Prävention der chronischen Migräne

Monoklonaler Anti-CGRP-Antikörper TEV-48125


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Die subkutane Gabe von TEV-48125 alle 28 Tage ist in der Prophylaxe der chronischen Migräne wirksam, wie sich in einer Phase-IIb-Studie zeigt. Die Substanz war gut verträglich.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

CGRP (Calcitonin-gene related peptide) spielt eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Migräne. TEV-48125 ist ein humanisierter monoklonaler Anti-CGRP-Antikörper, der subkutan injiziert werden muss. In der vorliegenden Studie sollte er zur Prävention der chronischen Migräne (>15 Kopfschmerztage/Monat) untersucht werden.

Studiendesign

In die multizentrische randomisierte doppelblinde Placebo-kontrollierte Parallelgruppen-Studie wurden Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren mit chronischer Migräne eingeschlossen. Die Patienten erhielten im Abstand von 28 Tagen drei subkutane Injektionen:

  • initial 675 mg TEV-48125, gefolgt von 2-mal 225 mg (n=88) oder
  • 900 mg TEV-48125 (n=86) oder
  • Placebo (n=89).

Die Kopfschmerzinformation wurde über elektronische Tagebücher erfasst.

Der primäre Endpunkt war die Reduktion von Kopfschmerzstunden zwischen Baseline und den Wochen 9 bis 12 sowie die Verträglichkeit der Substanz. Sekundäre Endpunkte waren die Veränderung in der Zahl der Tage mit mittelschweren und schweren Kopfschmerzen.

Die Patienten waren im Mittel 40 Jahre alt. 85% waren Frauen. Die mittlere Zahl der Kopfschmerzstunden pro Monat betrug zwischen 160 und 170 Stunden. Mittelschwere oder schwere Kopfschmerzen traten im Mittel an 14 Tagen auf; Migräne an 17 Tagen. An zehn Tagen im Monat wurden Triptane eingenommen. Etwa die Hälfte aller Patienten hatte zuvor bereits eine prophylaktische Migräne-Therapie erhalten.

Studienergebnisse

Die mittlere Reduktion der Kopfschmerzstunden in den Wochen 9 bis 12 verglichen mit der Baseline waren

  • 59,8 Stunden in der Niedrigdosisgruppe,
  • 67,5 Stunden in der Hochdosis-Gruppe und
  • 37,1 Stunden in der Placebo-Gruppe.

Die Differenz betrug 22,7 Stunden für die niedrige Dosis und 30,4 Stunden für die hohe Dosis. Alle Unterschiede waren statistisch signifikant. Die Zahl der berichteten Nebenwirkungen insgesamt war zwischen den einzelnen Therapiearmen nicht unterschiedlich, am häufigsten wurde über Schmerzen an der Injektionsstelle und Juckreiz geklagt. Infektionen waren etwas häufiger in den beiden Verum-Gruppen.

Kommentar

Diese große Phase-IIb-Studie, an deren Planung und Publikation der Kommentator mitgewirkt hat, gibt einen deutlichen Hinweis, dass TEV-48125 in der Prävention der chronischen Migräne wirksam ist. Zwischen den beiden Dosierungen besteht aber kein Unterschied in der Wirksamkeit. Bemerkenswert ist, dass auch fast alle sekundären Endpunkte der Studie positiv waren. Im Gegensatz zu vielen bisher verwendeten Migräne-Prophylaktika (z.B. Topiramat) scheinen unerwünschte Wirkungen keine größere Rolle zu spielen. Allerdings kam es in der Hochdosis-Gruppe bei zwei Patienten zur Entwicklung einer Depression mit einem Suizidversuch. Ein kausaler Zusammenhang mit der Studienmedikation ist allerdings sehr unwahrscheinlich. Durch die Injektion des Arzneimittels ist gewährleistet, dass die Therapie auch tatsächlich erfolgt. Bei oraler Migräne-Prophylaxe besteht häufig eine schlechte Compliance und Adhärenz. Die Ergebnisse dieser Studie müssen jetzt noch in einer großen Phase-III-Studie repliziert werden, wobei diese mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der niedrigen Dosis von TEV-48125 durchgeführt werden wird.

Quelle

Bigal ME, et al. Safety, tolerability, and efficacy of TEV-48125 for preventive treatment of chronic migraine: a multicentre, randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 2b study. Lancet Neurol 2015;14:1091–100.

Psychopharmakotherapie 2016; 23(01)