Die Anwendung von Zubereitungen aus Pflanzen zur Behandlung von psychischen Störungen hat eine lange Tradition. Nach dem Prinzip der rationalen Phytotherapie wird jahrhundertealtes Erfahrungswissen in die moderne, evidenzbasierte Medizin überführt. Traditionsreiche Empirie muss dabei durch klinische Studien bestätigt werden. Das Lavendelöl Silexan® zur Behandlung von Angststörungen, Ginkgo-biloba-Spezialextrakt EGb 761® bei neuropsychiatrischen Symptomen im Rahmen einer Demenz, alkoholischer Hypericumextrakt wie WS®5570 bei leichten bis mittelschweren Depressionen und mit klinischer Evidenz, allerdings ohne Vorliegen von Placebo-kontrollierten Studien, Rhodiolaextrakt bei stressbedingten mentalen und körperlichen Beschwerden erfüllen diese Anforderungen und sind in EU-Ländern als Arzneimittel zugelassen.
Die Arbeit präsentiert die Hauptergebnisse klinischer Studien und Übersichtsarbeiten sowie Therapieleitlinienempfehlungen. Aussagen gelten dabei jeweils nur für die definierten Extrakte und deren Spezifikation und sind nicht ohne Weiteres auf andere Zubereitungen von der gleichen Pflanze übertragbar. Bei psychiatrischen Störungen entspricht die Anwendung von Phytotherapeutika häufig der Patientenpräferenz für eine nebenwirkungsarme Behandlung und wirkt sich daher positiv für die Compliance aus. In ärztlicher Hand stellen diese Präparate daher einen wertvollen Baustein der Psychopharmakotherapie dar.
Schlüsselwörter: Evidenzbasierte Phytotherapie, psychische Störungen, Lavendelöl, Ginkgo-biloba-Extrakt, Hypericumextrakt
Psychopharmakotherapie 2023;30:11–20.