Therapieresistente Depressionen

Esketamin intranasal als neue Behandlungsoption


Dr. Barbara Kreutzkamp, Hamburg

Etwa ein Drittel der Patienten mit depressiven Episoden reagieren nur unzureichend auf die bisher verfügbaren Antidepressiva. Die Adressierung des glutaminergen Systems mit intranasalem Esketamin könnte diesen Patienten helfen. In einer Phase-II-Studie zeigte der nasal applizierte NMDA-Rezeptorantagonist dosisabhängige Effekte innerhalb von nur kurzer Zeit.

Depressionen gehen mit Dysbalancen im Neurotransmittersystem einher. Betroffen sind dabei nicht nur das serotonerge und dopaminerge System, auch die glutaminerge Transmission moduliert das emotionale Verhalten und ist an der Depressionsgenese beteiligt. Dies kann therapeutisch genutzt werden. So stellte der N-methyl-D-aspartat(NMDA)-Rezeptorantagonist Ketamin in mehreren Studien seine gute Wirksamkeit in der Behandlung von schweren Depressionen unter Beweis. Allerdings muss Ketamin intravenös gegeben werden, was die breitere Anwendung limitiert. Das S-Enantiomer Esketamin hat eine deutlich höhere Affinität zum NMDA-Rezeptor als das R-Enantiomer und wurde nun als intranasale Formulierung für die Behandlung von therapieresistenten Depressionen weiterentwickelt. Eine Phase-II-Studie sollte Auskunft zu Wirksamkeit und Verträglichkeit von intranasalem Esketamin in verschiedenen Dosierungen geben.

Methodik

Einbezogen in die doppelblinde und Placebo-kontrollierte Studie waren 67 Erwachsene in einem durchschnittlichen Alter von 44,7 Jahren (Standardabweichung [SD] 10,0 Jahre) mit einer DSM-IV-TR-basierten Diagnose einer Major Depression und einem nicht ausreichenden Ansprechen auf mindestens zwei verschiedene Antidepressiva. In der ersten doppelblinden Behandlungsphase erhielten die Patienten über die Studientage 1 bis 15:

  • Placebo (n=33)
  • Esketamin 28 mg (n=11)
  • Esketamin 56 mg (n=11)
  • Esketamin 84 mg (n=12)

In Studienphase 2 wechselten 28 Patienten der Placebo-Gruppe mit mittleren bis schweren Symptomen in einen der vier Behandlungsarme, die Placebo-Patienten mit milden Symptomen blieben in der Placebo-Gruppe. Während der offenen zweiten Studienphase von Tag 15 bis 74 reduzierte sich die Einnahmehäufigkeit von zweimal wöchentlich auf zunächst einmal wöchentlich und schließlich auf eine Gabe von einmal alle zwei Wochen. Während der gesamten Studienzeit nahmen die Patienten die bisher verordneten Antidepressiva weiter ein. Primärer Endpunkt war die Veränderung des Scores in der Montgomery-Åsberg-Depressionsskala (MADRS; 0–60) zwischen Baseline und Tag 8 der jeweiligen Behandlungsperiode.

Ergebnisse

Patienten in den drei Esketamin-Gruppen erzielten in der kombinierten Periodenauswertung dosisabhängig gegenüber Placebo (Kovarianzanalyse) signifikant bessere MADRS-Werte:

  • Gruppe mit Esketamin 28 mg: –4,2 (SD 2,09; p=0,02)
  • Gruppe mit 56 mg: –6,3 (SD 2,07; p=0,001)
  • Gruppe mit 84 mg: –9,0 (SD 2,13; p<0,001)

Der Zusammenhang zwischen antidepressivem Effekt und steigender Dosis war mit p<0,001 signifikant. Die Effekte blieben auch während der Reduktion der Einnahmehäufigkeit in der zweiten Studienphase erhalten (–7,2; SD 1,84). 5% der Esketamin-behandelten Patienten in der Doppelblindphase vs. keinem unter Placebo und 2% während der offenen Phase hatten Nebenwirkungen, die zur vorzeitigen Studienbeendigung führten. Dazu gehörten Synkopen, Kopfschmerzen, Dissoziationen und eine ektopische Schwangerschaft.

Diskussion

In einer ersten klinischen Studie zu Wirksamkeit und Sicherheit von intranasalem Esketamin bei therapieresistenten Depressionen zeigte der NMDA-Rezeptorantagonist eine dosisabhängige Effektivität mit einem raschen, wahrscheinlich innerhalb von zwei Stunden einsetzenden Wirkeintritt unter einer zweimal wöchentlichen Applikation. In der Reduktionsphase, in der die Applikationshäufigkeit zurückgenommen wurde, blieb die Wirksamkeit auf vergleichbarem Niveau bestehen. Alle eingesetzten Esketamin-Dosierungen erwiesen sich als sicher.

Die Ergebnisse ermutigen zu weiteren klinischen Studien, schreiben die Autoren. Insbesondere die robuste und lang anhaltende Wirksamkeit von 56 und 84 mg intranasal appliziertem Esketamin sollte nun in einer konfirmatorischen Phase-III-Studie dokumentiert werden.

Quelle

Daly EJ, et al. Efficacy and safety of intranasal esketamine adjunctive to oral antidepressant therapy in treatment-resistant depression. A randomized clinical trial. JAMA Psychiatry published online December 27, 2017; doi:10.1001/jamapsychiatry.2017.3739.

Psychopharmakotherapie 2018; 25(02):81-90