10 Jahre TOP-Studie

Positive Langzeit-Erfahrungen mit Natalizumab


Dr. Alexander Kretzschmar, München

Real-Life-Studien sind ein unverzichtbarer Bestandteil zur Beurteilung der Nutzen-Risiko-Relation eines Medikaments im Praxisalltag. Das „TYSABRI Observational Program“ (TOP) ist heute die größte laufende Real-World-Studie zur Behandlung der schubförmigen multiplen Sklerose (RRMS) mit Natalizumab. Die 10-Jahres-Daten zeigen eine anhaltend gute Krankheitskontrolle ohne neue Sicherheitssignale unter der Therapie mit dem Antikörper, wie bei einer Pressekonferenz der Firma Biogen berichtet wurde.

Angesichts der zahlreichen Therapieoptionen bei MS kann heute die Behandlung individuell auf Veränderungen der Krankheitsaktivität und anderer Outcome-Faktoren angepasst werden. Dies ist insbesondere für Patienten mit hochaktiver RRMS wichtig. In diesem Setting ist Natalizumab (Tysabri®) auch heute eine wichtige Option für hochaktive Patienten, die eine effektive Therapie mit raschem Wirkungseintritt benötigen, um bleibende neurologische Schädigungen zu verhindern.

In der TOP-Studie wurden 6148 Patienten (72,1 % Frauen; im Mittel 37,1 Jahre; im Mittel zwei Schübe im Jahr vor der Umstellung) mit einer Behandlungsdauer von mehr als zehn Jahren ausgewertet. Die auf dem ECTRIMS 2018 vorgestellten 10-Jahres-Daten bescheinigen Natalizumab eine anhaltende Reduktion der Krankheitsaktivität bei gleichbleibend guter Sicherheit ohne neue Signale. Die Schubaktivität wurde unabhängig von der Krankheitsaktivität und dem EDSS (Expanded disability status score) bei Baseline sowie von der Art bzw. Anzahl der Vortherapien um 89,9 bis 94,3 % im Vergleich zum Jahr vor dem Switch auf Natalizumab reduziert. Die jährliche Schubrate ging von 0,24 in Jahr 1 bis auf 0,04 in Jahr 10 zurück.

Anhaltende Wirksamkeit bei guter Sicherheit

Dies bedeutet, dass die kumulative Wahrscheinlichkeit einer Reduktion des Behinderungsgrads (bestätigt nach sechs Monaten) bis zum Jahr 9 auf 32,3 % stieg. Im Vergleich dazu war das Risiko einer EDSS-Verschlechterung mit 25 % deutlich geringer. 91 % der Patienten waren frei von Schüben, die zu Hospitalisierungen führten; 89 % der Patienten waren frei von Schüben, die zu einer Behandlung mit Steroiden führten. Neben diesen harten klinischen Endpunkten liegen auch zahlreiche Daten vor, die eine deutliche Verbesserung Patienten-assoziierter Endpunkte (PROs) wie dem mentalen und physischen Funktionsstatus sowie der gesundheitsbezogenen Lebensqualität belegen.

Für ein leitliniengerechtes Monitoring von JCV-negativen Patienten sind heute ein JCV-Antikörpertest alle sechs Monate und ein kranielles MRT einmal pro Jahr erforderlich. Um die Behandlung mit Natalizumab sicherer zu machen, laufen weitere Real-Life-Studien. In dem TOUCH-Register werden mehr als 90 000 Patienten unter Natalizumab-Therapie in den USA nachbeobachtet, beispielsweise zur Inzidenz schwerer opportunistischer Infektionen. In der jetzt anlaufenden Phase-IIIb-Studie NOVA werden zwei Dosierungsintervalle von Natalizumab – 4-wöchentlich vs. 6-wöchentlich – hinsichtlich einer möglichen Verlängerung des Dosierungsintervalls verglichen (NCT03689972).

Quelle

Prof. Dr. Ralf Gold, Bochum; Prof. Dr. Dr. Sven Meuth, Münster; Fachpressekonferenz „MS-Therapie: Von der Theorie in die Praxis – Was können wir aus Real-World-Daten lernen?, München, 26. Februar 2019, veranstaltet von Biogen.

Psychopharmakotherapie 2019; 26(03):165-173