Multiple Sklerose

Einsatz von Rituximab zur Behandlung der schubförmigen multiplen Sklerose


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
In einer retrospektiven Kohorten-Studie aus Schweden war Rituximab anderen krankheitsmodulierten Therapien bei der schubförmigen multiplen Sklerose (MS) überlegen und führte signifikant seltener zum Behandlungsabbruch wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen.

Für die schubförmig remittierende multiple Sklerose steht eine Vielzahl von immunmodulatorischen Therapien zur Verfügung, die zum Teil subkutan oder intravenös appliziert werden. Seit einiger Zeit gibt es auch wirksame orale Therapien. Für die parenterale Therapie sind Interferon beta, Glatirameracetat, Natalizumab und Alemtuzumab zugelassen. Für die orale Therapie sind zugelassen Fingolimod, Dimethylfumarat und Teriflunomid. Es gibt viele Registerstudien über eine positive Wirkung von Rituximab, einer Substanz, die CD20-B-Zellen depletiert. Da Rituximab kurz vor dem Ende des Patentschutzes stand, wurden keine großen randomisierten Zulassungsstudien durchgeführt. Man ist daher auf die Ergebnisse von Registerstudien angewiesen, in denen die Substanz off Label eingesetzt wurde.

Die hier referierte Publikation ist eine retrospektive Kohorten-Studie von prospektiv erhobenen Daten aus zwei schwedischen Landkreisen, in denen man Patienten mit schubförmiger MS untersuchte (Tab. 1). Der Untersuchungszeitpunkt erstreckte sich von Januar 2012 bis Oktober 2015. Erfasst wurden die Wirksamkeit, gemessen anhand der Schubrate, und Therapieabbrüche wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen. In die Studie wurden 494 Patienten aufgenommen, die im Mittel 34 Jahre alt waren. 215 Patienten (53,5%) wurden mit parenteralen krankheitsmodulierenden Therapien behandelt, 86 (17,4%) erhielten Dimethylfumarat, 17 Patienten (3,4%) Fingolimod, 50 Patienten (10%) Natalizumab, 120 Patienten (24,3%) Rituximab und sechs Patienten (1,2%) andere Therapien. Therapieabbrüche pro Jahr gab es für

  • Rituximab 3%,
  • injizierbare krankheitsmodulierende Therapien 53%,
  • Dimethylfumarat 32%,
  • Fingolimod 38% und
  • Natalizumab 29%.

Tab. 1. Studiendesign [nach Granqvist et al. 2018]

Erkrankung

Schubförmig remittierende multiple Sklerose (MS)

Studienziel

Wirksamkeit und Sicherheit von Rituximab im Vergleich zu anderen MS-Arzneimitteln

Studientyp/Design

Retrospektiv, Kohorten-Studie

Patienten

494

Intervention

Rituximab, injizierbare krankheitsmodulierende Therapien, Dimethylfumarat, Fingolimod oder Natalizumab

Sponsor

Unabhängig

Die häufigste Ursache für Therapieabbrüche war eine weiterhin hohe Schubrate, die zweihäufigste Nebenwirkungen. Die Schubrate war für Rituximab signifikant geringer als für andere injizierbare krankheitsmodulierende Therapien (p<0,01) und Dimethylfumarat (p<0,05). Der Unterschied zu Natalizumab war nicht mehr signifikant (p=0,05), im Vergleich zu Dimethylfumarat und Fingolimod ergab sich nur ein Trend (p=0,06 bzw. p=0,15).

  • Kommentar

Diese offene Registerstudie aus Schweden zeigt eine gute Wirksamkeit von Rituximab in der Behandlung einer schubförmig remittierenden MS. Rituximab hat die geringste Abbruchrate wegen unerwünschter Arzneimittelwirkungen oder fehlender Wirksamkeit.

Da die Substanz bereits aus dem Patentschutz ist, sollte es leichter möglich sein, Rituximab über Genehmigungen durch die Krankenkassen bei der Therapie der schubförmigen MS insbesondere bei Patienten einzusetzen, die bei den hoch wirksamen Therapien wie mit Natalizumab Kontraindikationen oder Unverträglichkeitsprobleme haben.

Quelle

Granqvist M, et al. Comparative effectiveness of rituximab and other initial treatment choices for multiple sclerosis. JAMA Neurol published online January 8, 2018. Doi:10.1001/jamaneurol.2017.4011.

Psychopharmakotherapie 2018; 25(02):81-90