Alzheimer-Krankheit

Neue Ansätze für Diagnose und Therapie


Dr. Anja Schäfer, Heppenheim

Die Erkenntnisse zur Pathogenese der Alzheimer-Krankheit legen einen möglichst frühzeitigen Therapiebeginn nahe. An welchen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten die Firma Roche in diesem Zusammenhang forscht, wurde bei einem Pressegespräch im Rahmen des DGN-Kongresses 2018 präsentiert.

Schätzungen zufolge leiden in Deutschland etwa 1,7 Millionen Menschen an einer Demenz, wobei die häufigste Form der Demenz (50–70 %) die Alzheimer-Krankheit ist [1, 3]. Diese entwickelt sich bereits lange vor dem Auftreten sichtbarer Symptome auf molekularer Ebene durch die Aggregation von Amyloid-beta- und Tau-Proteinen [6]. Anhand klinischer, pathologischer und biochemischer Marker kann die Alzheimer-Krankheit in mehrere Stadien eingeteilt werden, die fließend ineinander übergehen. Heute wird daher von einem Kontinuum der Alzheimer-Krankheit mit einem lange vorausgehenden präklinischen Stadium ausgegangen. Werden durch die Erkrankung immer mehr Nervenzellen zerstört, wird schließlich eine klinische Schwelle überschritten und die Patienten entwickeln Symptome [6].

Frühe Diagnose durch molekulare Marker

Das Vorstadium, die prodromale Alzheimer-Krankheit, kann somit eher durch biologische Untersuchungen als durch klinische Beschreibungen detektiert werden. Beispielsweise können hirnpathologische Veränderungen über krankhafte Amyloid- und Tau-Befunde durch Liquor-Analyse oder Positronen-Emissions-Tomographie (PET) nachgewiesen werden [3]. Neben den bereits bestehenden diagnostischen Verfahren erforscht Roche weitere Optionen zur Früherkennung der Alzheimer-Krankheit. Hierfür sollen im ersten Quartal 2019 Assays zur Detektion von Amyloid-beta-Monomeren und Tau-Proteinen zur Verfügung stehen. Außerdem werden Tau-Tracer für die Anwendung mit PET entwickelt.

Hoffnung auf neue Behandlungsoptionen

Aktuelle medikamentöse Therapien zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit können die Progression der Demenz nicht aufhalten, allenfalls den Verlust der kognitiven Funktionen temporär verlangsamen. Um die Alzheimer-Krankheit künftig nachhaltig behandeln zu können, besteht folglich ein großer Bedarf an neuen Therapieformen [5]. Derzeit befinden sich bei Roche drei Antikörper in der klinischen Prüfung bei Patienten mit früher (prodromaler oder leichter) Alzheimer-Krankheit [2, 4]:

  • Der humanisierte, monoklonale Anti-Beta-Amyloid-Antikörper Crenezumab bindet an multiple Formen des Beta-Amyloid mit Präferenz für Oligomere. Er wird in dem Phase-III-Studienprogramm CREAD untersucht.
  • Im Rahmen des GRADUATE-Phase-III-Programms wird der monoklonale, humane Anti-Beta-Amyloid-Antikörper Gantenerumab geprüft. Dieser ist gegen aggregierte Formen des Beta-Amyloid (Oligomere und Plaques) gerichtet.
  • Dagegen erkennt der monoklonale Anti-Tau-Antikörper RO7105705 Tau-Protein im extrazellulären Raum des Gehirns. Das TAURIEL-Programm analysiert die Substanz mit einer Phase-II-Studie, die im dritten Quartal 2019 beginnen soll.

Zusätzlich zu den Wirkstoffen für die Therapie der Alzheimer-Krankheit entwickelt Roche Medikamente zur Behandlung der Huntington-Krankheit, der Duchenne-Muskeldystrophie und der spinalen Muskelatrophie [4]. Die Kombination von Diagnostik und Therapie soll dabei helfen, möglichst früh in den Krankheitsprozess eingreifen zu können.

Quelle

Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, Berlin, Prof. Dr. Lutz Frölich, Mannheim, Pressegespräch „Herausforderungen der modernen Neurologie am Beispiel der Alzheimer-Krankheit“, Berlin, 1. November 2018, veranstaltet von Roche.

Literatur

1. Bickel H und Deutsche Alzheimer Gesellschaft e. V. Selbsthilfe Demenz. Informationsblatt 1. Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen, Stand: Juni 2018, https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf (Zugriff am 22.11.2018).

2. clinicaltrials.gov: NCT03289143, NCT02670083, NCT03114657, NCT03444870, NCT03289143 (Zugriff am 22.11.2018).

3. Deuschl G, Maier W, et al. S3-Leitlinie Demenzen. 2016. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (Zugriff am 22.11.2018).

4. https://www.roche.com/research_and_development/who_we_are_how_we_work/pipeline.htm (Zugriff am 22.11.2018)

5. Hung SY, Fu WM. J Biomed Sci 2017;24:47.

6. Jack CR Jr, et al. Lancet Neurol 2013;12:207–16.

Psychopharmakotherapie 2019; 26(01):62-65