Schizophrenie

Cariprazin – von der Akutphase bis zur Rezidivprophylaxe


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

In klinischen Studien zur Akut- und zur Langzeittherapie führte der Einsatz des atypischen Antipsychotikums Cariprazin zu einer schnellen Kontrolle akuter positiver Symptome sowie zu einer für den Langzeitverlauf relevanten Verbesserung von Negativsymptomen. Das bietet die Möglichkeit, verschiedene Symptomausprägungen der Schizophrenie im stationären und ambulanten Setting effektiv zu behandeln, wie in einer von Recordati veranstalteten virtuellen Pressekonferenz ausgeführt wurde.

Das atypische Antipsychotikum Cariprazin (Reagila®) ist seit mehr als drei Jahren zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit Schizophrenie zugelassen [5]. Durch sein spezifisches Rezeptorbindungsprofil unterscheidet es sich von anderen Antipsychotika. Als erstes und bisher einziges D3-selektives, D2/D3-partialagonistisches, atypisches Antipsychotikum hat der Wirkstoff eine höhere Affinität zum Dopamin-D3- als zum -D2-Rezeptor [7, 9]. Zu histaminergen, adrenergen und cholinergen Rezeptoren hat Cariprazin keine oder nur eine geringe Affinität [7, 9]. Die besonderen pharmakologischen Eigenschaften bieten breite Einsatzmöglichkeiten von der Kontrolle der akuten Positivsymptomatik im stationären Setting bis hin zur Rezidivprophylaxe in der ambulanten Weiterbehandlung. Ausgehend von der empfohlenen Startdosis von 1,5 mg/Tag kann die Dosis abhängig vom individuellen Ansprechen in 1,5-mg-Schritten bis zur zugelassenen Tageshöchstdosis von 6,0 mg gesteigert werden [5].

Wirksamkeit bei akuten Exazerbationen der Schizophrenie

Die partialagonistische Wirkung am D2-Rezeptor ermöglicht eine zuverlässige Kontrolle der Positivsymptomatik in der Akutsituation. In den sechswöchigen, randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studien zur Akuttherapie bewirkte die Substanz in zugelassenen Dosen von 1,5 bis 6,0 mg/Tag eine dosisabhängige und gegenüber Placebo signifikante Reduktion der Positivsymptomatik gemessen am PANSS(Positive and negative syndrome scale)-Gesamtwert, dem primären Endpunkt der Studien [2, 3, 6]. Auch die Positivsymptome eines aggressiv-feindseligen Verhaltens, einem häufigen Grund für eine stationäre Einweisung und eine verzögerte Entlassung, können mit Cariprazin erfolgreich kontrolliert werden: Die gepoolten Daten von drei klinischen Studien zeigen eine signifikante Reduktion von Aggression/Feindseligkeit unterschiedlichen Schweregrads (gemessen am PANSS-Item für Feinseligkeit) im Vergleich zu Placebo (p < 0,01) [1]. In den Akutstudien war Cariprazin vergleichsweise gut verträglich und induzierte keine Hyperprolaktinämie und keine relevanten Veränderungen der kardialen und metabolischen Parameter [2, 3, 6]. Häufigste unerwünschte Nebenwirkungen waren extrapyramidalmotorische Störungen (EPS) und Akathisie von leichter bis mäßiger Ausprägung [2, 3, 6], was sich wiederum günstig auf die langfristige Adhärenz auswirken kann.

Erfolgreiche Rezidivprophylaxe und Verbesserung der Negativsymptomatik

In einer Langzeitstudie über 97 Wochen reduzierte Cariprazin das Rezidivrisiko um 50 % gegenüber Placebo [4]. Überdies zeigen die Ergebnisse einer 26-wöchigen randomisierten Head-to-Head-Studie eine überlegene Wirksamkeit von Cariprazin im Vergleich zu Risperidon in Bezug auf die Verbesserung der Negativsymptomatik (PANSS-Faktorscore für Negativsymptomatik, PANSS-FSNS; p = 0,002 vs. Risperidon) [8]. Parallel dazu verbesserte sich auch das psychosoziale Funktionsniveau gemäß der PSP-Skala (Personal and social performance scale) – mit einem signifikanten Vorteil zugunsten Cariprazin ab Woche 10 (p < 0,001 vs. Risperidon) [8].

Quelle

Prof. Dr. med. Göran Hajak, Bamberg; Jörg Hummus, Krefeld; virtuelle Pressekonferenz „Die Akutphase kontrollieren, langfristig rehabilitieren: Reagila® im Praxisalltag bei Schizophrenie“, 25. Februar 2021, veranstaltet von Recordati.

Literatur

1. Citrome L, et al. The effect of cariprazine on hostility associated with schizophrenia: post hoc analyses from 3 randomized controlled trials. J Clin Psychiatry 2016;77:109–15.

2. Durgam S, et al. An evaluation of the safety and efficacy of cariprazine in patients with acute exacerbation of schizophrenia: a phase II, randomized clinical trial. Schizophr Res 2014;152:450–7.

3. Durgam S, et al. Cariprazine in acute exacerbation of schizophrenia: a fixed-dose, phase 3, randomized, double-blind, placebo- and active-controlled trial. J Clin Psychiatry 2015;76:1574–82.

4. Durgam S, et al. Long-term cariprazine treatment for the prevention of relapse in patients with schizophrenia: A randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Schizophr Res 2016;176:264–71.

5. Fachinformation Reagila®; Stand: Dezember 2017.

6. Kane JM, et al. Efficacy and safety of cariprazine in acute exacerbation of schizophrenia: results from an international, phase III clinical trial. J Clin Psychopharmacol 2015;35:367–73.

7. Kiss B, et al. Cariprazine (RGH-188), a dopamine D3 receptor-preferring, D3/D2 dopamine receptor antagonist-partial agonist antipsychotic candidate: in vitro and neurochemical profile. J Pharmacol Exp Ther 2010;333:328–40.

8. Németh G, et al. Cariprazine versus risperidone monotherapy for treatment of predominant negative symptoms in patients with schizophrenia: a randomised, double-blind, controlled trial. Lancet 2017;389:1103–13.

9. Stahl SM. Drugs for psychosis and mood: unique actions at D3, D2, and D1 dopamine receptor subtypes. CNS Spectr 2017;22:375–84.

Psychopharmakotherapie 2021; 28(03):131-143