Depression

Kein präventiver Effekt einer Langzeittherapie mit Vitamin D3


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Bei erwachsenen Personen mit einem mittleren Alter von 67 Jahren kann eine Langzeittherapie mit Vitamin D3 das Auftreten oder das Wiederauftreten einer Depression nicht verhindern. Das zeigte jetzt eine große randomisierte klinische Studie mit einer durchschnittlichen Therapiedauer von fünf Jahren.

Eine Reihe von Beobachtungsstudien fand eine Assoziation zwischen niedrigen Vitamin-D3-Spiegeln und dem Risiko einer Depression im höheren Lebensalter [1]. Die meisten bisher durchgeführten randomisierten Studien zur Substitution von Vitamin D3 zur Therapie oder Prävention der Depression fanden bei Menschen im mittleren Lebensalter mit weit überwiegend negativen Ergebnissen statt. Die vorliegende Studie wollte diese Therapie in einer Population von Menschen über 50 Jahren untersuchen.

Studiendesign

In die VITAL-DEP-Studie wurden 18 353 Männer und Frauen im Alter über 50 Jahren eingeschlossen. In dieser Population hatten 16 657 Personen ein erhöhtes Risiko für eine Depression und 1696 Personen hatten in der Vergangenheit bereits unter einer Depression gelitten. Die Studie erstreckte sich von November 2011 bis Dezember 2017. In einem randomisierten Design erhielten die Probanden entweder 2000 I.U. Vitamin D3/Tag zusammen mit Fischöl oder Placebo. Ein primärer Endpunkt der Studie war die Entwicklung einer Depression oder von Symptomen einer Depression. Ein weiterer Endpunkt war die langfristige Veränderung der Stimmungslage, erhoben als mittlere Differenz in der 8-Item Patient Health Questionnaire Depression Scale (PHQ-8). Diese Skala reicht von 0 ohne Symptome bis 24 mit vielen Symptomen. Der minimale klinisch relevante Differenzwert beträgt 0,5 Punkte.

Ergebnisse

Die Teilnehmer waren im Mittel 67,5 Jahre alt. Männer und Frauen waren gleich häufig vertreten. 27 % litten unter einer Adipositas und 11 % hatten einen im Labor nachgewiesenen Vitamin-D3-Mangel. Die mittlere Beobachtungszeit betrug 5,3 Jahre und 90,5 % der Teilnehmer beendeten die Studie protokollgemäß. In der Verum-Gruppe entwickelten 609 Personen eine Depression oder Symptome einer Depression und in der Placebo-Gruppe 625 Personen. Dies entspricht einem Odds-Ratio von 0,97 mit einem 95%-Konfidenzintervall von 0,87 bis 1,09 (p = 0,62). Es ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Personen, die noch keine Depression in der Anamnese hatten, und den Patienten, die bereits zuvor unter einer Depression gelitten hatten. Für die Werte auf der Stimmungsskala (PHQ-8) ergaben sich ebenfalls keine Unterschiede.

Kommentar

Diese große Studie zeigte, dass eine Langzeitsubstitution von Vitamin D3 nicht in der Lage ist, bei Menschen im Alter von über 50 Jahren eine Depression zu verhindern oder das erneute Auftreten einer vorbestehenden Depression zu reduzieren. Die Studie zeigt auch, dass die früher beobachtete Assoziation zwischen niedrigen Vitamin-D3-Spiegeln und Depressionen im höheren Lebensalter offenbar nicht kausal ist. Ein Nachteil der Studie ist allerdings, dass die meisten Patienten bei Einschluss in die Studie normale Vitamin-D3-Spiegel hatten. Die Untergruppe der Patienten mit niedrigen Vitamin-D3-Spiegeln war allerdings zu klein, um einen statistischen Unterschied zu entdecken. Die Studienergebnisse sind auch nur auf Personen im Alter über 50 Jahren übertragbar und gelten nicht für Jugendliche mit dem Risiko, eine Depression zu entwickeln.

Quelle

Okereke OI, et al. Effect of long-term vitamin D3 supplementation vs placebo on risk of depression or clinically relevant depressive symptoms and on change in mood scores: A randomized clinical trial. JAMA 2020;324:471–80.

Literatur

1. Li H, et al. Serum 25-hydroxyvitamin D levels and depression in older adults: A dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. Am J Geriatr Psychiatry 2019;27:1192–202.

Psychopharmakotherapie 2020; 27(06):314-321