Polypharmazie in der Behandlung der Schizophrenie


Thomas Messer, Pfaffenhofen, und Max Schmauss, Augsburg

Polypharmazie in der Behandlung der Schizophrenie ist häufig eine Folge von Therapieresistenz. Auch wenn in den verschiedenen Leitlinien meist eine Monotherapie empfohlen wird, werden sehr häufig Kombinations- und Augmentationstherapien verordnet. Wenn trotz Anwendung einer adäquat dosierten Monotherapie keine Vollremission eintritt, kann der Versuch einer Kombinationstherapie in Erwägung gezogen werden. Bei der Auswahl von Kombinations- und Augmentationstherapien sollten theoretische Überlegungen zu Rezeptorbindungsprofil, Pharmakokinetik und -dynamik sowie Interaktionspotenzial einbezogen werden, da die bisherige Studienlage keine eindeutige Nutzen-Risiko-Bewertung von Polypharmazie in der Behandlung der Schizophrenie zulässt.
Schlüsselwörter: Schizophrenie, Polypharmazie, Kombinationstherapie
Psychopharmakotherapie 2014;21:251–60.

Einsatz von Polypharmazie bei Schizophrenie

Polypharmazie in der Behandlung der Schizophrenie ist häufig das Resultat einer Therapieresistenz. Bis zu 70% der schizophrenen Patienten erreichen keine Vollremission und mindestens 30% der Betroffenen sprechen auf zwei oder mehr Monotherapien mit modernen Antipsychotika nicht an [36, 153].

Nach wie vor ist die Frage, ob eine Polypharmazie in der Behandlung der Schizophrenie Vorteile gegenüber einer Monotherapie hat, nicht eindeutig geklärt. Die klinische Praxis zeigt jedoch, dass entgegen wiederholt formulierten, plausiblen Empfehlungen, beispielsweise in den Leitlinien von Fachgesellschaften [13, 18, 67, 99], eine Monotherapie mit Antipsychotika zu verordnen, nach wie vor und regional sogar mit steigender Tendenz Kombinationstherapien durchgeführt werden [23, 44, 46, 48, 49, 55, 122].

Obwohl bereits vor mehr als zehn Jahren das Fehlen kontrollierter Studien zur Polypharmazie und die daraus resultierende geringe wissenschaftliche Evidenz für eine weltweit in großem Umfang angewandte Praxis als „a dirty little secret“ kritisiert wurde [151], stellt Polypharmazie weiterhin eher die Regel als die Ausnahme dar und wird umso häufiger angewandt, je schwerer und je länger der Patient erkrankt ist [109].

Ambulante Patienten

Die Ergebnisse aus verschiedenen Untersuchungen zeigen, dass 15 bis 25% der ambulant behandelten schizophrenen Patienten eine Polypharmazie mit Antipsychotika erhalten [151, 158]. Eine Untersuchung an vier US-amerikanischen Mental Health Centers ergab, dass 4% der Clozapin-behandelten, 12% der Olanzapin-behandelten und 20% der Risperidon-behandelten Patienten zusätzlich ein konventionelles Neuroleptikum verordnet worden war [113]. Eine chinesische Untersuchung (n=398) mit stabilen ambulanten Patienten wies eine Polypharmazie mit Antipsychotika bei 17,6% der Behandelten nach, wobei unter anderem eine Assoziation zum monatlichen Einkommen, zur Schwere der Negativsymptomatik, zu extrapyramidalmotorischen Störungen und der Anzahl der stationären Aufnahmen bestand [170].

Eine kanadische Untersuchung (n=435) fand, dass das Verhältnis der verordneten Tagesdosis eines Antipsychotikums zu dessen definierter Tagesdosis (DDD, defined daily dose) für Patienten mit einer Polypharmazie signifikant höher war als für Patienten mit einer Monotherapie (1,94±0,12 vs. 0,94±0,04; p<0,005) [128]. In der bislang umfangreichsten Untersuchung zur Prävalenz von antipsychotischer Polypharmazie, in die 147 Studien aus den Jahren 1970 bis 2009 einflossen, fand sich eine globale Prävalenzrate für eine Polypharmazie mit Antipsychotika von 19,6% (Spanne 13–35%) mit großen regionalen Differenzen (Abb. 1) [48].

Abb. 1. Antipsychotische Polypharmazie in verschiedenen Dekaden und geographischen Regionen von 1970 bis Mai 2009 [nach 48]

Stationäre Patienten

In einer asiatischen Prävalenzstudie mit stationären Patienten war eine Polypharmazie mit Antipsychotika (45,7% von 2399 Patienten) unter anderem mit männlichem Geschlecht, höherem Alter, einer höheren Chlorpromazin-Äquivalenzdosis und einer geringeren Verordnung von Atypika assoziiert [144].

In einer Medline-Analyse über 18 Jahre (1985–2003) wurden 29 Kasuistiken und Fallserien mit insgesamt 172 Patienten sowie eine doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie mit 28 Patienten ausgewertet. Es wurden überwiegend Vorteile im Hinblick auf die schizophrene Positivsymptomatik und in Einzelfällen auch auf die Negativsymptomatik festgestellt [98]. Eine randomisierte doppelblinde Studie, in der akut exazerbierte Patienten mit der Diagnose einer Schizophrenie oder einer schizoaffektiven Störung zunächst 14 Tage lang monotherapeutisch entweder Risperidon (n=133, 4,7±0,9 mg/Tag), Quetiapin (n=122, 579,5±128,9 mg/Tag) oder Plazebo (n=53) erhalten hatten, zeigte, dass 33% der Risperidon-behandelten Patienten und 53% der Quetiapin-behandelten Patienten innerhalb von vier Wochen weitere Antipsychotika zusätzlich verordnet wurden [137]. Daten aus Deutschland (AMSP – Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie) zeigen einen Anstieg der Prävalenz für Kombinationen von Antipsychotika von unter 40% im Jahr 1994 auf über 50% im Jahr 2009 [115].

Für die Kombinations- und Augmentationstherapie bei Schizophrenie gibt es verschiedene Strategien, die im Folgenden diskutiert werden.

Kombination von Antipsychotika der 1. Generation (FGA) untereinander

Vor der Einführung moderner Antipsychotika wurden 4% bis 28% der Patienten polypharmazeutisch behandelt, wobei insbesondere hochpotente Antipsychotika, beispielsweise Haloperidol, und niederpotente Antipsychotika, beispielsweise Levomepromazin, kombiniert wurden. Auch wurde die Kombination von Depot-Neuroleptika mit oralen Antipsychotika häufig praktiziert [56, 71]. Kontrollierte Studien zur Kombination von konventionellen Antipsychotika untereinander liegen nicht vor.

Fazit für die Praxis

  • Die Datenlage zu einer Kombination von FGA plus FGA ist inkonsistent. Es liegen überwiegend Fallberichte vor und es fehlen kontrollierte Studien.

Kombinationen von Clozapin mit anderen Antipsychotika

Bei therapieresistenter Schizophrenie, das heißt wenn mehr als zwei Therapieversuche mit unterschiedlichen Antipsychotika in ausreichend hoher Dosis über mehr als sechs Wochen erfolglos blieben, gilt zunächst die Monotherapie mit Clozapin als Mittel der Wahl. Allerdings sprechen auch auf Clozapin nur etwa 50% der therapieresistenten Fälle an und etwa 20% weisen bereits vor Beginn der Clozapin-Behandlung somatische Einschränkungen auf, die die Verordnung limitieren [22, 93, 135]. Es liegt dann nahe, Clozapin mit einem FGA oder mit einem Antipsychotikum der zweiten Generation (SGA) zu kombinieren.

Kombination von Clozapin mit FGA

Die Kombination von Clozapin mit Antipsychotika der ersten Generation (FGA), vor allem eine Kombination mit Haloperidol bis maximal 3 bis 5 mg/Tag, erscheint unter der Vorstellung einer Verstärkung des Dopamin-D2-Rezeptor-Antagonismus plausibel, wenn eine 6- bis 12-wöchige Clozapin-Monotherapie erfolglos bleibt [79]. Vorteilhaft könnte sich der hohe 5-HT2A-Antagonismus von Clozapin auswirken, da vermutlich Haloperidol-spezifische Nebenwirkungen, insbesondere extrapyramidalmotorische Störungen (EPMS), kupiert werden. Andererseits führt die geringe Affinität von Haloperidol zu Muskarin- und Histamin-Rezeptoren zu keiner weiteren Potenzierung Clozapin-spezifischer Nebenwirkungen, beispielsweise Sedierung oder Gewichtszunahme. Da Haloperidol Substrat des Cytochrom-P450(CYP)-2D6-Isoenzyms ist, Clozapin aber vorrangig über die Isoenzyme CYP1A2 und CYP3A4 metabolisiert wird, sind nur geringe pharmakokinetische Auswirkungen zu erwarten [31].

Obwohl im Hinblick auf die Wirksamkeit eine Reihe positiver Resultate beschrieben wurden, führte die Kombinationsbehandlung von Clozapin mit einem konventionellen Antipsychotikum in Einzelfällen allerdings auch zu schwerwiegenden Nebenwirkungen, beispielsweise Agranulozytose, kardiovaskulären Effekten und sogar zu zwei letalen Ereignissen [60, 124]. In einer der ersten randomisierten, kontrollierten Studien wurde bei 16 Patienten mit der Kombination Clozapin (400–450 mg/Tag) plus Sulpirid (600 mg/Tag) eine signifikante Verbesserung der Psychopathologie mittels der Brief Psychiatric Rating-Scale (BPRS), der Scale for the Assessment of Positive Symptoms (SAPS) und der Scale for the Assessment of Negative Symptoms (SANS) festgestellt [143]. Gleichzeitig trat in einigen Fällen eine Erhöhung des Prolactin-Spiegels und in einem Fall eine Spätdyskinesie als Nebenwirkung auf. In weiteren Kasuistiken zu einer Kombination von Clozapin mit Haloperidol wurde in einem Fall eine bessere Effektivität [32] und ein Anstieg des Serumspiegels von Haloperidol durch Clozapin festgestellt [4].

Fazit für die Praxis

  • Auch für die Kombination Clozapin mit FGA liegen überwiegend Fallberichte vor.
  • Für die Kombination Clozapin mit Sulpirid gibt es positive Daten hinsichtlich Wirksamkeit bei Therapieresistenz oder Negativsymptomatik.

Kombination von Clozapin mit SGA

Die Verfügbarkeit moderner Antipsychotika hat zu vielfältigen Kombinationspraktiken geführt, für die neben zahlreichen Fallberichten und offenen Studien auch einige randomisierte kontrollierte Studien (RCT) und Metaanalysen durchgeführt wurden.

1) Kombination von Clozapin mit Aripiprazol

Zu dieser Kombination liegen einige Publikationen vor, die positive Auswirkungen sowohl auf die Positiv- als auch die Negativsymptomatik der Schizophrenie berichten [30, 108, 112, 126, 134, 172]. Es wird vermutet, dass der Wirkungsmechanismus von Aripiprazol als Partialagonist am D2- und 5-HT1A-Rezeptor bzw. Agonist am 5-HT2-Rezeptor das Dopamin-Serotonin-System stabilisiert und damit zu einer geringeren Inzidenz von extrapyramidalmotorischen Störungen oder Hyperprolaktinämie führt. In einer 16-wöchigen Untersuchung (n=27) trug die Kombinationsbehandlung bei stabilisierten ambulanten Patienten zu einer Verbesserung von Residualsymptomen (Negativsymptomatik, depressive Symptomatik, kognitive Störung) bei [114].

Besonders vorteilhaft soll diese Kombination im Hinblick auf eine Gewichtsreduktion sein. Eine retrospektive Untersuchung bei 24 behandlungsresistenten schizophrenen Patienten ergab eine 22%ige Verringerung der Clozapin-Dosis und eine mittlere Gewichtsreduktion von 5 kg bei 75% der Patienten [81]. Eine weitere europäische multizentrische Plazebo-kontrollierte Untersuchung mit ambulanten Patienten über 16 Wochen ergab mit der Kombination Clozapin plus Aripiprazol neben einer klinisch relevanten Gewichtsabnahme (13%) in der Kombinationsgruppe eine Verringerung des Gesamtcholesterols, des LDL-Cholesterols und der Triglyceride nach 12-wöchiger Behandlung, allerdings ohne signifikanten Unterschied in den PANSS-Scores (PANSS: Positive and negative syndrome scale) beider Gruppen [45].

In anderen Plazebo-kontrollierten randomisierten Studien fanden sich sowohl im Hinblick auf metabolische Parameter als auch hinsichtlich einer Verbesserung der Psychopathologie inkonsistente Ergebnisse [11, 25, 26, 28, 37, 119], sodass noch keine abschließende Empfehlung formuliert werden kann.

Fazit für die Praxis

  • Die Kombination von Clozapin mit Aripiprazol ist unter Berücksichtigung der bisherigen Datenlage sicher und verträglich.
  • Vorteile lassen sich aus kontrollierten Studien vor allem hinsichtlich einer Beeinflussung metabolischer Faktoren (Gewichtsreduktion, Normalisierung von Lipid-Werten, Normalisierung von Prolactin) erkennen.
  • Die Hinweise auf eine Verbesserung der schizophrenen Negativsymptomatik und der allgemeinen Funktionalität bedürfen weiterer Bestätigung.

2) Kombination von Clozapin mit Risperidon

Für die Kombination von Clozapin mit Risperidon liegen die meisten Studien vor, in denen sich eine klinische Verbesserung nachweisen ließ. Als Nebenwirkungen wurden Prolactin-Anstieg, Akathisie, Hypersalivation, Agranulozytose, Arrhythmie, orthostatische Hypotension sowie eine Zwangssymptomatik festgestellt. Diese Kombination gilt unter der Vorstellung einer Verstärkung des Dopamin-Antagonismus bei gleichzeitiger Blockade der 5-HT2A-Rezeptoren als hilfreiche Therapieoption [73]. Es existieren vier randomisierte Studien, von denen lediglich eine ein positives Resultat lieferte (Abb. 2).

Abb. 2. Randomisierte klinische Studien zur Schizophrenietherapie mit einer Kombination von Clozapin und Risperidon

In der Studie von Josiassen und Mitarbeitern wurden randomisiert, doppelblind und Plazebo-kontrolliert (n=40) über 12 Wochen ausschließlich Clozapin-Partial- oder -Nonresponder eingeschlossen. Sowohl nach sechs als auch nach zwölf Wochen erlangten beide Gruppen eine signifikante Verbesserung des BPRS-Gesamt- und Positiv-Scores, allerdings waren die Vorteile für die Clozapin-Risperidon-Gruppe deutlich ausgeprägter als für die Clozapin-Plazebo-Gruppe [73]. Sie betrafen darüber hinaus auch die mit der SANS gemessenen Negativsymptomatik.

Die anderen randomisierten, Plazebo-kontrollierten, doppelblinden Studien ergaben keine signifikante Verbesserung der Psychopathologie bei Patienten mit Therapieresistenz unter einer Clozapin-Monotherapie. In der doppelblinden randomisierten und Plazebo-kontrollierten Studie von Anil Yagcioglu und Kollegen [5] erhielten 16 Clozapin-Partialresponder sechs Wochen lang bis zu 6 mg Risperidon zusätzlich zur bestehenden Behandlung mit Clozapin. Während keine Unterschiede gegenüber der Plazebo-Gruppe (n=14) hinsichtlich unerwünschter Nebenwirkung (EPMS, Gewichtszunahme, QTc-Verlängerung, Clozapin-Serum-Spiegel) festgestellt wurden, zeigte sich überraschenderweise eine signifikante Verbesserung der PANSS-Positiv-Skala in der Plazebo-Gruppe [5]. In der randomisierten doppelblinden Studie von Honer und Mitarbeitern [70] wurden 68 chronisch therapieresistente schizophrene Patienten aufgenommen und zusätzlich zur bestehenden Clozapin-Therapie entweder mit Risperidon (n=34; 2,9±0,2 mg täglich) oder mit Plazebo behandelt. Weder im PANSS-Gesamt-Score noch in der differenzierten Betrachtung von Positiv- und Negativ-Score fand sich ein signifikanter Gruppenunterschied [70]. In einer weiteren sechswöchigen ambulanten randomisierten kontrollierten Studie (RCT) erhielten mäßig erkrankte, Clozapin-refraktäre Patienten (durchschnittlicher PANSS-Gesamtscore 75 Punkte) mit einer etablierten Clozapin-Behandlung zusätzlich Risperidon (n=11) oder Plazebo (n=13), ohne dass sich für die Patienten einer der beiden Gruppen ein nennenswerter Vorteil ergab [47].

Fazit für die Praxis

  • In den wenigen randomisierten kontrollierten Studien (RCT) zu einer Kombination von Clozapin mit einem SGA wurde vorwiegend die Kombination von Clozapin mit Risperidon untersucht.
  • Von diesen konnte nur eine einzige prospektive RCT bislang einen positiven Nachweis für die Wirksamkeit einer Kombinationstherapie liefern, nämlich der Kombination von Clozapin mit Risperidon.

3) Kombination von Clozapin mit Amisulprid

Für diese Kombination liegen vier doppelblinde Untersuchungen vor. In einer achtwöchigen Studie (n=50) wurde die Kombination Clozapin mit Amisulprid (437,03 mg/Tag±104,32 mg/Tag) mit Clozapin plus Quetiapin (595,65 mg/Tag ± 125,21 mg/Tag) verglichen. Hier ergaben sich in der Clozapin-Amisulprid-Gruppe stärkere positive Effekte in der BPRS, SAPS, SANS und im CGI (Clinical global impression) [50]. Dieses Ergebnis wird durch die Untersuchung von Assion und Mitarbeitern gestützt, die in einer sechswöchigen Plazebo-kontrollierten RCT (n=16) Clozapin ebenfalls mit Amisulprid, jedoch in zwei verschiedenen Dosierungen (400 mg/Tag und 600 mg/Tag) kombinierten und klinische Vorteile (Verbesserung von GAF [Global assessment of functioning], CGI, MADRS [Montgomery-Åsberg depression rating scale]) in der Gruppe mit der höheren Amisulprid-Dosis dokumentierten [7]. Die Kombination Clozapin mit Amisulprid wurde in zwei anderen doppelblinden RCT untersucht, wobei sich in einer Studie [91] drei Wochen nach Behandlungsbeginn eine Verringerung der Clozapin-induzierten Hypersalivation ergab. Andere Untersuchungen ergaben Hinweise auf die Möglichkeit einer Clozapin-Dosisreduktion, ohne dass sich ein Wirksamkeitsverlust ergeben hätte [31, 51, 76, 118].

Fazit für die Praxis

  • Angesichts des vergleichsweise geringen Dopaminantagonismus von Clozapin erscheint eine Komedikation mit dem potenten selektiven D2/D3-Antagonisten rational.

4) Kombination von Clozapin mit Olanzapin

Obwohl sich wegen des sehr ähnlichen Rezeptor-Bindungsprofils keine pharmakologische Begründung für eine Kombination von Clozapin mit Olanzapin ergibt, wurden drei Fälle beschrieben, bei denen eine klinische Verbesserung festzustellen war [62, 130].

5) Kombination von Clozapin mit Quetiapin

In der bereits zitierten Arbeit von Genc et al. wurde eine Clozapin-Monotherapie mit den Kombinationen Clozapin-Amisulprid (bis 600 mg/Tag Amisulprid) und Clozapin-Quetiapin (bis 900 mg/Tag Quetiapin) verglichen. In dieser Studie fand sich ein signifikanter Wirksamkeitsvorteil in der Clozapin-Amisulprid-Gruppe [50].

6) Kombination von Clozapin mit Ziprasidon

Hier liegen bislang vier Fallberichte [83, 171, 175, 176] vor. In einer von Zink und Mitarbeitern publizierten Head-to-Head-Studie hatten Clozapin-refraktäre schizophrene Patienten (n=24) zusätzlich zur vorbestehenden Clozapin-Therapie entweder Risperidon (3,82±1,8 mg/Tag) oder Ziprasidon (134±34,4 mg/Tag) erhalten. Während sich in beiden Gruppen ohne Unterschied nach sechs Wochen signifikante Verbesserungen in der Positiv- und Negativsymptomatik ergaben, zeigten sich in der Clozapin-Risperidon-Gruppe ein Anstieg des Prolactin-Spiegels und in der Clozapin-Ziprasidon-Gruppe eine Verlängerung des QTc-Intervalls [174].

Kombinationen von SGA mit anderen Antipsychotika

Während es zumindest für die Kombination von Clozapin mit einem FGA oder einem SGA Hinweise aus Fallbeobachtungen gibt, ist die wissenschaftliche Datenlage für eine Kombination von anderen modernen Antipsychotika mit einem weiteren Antipsychotikum unzureichend. Daten aus systematischen Übersichten geben keine Empfehlung für eine Kombinationsbehandlung, auch wenn eine Monotherapie fehlgeschlagen ist [12, 24].

In einer doppelblinden Plazebo-kontrollierten RCT über 16 Wochen (n=323) wurde die Behandlung mit Quetiapin (400–800 mg/Tag) oder Risperidon (4–8 mg/Tag) mit Aripiprazol (2–15 mg/Tag) kombiniert, ohne dass sich eine Verbessserung der Psychopathologie ergeben hätte [78]. Andererseits zeigte eine kleine offene Studie (n=17), dass sich die Symptome von Patienten, die auf eine sequenzielle Monotherapie mit Olanzapin, Quetiapin und Risperidon nicht ausreichend ansprachen, und anschließend mit einer Kombination Olanzapin plus Risperidon behandelt wurden, signifikant verbesserten [154].

Kombination von Risperidon mit einem anderen Antipsychotikum

Neben Clozapin wird Risperidon gelegentlich auch mit anderen Antipsychotika erfolgreich kombiniert. Unter der Kombination von Risperidon mit konventionellen Antipsychotika wurde in einer älteren Beobachtung bei 10 von 18 Patienten eine Verringerung von Angst und Halluzinationen bei fehlenden Nebenwirkungen berichtet [10]. Potkin und Mitarbeiter konnten am Beispiel von 12 Patienten zeigen, dass die Kombination von Risperidon (6 mg/Tag) mit Quetiapin (600 mg/Tag) keine signifikanten pharmakokinetischen Effekte zur Folge hat [127]. In einer Kasuistik mit derselben Kombination wurde eine klinische Verbesserung bei gleichzeitig aufgetretenen sexuellen Nebenwirkungen festgestellt [27]. Auch gibt es Berichte über eine Kombination von Risperidon mit Olanzapin, wobei in einer Arbeit eine Verbesserung von Angst und Halluzinationen bei fehlenden Nebenwirkungen festgestellt wurde [97].

Kombination von Olanzapin mit einem anderen Antipsychotikum

Für eine Kombinationsbehandlung von Olanzapin mit anderen Antipsychotika existieren ebenfalls nur wenige Einzelfallberichte. Raskin und Mitarbeiter untersuchten an sechs Patienten die Kombination von Olanzapin mit Sulpirid und berichteten über eine deutliche Verbesserung der Psychopathologie (37% Verbesserung in der BPRS, 32% Verbesserung in der PANSS) [129]. Die meisten Kasuistiken existieren für die Kombination von Olanzapin mit einem konventionellen Antipsychotikum. In einem Fall (Kombination mit Pimozid) wurde eine Reduktion von 56 auf 38 Punkte in der BPRS festgestellt, ohne dass Nebenwirkungen beobachtet wurden [156]. In einer achtwöchigen Studie wurden behandlungsresistente schizophrene Patienten 1:1 randomisiert, wobei die Studiengruppe zusätzlich Sulpirid (600 mg/Tag) und die Kontrollgruppe weiterhin Olanzapin erhielt. Es ließ sich eine signifikante Verbesserung der depressiven Symptome mittels der Hamilton-Depressionsskala (HAM-D) feststellen, nicht jedoch Auswirkungen auf die schizophrene Positiv- oder Negativsymptomatik [90]. Eine offene Studie (n=17), in die Patienten nach einer frustranen sequenziellen Behandlung mit Olanzapin, Quetiapin oder Risperidon eingeschlossen wurden, kombinierte schließlich acht Wochen lang Olanzapin ( 13,7 mg/Tag) mit Risperidon ( 4,32 mg/Tag). Die Responder (n=7) verbesserten sich im GAF von 37 auf 53 Punkte und im BPRS von 65 auf 46 Punkte [154]. Eine 10-wöchige Plazebo-kontrollierte RCT untersuchte den Einfluss einer Kombinationsbehandlung von Olanzapin mit Aripiprazol und fand eine Verbesserung metabolischer Parameter (Gewicht, Lipide, Glucose) [68].

Metaanalysen zu Kombinationsbehandlungen mit Antipsychotika

Eine umfangreiche Metaanalyse wurde von Correll und Mitarbeitern vorgelegt [33]. Insgesamt wurden 19 Studien (n=1229) mit 28 Monotherapien und 19 Kombinationstherapien ausgewertet. Die Kombination zweier Antipsychotika war einer Monotherapie dann überlegen, wenn a priori als Outcome-Variablen „Studienunterbrechung“ oder „Wirkungslosigkeit“ festgelegt waren. Eine Subgruppenanalyse ergab, dass eine Polypharmazie unter anderem umso erfolgreicher war, wenn ein atypisches Antipsychotikum mit einem konventionellen Neuroleptikum kombiniert oder die Kombinationsbehandlung länger als zehn Wochen durchgeführt wurde (NNT=5). Dieses Ergebnis deckt sich mit einer zweiten Metaanalyse, in der vier RCT (n=166) und acht offene Studien mit Clozapin-Partial- oder -Nonrespondern ausgewertet wurden [123]. Die beiden Studien, in denen Clozapin länger als zehn Wochen mit Sulpirid [143] bzw. Risperidon [73] kombiniert worden war, ergaben ein Odds-Ratio für ein Ansprechen von 4,41.

Fazit für die Praxis

  • Prinzipiell sollte in der Behandlung der Schizophrenie eine Monotherapie favorisiert werden.
  • Bei ausgeprägter Therapieresistenz kann bei kritischer Prüfung eine Kombinationsbehandlung von Antipsychotika erwogen werden.
  • Für eine Kombinationsbehandlung von Clozapin mit einem Antipsychotikum der 1. Generation gibt es keine ausreichenden Daten.
  • Wenn eine Kombinationsbehandlung erwogen wird, sollte sie sich an pharmakologischen Grundprinzipien orientieren, die Rezeptorbindungsprofile der Einzelsubstanzen sowie pharmakokinetische und pharmakodynamische Gesichtspunkte beachten.

Augmentation mit anderen (Psycho-)Pharmaka

Bei Therapieresistenz, beispielsweise nicht beeinflussbarer Psychose, persistierender Minussymptomatik oder speziellen Zielsymptomen (z.B. akute Erregung, Angst oder Depression) werden Antipsychotika häufig mit anderen Psychopharmaka kombiniert.

Augmentation mit Phasenprophylaktika (Mood-Stabilizern)

Aktuelle pharmakoepidemiologische Daten zur Augmentation von Antipsychotika mit anderen (Psycho)pharmaka liegen nicht vor. Citrome und Kollegen stellten fest, dass 2001 in der Behandlung der Schizophrenie Valproinsäure mit 34,9% an erster Stelle rangierte, gefolgt von Gabapentin mit 8,8%, Topiramat mit 2,9% und Oxcarbazepin mit 2,5% [29].

Augmentation von Antipsychotika mit Lithium

In einigen früheren Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass unter einer Kombination von Antipsychotika mit Lithium 30% bis 50% der Non- bzw. Partialresponder sowohl im Hinblick auf die psychotischen Symptome als auch auf die Minussymptomatik profitieren [38, 40, 61, 149]. Eine Studie wies darauf hin, dass vor allem diejenigen schizophrenen Patienten von einer Lithium-Augmentation profitieren, die ausgeprägte affektive Begleitsymptome zeigen und darüber hinaus eine positive Eigen- oder Familienanamnese für affektive Erkrankungen aufweisen [8]. Andererseits gibt es Befunde, die verdeutlichen, dass psychotische Symptome unter einer Lithium-Augmentation unabhängig von der affektiven Symptomatik remittieren können [40, 150]. Während positive Kasuistiken für die Kombination Lithium plus Olanzapin und Lithium plus Risperidon vorliegen, konnte in einer Plazebo-kontrollierten Studie mit therapieresistenten Patienten kein signifikanter Effekt gefunden werden [140]. Auch die publizierten Metaanalysen kommen zu dem Ergebnis, dass für die Behandlung der Schizophrenie Lithium allein keine Alternative darstellt und für die Kombination mit Antipsychotika ebenfalls keine ausreichende Evidenz besteht [101–103].

Augmentation von Antipsychotika mit Carbamazepin

Obwohl in einigen Untersuchungen gezeigt wurde, dass die Zugabe von Carbamazepin zu konventionellen Antipsychotika zu einer erheblichen Verminderung von Anspannung, maniformer Überaktivität, Hostilität und Aggression beiträgt [145], waren die Auswirkungen auf die Psychose-Symptome nur gering [53, 110]. Leucht und Kollegen stellten in ihrer Cochrane-Analyse (10 Studien, n=258) fest, dass unter Berücksichtigung der wenigen kontrollierten Studien für die Behandlung der Schizophrenie weder eine Monotherapie noch eine Kombinationsbehandlung mit Carbamazepin empfohlen werden kann [100]. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, dass Carbamazepin über eine Induktion des hepatischen Isoenzyms CYP3A4 den Plasmaspiegel vieler (Psycho)pharmaka senkt und darüber hinaus Fälle von Agranulozytosen [52, 111], Asterixis [132, 133] und malignem neuroleptischem Syndrom [117] aufgetreten sind. Trotz einer detaillierten Analyse (n=147), die keine erhöhte Inzidenz von Agranulozytosen bei Patienten mit einer Kombination von Carbamazepin mit Clozapin fand [74], sollte diese Strategie wegen oben genannter Risiken nicht angewandt werden.

Kombination von Antipsychotika mit Valproinsäure

Eine Augmentationstherapie mit Valproinsäure kann angesichts der Recherche von Schwarz und Mitarbeitern (7 Studien, n=519) in der Behandlung der Schizophrenie nicht generell empfohlen werden, da vermutlich nur einige Begleitsymptome wie Unruhe, Hostilität oder Aggressivität positiv beeinflusst werden, nicht jedoch Wahnsymptome oder Halluzinationen [141]. In einer 8-wöchigen offenen Parallelgruppenstudie bei schizophrenen Patienten mit ausgeprägter Feindseligkeit war die Augmentation von Valproinsäure zu einer bestehenden Risperidon-Behandlung einer Risperidon-Monotherapie nicht überlegen. In einer weiteren doppelblinden, randomisierten, Plazebo-kontrollierten Studie mit 249 Patienten wurden über vier Wochen in der einen Gruppe 125 Patienten monotherapeutisch mit Olanzapin (15 mg/Tag) oder Risperidon (6 mg/Tag) behandelt, während in der Vergleichsgruppe bei 124 Patienten jeweils Valproinsäure (15–30 mg/kg/KG/Tag) komediziert wurde. Patienten, die eine Antipsychotika-Valproinsäure-Kombination erhalten hatten, zeigten eine signifikante Verbesserung psychotischer Symptome gemessen an der PANSS-Skala, sie waren deutlich weniger feindselig und sie hatten eine geringere Drop-out-Quote. Bis auf eine Gewichtszunahme wurden keine wesentlichen Nebenwirkungen beobachtet [21]. In einer neueren 12-wöchigen RCT (n=402) derselben Arbeitsgruppe, in der Plazebo-kontrolliert Valproinsäure ebenfalls entweder mit Olanzapin oder Risperidon kombiniert wurde, war hingegen kein Gruppenunterschied bei der PANSS in den einzelnen Gruppen mehr erkennbar [20]. Die Kombination von Clozapin und Valproinsäure wird gelegentlich eingesetzt, um das Clozapin-assoziierte Anfallsrisiko zu minimieren [65, 77]. Dabei müssen jedoch mögliche Nebenwirkungen in Form von Leber- und Neurotoxizitzät, Sedierung, Übelkeit, Gewichtszunahme und verstärktem Speichelfluss beachtet werden [34, 77, 169].

Fazit für die Praxis

  • Die Augmentation von Antipsychotika mit Lithium, Carbamazepin oder Valproinsäure kann angesichts der Datenlage nicht empfohlen werden, auch wenn in Einzelfällen schizophrene Begleitsymptome kupiert werden können.

Augmentation mit Lamotrigin oder Topiramat

In den letzten Jahren werden auch Lamotrigin und Topiramat in Kombination mit einem Antipsychotikum zur Behandlung von schizophrenen Patienten eingesetzt. Der positive Effekt einer Clozapin-Lamotrigin-Kombination wurde in einer 14-wöchigen, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten Cross-over-Studie bestätigt, in der 34 therapieresistente schizophrene Patienten bis 200 mg/Tag Lamotrigin einschleichend als Add-on-Medikation zu einer fortlaufendenden Clozapin-Therapie erhalten hatten. Eine Intention-to-treat-Analyse ergab signifikante positive Effekte im Hinblick auf den PANSS-Gesamt- und Positivscore, nicht jedoch hinsichtlich der schizophrenen Negativsymptomatik [159]. In einer weiteren Plazebo-kontrollierten Studie (n=38) erhielten 25 therapieresistente schizophrene Patienten einschleichend Lamotrigin bis 400 mg/Tag. Im Vergleich zur Plazebo-Gruppe ließ sich in der Verum-Gruppe eine signifikante Verringerung der allgemeinen Psychopathologie und der Positivsymptomatik nachweisen, unabhängig davon, ob mit einem konventionellen oder einem atypischen Antipsychotikum kombiniert wurde [92]. Die Wirksamkeit einer Augmentation von Lamotrigin bis 200 mg täglich hinsichtlich der klinischen Symptomatik und kognitiver Funktionen bei behandlungsresistenter Schizophrenie wurde in einer weiteren 24-wöchigen doppelblinden randomisierten Untersuchung erfolgreich geprüft. Es zeigten sich positive Effekte sowohl auf die Negativ- als auch auf die Positivsymptomatik sowie die allgemeine Psychopathologie und einige kognitive Funktionen [178].

Eine 12-wöchige RCT mit Lamotrigin (100 mg/Tag bis 400 mg/Tag) in der Augmentation von Antipsychotika ergab jedoch nur eine geringe bis moderate Wirkstärke in der Augmentation von Clozapin und keine signifikanten Effekte in Kombination mit einem anderen SGA [57]. Die bislang umfangreichste Metaanalyse beinhaltet fünf Studien (n=161) und kommt zum Ergebnis, dass eine Lamotrigin-Augmentation bei Clozapin-refraktären schizophrenen Patienten wirksam sein kann [161].

Der Vorteil von Topiramat wird in den dazu veröffentlichten Kasuistiken vor allem in einer gewichts- und anfallsneutralisierenden Wirkung in Kombination mit Clozapin oder Olanzapin gesehen [41, 106, 121]. Eine 12-wöchige RCT mit Topiramat (100 mg/Tag oder 200 mg/Tag) zeigte, dass in der 200-mg/Tag-Gruppe im Vergleich zu den beiden anderen Gruppen eine signifikante Verringerung von Körpergewicht, BMI und Bauchumfang zu verzeichnen war [89]. Dieses Ergebnis wurde in einer weiteren 12-wöchigen randomisierten offenen Studie bestätigt, in der die Zugabe von Topiramat die Gewichtszunahme bei Patienten mit Olanzapin begrenzte [86]. In einer RCT (n=32) war in der Verum-Gruppe (Clozapin + Topiramat) nach achtwöchiger Therapie eine signifikante Verringerung des PANSS-Scores festzustellen [2].

Eine 12-wöchige naturalistische Untersuchung zeigte positive Effekte einer Augmentation von Clozapin mit Topiramat im Hinblick auf Psychopathologie und metabolische Faktoren [64]. In einer achtwöchigen randomisierten doppelblinden Untersuchung mit Topiramat (300 mg/Tag) oder Plazebo in Kombination mit Clozapin zeigte sich das klinische Ansprechen (Reduktion>20% in der PANSS) im Vergleich zur Plazebo-Gruppe signifikant höher in der Topiramat-Gruppe als in der Plazebo-Gruppe (50% versus 12,5%). Während sich Verbesserungen in allen drei Domänen in der PANSS fanden, traten in der Topiramat-Gruppe häufiger Hypersalivation, Parästhesien, psychomotorische Verlangsamung und Gewichtsabnahme auf. In einer weiteren RCT über 24 Wochen wird über eine signifikante Verringerung von Verhaltensstörungen unter der Kombination von Clozapin mit Topiramat berichtet [120]. In einer 17-wöchigen RCT (n=80) wurden chronisch schizophrene Patienten mit bis zu 300 mg Clozapin täglich behandelt und erhielten zusätzlich 200 mg/Tag Topiramat (n=16) oder 300 mg/Tag (n=12) bzw. Plazebo. Hier fanden sich allerdings keine statistisch signifikanten Veränderungen [15].

Fazit für die Praxis

  • Eine Augmentation von Clozapin mit Lamotrigin kann zur Behandlung schizophrener Symptome erwogen werden.
  • Für eine Augmentation anderer FGA oder SGA mit Lamotrigin gibt es keine Evidenz.
  • Eine Augmentation von Clozapin mit Topiramat kann im Hinblick auf die Clozapin-assoziierten metabolischen Nebenwirkungen diskutiert werden.

Augmentation von Antipsychotika mit Antidepressiva

Je nach Studie lassen sich bei bis zu 65% der schizophrenen Patienten depressive Symptome nachweisen [14, 66, 72, 116, 139, 148, 168, 177]. Vor allem im Prodromalstadium und in der postakuten Remissionsphase werden in einer Vielzahl der Fälle depressive Syndrome beobachtet [63]. Obwohl einigen modernen Antipsychotika in Studien durchaus eine intrinsische antidepressive Wirkung nachgewiesen werden konnte [125, 157, 162], findet sich hinsichtlich der Wirksamkeit einer Kombinationstherapie mit Antidepressiva keine klare Evidenz [105]. Während in einigen Studien eine signifikante Wirksamkeit auf postpsychotische Depressionen für trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) gezeigt wurde [82, 87, 147], fand sich in der bislang einzigen kontrollierten Studie ein hoher Plazebo-Effekt, sodass die Wirksamkeit nicht auf die antidepressive Medikation zurückgeführt werden konnte [1]. Die Evidenz für die vorwiegend aus theoretischen Überlegungen abgeleiteten Versuche, mit Antidepressiva die schizophrene Minussymptomatik zu beeinflussen, ist ebenfalls gering. Während in der Studie von Buchanan und Mitarbeitern [17] Clozapin-behandelten schizophrenen Patienten und in der Studie von Arango und Mitarbeitern [6] antipsychotisch vorbehandelten Patienten Fluoxetin erfolglos komediziert wurde, fanden Goff und Kollegen [58] eine Verbesserung der schizophrenen Negativsymptomatik unter einer Komedikation von konventionellen Neuroleptika mit Fluoxetin. Die Kombinationsbehandlungen aus Sertralin mit Haloperidol [94, 95], Risperidon mit Fluvoxamin [155] oder konventionellen Neuroleptika mit Citalopram [138] blieben ebenfalls ohne positives Ergebnis. In einer prospektiven achtwöchigen doppelblinden Plazebo-kontrollierten Untersuchung (n=46) bei Patienten mit einer dominanten Negativsymptomatik wurde der Verum-Gruppe zur bestehenden Medikation mit 6 mg Risperidon pro Tag Buspiron 60 mg/Tag erfolgreich, das heißt mit signifikanter Verbesserung der Negativsymptomatik und der allgemeinen Psychophatologie, augmentiert [54].

Zwei Metaanalysen zur Augmentation mit Antidepressiva in der Behandlung der Schizophrenie kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Während Rummel und Mitarbeiter mittels Auswertung von fünf Studien (n=190) eine klinisch signifikante Verbesserung der schizophrenen Negativsymptomatik feststellten [136], sprechen Sepehry und Kollegen angesichts ihrer Auswertung von elf Studien (n=393) mit hohem Evidenzgrad trotz eines positiven Trends keine generelle Empfehlung für den Einsatz von SSRI aus [142].

Andere Add-on-/Augmentations-Strategien

Für die meisten anderen Add-on- bzw. Augmentationsstrategien gibt es nach wie vor keine ausreichende Evidenz. Dennoch werden Antipsychotika häufig mit anderen (Psycho)pharmaka unter der Vorstellung komediziert, unzureichend beinflussbare Symptome, beispielsweise eine anhaltende Schizophrenie/Negativsymptomatik, kognitive Defizite, Angst, Agitiertheit, Aggression oder Schlafstörungen besser behandeln zu können (Abb. 3).

Abb. 3. Augmentationsstrategien in der Therapie der Schizophrenie; im Text werden nur die Strategien mit substanzieller Datenlage angesprochen

1) Augmentation mit Benzodiazepinen

Benzodiazepine wurden früher häufig mit konventionellen Antipsychotika kombiniert und werden trotz der teilweise deutlich sedierenden Eigenschaften einiger moderner Antipsychotika auch heute noch fast regelhaft komediziert. Diesem Regime liegt meist die Absicht zugrunde, Angstsymptome zu reduzieren oder hostiles Verhalten, Agitation und aggressive Impulse zu minimieren. In einer Cochrane-Analyse, die 31 Studien mit über 2000 Patienten umfasst, kamen Volz und Kollegen zu dem Ergebnis, dass Benzodiazepine ausschließlich in der zeitlich befristeten Sedierung signifikante Effekte haben, nicht jedoch in der Beeinflussung psychotischer Symptome [165]. In einer neueren finnischen Untersuchung (n=2588) wurde festgestellt, dass die Komedikation mit Benzodiazepinen die Mortalität drastisch erhöht und die Suizidrate um den Faktor 3 höher war als unter einer Antipsychotika-Monotherapie [160]. Dies war bereits zuvor teilweise auch in Dänemark festgestellt worden [9].

Fazit für die Praxis

  • Benzodiazepine gelten in Monotherapie als wirksame und sichere Substanzen mit einem vergleichsweise geringen Nebenwirkungsprofil.
  • Vorsicht ist geboten in der oralen Augmentation von Clozapin, die – sofern klinisch erforderlich – wegen der eher kürzeren Eliminationshalbwertszeit und fehlender aktiver Metabolite am ehesten mit Lorazepam erfolgen kann.
  • Eine parenterale Applikation von Benzodiazepinen ist bei Patienten, die mit Clozapin oder Olanzapin behandelt werden, wegen der Gefahr einer Ateminsuffizienz kontraindiziert.
  • Außerdem muss auf das Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial bei längerem Gebrauch hingewiesen werden.

2) Augmentation mit glutamatergen Substanzen

In der Pathophysiologie der Schizophrenie hat auch weiterhin die Dopaminhypothese den größten Stellenwert [19]. Dennoch werden andere Neurotransmitter, beispielsweise Glutamat und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) wegen ihrer Einflussnahme auf die dopaminerge Transmission fokussiert. Sowohl eine Downregulation mesokortikaler dopaminerger Aktivität [35] als auch eine Disinhibition exzitatorischer glutamaterger Neurone [43] werden mit den unterschiedlichen schizophrenietypischen Symptomen assoziiert.

In einer Metaanalyse, die 18 Kurzzeitstudien (n=343) mit Glycin, D-Serin, D-Cycloserin und Ampakin CX 516 als Komedikation zu verschiedenen Antipsychotika umfasst, konnten moderate Effekte von Glycin und D-Serin in der Verbesserung der schizophrenen Negativsymptomatik dokumentiert werden. Ein nachhaltiger Einfluss auf die schizophrenen Positivsymptome oder die kognitiven Defizite war jedoch bislang mit glutamatergen Substanzen nicht überzeugend nachzuweisen [163]. Neuere Metaanalysen kommen zum Ergebnis, dass D-Serin, N-Acetylcystein, Glycin und Sarcosin in der Behandlung von schizophrener Negativ- und Positivsymptomatik zusätzlich Wirksamkeitsvorteile erkennen lassen, wenn sie zu SGA – allerdings mit Ausnahme von Clozapin – augmentiert wurden [146].

Diskussion und praktische Empfehlungen

Trotz der Fortschritte in der Behandlung der Schizophrenie respondieren bis zu 30% der Patienten nicht oder nur unzureichend auf eine Monotherapie mit Antipsychotika. Eine Polypharmazie stellt daher das Resultat aus dem vergeblichen Versuch dar, mittels einer hochdosierten und langfristigen Monotherapie mit Antipsychotika eine anhaltende schizophrene Symptomatik zu supprimieren. Obwohl sich die modernen Antipsychotika in der Monotherapie durch eine im Vergleich zu den konventionellen Antipsychotika gute Verträglichkeit im Hinblick auf die extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen auszeichnen, werden die hohen Erwartungen an eine qualitative und dauerhafte Verbesserung von Effektivitätsparametern (Negativsymptomatik, Kognition, Lebensqualität) in vielen Fällen nicht erfüllt. Eine Analyse von acht randomisierten kontrollierten Studien kam zu dem Resultat, dass es keinem der modernen Antipsychotika gelungen ist, bei schizophrener Therapieresistenz ebenso effektiv zu sein wie Clozapin [164].

Die in den letzten Jahren durchgeführten naturalistischen und kontrollierten Studien und systematischen Reviews (Metaanalysen), in denen eine Monotherapie mit Antipsychotika im Hinblick auf ihre langfristige Einnahme, Rückfall und Rehospitaliserung evaluiert wurde, dokumentierten trotz substanzspezifischer Wirksamkeits- und Verträglichkeitsunterschiede der modernen Antipsychotika das Ausmaß ungelöster Probleme in der Schizophrenie-Behandlung [75, 88, 104, 107].

Kognitive Störungen sind für den Verlauf und die Prognose einer schizophrenen Erkrankung von besonderer Bedeutung. Störungen der Aufmerksamkeit, der Auffassung und des Gedächtnisses werden als wichtige Prädiktoren für die individuelle Funktionalität angesehen [59]. Nachgewiesenermaßen beeinträchtigen konventionelle Antipsychotika die neurokognitiven Leistungen, während moderne Antipsychotika vergleichsweise die Wortflüssigkeit, das logische Denken und das sekundäre Wortgedächtnis verbessern [16]. Allerdings hat sich die mit diesen positiven Auswirkungen verbundene Hoffnung auf eine Verbesserung der medikamentösen Compliance bzw. Adhärenz bislang nicht erfüllt [39, 152]. Auch liegen einige Studien vor [69, 85], die die propagierten Vorteile der modernen Antipsychotika für die Lebensqualität der Patienten [80, 131, 166, 167] eher relativieren.

Trotz vieler Argumente gegen eine Polypharmazie in der Behandlung der Schizophrenie (u.a. Nebenwirkungen, fehlende Evidenz, Kosten) kann in vielen Einzelfällen eine rationale Polypharmazie mit Antipsychotika für die behandelten Patienten sinnvoll und hilfreich sein. Dabei sollten zumindest aus theoretischen Überlegungen (Rezeptorbindungsprofil, Pharmakokinetik, Pharmakodynamik, Interaktionspotenzial) zweckmäßige Kombinationstherapien von problematischen oder irrationalen Kombinationstherapien unterschieden werden (Tab. 1). Einige Beobachtungen deuten darauf hin, dass sich insbesondere Clozapin mit einer vergleichsweise geringeren Affinität zum Dopamin-D2-Rezeptor für eine Kombination mit Amisulprid, einem selektiven Dopamin-D2/D3-Antagonisten eignet, um die antipsychotische Wirkung zu verstärken [3, 96, 118, 173]. Eine ähnliche Überlegung gilt für Risperidon bzw. Paliperidon [73] oder Ziprasidon [176].

Tab. 1. Kombinationstherapien in der Behandlung der Schizophrenie

Möglicherweise zweckmäßige Kombinationstherapien

Problematische
Kombinationstherapie

Irrationale
Kombinationstherapien

Begründung:

  • Verstärkung der antipsychotischen Wirkung bei persistierender Positiv-/Negativsymptomatik (Therapieresistenz)
  • Verringerung von Nebenwirkungen bei hochdosierter Monotherapie
  • Tolerable pharmamkokinetische oder pharmakodynamische Effekte

Begründung:

  • Erhebliches Interaktionsrisiko
  • Risiko hämatologischer UAW

Begründung:

  • Ähnliche Rezeptorbindungsprofile
  • Bislang kein Hinweis auf Wirksamkeitsvorteile
  • Mögliche Verstärkung von Nebenwirkungen

Clozapin + Amisulprid

Clozapin + Fluvoxamin

Clozapin + Olanzapin

Clozapin + Aripiprazol

Clozapin + Carbamazepin

Clozapin + Quetiapin

Clozapin + Risperidon

Clozapin + Asenapin

Clozapin + Ziprasidon

Olanzapin + Quetiapin

Olanzapin + Amisulprid

Olanzapin + Asenapin

Olanzapin + Aripiprazol

Quetiapin + Asenapin

Olanzapin + Risperidon

Amisulprid + Ziprasidon

Olanzapin + Ziprasidon

Amisulprid + Risperidon

Quetiapin + Amisulprid

Aripiprazol + Ziprasidon

Quetiapin + Aripiprazol

Aripiprazol + Amisulprid

Quetiapin + Risperidon

Aripiprazol + Risperidon

Quetiapin + Ziprasidon

Asenapin + Amisulprid

Asenapin + Aripiprazol

Asenapin + Risperidon

Asenapin + Ziprasidon

Essock und Kollegen wiesen in ihrer randomisierten kontrollierten Studie über sechs Monate an ambulanten schizophrenen Patienten (n=127) nach, dass die langfristige Behandlung mit zwei oder mehr Antipsychotika trotz geringer Gewichtszunahme mit einer größeren Befundstabilität verbunden ist im Vergleich zu solchen Patienten, die auf eine Monotherapie umgestellt wurden [42].

Für das praktische Vorgehen wird empfohlen, die Möglichkeiten einer Monotherapie mit Antipsychotika zu optimieren. Dazu gehört insbesondere eine adäquate Dosierung, die sich an der maximal vertretbaren Obergrenze orientiert. Darüber hinaus sollte lange genug und unter Einbeziehung des therapeutischen Drug-Monitorings behandelt werden. Jeder Substanzmissbrauch, der einen nachteiligen Einfluss auf die medikamentöse Therapie haben könnte, sollte ausgeschlossen werden. Schließlich sollte die Dauer einer Kombinationsbehandlung mit Psychopharmaka oder anderen transmissionsmodulierenden Substanzen limitiert und der Erfolg bzw. Misserfolg der Behandlung sorgfältig dokumentiert werden.

Angesichts der Häufigkeit der Polypharmazie in der täglichen Praxis bedarf es nach wie vor kontrollierter Studien, um für diese häufige Behandlungspraxis eine valide Nutzen-Risiko-Beurteilung abgeben zu können.

Interessenskonflikte

TM: Honorare für die Beratung oder Teilnahme an einem Expertenbeirat sowie Vortragshonorare von Janssen-Cilag, Lundbeck und Trommsdorff; sonstige Unterstützung (z.B. Ausrüstung, Material, Reisekosten) von Janssen-Cilag, Lundbeck, Otsuka, Servier, Trommsdorff

MS: Aristo, Astra Zeneca, Lundbeck, Merz, Otsuka, Pfizer

Literatur

Das Literaturverzeichnis als PDF.


Priv.-Doz. Dr. Thomas Messer, Danuviusklinik GmbH, Krankenhausstraße 68, 85276 Pfaffenhofen, E-Mail: thomas.messer@danuviusklinik.de

Prof. Dr. Max Schmauss, Bezirkskrankenhaus Augsburg, Dr.-Mack-Straße 1, 86156 Augsburg

Polypharmacy in the treatment of schizophrenia

Medication resistance is a common problem in the treatment of schizophrenia and therefore the reason for polypharmacy. Although numerous medical guidelines recommend a monotherapy, combination and augmentation therapies are prescribed frequently. If a well chosen monotherapy doesn’t lead to remission of symptoms, a combination therapy can be considered. For the choice of combination partners, data on receptor bindings, pharmacokinetics/-dynamics and interactions should be included in the final decision, because current study data preclude a definite appraisal of the risk/reward profile of polypharmacy in the treatment of schizophrenia.

Key words: Schizophrenia, treatment resistance, polypharmacy, combination/augmentation

Psychopharmakotherapie 2014; 21(06)