Antiepileptika und Nicht-Vitamin-K-antagonistische orale Antikoagulanzien – mögliche Interaktionen


Johannes Rösche, Schwalmstadt-Treysa/Rostock, und Bernd Schade, Schwalmstadt-Treysa

Es wird ein Überblick gegeben über die bis zum 13. April 2020 vorliegenden 17 Fallberichte und klinischen Studien zu Interaktionen zwischen neuen oralen Antikoagulanzien und Antiepileptika. Dabei finden sich sowohl Hinweise auf ein erhöhtes Blutungsrisiko in der Kombination mit Phenytoin als auch Hinweise auf eine verminderte Wirksamkeit in der Kombination mit klassischen Enzyminduktoren. Für Edoxaban liegen allerdings praktisch keine Daten vor. Ebenso liegt nur ein Fallbericht zu Interaktionen mit neueren Antiepileptika vor. Im Zweifelsfall sollte ein therapeutisches Drug-Monitoring erfolgen.
Schlüsselwörter: P-Glykoprotein, Enzyminduktion, Blutungsrisiko, Embolierisiko
Psychopharmakotherapie 2020;27:231–5.

Seit einigen Jahren werden zunehmend sogenannte neue orale Antikoagulanzien (NOAK) beim nichtvalvulären Vorhofflimmern sowie zur Behandlung von tiefen Venenthrombosen und Lungenembolien eingesetzt. Bei diesen Substanzen kann es zu verschiedenen pharmakokinetisch bedingten Wechselwirkungen mit Antiepileptika kommen, und zwar auf der Ebene der Cytochrom-P450–3A4-(CYP3A4-)Verstoffwechselung in der Leber, bei der Eiweißbindung oder über Interaktionen am P-Glykoprotein (P-gp). P-gp ist ein Transporter in der Zellwand von intestinalen Epithelzellen, Hepatozyten, renalen tubulären Zellen und anderen, der Toxine oder andere Fremdstoffe aus der Zelle ausschleust. P-gp greift damit an den verschiedensten Stellen in die Verteilung und Verstoffwechselung von Pharmaka ein. Bezüglich der Substrate von P-gp besteht eine große Überlappung mit Substraten des CYP3A4, sodass sich hier besonders komplexe Interaktionen ergeben können [17]. Eine Überfunktion des Transporters wird als mögliche Ursache für therapierefraktäre Epilepsien diskutiert.

Das Problem möglicher Wechselwirkungen mit den NOAK erscheint insgesamt so neu, dass ein entsprechender Absatz in der neuesten Auflage des Handbuchs „Antiepileptic Drug Interactions“ von Patsalos 2016 völlig fehlt [19]. 2018 veröffentlichte die European Heart Rhythm Association einen „Practical Guide“ zum Umgang mit NOAK, in dem auf umfangreiche Interaktionen mit Antiepileptika hingewiesen wurde [23]. Hier wurde mit einer Tabelle auf der Basis der möglichen Interaktion im Bereich von CYP3A4 (relevant nur für Apixaban und Rivaroxaban) und/oder P-gp von der Kombination von Valproinsäure und Levetiracetam mit allen vier NOAK abgeraten. Bei Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital gelte dies nur in Bezug auf die Kombination mit Dabigatran und Rivaroxaban, bei der Kombination mit Apixaban und Edoxaban wird lediglich zu besonderer Vorsicht gemahnt. Diese solle man auch walten lassen, wenn man Topiramat oder Oxcarbazepin mit Apixaban oder Rivaroxaban kombiniert.

Diese Empfehlungen basieren im Wesentlichen auf einer Übersichtsarbeit [25] aus dem Jahre 2016. Zum damaligen Zeitpunkt lagen lediglich drei konkrete Fallberichte zu relevanten Interaktionen mit Dabigatran und drei weitere zu Interaktionen mit Rivaroxaban vor. Insbesondere die umfassende Warnung vor Levetiracetam beruhte allein auf tierexperimentellen Daten! Die Firma UCB hat daher in einem Kommentar zu der Warnung darauf hingewiesen, dass es eine Phase-I-Studie zur Interaktion von Levetiracetam und Digoxin gebe, welches ebenfalls ein P-gp-Substrat sei. Diese zeigte keinen Einfluss des Levetiracetam auf die Pharmakokinetik von Digoxin. Damit sei Levetiracetam beim Menschen vermutlich kein relevanter Induktor der P-gp-Aktivität [18].

Bei einer Literaturrecherche am 3. März 2019 wurden immerhin schon 13 relevante klinische Arbeiten zu Interaktionen von Antiepileptika mit NOAK gefunden [27]. In der Praxis scheint die Verordnung einer Kombination aus NOAK und enzyminduzierendem Antiepileptikum nicht ganz selten zu sein. In einer retrospektiven Beobachtungsstudie betraf dies immerhin sechs von 122 Patienten (4,9 %), die entweder Dabigatran oder Apixaban oder Rivaroxaban erhalten hatten [13]. Über daraus resultierende Komplikationen wurde in der Studie nicht berichtet. In einer umfangreichen taiwanesischen Datenbankanalyse nahmen 5,27 % von 91 330 Patienten unter einem dieser drei NOAK zusätzlich Phenytoin ein [6]. Für diese Patienten wurde ein fast zweifach erhöhtes Blutungsrisiko (Odds-Ratio [OR] 1,95; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,59–2,36) beschrieben, wobei dies insbesondere intrazerebrale Blutungen betraf (OR 4,62; 95%-KI 3,52–6,05).

Auf der Basis einer PubMed-Recherche vom 13. April 2020 mit den Suchbegriffen Dabigatran, Apixaban, Rivaroxaban und Edoxaban jeweils in Kombination mit 32 antiepileptischen Wirkstoffen sollen in der folgenden Arbeit die beim Menschen bisher beschriebenen Interaktionen der NOAK mit Antiepileptika dargestellt werden.

NOAK/DOAK

Als Blutgerinnungshemmer zur oralen Anwendung standen lange nur Vitamin-K-Antagonisten (VKA, z. B. Phenprocoumon) zur Verfügung. Sie wirken indirekt, indem sie die Produktion bestimmter Blutgerinnungsfaktoren hemmen. Dabigatranetexilat und Rivaroxaban wurden als erste Vertreter der sogenannten neuen Antikoagulanzien (NOAK) eingeführt – „neu“ wegen des im Unterschied zu den VKA neuen, direkten Wirkungsmechanismus. Dabigatran ist ein direkter Thrombin-(Faktor-IIa-)Hemmer. Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban sind direkte Faktor-Xa-Hemmer. Wegen des direkten Wirkungsmechanismus werden sie auch als direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) bezeichnet.

Das Attribut „neu“ hat mehr als zehn Jahre nach der Einführung nur noch wenig Berechtigung. Das vertraute Kürzel NOAK lässt sich aber ebenso, mit Bezug zum Wirkungsmechanismus, als Abkürzung für „nicht-Vitamin-K-antagonistische orale Antikoagulanzien“ begründen.

Fallberichte zu einzelnen Substanzen

Dabigatran

Dabigatran ist im Plasma zu lediglich rund 35 % eiweißgebunden und wird zu 85 % primär unverändert im Urin ausgeschieden [3]. Da es aber Substrat des P-gp ist, wird bezüglich Antiepileptika in der Produktinformation von der Kombination mit Phenytoin oder Carbamazepin als P-gp-Induktoren abgeraten.

Kombination mit Phenytoin und/oder Phenobarbital

Bei der taiwanesischen Datenbankanalyse [6] wurde für die Kombination mit Phenytoin ein zweifach erhöhtes Blutungsrisiko gefunden (OR 2,09; 95%-KI 1,53–2,85). Entsprechend wird über einen Patienten berichtet, der unter Dabigatran in der Kombination mit Phenytoin offensichtlich eine mehr als ausreichend verlängerte Thrombinzeit hatte [2]. Dagegen gibt es immerhin drei Fallberichte über eine verminderte Wirkung des Dabigatrans in Kombination mit Phenytoin. Zunächst berichteten Chen und Mitarbeiter über einen Patienten, der unter einer Kombination von Phenytoin und Phenobarbital unter zweimal 110 mg Dabigatran einen Dabigatran-Nüchternspiegel von lediglich 9 µg/l hatte, während in der übrigen Studiengruppe unter dieser Dosis im Mittel ein Nüchternspiegel von 70 µg/l gemessen wurde. Da für eine ausreichende antikoagulatorische Wirkung wahrscheinlich ein Spiegel über 30 µg/l benötigt wird, ist dies vermutlich hochrelevant [7]! Bei einem weiteren Patienten war unter Einnahme von zweimal 150 mg Dabigatran in Kombination mit 300 mg Phenytoin zehn Stunden nach Einnahme der Morgenmedikation überhaupt kein Dabigatran im Serum nachweisbar [28]. Ein weiterer Patient mit Vorhofflimmern und Faktor-V-Leiden-Mutation unter Dabigatran zweimal 150 mg entwickelte innerhalb eines Monats nach Wiederansetzen von Phenytoin wegen eines Anfallsrezidivs bei bekannter Epilepsie einen ausgeprägten Thrombus im linken Vorhof. Nach sechs Wochen Enoxaparin, während derer Phenytoin auf Levetiracetam umgesetzt wurde, und weiteren sechs Wochen Dabigatran bildete sich der Thrombus vollständig zurück [14]. Bei einer weiteren Patientin kam es unter Dabigatran in Kombination mit Phenobarbital zu einem kardioembolischen Hirninfarkt. Ein Dabigatran-Spiegel wurde jedoch nicht bestimmt [15].

Kombination mit Carbamazepin

Schließlich wurde noch über zwei Patienten berichtet, deren Dabigatran-Nüchternspiegel mit < 20 ng/ml bzw. 24 ng/ml in Kombination mit Carbamazepin trotz Einnahme von zweimal 150 mg im mutmaßlich subtherapeutischen Bereich lagen [16].

Apixaban

Apixaban wird im Plasma zu etwa 87 % eiweißgebunden, ist Substrat des P-gp und wird zum größten Teil über CYP3A4/5 metabolisiert [4]. In der Produktinformation wird darauf hingewiesen, dass es in der Kombination mit Phenytoin, Phenobarbital und Carbamazepin zu einer Reduktion der Apixaban-Exposition um 50 % kommen kann. Konkrete pharmakologische Daten werden aber nur für die Kombination mit dem Antibiotikum Rifampicin angegeben.

Kombination mit Phenytoin und/oder Phenobarbital

Für Apixaban wurde in der taiwanesischen Datenbankanalyse [6] ein knapp nicht signifikant erhöhtes Blutungsrisiko in der Kombination mit Phenytoin beschrieben (OR 1,8; 95%-KI 0,9–3,6). Auch hier gibt es dagegen mehrere Fallberichte über eine verminderte Wirksamkeit in Kombination mit klassischen Enzyminduktoren. Eine Patientin, bei der offensichtlich bereits Dabigatran in Kombination mit Phenobarbital nicht ausreichend gewirkt hatte, erlitt unter Apixaban in Kombination mit Phenobarbital einen weiteren kardioembolischen Hirninfarkt [15]. Ihr Apixaban-Nüchternspiegel betrug 89 ng/ml, obwohl bei der Dosierung von zweimal 5 mg Nüchternspiegel um 171 ng/ml zu erwarten gewesen wären. Unter Bridging mit Enoxaparin wurde Phenobarbital ausschleichend abgesetzt und zwei Wochen nach vollständigem Absetzen Apixaban neu angesetzt. Nun wurde ein Spitzenspiegel von 361 ng/ml gemessen, der sich im Bereich des zu erwartenden befand (s. u.). Ein anderer, 82-jähriger Patient mit moderater Niereninsuffizienz hatte unter zweimal 2,5 mg Apixaban in Kombination mit Phenobarbital lediglich Spitzenspiegel von 50 ng/ml bzw. 35,8 ng/ml. Die Dosis wurde daraufhin verdoppelt und es resultierten Spitzenspiegel von 120 ng/ml, die von den Autoren als ausreichend angesehen wurden [8].

Kombination mit Carbamazepin

Zuletzt wurde 2019 [10] ein Fall veröffentlicht, bei dem es unter Komedikation mit Carbamazepin zu Apixaban-Spitzenspiegeln von maximal 94 ng/ml kam, während im Zulassungsverfahren Spiegel zwischen 177 und 409 ng/ml gemessen worden waren. Nachdem der Patient zudem eine TIA erlitt, wurde er auf Edoxaban umgesetzt, beim dem sich kein Einfluss der Carbamazepin-Komedikation zeigte.

Tatsächlich gibt es aber auch einen expliziten Fallbericht, bei welchem in Kombination mit Carbamazepin Nüchternspiegel und Spitzenspiegel des Apixabans mit 64 ng/ml bzw. 110 ng/ml höher waren als 12 Wochen nach Absetzen des Carbamazepins (46 ng/ml bzw. 92 ng/ml) [11]. Nun war bei diesem Patienten Valproinsäure neu in die Therapie eingeführt worden. Obwohl die Autoren dies für unwahrscheinlich halten, ist in diesem Fall aber zu diskutieren, dass die in vitro beschriebene Induktion der P-gp durch Valproinsäure [20] hier doch eine Rolle gespielt haben könnte.

Rivaroxaban

Rivaroxaban ist im Plasma zu 92 bis 95 % eiweißgebunden, ist Substrat des P-gp und wird unter anderem über CYP3A4 metabolisiert [1]. In der Produktinformation wird von einer Kombination mit Phenytoin, Carbamazepin und Phenobarbital abgeraten.

Kombination mit Phenytoin und/oder Phenobarbital/Primidon

Bei der taiwanesischen Datenbankanalyse [1] wurde für die Kombination mit Phenytoin ein fast zweifach erhöhtes Blutungsrisiko gefunden (OR 1,85; 95%-KI 1,36–2,51). Bei einem Patienten wurde zunächst Rivaroxaban eingesetzt und in Kombination mit Phenobarbital wurde lediglich ein Spitzenspiegel von 100 ng/ml gemessen, während in den Phase-III-Studien Spiegel zwischen 189 ng/ml und 419 ng/ml gemessen worden waren. Daher wurde zunächst auf Enoxaparin umgesetzt. Nach Umstellung auf Apixaban und spiegelgesteuerter Dosiserhöhung ergaben sich schließlich ausreichende Apixaban-Spiegel in der Kombination mit Phenobarbital [8] (siehe oben).

Ebenso war bei einer Patientin, bei der Dabigatran in Kombination mit Phenytoin eine ausreichende Wirksamkeit gezeigt hatte [2], die Anti-Faktor-Xa-Aktivität unter Rivaroxaban in der Kombination mit Phenytoin mit 90 ng/ml erniedrigt.

Eine Patientin erlitt einen kardioembolischen Hirninfarkt unter der Kombination von Rivaroxaban und Primidon [21].

Kombination mit Carbamazepin

Bei einer 71-jährigen Patientin mit langjährigem Mammakarzinom und bereits einer Lungenembolie in der Vorgeschichte kam es unter Komedikation mit Carbamazepin nach Umsetzen der Antikoagulation von niedermolekularen Heparinen auf Rivaroxaban zu einer erneuten Lungenembolie. Leider werden in der Publikation weder ein Rivaroxaban-Spiegel noch die Anti-Faktor-Xa-Aktivität mitgeteilt [15]. Letztere war bei einem anderen Patienten, bei dem es unter 20 mg Rivaroxaban und 900 mg Carbamazepin zum Rezidiv einer Thrombose gekommen war, unterhalb der Nachweisgrenze [26]. Bei einem weiteren Patienten kam es zu einer Lungenembolie nach Knie-OP unter 10 mg Rivaroxaban und 1200 mg Carbamazepin [20].

Kombination mit Oxarbazepin

Zudem existiert auch ein Fallbericht, bei dem es in der Kombination mit Oxcarbazepin zu einem Thrombus im linken Vorhof gekommen war, der sich nach Umstellung auf Warfarin zurückbildete. Rivaroxaban war erst sechs Wochen zuvor angesetzt worden und zuvor war, soweit aus der Publikation zu erkennen, lediglich eine transthorakale Echokardiographie erfolgt. Dennoch wird hier eine Oxcarbazepin-bedingte Komplikation angenommen [22].

Kombination mit Valproinsäure

Abschließend sei noch ein Fall berichtet, bei dem eine Interaktion mit Valproinsäure möglicherweise eine Rolle spielt. Eine 88-jährige Patientin in leicht reduziertem Ernährungszustand mit einem BMI von 19,95 und Niereninsuffizienz wurde gegen einen nonkonvulsiven Status epilepticus mit Valproinsäure 1600 mg/Tag behandelt, gleichzeitig wurde mit Rivaroxaban 15 mg begonnen. Die weitere Komedikation bestand aus Mirtazapin, Nebivolol, Digitoxin, Lisinopril, Gliclazid und Amlodipin. Nach drei Tagen wurde Rivaroxaban gestoppt. Die 28 Stunden später erstmals gemessenen Gerinnungswerte waren mit einem INR (International normalized ratio) von 2,26 und einer Anti-Faktor-Xa-Aktivität von 2,00 U/ml noch immer deutlich ausgelenkt. Sie normalisierten sich innerhalb eines weiteren Tages. Die Autoren diskutieren einen Einfluss der Valproinsäure auf die verlängerte Rivaroxaban-Aktivität [24]. Bei der umfangreichen übrigen Komedikation, der Niereninsuffizienz und dem geringen Verteilungsvolumen sind aber sicher auch andere Einflussfaktoren zu berücksichtigen.

Edoxaban

Die Plasmaeiweißbindung von Edoxaban liegt bei 55 %. Es ist Substrat des P-gp, wird aber nur zu weniger als 10 % über CYP3A4/5 metabolisiert [9]. In der Produktinformation wird zur Vorsicht bei der Kombination mit Phenytoin, Carbamazepin und Phenobarbital geraten. An klinischen Daten liegt nur der bereits referierte Fallbericht mit fehlender Interaktion mit Carbamazepin vor [10].

Diskussion

Insgesamt erscheint die Situation bezüglich Interaktionen zwischen NOAK und Antiepileptika unübersichtlich. Während eine Studie über ein erhöhtes Risiko für Blutungen in Kombination mit Phenytoin berichtet [6], überwiegen die Fallberichte über eine mangelhafte Wirksamkeit in der Kombination mit enzyminduzierenden Antiepileptika. Das erhöhte Blutungsrisiko könnte durch eine Verdrängung der NOAK durch das hochgradig eiweißgebundene Phenytoin aus der Plasmaeiweißbindung mit bedingt sein. Für die Interaktion von Phenytoin mit dem Antikoagulans Warfarin ist das beschrieben [19].

Dabigatran wird vermutlich durch Carbamazepin, Phenytoin und Phenobarbital in der Wirksamkeit reduziert. Bei Apixaban liegen diesbezüglich nur Daten zu Carbamazepin und Phenobarbital vor. Ein Case-Report legt entgegen der Meinung seiner Autoren nahe, dass es auch zu einer Interaktion mit Valproinsäure kommen kann [10]. Bei Rivaroxaban ist ein negativer Einfluss der klassischen Enzyminduktoren erkennbar und zudem liegen noch nicht ganz eindeutige Fallberichte zu Oxcarbazepin [22] und Valproinsäure vor [24]. Bei Edoxaban fehlen eigentlich Daten. Offensichtlich war in einem Fall Carbamazepin ohne Einfluss [10].

Die berichteten Studien und Fälle seien in Tabelle 1 noch einmal zusammengefasst.

Tab. 1. Berichtete Interaktionen und Komplikationen bei der Kombination von NOAK mit Antiepileptika

Phenytoin

Phenobarbital/

Primidon

Carbamazepin

Oxcarbazepin

Valproinsäure

Dabigatran

Blutungsrisiko erhöht [6], verlängerte Thrombinzeit [2], Wirkung vermindert [7, 14, 28]

Kardioembolischer Hirninfarkt [15]

Subtherapeutische Nüchternspiegel [14]

Keine Daten

Keine Daten

Apixaban

Blutungsrisiko knapp nicht signifikant erhöht [6]

Kardioembolischer Hirninfarkt [15], erniedrigter Spitzenspiegel [8]

Subtherapeutische Nüchternspiegel [10]

Keine Daten

Fraglich Spiegelreduktion [12]

Rivaroxaban

Blutungsrisiko erhöht [6], Anti-Faktor-Xa-Aktivität erniedrigt [2]

Erniedrigter Spitzenspiegel [8], kardioembolischer Hirninfarkt [21]

Lungenembolie [5, 20], Thrombose [26]

Thrombus im linken Vorhof [22]

Fraglich Aktivität erhöht [24]

Edoxaban

Keine Daten

Keine Daten

Ein Fall ohne Interaktion [10]

Keine Daten

Keine Daten

Schlussfolgerungen für die Praxis

Bei Interaktionen mit den NOAK erscheinen im Wesentlichen die Antiepileptika der ersten und zweiten Generation, insbesondere die klassischen Enzyminduktoren, beteiligt. Dabei überwiegen die Mitteilungen über eine verminderte Wirksamkeit. Es gibt aber auch Hinweise auf ein erhöhtes Blutungsrisiko in der Kombination mit Phenytoin. Für die neueren Antiepileptika ergeben sich bis jetzt keine eindeutigen Hinweise auf relevante Interaktionen. Die umfangreichen Warnungen der European Heart Rhythm Association sind möglicherweise auch darin begründet, dass die NOAK ja unter anderem damit beworben werden, dass nicht ständig Kontrollen der Gerinnung erforderlich seien. Dieses Vorgehen ist aber, wenn Interaktionen nicht ausgeschlossen sind, nicht so sicher. Daher ist hier Vorsicht durchaus angemessen. Insbesondere bei der Kombination mit Phenytoin sollte eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Sollte eine Kombination von Apixaban mit einem klassischen Enzyminduktor unumgänglich sein, wäre unter Bestimmung der Anti-Faktor-Xa-Aktivität eine Verdoppelung der Apixaban-Dosis zu diskutieren. Für Dabigatran und Rivaroxaban liegen keine Erfahrungen mit Dosisanpassungen vor. Anstatt Kombinationen mit wichtigen neueren Antiepileptika vollständig zu vermeiden, sollte in diesen Fällen eine Kontrolle der relevanten spezifischen Gerinnungsparameter (d. h. aktivierte partielle Thrombinzeit aPTT bei Dabigatran [3], Anti-Faktor-Xa-Aktivität bei Apixaban [4], Rivaroxaban [1] und Edoxaban [9]) erfolgen, wenn von der European Heart Rhythm Association zur Vorsicht gemahnt wird.

Interessenkonflikterklärung

J. Rösche hat Vortragshonorare von Eisai erhalten.

B. Schade hat Vortragshonorare von Novartis und Unterstützung für die MS-Sprechstunde von Bayer und Novartis erhalten.

Literatur

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3. Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, 2018. Pradaxa, Annex I, Summary of product characteristics. European Medicines Agency (EMA), Amsterdam, The Netherlands. https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/pradaxa-epar-product-information_en.pdf (Zugriff am 01.05.2020).

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Priv.-Doz. Dr. med. Dr. phil. Johannes Rösche, Hephata Klinik, Schimmelpfengstraße 6, 34126 Schwalmstadt-Treysa; Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin Rostock, Gehlsheimer Str. 20, 18147 Rostock, E-Mail: johannes.roesche@hephata.de

Dr. med. Bernd Schade, Hephata Klinik, Schimmelpfengstraße 6, 34126 Schwalmstadt-Treysa

Antiepileptic drugs and non-vitamin K antagonist oral anticoagulants – possible interactions

Non-vitamin K antagonist oral anticoagulants (NOAC) are frequently used for anticoagulation in patients with non-valvular atrial fibrillation, deep vein thrombosis and pulmonary embolism. Meanwhile 16 case reports and one data-bank analysis concerning interactions with antiepileptic drug have been published. Apart from one case report data about interactions with edoxaban are missing. The risk of major bleeding in the combination of dabigatran, apixaban or rivaroxaban with phenytoin may be increased. On the other hand especially first and second generation antiepileptic drugs may reduce the efficacy of the NOAC by induction of CYP3A4 (relevant for apixaban und rivaroxaban) or induction of P-glycoprotein (relevant for all NOAC). For newer antiepileptic drugs apart from one case report with a possible interaction of oxcarbacepine with rivaroxaban data are missing. When combination of first and second generation antiepileptic drugs with NOAC is unavoidable therapeutic drug monitoring should be performed. Under these circumstances doubling up of the apixaban dose may be useful. Therapeutic drug monitoring may be useful in combinations of oxcarbazepine and topiramate with apixaban or rivaroxaban as well.

Key words: P-glycoprotein, enzyme induction, bleeding risk, embolic risk

Psychopharmakotherapie 2020; 27(05):231-235