Prolongierte Krampfanfälle bei Kindern

Bukkales Midazolam wirkt rasch und sicher


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Kinder mit prolongierten akuten Krampfanfällen erhalten oft außerhalb der Klinik nicht die erforderliche medikamentöse Notfallmedikation, obwohl eine solche die Anfallsdauer reduziert und einen Status epilepticus verhindern kann. Empfehlenswert für solche Situationen ist bukkales Midazolam, da es einfach zu applizieren ist und die Intimsphäre wahrt, so das Ergebnis eines von der Firma Shire im Rahmen der 88. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) veranstalteten Expertengesprächs.

90% aller epileptischen Anfälle sistieren nach 2 bis 3 Minuten. Wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert, spricht man von einem prolongierten epileptischen Anfall, der in einen Status epilepticus übergehen kann. Im Rahmen der PERFECT-Initiative (The practices in emergency and rescue medication for epilepsy with community administered therapy) wurden Aspekte beim Umgang von Kindern mit prolongierten akuten Krampfanfällen (PACS) untersucht. Dabei wurden die Auswirkungen auf den Alltag der Kinder und Eltern, die Anfallsdauer mit und ohne Notfallmedikation, die Verfügbarkeit von Notfallmedikamenten und auch die Unterschiede bei der Alarmierung des Krankenwagens analysiert. Dabei zeigte sich: Die meisten Kinder mit PACS leiden unter Lernstörungen und sind mehrheitlich nicht in der Lage, die typischen alltäglichen Aktivitäten auszuführen. Diese alarmierende Erkenntnis macht deutlich, welche schwerwiegenden Folgen länger anhaltende Anfälle für den Alltag der Kinder und Eltern haben können. Ganz selten kann ein Status epilepticus auch tödlich enden. Deshalb gilt es, durch eine rasche Terminierung des Anfalls bzw. des Status epilepticus, Spätfolgen wie Verhaltensstörungen, Schulschwierigkeiten und motorische Auffälligkeiten zu verhindern.

Bukkale Applikation schützt Intimsphäre

Die Befragung ergab auch, dass bei fast jedem zweiten betroffenen Kind für den Fall eines PACS ein Notfallmedikament verfügbar ist, das dann auch oft, aber nicht immer appliziert wird. Nicht selten wird ein Krankenwagen gerufen, wenn Lehrer oder Mitarbeiter der betreuenden Einrichtungen nicht entsprechend geschult oder bereit sind, das Notfallmedikament zu verabreichen. Die Notfallmedikation aber verkürzt die Anfallsdauer und kann einen Status epilepticus ebenso verhindern wie einen unnötigen Krankenhausaufenthalt.

Der erste Therapieschritt zur Unterbrechung eines prolongierten epileptischen Anfalls muss einfach und schnell anwendbar sein und eine rasche und sichere Wirkung garantieren. Außerdem sollte die Applikation sozial verträglich sein. Das einzige Notfallmedikament aus der Substanzklasse der Benzodiazepine, das in Deutschland für solche Situationen zur bukkalen Applikation zur Verfügung steht, ist Midazolam in einer Oralspritze (Buccolam®). Die Alternative wäre rektal applizierbares Diazepam. Bukkales Lorazepam ist für diese Indikation nicht zugelassen. Die bukkale Applikationsform wird im Vergleich zur rektalen Gabe von Diazepam besser sozial akzeptiert, da sie die Intimsphäre wahrt. Sie erleichtert es auch Lehrern und Betreuern, das Notfallmedikament zu verabreichen. Darüber hinaus liegt der Vorteil der bukkalen Applikation in der schnellen Resorption und der Umgehung der Leber und des Intestinums. Bei Lorazepam ist die Resorption aus der Mundhöhle schlechter, sodass in der Akutsituation eine rasche Wirkung nicht garantiert ist [2]. Entsprechende pharmakokinetische Daten zu bukkalem Midazolam zeigen dagegen, dass die Substanz rasch resorbiert wird und somit schnell wirkt [1].

Quelle

Prof. Gerhard Kurlemann, Münster, Prof. Bernd Wilken, Kassel; „PERFECT-Abend“, veranstaltet von Shire im Rahmen der 88. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Düsseldorf, 23. September 2015.

Literatur

1. Albrecht S, et al. Pharmacokinetics of oromucosal midazolam hydrochloride in children. Presented at 15th Congress of Anaesthesiologists (WCA), Buenos Aires, Argentina, 25. March 2012, Poster 1284.00.

2. Wilson G, et al. The behavior of a fast-dissolving dosage form followed by γ-scintigraphy. Int J Pharm 1987;40:119–123.

Psychopharmakotherapie 2016; 23(01)