Myasthenia gravis

Rituximab gegenüber Placebo nicht überlegen


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
In der kleinen Phase-II-Studie BeatMG an Patienten mit generalisierter, Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper-positiver Myasthenia gravis (AChR-Ab+ gMG) war Rituximab einer Therapie mit Placebo nicht überlegen. Dies galt für die Einsparung der Basistherapie mit Glucocorticoiden und klinische Endpunkte.

Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der in den meisten Fällen Antikörper gegen den Acetylcholin-Rezeptor (AChR-Ab+) an der motorischen Endplatte gebildet werden. Klinisch manifestiert sich die Erkrankung durch belastungsabhängige Paresen. Symptomatisch erfolgt die Therapie mit Acetylcholinesterase-Inhibitoren, kausal durch eine Immunsuppression, zunächst mit Glucocorticoiden. Wenn diese nicht ausreichend wirksam sind oder die Dosis nicht unter die Cushing-Schwelle gesenkt werden kann, wird eine immunsuppressive Therapie mit Azathioprin, Mycophenolatmofetil (im Wege eines Off-Label-Use [Anlage VI zur Arzneimittel-Richtlinie des G-BA]) oder dem Komplementinhibitor Eculizumab durchgeführt.

Zu dem monoklonalen Anti-CD-20-Antikörper Rituximab gibt es bisher überwiegend Fallbeschreibungen und offene Studien. Ziel der BeatMG(B-Cell Targeted Treatment in MG)-Studie war es, die Sicherheit und einen potenziellen Wirksamkeitsvorteil von Rituximab bei AChR-Ab+ gMG zu evaluieren und zu prüfen, ob umfangreichere Phase-III-Studien angezeigt sind.

Studiendesign

Die BeatMG-Studie ist eine randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte, multizentrische Phase-II-Studie, bei der ein Futility-Design verwendet wurde. Dabei handelt es sich um ein Nichtüberlegenheits-Design für den primären Endpunkt. Hierbei wurde als Nullhypothese geprüft, dass eine Therapie mit Rituximab mindestens 30 % höhere Ansprechraten zeigt als die Behandlung mit Placebo. Wenn die Nullhypothese nicht zurückgewiesen werden könnte, wäre das ein Anhaltspunkt für einen klinisch bedeutsamen Effekt von Rituximab, der in größeren Phase-III-Studien weiter untersucht werden sollte. Es wurden 52 Patienten mit Myasthenia gravis im Alter von 21 bis 90 Jahren mit Nachweis von AChR-Ab+ und einer Basistherapie von mindestens 15 mg Prednison täglich eingeschlossen. Sie wurden 1 : 1 randomisiert und erhielten zwei Zyklen Rituximab oder Placebo in Woche 0 bis 3 und in Woche 24 bis 27. Jeder Zyklus beinhaltete vier Infusionen (Rituximab 375 mg/m2 oder Placebo) im Wochenabstand. Der Beobachtungszeitraum betrug 52 Wochen.

Der primäre Endpunkt war das Ausmaß der Steroideinsparung. Dies war definiert als der Anteil der Patienten, die in den letzten vier Wochen vor dem Ende des Beobachtungszeitraums im Vergleich zu den vier Wochen vor Randomisierung eine Reduktion der mittleren täglichen Prednison-Dosis um ≥ 75 % und eine klinische Verbesserung oder zumindest keine signifikante Verschlechterung erreichten. Der koprimäre Endpunkt war die Sicherheit der Studienmedikation. Sekundäre Ergebnisse umfassten Myasthenia-gravis-spezifische klinische Beurteilungen und Skalen.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer betrug 55,1 ± 17,1 Jahre und 23 (44,2 %) waren Frauen. Die Erkrankung bestand im Mittel seit 5,5 Jahren. Bei 52 % der Patienten war bereits eine Therapie mit Immunglobulinen und bei 23 % eine Thymektomie durchgeführt worden. Die mittlere Prednison-Dosis betrug zu Studienbeginn 22,1 ± 9,7 mg/Tag. Der primäre Endpunkt wurde bei 60 % der Patienten unter Rituximab gegenüber 56 % unter Placebo erreicht. Die Studie erreichte damit den Futility-Endpunkt (p = 0,03). Dies bedeutet, dass die vordefinierte klinisch bedeutsame Verbesserung von 30 % durch Rituximab gegenüber Placebo in einer nachfolgenden, größeren Studie wahrscheinlich nicht erreicht werden würde. Die Studie war auch für die sekundären Endpunkte wie den Myasthenia Gravis Composite-Score, die Myasthenia Gravis Activities of Daily Living-Skala und den 15 Item Myasthenia Gravis Quality auf Life-Fragebogen negativ. Es wurden keine Sicherheitsprobleme festgestellt.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, einen klinisch bedeutsamen Steroid-sparenden Effekt über einen Zeitraum von zwölf Monaten in einer Phase-III-Studie bei leichter bis mäßig symptomatischer AChR-Ab+ gMG nachzuweisen.

Kommentar

Die hier durchgeführte Phase-II-Studie ist nicht sehr hilfreich, um zu beurteilen, ob Rituximab zur Behandlung der AChR-Ab+ gMG wirksam ist. Die Studie umfasste eine geringe Patientenzahl und die Teilnehmer waren auch nicht von einer sehr schweren Myasthenia gravis betroffen. Dies lässt sich aus der Basisdosis von Prednison ableiten. Darüber hinaus handelte es sich auch nicht um Patienten, bei denen zuvor eine andere immunmodulatorische Therapie nicht oder nicht ausreichend wirksam war. Mit der Zulassung von Eculizumab im Jahr 2017 steht eine in größeren Placebo-kontrollierten Studien untersuchte und als wirksam erachtete Therapieoption für Patienten mit AChR-Ab+ gMG zur Verfügung, bei denen Azathioprin nicht ausreichend wirksam ist.

Quelle

Nowak RJ, et al. Phase 2 trial of rituximab in acetylcholine receptor antibody-positive generalized myasthenia gravis: the BeatMG study. Neurology 2022;98:e376–89.

Psychopharmakotherapie 2022; 29(04):152-159