Morbus Parkinson

Inhalatives Levodopa verbessert Off-Phasen


Dr. Maja M. Christ, Stuttgart

Ab Mitte 2022 wird in Deutschland das erste inhalative Levodopa verfügbar sein. Es kann Patienten mit Morbus Parkinson helfen, Off-Phasen zu umgehen. Auf dem Kongress für Parkinson und Bewegungsstörungen im März 2022 stellten Experten die Ergebnisse der Zulassungsstudie vor.

Zur Behandlung von Patienten mit Morbus Parkinson ist orales Levodopa in Kombination mit einem Dopadecarboxylase-Hemmer nach wie vor der Goldstandard. Bei vielen Patienten treten mit der Zeit jedoch Wirkungsschwankungen auf, die sich in Form von Dyskinesien und Bewegungsverlusten manifestieren. Mit Inbrija® wird voraussichtlich ab Mitte 2022 das erste inhalative Levodopa-Arzneimittel in Deutschland zur Verfügung stehen. Es wurde als Add-on für die intermittierende Behandlung von Off-Episoden bei erwachsenen Patienten mit Morbus Parkinson zugelassen, die mit Levodopa/Dopadecarboxylase-Hemmer behandelt werden.

Zulassungsrelevant waren die Ergebnisse einer 12-wöchigen, randomisierten, multizentrischen, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie [2]. Die Teilnehmer hatten im Median vor 8,3 Jahren ihre Parkinson-Diagnose erhalten und 3,5 Off-Episoden pro Tag mit einer Dauer von 5,5 Stunden (inklusive Off am Morgen). Die tägliche Levodopa-Dosis betrug 828 mg. Die Teilnehmer erhielten zusätzlich zu ihrer oralen Basismedikation 1 : 1 : 1 randomisiert 60 mg (n = 113) bzw. 84 mg (n = 114) inhalatives Levodopa (CVT-301) oder Placebo (n = 112), das sie zu Beginn einer Off-Phase einsetzten. Primärer Endpunkt war die Veränderung auf der standardisierten Symptomskala „Unified Parkinson’s Disease Rating Scale“ (UPDRS) Teil III nach 30 Minuten.

Schneller Wirkungseintritt …

Unter CVT-301 verbesserten sich die Symptome bereits nach zehn Minuten signifikant gegenüber Placebo. Das Wirkungsmaximum war nach 30 Minuten erreicht (10 vs. 6 Punkte nach UPDRS, Teil III, Tab. 1). In Woche 12 waren 60 Minuten nach Inhalation unter 84 mg CVT-301 58 % der Teilnehmer im On-Zustand versus 36 % unter Placebo (p = 0,0027). Unter 60 mg waren es 56 % [2]. Mit 71 % unter 84 mg bzw. 62 % unter 60 mg fühlten sich in Woche 12 signifikant mehr Teilnehmer unter Verum besser als unter Placebo (46 %).

Tab. 1. Inhalatives Levodopa: ausgewählte Studienergebnisse (nach [2])

CVT-301 84 mg versus Placebo

CVT-301 60 mg versus Placebo

Änderung im UPDRS nach 30 min
[Least square Unterschied (95%-KI)]

–3,92 (–6,84 bis –1,00); p = 0,0088

–3,07 (–5,99 bis –0,16); p = 0,039

Responder nach 60 Minuten
[Odd-Ratio (95%-KI)]

2,65 (1,48 bis 4,76); p = 0,0027

2,30 (1,29 bis 4,10); p = 0,006

KI: Konfidenzintervall; UPDRS: Unified Parkinson’s Disease Rating Scale

In der Wirksamkeitsstudie wurde die Überbrückung morgendlicher Off-Episoden ausgeschlossen, da das Arzneimittel keinen Dopadecarboxylase-Hemmer enthält. Es zeigte sich in einer weiteren Studie jedoch auch für morgendliche Off-Episoden wirksam und sicher [1].

… bei gutem Sicherheitsprofil

Die in klinischen Studien am häufigsten berichteten Nebenwirkungen waren Husten, Stürze, Infektionen der oberen Atemwege, Dyskinesien und verfärbtes Sputum. Letzteres falle zwar auf, sei Jan Kassubek, Ulm, zufolge aber nicht gefährlich. Husten trat dosisunabhängig auf und sei auf den Applikationsweg zurückzuführen. Im Allgemeinen war CVT-301 gut verträglich und beeinträchtigte die Lungenfunktion der Patienten nicht. Bei Asthma, chronisch obstruktiver Lungenkrankheit oder anderen chronischen Lungenerkrankungen wird die Anwendung laut Kassubek jedoch nicht empfohlen.

Fazit

Inhalatives Levodopa erwies sich als Add-on zu einer Basistherapie mit Levodopa und einem Dopadecarboxylase-Hemmer zur Überbrückung von Off-Episoden als wirksam und sicher. Thomas Müller, Berlin, hob den schnellen Wirkeintritt des Inhalativums hervor. Vorteilhaft sei zudem, dass keine Dosisfindung nötig ist und die Anwendung unabhängig von Mahlzeiten und der Nahrungszusammensetzung erfolgen kann. Das Add-on kann bis zu fünfmal täglich angewendet werden und ermöglicht den Patienten eine Eigenkontrolle über ihre Off-Phasen. Die inhalative Anwendung umgeht die Gefahr des Verschluckens während einer Off-Phase. Zu Anfang sollten Behandler sich etwas Zeit nehmen, ihren Patienten die Anwendung des Inhalators zu zeigen, so Müller.

Quelle

Prof. Dr. med. Thomas Müller, Berlin, Prof. Dr. med. Jan Kassubek, Ulm, Symposium „Neue Inhalationstherapie zum Management von OFF-Perioden bei Parkinson“, im Rahmen des Deutschen Kongresses für Parkinson und Bewegungsstörungen und anschließendes Meet-the-Expert, veranstaltet von ESTEVE, 26. März 2022, virtuell.

Literatur

1. Hauser RA, et al. Orally inhaled levodopa (CVT-301) for early morning OFF periods in Parkinson’s disease. Parkinsonism Relat Disord 2019;64:175–80.

2. LeWitt PA, et al. Safety and efficacy of CVT-301 (levodopa inhalation powder) on motor function during off periods in patients with Parkinson’s disease: a randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet Neurol 2019;18 : 145–54.

Psychopharmakotherapie 2022; 29(03):112-119