Parkinson-Krankheit

Management von Off-Episoden mit inhalativem Levodopa


Sabine M. Rüdesheim, Frechen

Mit inhalativem Levodopa können Off-Episoden schnell überwunden werden – auch bei Patienten mit eingeschränkter Motilität oder Schluckstörungen. Arzneimittelformulierung und Verabreichungssystem ermöglichen eine reproduzierbare und bequeme Verabreichung der Behandlung, wie erste Erfahrungen aus dem Praxisalltag bestätigen, die bei einem von Esteve veranstalteten Symposium im Rahmen des DGN-Kongresses 2022 vorgestellt wurden.

Zur Behandlung von Morbus Parkinson gilt Levodopa in Kombination mit einem Dopa-Decarboxylase-Inhibitor als Goldstandard. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung steigt jedoch oft die Einnahmefrequenz von Medikamenten aufgrund zusätzlicher Symptome. Gleichzeitig ist die Aufnahme der Medikation oft durch gastrointestinale Motilitätsstörungen vermindert. Hinzu kommt, dass viele Betroffene schon in der Frühphase der Erkrankung unter oropharyngealer Dysphagie leiden, die jedoch von Patienten und Ärzten oft nicht adäquat wahrgenommen wird und meist lediglich mithilfe apparativer Diagnostik festgestellt werden kann. Dabei sind Kapseln noch am einfachsten zu schlucken, während ovale Tabletten am schwierigsten zu schlucken waren, wie eine prospektive, kontrollierte Kohortenstudie zeigte [1].

Neue Therapieoption: inhalatives Levodopa

Dysphagie führt jedoch nicht nur zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität, sondern auch zu einer unzureichenden Arzneimittelwirkung, die mit zu episodischen motorischen Fluktuationen (Off-Episoden) beitragen kann. Zur Überwindung der Off-Phase stehen mit löslichem Levodopa oder subkutan injiziertem Apomorphin bereits schnell wirksame Arzneimittel zur Verfügung. Für die Betroffenen stellt es jedoch eine Verbesserung dar, wenn die Behandlung von Off-Episoden unabhängig vom Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme und ihrer Zusammensetzung sowie mit einer nicht invasiven Applikationsform erfolgen kann, wie es mit dem seit Mitte 2022 in Deutschland zur Verfügung stehenden ersten inhalativen Levodopa-Medikament möglich ist [3]. Durch die pulmonale Absorption ist zudem der Wirkungseintritt schneller als bei oraler Gabe [5].

Die Ergebnisse der Placebo-kontrollierten, doppelblinden, randomisierten Zulassungsstudie zeigten eine schnelle und anhaltende Verbesserung der motorischen Funktionen: Bereits nach 10 Minuten verbesserten sich im Vergleich zu Placebo die Symptome, mit einem statistisch signifikanten Wirkungsmaximum nach 30 Minuten (10 vs. 6 Punkte in der Unified Parkinson Disease Rating Scale Teil III). Der Effekt hielt auch nach 60 Minuten noch an. Die Therapie wurde im Allgemeinen gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkung wurde mit 15,6 % Husten beobachtet – es wurde jedoch keine Beeinträchtigung der Lungenfunktion festgestellt und es traten lediglich wenige Dyskinesien auf [2].

Das Präparat kann im Bedarfsfall bis zu 5-mal täglich angewendet werden. Dafür werden zwei mit Levodopa-Pulver gefüllte Hartkapseln nacheinander in den Inhalator platziert und inhaliert. Pro Kapsel sind mehrere Atemzüge erlaubt. Die Applikation erfordert jedoch etwas Übung, deshalb sollten die Patienten in der richtigen Anwendung des Inhalators geschult werden – auch, um den Hustenreflex zu unterbinden. Dieser kann beispielsweise durch langsames und kontrolliertes Einatmen unterdrückt werden. Ist die Atemtechnik jedoch erst einmal erlernt, kann sie nahezu von allen Patienten angewendet werden.

Anwendererfahrungen aus der Praxis

Erste Erfahrungen unter Routinebedingungen seit Juni 2022 bestätigen die positiven Effekte des Einsatzes von inhalativem Levodopa bei guter Verträglichkeit. Fallbeispiele von noch im Berufsleben stehenden Betroffenen, bei denen die bisherigen Therapieversuche nicht zufriedenstellend waren, bestätigen neben der Wirksamkeit und Verträglichkeit auch die Akzeptanz der neuen Applikationsform, die für die Betroffenen eine wichtige Erweiterung der bisherigen Behandlungsmöglichkeiten darstellt.

Aufgrund ihrer hohen Variabilität sind Off-Phasen unter Umständen schwer zu erkennen. Zukünftig sollen mithilfe von tragbaren, technologiegestützten Sensoren (Wearables) Off-Episoden frühzeitig identifiziert werden können, um das therapeutische Fenster bestmöglich zu nutzen [4].

Quelle

Priv.-Doz. Dr. med. David Pedrosa, Marburg, Prof. Dr. med. Tobias Warnecke, Osnabrück, Dr. med. Michael Lorraine, Düsseldorf, Symposium „Management von OFF-Episoden mit inhalativem Levodopa“, veranstaltet von Esteve Pharmaceuticals GmbH im Rahmen des DGN-Kongresses, Berlin, 4. November 2022.

Literatur

1. Buhmann C, et al. Pill swallowing in Parkinson’s disease: A prospective study based on flexible endoscopic evaluation of swallowing. Parkinsonism Relat Disord 2019;62:51–6.

2. LeWitt PA, et al. Safety and efficacy of CVT-301 (levodopa inhalation powder) on motor function during off periods in patients with Parkinson’s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet Neurol 2019;18:145–54.

3. Safirstein BE, et al. Pharmacokinetics of inhaled levodopa administered with oral carbidopa in the fed state in patients with Parkinson’s disease. Clin Ther 2020;42:1034–46.

4. Tabatabaei SAH, et al. Machine learning techniques for Parkinson’s disease detection using wearables during a timed-up-and-go-test. Curr Dir Biomed Eng 2020;6:20203097.

5. Ye V, et al. The future of dry powder inhaled therapy: Promising or discouraging for systemic disorders? Int J Pharm 2022;614:121457.

Psychopharmakotherapie 2023; 30(01):30-37