Parkinson-assoziierte Schmerzen

Linderung durch retardiertes Oxycodon/Naloxon


Dipl.-Biol. Anne Bleick, Stuttgart

Schmerzen sind ein relevantes und oft unterschätztes nichtmotorisches Symptom bei Morbus Parkinson, das häufig nicht adäquat diagnostiziert und behandelt wird. Erstmals wurde nun in einer randomisierten, kontrollierten Studie speziell die Schmerztherapie bei Parkinson-Patienten untersucht. Das eingesetzte retardierte Oxycodon/Naloxon-Präparat zeigte sich bei der Linderung von Parkinson-assoziierten Schmerzen als wirksam und verträglich, obwohl es den vordefinierten primären Endpunkt knapp verfehlte. Die Daten wurden bei einem Pressegespräch der Firma Mundipharma vorgestellt.

Die häufigsten mit Parkinson-assoziierten Schmerztypen sind muskuloskelettale Schmerzen (Häufigkeit 45–75%) und dystone Schmerzen (Häufigkeit 10–70%). Trotz ihres häufigen Auftretens sind Schmerzen beim Parkinson-Patienten unterdiagnostiziert und -behandelt; 40% der Patienten verbinden die Schmerzen nicht mit dem Parkinson-Syndrom und geben sie daher beim Arztgespräch nicht an [1].

Die analgetische Wirkung eines retardierten Oxycodon/Naloxon-Präparats (OXN PR; Targin®) bei starken Parkinson-assoziierten Schmerzen wurde in einer multizentrischen, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie untersucht, an der Patienten mit mittlerer bis schwerer Parkinson-Erkrankung (Schweregrad II–IV nach Hoehn & Yahr) teilnahmen [2]. Einschlusskriterium waren starke Schmerzen (6 Punkte auf der numerischen Rating-Skala [NRS; 0=kein Schmerz bis 10=maximal vorstellbarer Schmerz]). Mit einer mittleren Schmerzdauer von 3,4 Jahren und einem mittleren Schmerzwert von 7,3 litten die Patienten unter chronischen, starken Schmerzen.

Sie erhielten zusätzlich zur laufenden Parkinson-Medikation entweder über 16 Wochen OXN PR (Titration auf 20 mg/10 mg, 2-mal täglich; n=93) oder Placebo (n=109). In der OXN-PR-Gruppe nahm der Schmerz-Score in den Wochen 1 bis 12 kontinuierlich ab, mit einem statistisch signifikanten Unterschied zu Placebo in den Wochen 4, 8 und 12 (p0,021). Der Schmerz-Score nahm in der maßgeblichen 16. Woche wieder leicht zu, sodass der Behandlungsunterschied gerade nicht mehr das geforderte Signifikanzniveau erreichte (p=0,058). Die Studie konnte nicht den vordefinierten primären Endpunkt erreichen.

Wurden bei der Analyse nur die Patienten einbezogen, die tatsächlich bis zum Ende behandelt wurden (Per-Protocol-Population), ergab sich auch in Woche 16 ein signifikanter Behandlungsunterschied (p=0,01). Auch hatten in Woche 16 unter OXN PR signifikant mehr Patienten mit einer Schmerzlinderung von 30% auf die Therapie angesprochen als unter Placebo (48% vs. 34%, p=0,021). Die Verminderung der Schmerzen war durchweg signifikant für schwere muskuloskelettale Schmerzen und starke nächtliche Schmerzen (Veränderung gegenüber dem Ausgangswert –2,34 vs. –1,52; p=0,023 und –2,82 vs. –1,55; p=0,010). Bei der Verbesserung des patientenbezogenen Gesamteindrucks (PGI-I) in Woche 16 gab es in der OXN-PR-Gruppe mit 38% signifikant mehr Responder als in der Placebo-Gruppe mit 27% (p=0,022). In absoluten Zahlen beurteilten 33/88 Patienten in der OXN-PR-Gruppe ihren Zustand als „viel“ oder „sehr viel“ besser und in der Placebo-Gruppe 28/105.

Gute Verträglichkeit

Die nichtmotorische Beurteilungsskala NMSS zeigte keine negativen Effekte von OXN PR im Vergleich zu Placebo auf die gastrointestinale Funktion. Das ist relevant, weil Parkinson-Patienten krankheitsbedingt oft unter Obstipation leiden (siehe Kasten). In der Studie wurde lediglich eine leicht erhöhte Obstipationsrate beobachtet, ansonsten wurden keine weiteren Unterschiede bei den Nebenwirkungen zwischen den beiden Gruppen festgestellt.

Wirkungsmechanismus [4]

Der Opioid-Antagonist Naloxon verhindert die unerwünschte Bindung des Opioid-Agonisten Oxycodon im Darm und wird anschließend rasch ausgeschieden. So wird einer Opioid-induzierten Obstipation entgegengewirkt, während die analgetische Wirkung von Oxycodon im ZNS erhalten bleibt.

Eine kleine, offene Studie, die unabhängig von der Herstellerfirma monozentrisch in Italien durchgeführt wurde, zeigte für Wirksamkeit und Verträglichkeit von OXN PR vergleichbare Ergebnisse [3]. Hierbei erhielten 16 Parkinson-Patienten mit mittelstarken bis starken chronischen Schmerzen über acht Wochen als Analgetikum die niedrigste Wirkstärke von OXN PR (1-mal täglich 5 mg/2,5 mg in der ersten Woche; 2-mal täglich 5 mg/2,5 mg OXN PR über die restliche Studiendauer). Den primären Endpunkt einer Schmerzreduktion 30% in Woche 8 erreichten neun Patienten. In dieser Studie wurde eine Verbesserung der Darmfunktion durch OXN PR berichtet.

Quelle

Prof. Dr. Svenja Happe, Telgte; Prof. Dr. Claudia Trenkwalder, Kassel; Pressegespräch „Schmerzen bei Morbus Parkinson: Targin® überzeugt“, veranstaltet von Mundipharma Deutschland GmbH & Co. KG im Rahmen des 88. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Düsseldorf, 25. September 2015.

Literatur

1. Sophie M, et al. Management of pain in Parkinson’s disease. CNS Drugs 2012;26: 937–48.

2. Trenkwalder C, et al. Prolonged release oxycodone/naloxone for the treatment of severe pain in patients with Parkinson’s disease: PANDA – a double-blind, randomised, placebo-controlled study. Lancet Neurol 2015 (in press).

3. Madeo G, et al. Efficacy and safety profile of prolonged release oxycodone in combination with naloxone (OXN PR) in Parkinson’s disease patients with chronic pain. J Neurol 2015.

4. Fachinformation Targin®, Stand Juli 2015.

Psychopharmakotherapie 2015; 22(06)