant das Fortschreiten der Erkrankung, unabhängig von der Last an Tau-Protein zu Studienbeginn. Die Risiken im Zusammenhang mit ARIA-Ereignissen und die Optionen zu deren Bewältigung sollten weiter untersucht werden.
Quelle
Sims JR, et al. Donanemab in early symptomatic Alzheimer disease: The TRAILBLAZER-ALZ 2 randomized clinical trial. JAMA, published online July 17, 2023, DOI: 10.1001/jama.2023.13239
Psychopharmakotherapie 2023; 30(05):174-181