Schizophrenie

Transdermales Estradiol zusätzlich zu Antipsychotika bei Frauen im gebärfähigen Alter


Dr. Jasmine Thibaut, Stuttgart

Die zusätzliche transdermale Applikation von Estradiol zur bestehenden antipsychotischen Therapie hatte einen positiven Effekt auf die Symptomatik bei Frauen mit Schizophrenie und schizoaffektiven Störungen. Allerdings war dieser Effekt auf Frauen über 38 Jahren begrenzt.

Obwohl Antipsychotika bei Schizophrenie Symptomatik, Mortalität und Morbidität verringern, können sie die negativen Symptome und die kognitiven Einschränkungen, die mit der Erkrankung einhergehen, kaum beeinflussen. Darüber hinaus können Antipsychotika beträchtliche Nebenwirkungen zur Folge haben. Frühere Studien haben einen möglichen positiven Effekt von Estradiol bei Frauen mit Schizophrenie gefunden. Allerdings wurden diese Ergebnisse bisher nicht repliziert.

Wissenschaftler aus Moldavien gingen deshalb in einer doppelblinden, randomisierten, kontrollierten Studie der Frage nach, wie sich eine transdermale Estradiol-Applikation zusätzlich zur antipsychotischen Therapie bei Frauen im gebärfähigen Alter auswirkt.

Studiendesign

Für diese acht Wochen andauernde Studie wurden 200 prämenopausale Frauen im Alter von 19 bis 46 Jahren mit nach DSM-V diagnostizierter Schizophrenie oder schizoaffektiver Störung rekrutiert und in zwei Gruppen randomisiert. Zusätzlich zu ihrer antipsychotischen Medikation erhielten die Patientinnen entweder

  • ein Estradiol-Pflaster (200 µg, Wechsel 2×/Woche) (n = 100) oder
  • ein Placebo-Pflaster (n = 100).

Primärer Endpunkt war die positive Subskala des PANSS(Positive and negative syndrome scale)-Fragebogens. Bei diesem Messinstrument entsprechen niedrigere Werte weniger Symptomen. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem der PANSS-Gesamtscore, der Clinical Global Impression Scale (CGI)-

Severity Score, der Brief Assessment of Cognition in Schizophrenia (BACS)-Fragebogen und der Montgomery-Åsberg Depression Rating Scale (MADRS).

Estradiol altersabhängig wirksam

Das mediane Alter in beiden Gruppen betrug 38 Jahre. Für beide Gruppen gemeinsam lag der Anfangsscore der positiven Subskala des PANSS bei 19,6 Punkten. In beiden Gruppen verbesserte sich der Score deutlich und lag nach acht Wochen:

  • in der Estradiol-Gruppe bei 13,4 Punkten und
  • in der Placebo-Gruppe bei 14,4 Punkten.

Im Vergleich zu Placebo lag die Verbesserung auf der positiven Subskala des PANSS bei –0,94 Punkten (95%-Konfidenzintervall[KI] –1,64 bis –0,24; p = 0,008; Effektstärke = 0,38) und war damit statistisch signifikant. Auch der PANSS-Gesamtscore und der MADRS-Score verbesserten sich in der Estradiol-Gruppe im Vergleich zu Placebo. Beim CGI-Severity-Score und beim BACS konnten keine Unterschiede zwischen der Estradiol- und der Placebo-Gruppe festgestellt werden. In Post-hoc-Analysen wurde ermittelt, dass die Verbesserung der Symptomatik bei fast allen Frauen über 38 Jahren erfolgte. Bei jüngeren Patientinnen (< 38 Jahre) wurde keine Verbesserung auf der positiven Subskala des PANSS (Differenz 0,08 Punkte, 95%-KI –0,91 bis 1,07) beobachtet.

Nebenwirkungen unter Estradiol häufiger

Empfindlichkeit der Brust (breast tenderness) und Gewichtszunahme waren in der Estradiol-Gruppe häufiger zu beobachten als in der Placebo-Gruppe.

Fazit

Die Autoren konnten die früheren Studienergebnisse replizieren. Daher schlussfolgern sie, dass transdermales Estradiol eine effektive Zusatzbehandlung zur bestehenden antipsychotischen Therapie bei Frauen ab 38 Jahren sein könnte. Bei jüngeren Frauen scheint die endogene Estradiolsynthese noch ausreichend hoch zu sein, sodass eine externe Zufuhr keinen Vorteil bringe. Die Ergebnisse seien zwar vielversprechend, allerdings noch nicht robust genug, um eine Empfehlung aussprechen zu können. Daher seien weitere Studien notwendig.

Quelle

Weiser M, et al. Effect of adjunctive estradiol on schizophrenia among women of childbearing age – a randomized clinical trial. JAMA Psychiatry. 2019. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2019.1842.

Psychopharmakotherapie 2020; 27(02):85-95