Restless-Legs-Syndrom

Pregabalin als Behandlungsalternative zu Dopaminagonisten


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Beim Restless-Legs-Syndrom zeigte sich Pregabalin in einer randomisierten Doppelblindstudie einer Therapie mit Pramipexol vergleichbar und signifikant besser wirksam als Plazebo. Die Augmentationsrate nach 52 Wochen war unter Pregabalin niedriger.
Mit einem Kommentar von Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

Das Restless-Legs-Syndrom ist eine häufige Krankheit mit einer Lebenszeitprävalenz zwischen 1 und 3%. Bei über 70-Jährigen liegt die Prävalenz bei 8%. Die Betroffenen klagen über ein Spannungsgefühl und Missempfindungen in den Beinen bei längerem Sitzen und im Liegen. Die Beschwerden bessern sich durch Aufstehen und Herumgehen. Etablierte Therapien beinhalten Levodopa in retardierter Form, die Dopaminagonisten Pramipexol (Sifrol®) und Ropinirol (Requip®) [1] sowie retardierte Opioide (z.B. Oxycodon) [2]. Eine Reihe von offenen Beobachtungsstudien und kleineren randomisierten Studien hatte nahegelegt, dass sehr wahrscheinlich auch Pregabalin (Lyrica®) bei der Behandlung des Restless-Legs-Syndroms wirksam ist. Dies sollte jetzt in einer großen und langdauernden Studie belegt werden.

Studiendesign

In die 52-wöchige randomisierte doppelblinde Studie wurden Patienten mit Restless-Legs-Syndrom eingeschlossen, bei denen die bisherige Medikation zwei Wochen vor Randomisierung abgesetzt wurde. Die Patienten wurden über 12 Wochen entweder

  • mit 300 mg Pregabalin pro Tag,
  • mit 0,25 mg Pramipexol oder 0,5 mg Pramipexol
  • oder mit Plazebo behandelt.

Nach 12 Wochen erhielten die Patienten der Plazebo-Gruppe randomisiert eine der drei aktiven Behandlungen über weitere 40 Wochen. Der primäre Endpunkt war der Wert auf der International Restless Legs Syndrom (IRLS) Study Group Rating Scale, die von 0 (keine Symptome) bis 40 (stärkste Ausprägung) reicht. Außerdem wurde eine globale Bewertungsskala benutzt, bei der die Patienten angaben, ob ihre Symptomatik sehr ausgeprägt oder deutlich verbessert war. Die Frage, ob eine Augmentation auftritt, wurde nach 40 und 52 Wochen untersucht. Die Studie wurde von der Firma Pfizer unterstützt.

Studienergebnisse

Insgesamt wurden 719 Patienten randomisiert. 182 erhielten Pregabalin, 178 die niedrige Dosis und 180 die hohe Dosis von Pramipexol und 179 Plazebo. Die Patienten waren im Mittel 55 Jahre alt und hatten seit 5 Jahren ein Restless-Legs-Syndrom. Zwei Drittel der Patienten waren Frauen. Der Wert auf der IRLS-Skala zum Studieneinschluss betrug 22 Punkte und war unter Plazebo nach 12 Wochen um 7 Punkte reduziert.

Im Vergleich mit Plazebo betrug die Reduktion des Wertes auf der IRLS-Skala 4,5 Punkte für Pregabalin, 0,6 Punkte für die niedrige Dosis von Pramipexol und 3,2 Punkte für die hohe Dosis von Pramipexol. Die Ergebnisse waren für Pregabalin und die hohe Dosis Pramipexol im Vergleich zu Plazebo signifikant.

Einen positiven Behandlungseffekt berichteten 71% der Patienten in der Pregabalin-Gruppe, 51% mit niedrig dosiertem Pramipexol, 62% mit der hohen Dosis von Pramipexol und 47% mit Plazebo. Auch hier waren die Ergebnisse für Pregabalin und die hohe Dosis von Pramipexol signifikant.

Bei den sekundären Endpunkten ergab sich eine signifikante Überlegenheit gegenüber Plazebo für Pregabalin für Schmerzen in den Beinen, die Lebensqualität und die Schlafqualität.

Eine Augmentation innerhalb von 52 Wochen trat bei 3 Patienten in der Pregabalin-Gruppe, bei 11 Patienten in der niedrig dosierten Pramipexol-Gruppe und bei 16 in der hoch dosierten Pramipexol-Gruppe auf. Unerwünschte Ereignisse waren unter Pregabalin häufiger als unter Pramipexol. Dies galt insbesondere für Schwindel und Benommenheit. Die übrigen unerwünschten Ereignisse waren vergleichbar.

Kommentar

Diese sehr große und gut durchgeführte randomisierte Plazebo-kontrollierte Studie mit langer Beobachtungszeit belegt eindeutig, dass Pregabalin mindestens genauso wirksam ist, wie eine Behandlung mit Pramipexol 0,5 mg/Tag.

Bezüglich der sekundären Zielparameter war Pregabalin sogar Pramipexol überlegen.

Bemerkenswert ist die niedrige Rate des Auftretens einer Augmentation unter Pregabalin.

Mit Pregabalin steht daher eine weitere Therapieoption für Patienten mit Restless-Legs-Syndrom zur Verfügung, bei denen Levodopa oder Dopaminagonisten nicht wirksam sind, wegen Nebenwirkungen nicht toleriert werden oder bei denen es zu einer Augmentation kommt.

Da Pregabalin im Moment in Deutschland für diese Indikation noch nicht zugelassen ist, handelt es sich bis zur Zulassung um eine Off-Label-Therapie.

Quelle

Allen RP, et al. Comparison of pregabalin with pramipexole for restless legs syndrome. N Engl J Med 2014;370:621–31.

Literatur

1. Scholz H, et al. Dopamine agonists for restless legs syndrome. Cochrane Database Syst Rev 2011. doi: 10.1002/14651858.CD006009.pub2.

2. Trenkwalder C, et al. Prolonged release oxycodone-naloxone for treatment of severe restless legs syndrome after failure of previous treatment: a double-blind, randomised, placebo-controlled trial with an open-label extension. Lancet Neurol 2013;12:1141–50.

Psychopharmakotherapie 2014; 21(03)