Fokale Epilepsie

Nichtinterventionelle Studie zeigt hohe Retentionsraten unter Eslicarbazepinacetat


Simone Reisdorf, Erfurt

Patienten mit fokaler Epilepsie, die auf eine Mono- oder Kombinationstherapie mit Eslicarbazepinacetat eingestellt werden, nehmen diese mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach sechs Monaten noch ein. Das zeigt eine aktuelle Beobachtungsstudie.

Nichtinterventionelle Studien, Beobachtungsstudien, Phase-IV-Studien – sie ergänzen die randomisiert-kontrollierten klinischen Studien (RCT) und bringen zusätzlichen Erkenntnisgewinn. Denn sie sammeln Daten in einer breiten Patientenklientel unter Praxisbedingungen und stellen dabei oftmals patientenberichtete Outcomes (PRO) in den Mittelpunkt.

Epilepsiepatienten in der täglichen Praxis unterscheiden sich deutlich von RCT-Kollektiven

Randomisiert-kontrollierte klinische Studien (RCT) haben aus gutem Grund zahlreiche Ausschlusskriterien. Diese dienen der Patientensicherheit sowie der Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Studienergebnisse. Die Kehrseite ist, dass oftmals – beispielsweise in der Indikation Epilepsie – die Mehrheit der Patienten aus der täglichen Praxis nicht in RCT repräsentiert ist.

So zeigte eine Stichprobe von 432 konsekutiven Epilepsiepatienten in zwei tschechischen Kliniken, dass drei Viertel (76 %) der Patienten „zu wenige“ Anfälle gehabt hätten, um in ein RCT-Kollektiv zu passen (< 1 Anfall pro Monat). Außerdem hätte jeder Zweite (51 %) wegen relevanter internistischer, neurologischer oder psychiatrischer Komorbidität nicht an RCT teilnehmen können; oftmals lag mehr als eine Begleiterkrankung vor. 23 % der Patienten nahmen bereits ≥ 3 Antiepileptika ein, auch dies ist ein Hindernis für die meisten RCT. Weitere Ausschlussgründe sind Schwangerschaft und Stillzeit, fortgeschrittene neurologische Schäden, Alkohol- oder Drogenmissbrauch; sie kamen in dieser Stichprobe seltener vor.

Letztlich hätten nur 9 % der 432 Patienten an einer RCT teilnehmen können. Die tschechischen Forscher nahmen daraufhin das häufigste K.o.-Kriterium aus der Berechnung, die „zu geringe“ Anfallsfrequenz. Aber auch von den 106 Patienten mit ≥ 1 Anfall pro Monat hätten nur 36 % in eine RCT gepasst [1].

Ein patientenbezogener Parameter, der für eine optimale Balance aus Verträglichkeit und Wirksamkeit steht, ist die Therapiepersistenz. In einer Phase-IV-Studie unter dem Namen ZEDEBAC (Zebinix effects in dependency of baseline conditions) [2] stand genau dieser Aspekt im Fokus: Primärer Studienendpunkt war die Retentionsrate der Anwendung von Eslicarbazepinacetat (Zebinix®) nach sechs Monaten. Sie wurde in drei Subgruppen einzeln betrachtet: für Patienten, die den Wirkstoff als Monotherapie einnahmen oder ihn zusammen mit einem anderen Antiepileptikum (antiepileptic drug, AED) oder mit mindestens zwei anderen AED anwendeten.

Insgesamt 237 Patienten mit bestätigter fokaler Epilepsie nahmen an der Studie teil; einzige Ausschlusskriterien waren psychogene, nichtepileptische Anfälle sowie die Teilnahme an anderen klinischen Studien. Die Patienten kamen aus 43 Zentren in ganz Deutschland. Die drei Subgruppen mit antiepileptischer Mono- vs. Dual- vs. Polytherapie unterschieden sich hinsichtlich der Teilnehmerzahl (n = 35 vs. 114 vs. 88), des mittleren Lebensalters (54,5 vs. 51,6 vs. 45,1 Jahre) sowie der Erkrankungsdauer (4,3 vs. 9,7 vs. 18,7 Jahre).

Hohe Retentionsraten unter Eslicarbazepinacetat

Die Retentionsrate war in allen drei Subgruppen hoch: Nach sechs Monaten standen 93,9 % vs. 78,0 % vs. 75,3 % der Patienten noch immer unter der Therapie mit Eslicarbazepinacetat; über alle Subgruppen hinweg waren es 79,3 %.

Acht von zehn Patienten des Monotherapie-Kollektivs wurden anfallsfrei

Ein sekundärer Endpunkt war die Wirksamkeit, das bedeutet hier: der Vergleich der Anfallsfrequenz in den drei Monaten vor der Einstellung auf Eslicarbazepinacetat vs. in den drei Monaten vor der Auswertung, also den Monaten vier bis sechs nach der Umstellung.

Ein Therapieansprechen, definiert als ≥ 50%ige Reduktion der Häufigkeit fokaler Anfälle, erreichten 90,5 % der Patienten unter Eslicarbazepinacetat-Monotherapie, 77,6 % derjenigen mit einem zusätzlichen AED und 48,3 % derjenigen mit mehreren weiteren AED. Gänzlich anfallsfrei wurden 81,5 % vs. 47,9 % vs. 23,4 % der Teilnehmer der drei Subgruppen.

Schwindel und Müdigkeit häufigste Nebenwirkungen

Unerwünschte Ereignisse (UE) wurden bei jedem sechsten Patienten unter Eslicarbazepinacetat-Monotherapie (17,1 %) beobachtet; in den beiden Studienarmen mit Kombinationstherapie waren sie mit 24,6 % bzw. 33,0 % etwas häufiger. Die meistdokumentierten UE in der Studie waren Schwindel (5,1 %), Müdigkeit (3,8 %), Hyponatriämie (3,4 %) und Übelkeit (2,5 %).

Wegen Unverträglichkeit hatten 3,0 % der Patienten mit Eslicarbazepinacetat-Monotherapie vs. 11,0 % der Patienten mit einem weiteren AED vs. 12,9 % derjenigen mit mehreren weiteren AED die Behandlung abgebrochen. Insgesamt wurde das Verträglichkeitsprofil als „günstig, auch in komplexeren Behandlungssituationen mit antikonvulsiver Polytherapie“ bewertet.

Quelle

Prof. Dr. med. Florian Weißinger, Berlin, Fachpressekonferenz „Update zur Therapie von Epilepsien“, veranstaltet von Eisai im Rahmen des 92. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Stuttgart, 27. September 2019.

Literatur

1. Tlusta E, et al. Clinical relevance of patients with epilepsy included in clinical trials. Epilepsia 2008;49:1479–80.

2. Weissinger F, et al. Effectiveness of eslicarbazepine acetate in dependency of baseline anticonvulsant therapy: Results from a German prospective multicenter clinical practice study. Epilepsy Behav 2019;101:106574.

Psychopharmakotherapie 2020; 27(01):33-40