Schizophrenie

Atypische Depot-Antipsychotika haben positive Effekte auf Funktionsniveau und Lebensqualität


Abdol A. Ameri, Weidenstetten

Schizophrenie ist mit Beeinträchtigungen des psychosozialen Funktionsniveaus und der Lebensqualität assoziiert, die im Krankheitsverlauf weiter zunehmen. Neue Studiendaten weisen darauf hin, dass die frühzeitig beginnende, kontinuierliche Behandlung mit atypischen Depot-Antipsychotika eine fortschreitende Verschlechterung des Funktionsniveaus und der Lebensqualität verhindern können.

Patienten mit Schizophrenie sind in ihrem allgemeinen und psychosozialen Funktionsniveau im Vergleich zur Normalbevölkerung eingeschränkt. Ein besseres Funktionsniveau vor Ausbruch der Erkrankung, eine kürzere Dauer der unbehandelten Psychose und eine früh im Krankheitsverlauf erreichte Funktionsverbesserung gelten als zuverlässige Prädiktoren für eine günstige Prognose der Patienten [9]. Die Abnahme des psychosozialen Funktionsniveaus und die damit verbundenen negativen persönlichen und beruflichen Konsequenzen der Schizophrenie nehmen mit jedem psychotischen Rückfall zu [4]. Zudem haben Schizophrenie-Patienten – sogar in Remission – eine schlechtere Lebensqualität als gesunde Menschen [3]. Andererseits hat eine geringe Lebensqualität wiederum einen negativen Einfluss auf das Rückfallrisiko, sodass sich ein Circulus vitiosus mit dem Ergebnis einer fortschreitenden Abnahme der psychosozialen Funktion und der Lebensqualität ausbilden kann [2]. Nach den aktualisierten Leitlinien der WFSBP (World federation of societies of biological psychiatry) sind der Erhalt des Funktionsniveaus und der Lebensqualität neben der Vermeidung neuer psychotischer Episoden und der Symptomkontrolle wichtige Ziele einer effektiven Langzeittherapie [6].

Vorteile einer kontinuierlichen antipsychotischen Therapie

Schizophrenie-Patienten mit einer guten Therapieadhärenz haben im Vergleich zu nicht adhärenten einen besseren Funktionsstatus, eine niedrigere Hospitalisierungsrate und sind insgesamt mit ihrem Leben zufriedener [1], was die Bedeutung der Adhärenz in der Erhaltungstherapie unterstreicht. Der Einsatz von Depot-Antipsychotika bietet eine Möglichkeit, Non-Adhärenz rechtzeitig zu erkennen und zu intervenieren, um die Therapieadhärenz zu verbessern.

Dass sich der Einsatz von atypischen Depot-Antipsychotika auch auf die funktionellen Leistungen und die Lebensqualität auswirkt, zeigen neue Daten zu Aripiprazol als einmal monatlich intramuskulär (i.m.) zu injizierende Depot-Formulierung (Abilify Maintena®) [5, 10]. So ergab eine aktuelle Analyse der beiden randomisierten, doppelblinden und kontrollierten Zulassungsstudien, dass unter Aripiprazol-Depot (400 mg i.m., einmal monatlich) die mittels der PSP(Personal and social performance)-Skala erfassten persönlichen und sozialen Funktionen erhalten blieben, während es sowohl unter Placebo als auch unter subtherapeutisch dosiertem Aripiprazol-Depot (60 mg i.m., einmal monatlich) zu einer Verschlechterung kam. Die Unterschiede im PSP-Gesamtscore waren statistisch signifikant (p<0,001 vs. Placebo; p<0,05 vs. subtherapeutische Dosis) [5].

Direktvergleich von Aripiprazol- und Paliperidon-Depot

In der multizentrischen, randomisierten, offenen Phase-IIIb-Studie QUALIFY (Quality of life with Abilify Maintena study) wurde der Einfluss der beiden atypischen Depot-Antipsychotika Aripiprazol (400 mg einmal monatlich) und Paliperidonpalmitat (50–150 mg einmal monatlich) auf die Lebensqualität verglichen [10]. Studienteilnehmer waren 295 Patienten mit Schizophrenie, die nach der Einschätzung ihres Arztes aus verschiedenen Gründen auf ein Depot-Antipsychotikum umgestellt wurden. Primärer Endpunkt der 28-wöchigen Studie war die Veränderung der mittels der QLS(Heinrichs-Carpenter quality of life)-Skala evaluierten Lebensqualität. Die QLS besteht aus 21 Items in den vier Domänen

  • „intrapsychische Basis“ wie Motivation, Anhedonie, Empathie
  • „interpersonelle Beziehungen“ wie Freunde, Bekannte, soziales Netzwerk
  • „instrumentale Rolle“ wie Arbeitsfunktionsfähigkeit und Arbeitszufriedenheit
  • „alltägliche Dinge und Aktivitäten“ [7]

Der QLS-Gesamtscore reicht von 0 bis 126, wobei höhere Werte eine bessere Funktion anzeigen. Eine Zunahme von >5,0 Punkten auf der QLS-Skala wird als klinisch relevante Verbesserung angesehen [8].

Unter der Therapie mit Aripiprazol-Depot stieg der QLS-Gesamtwert bis Woche 28 gegenüber Baseline um 7,5±1,53 und unter Paliperidon-Depot um 2,80±1,62 (Differenz 4,67; p=0,036). Bereits nach Applikation der zweiten Dosis zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen den Behandlungsgruppen (Abb. 1). Die Überlegenheit von Aripiprazol-Depot zeigte sich in allen vier Domänen der QLS. Auch in Bezug auf den sekundären Endpunkt, die Abnahme des CGI-S(Clinical global impression-severity scale)-Scores schnitten die mit Aripiprazol-Depot behandelten Patienten signifikant besser ab als die Vergleichsgruppe (p=0,004 vs. Paliperidon-Depot) [10]. Beide Atypika waren generell gut verträglich; die nebenwirkungsbedingte Therapieabbruchrate betrug 11,1% unter Aripiprazol-Depot und 19,7% unter Paliperidonpalmitat [10].

Abb. 1. QUALIFY-Studie: Überlegene Verbesserung des Gesamtwerts der Heinrichs-Carpenter Quality-of-Life Scale (QLS) unter Aripiprazol-Depot versus Paliperidonpalmitat [mod. nach 10]. * p<0,05 Aripiprazol-Depot vs. Paliperidonpalmitat

Quelle

Prof. Dr. Ofer Agid, Toronto/Kanada, Prof. Dr. Philip Gorwood, Paris, Prof. Dr. Dieter Naber, Hamburg; Satellitensymposium „Long-acting injectable antipsychotics: Beyond relapse prevention in schizophrenia“, veranstaltet von Otsuka Pharma und Lundbeck GmbH im Rahmen des 23. Kongresses der European Psychiatric Association (EPA), Wien, 29. März 2015.

Literatur

1. Ascher-Svanum H, et al. Medication adherence and long-term functional outcomes in the treatment of schizophrenia in usual care. J Clin Psychiatry 2006;67:453–60.

2. Boyer L, et al. Quality of life is predictive of relapse in schizophrenia. BMC Psychiatry 2013;13:15.

3. Brissos S, et al. Quality of life in bipolar type I disorder and schizophrenia in remission: clinical and neurocognitive correlates. Psychiatry Res 2008;160:55–62.

4. Emsley R, et al. The evidence for illness progression after relapse in schizophrenia. Schizophr Res 2013;148:117–21.

5. Fleischhacker WW, et al. Effects of aripiprazole once-monthly on domains of personal and social performance: results from 2 multicenter, randomized, double-blind studies. Schizophr Res 2014;159:415–20.

6. Hasan A, et al. World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) guidelines for biological treatment of schizophrenia, part 2: update 2012 on the long-term treatment of schizophrenia and management of antipsychotic-induced side effects. World J Biol Psychiatry 2013;14:2–44.

7. Heinrichs DW, et al. The Quality of Life Scale: an instrument for rating the schizophrenic deficit syndrome. Schizophr Bull 1984;10:388–98.

8. Jones PB, et al. Randomized controlled trial of the effect on quality of life of second- vs. first-generation antipsychotic drugs in schizophrenia: Cost Utility of the Latest Antipsychotic Drugs in Schizophrenia Study (CUtLASS 1). Arch Gen Psychiatry 2006;63:1079–87.

9. Lambert M, et al. Remission in schizophrenia: validity, frequency, predictors, and patients’ perspective 5 years later. Dialogues Clin Neurosci 2010;12:393–407.

10. Naber D, et al. Aripiprazole once-monthly is superior to paliperidone palmitate in a randomized, head-to-head clinical study. 23. Kongress der European Psychiatric Association (EPA), Wien, 28.–31. März 2015. Poster EPA15–1973.

Psychopharmakotherapie 2015; 22(04)